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  • Day 94

    Jaisalmer, Indien

    May 11, 2017 in India ⋅ ⛅ 16 °C

    Nach knapp 5 Stunden Fahrt erreichten wir gegen 18:00h, wohlgemerkt bei 43 Grad, "Jaisalmer". Diesmal war die Straßenecke, die die Endstation für alle Busreisenden sein sollte, unmittelbar in der Nähe unseres Hotels und wir konnten, mit unserem Gepäck gesattelt, zu Fuß zum Hotel laufen. Abgesehen davon, schien hier alles etwas ruhiger abzulaufen, denn die Straße war weniger befahren, es war nicht so ein Trubel und wir wurden bei der Ankunft nicht gleich von unzähligen Riksha-Fahrern überfallen, die uns angeblich alle den besten Preis anbieten wollten.
    Unser Hotel war, innen wie außen, im Stile des gesamten Stadtbildes von Jaisalmer, die auch die "goldene Stadt" genannt wird. Mit viel Liebe zum Detail wurde die Fassade des Hauses mit ihren Verschnörkelungen verziert, so dass man sich ein bisschen wie in 1001 Nacht fühlte. Wir hatten das Hotel vor allem deshalb ausgewählt, weil es eines der wenigen Hotels in Jaisalmer war, welches über einen Pool verfügte und wir uns tagsüber mal ein bisschen abkühlen konnten, was wir nach der langen Busfahrt auch gleich taten. Das Abendessen aßen wir, vom Hotel eigenen Koch zubereitet, auf der Dachterasse des Hauses mit Blick auf das wunderschöne Fort von Jaisalmer, was uns auf Anhieb sogar noch besser gefiel, als das Fort von Jodhpur. Der Hotelmanager und einer seiner Angestellten waren super nett, die beiden gaben sich alle Mühe, uns jeden Wunsch zu erfüllen. Auch deren Mops-Hündin "Roxy" lag am liebsten bei uns im Zimmer, um sich von der Klimaanlage erfrischen zu lassen. Zwei Nächte hatten wir vorerst gebucht, da wir hofften, ein gutes Angebot für eine Übernachtung in der Wüste zu bekommen.
    Nach dem leckeren indischen Frühstück (was inklusive war, für den Preis den wir für das Zimmer bezahlt hatten wirklich unvorstellbar) starteten wir ganz gemütlich unsere Erkundungstour durch die Stadt. Im Hotel hatte man uns ein paar Anlaufstellen empfohlen und von wieder anderen eher abgeraten. Unser Weg führte uns als erstes den Berg hinauf zum Fort. Anders als in Jodhpur konnte man das Fort hier auch kostenfrei von innen besuchen, da das Fort nicht allein als Museum diente, sondern von der Regierung an die Einheimischen als Wohn- und Lebensraum übergeben wurde. Mehr als ein Drittel der Menschen von Jaisalmer leben nun in diesen kleinen, verwinkelten Häusern und Gässchen. Wir verbrachten eine ganze Weile in den Straßen des Forts, da uns die Atmosphäre einfach wahnsinnig gut gefiel. Ich musste die ganze Zeit an Disneys "Aladin" denken, der jeden Moment mit seinem fliegenden Teppich, Jasmin im Schlepptau, um die Ecke geflogen kommen musste. Auch hier konnte es passieren, dass einem der Weg durch die Gassen von den Kühen versperrt wurde oder das Hupen der Rollerfahrer durch das halbe Fort schallte. Da der Großteil der Fort-Bewohner vom Tourismus lebt, gab es einige Hotels, Guesthouses und Shops. Da wir ja aber in der denkbar heißesten Zeit des Jahres durch Indien reisen, was uns auch immer wieder von den Indern aufs Butterbrot geschmiert wurde, hatten wir zumindest das Glück, kaum Touristen anzutreffen und all die Sehenswürdigkeiten fast für uns allein zu haben.
    Bei unserer Tour durch die Gassen blieb natürlich auch ein Blick in einen der kleinen Shops nicht aus, da ich gern noch ein paar Hosen fürs Yoga kaufen wollte und auch Lars an den leichten, flatterigen Hosen Gefallen gefunden hatte. Die Dame des Ladens war eine kräftige - für uns - typisch indische Mutti, die den halben Laden ausräumte, um uns die passenden Farben herauszusuchen. Ihre halbe Familie stand mit im Laden und gleich neben dem Eingang des Ladens, befand sich die Küche. Während der Anprobe kam man ins Gespräch und nachdem die üblichen Fragen beantwortet waren, erzählten wir ihr von unserem Wunsch der Wüsten-Übernachtung, die aber nicht dem typischen Touri-Programm mit unwirklicher Darstellung des Wüstenlebens mit Tanzeinlage und komfortabler Übernachtung entsprechen sollte. Und wie es der Zufall, das Schicksal oder Karma, so wollte, rief sie gleich ihren Nachbarn an, der nebenan ein Guesthouse betrieb und uns von seiner Wüstensafari berichten sollte. Nachdem wir die passenden Hosen gefunden, von der netten Mama noch ein frisches "Chapati" (indisches Brot) aus der Küche mit auf den Weg bekommen hatten, gingen wir also mit ihrem Nachbarn mit auf die Dachterasse seines Guesthouses und hörten uns an, was für eine Wüstentour er zu bieten hatte. Tatsächlich schien alles genau unseren Vorstellungen zu entsprechen und wir buchten die Wüstensafari inklusive Übernachtung mit Start am nächsten Tag. Freudestrahlend setzten wir unsere Stadt-Erkundungstour im Anschluss fort, verließen das Fort und besichtigten ein paar Tempel, alte Gebäude und stöberten noch ein wenig durch die Gassen der Innenstadt. Jaisalmer hatte es uns wirklich angetan, diese Ruhe im Vergleich zu den vorherigen Städten, diese wunderschöne Architektur, die Zeit schien hier irgendwie still zu stehen. Zum späten Nachmittag kauften wir uns frisches Obst und aßen dies zum Lunch im Hotel. Den Abend ließen wir im Pool und beim Abendessen im Hotel ausklingen. Nach dem Frühstück am nächsten Tag, verbrachten wir den Vormittag entspannt im Hotel, voller Vorfreude auf die bevorstehende Wüstenerfahrung. Der Hotelmanager hatte uns angeboten, unser großes Gepäck im Hotel zu lassen, da wir nur einen kleinen Rucksack mit in die Wüste nehmen sollten und am nächsten Tag, nach der Rückkehr von der Tour für einen kleinen Unkostenbeitrag den Rest des Tages im Hotel verbringen zu können, uns zu duschen usw. Da wir am Vortag auch noch die Zugtickets für unsere Weiterreise nach "Jaipur" gebucht hatten, wussten wir bereits, dass wir am Tag unserer Rückkehr aus der Wüste noch bis nachts 23:55h die Zeit rum kriegen mussten, da unser Zug erst so spät fuhr. Daher kam uns sein Angebot mehr als gelegen. Gegen 13:00h machten wir uns also mit unseren kleinen Rucksack im Gepäck auf dem Weg zum Guesthouse im Fort, wo wir bereits erwartet wurden. Da es an diesem Tag besonders heiß war, sollten wir noch bis 16:00h warten, bis der Jeep mit uns Richtung "Thar Wüste" starten würde. Wir tranken noch einen Saft und genossen den Ausblick von der Dachterasse des Guesthouses über die vielen Dächer des Forts. Pünktlich 16:00h fuhr der Guesthouse-Betreiber mit uns beiden auf seinem Roller den Berg des Forts hinunter in die Stadt, wo der Jeep-Fahrer bereits auf uns wartete. Gemeinsam mit einem anderen Pärchen, die nur für den Sonnenuntergang mitkamen, ging es los. Knapp 40km dauerte die Fahrt mit dem Jeep, vorbei an karger Wüstenlandschaft, Kühen, Ziegen und Schafen, Kamelen und kleineren Dörfern. Je weiter wir fuhren, desto mehr veränderte sich das Landschaftsbild, aus Steinen und Steinbrocken wurden Sanddünen und die Vegetation wurde immer weniger. Im Wüstendorf angekommen, standen bereits die gesattelten Kamele bereit, die uns zu unserem Zielort in den Sanddünen der Wüste bringen sollten. Der Kameltreiber "Sambu", ein klasse Kerl, führte die Karawane an. 1,5 Stunden lief er vor den Kamelen her und führte die vier Kamele, mit uns auf dem Rücken, in der langsam untergehenden frühabendlichen Sonne durch die Wüste. Es war absolut unwirklich, Lars und ich konnten einfach nicht glauben, dass dies gerade wirklich geschah!
    Am Ziel, einem kleinen Häuschen mit Strohdach, in der Nähe eine selbstgebaute Feuerstelle und ein paar Feldbetten Mitten in der Senke der Dünen, angekommen, stiegen wir von unseren Kamelen ab und bestaunten die Umgebung. Hier würden wir also die Nacht verbringen - auf einem Bett unter freiem Himmel Mitten in der Thar Wüste. Sambu begann bereits Feuer zu machen mit dem Holz, welches er auf dem Weg gesammelt hatte, um uns Chai-Tea und das Abendessen zu bereiten. Mit unserem Chai saßen wir auf einer der Dünen und ließen diese unsagbare Stille auf uns wirken. Da am Horizont ein Wolkenschleier aufgezogen war, war der Sonnenuntergang sicher nicht ganz dass, weshalb das andere Pärchen die Tour gebucht hatte. Nachdem die Sonne untergegangen war verabschiedeten sie sich und wurden zu Fuß von unserem Jeep-Fahrer abgeholt, der sie ein paar Kilometer weiter mit dem Jeep zurück in die Stadt fahren würde. Wir blieben mit Sambu allein zurück in der Wüste. Nachdem Sambu bereits leckeres, indisches Gemüse zubereitet hatte, waren wir nun an der Reihe, im dabei zu helfen, das "Chapati" zuzubereiten. Herrlich, während wir die Teigbällchen kneteten und formten und froh waren, wenn wir ein Brot in der Pfanne über dem Feuer hatten, hatte Sambu ungefähr vier Brote fertig zubereitet. 😂 Während der Mond von der anderen Seite des Himmels immer mehr nach oben wanderte und uns Licht schenkte (wir hatten Glück, dass in unserer Wüstennacht ausgerechnet Vollmond war und der Mond wie eine Laterne am Himmel stand), aßen wir gemeinsam Abendbrot und unterhielten uns über alle möglichen Themen. Sambu, gerade 20 Jahre alt, erzählte uns, dass er Jaisalmer noch nie verlassen hatte, das er das Leben in der Wüste mochte, er die Städte aufgrund des Mülls und der Laustärke nicht ausstehen konnte, er keinen Alkohol trinkt, weil er das nicht mag, was es mit einem macht und dass das Geld, was er verdiente, immer der gesamten Familie zugute kam, er aber versuche ein wenig Geld anzusparen, um sich irgendwann selbst vier Kamele zu kaufen, denn unsere vier Kamele mit denen wir gekommen waren, gehörten einem anderen Mann aus dem Dorf. Nach dem Essen richtete er uns unsere Betten und bereitete alles für die Nacht vor. Er war sehr müde und geschafft vom Tag und schlief bereits gegen 21:00h. Wenn irgendetwas sein sollte, sollten wir ihn wecken, er schlafe oft so tief wie ein Baby. Die Kamele hatte er die Nacht über frei gelassen, damit sie zum Fressen umher laufen konnten, er würde sie am nächsten Tag anhand der Fußspuren und der Kackhaufen wieder finden.
    Lars und ich genossen noch eine Weile die Atmosphäre, es war nach wie vor sehr warm und der Mond stand mittlerweile fast senkrecht über uns. Da wir so schnell nicht schlafen konnten, spielten wir noch ein paar Runden Romé. Wer kann schon von sich behaupten, in der Wüste Romé gespielt zu haben!? 😄
    Am Horizont schien sich ein kleineres Unwetter zusammenzubrauen, die Blitze erleuchteten den unteren Abschnitt des Himmels. Es schien aber sehr weit weg zu sein, so dass es uns nicht beunruhigte, sondern wir eher das Naturschauspiel genossen. Wir lagen auf unseren Betten, starrten in den Himmel und waren zutiefst zufrieden! Es konnte nicht mehr als eine Stunde vergangen sein und wir gerade für einen kurzen Moment eingeschlafen waren, als der Donner plötzlich zu hören war und die Blitze immer heller wurden und näher zogen. Nach einer Weile war das Gewitter so nah und spürbar, dass wir langsam etwas unruhig wurden. Lars weckte Sambu aus seinem tiefen Schlaf, dieser war völlig tiefen entspannt. So ein Gewitter wäre zwar im Sommer nicht so typisch, eher während der Monsunzeit, aber wir sollen uns keine Gedanken machen, es könne nicht's passieren, außer das es zu Regnen beginnt. Deshalb gingen wir zu dem kleinen Häuschen, holten zwei große Plastikplanen und spannten diese vorsichtshalber über die übrigen übereinander gestapelten Matratzen. Sambu meinte, dass wir uns ruhig wieder hinlegen können, er glaube nicht, dass es zu regnen beginnen würde. Lars, mein persönlicher Wetterfrosch, der schon so oft in den Bergen ein wahnsinniges Gespür für die Wetterentwicklung hatte, sollte allerdings Recht behalten und es dauerte nicht lange, bis es zu regnen begonnen hatte. Die Zeit die wir bis dahin auf unseren Betten lagen, schien gefühlt nicht vergehen zu wollen. Wenn man sich Mitten in der Wüste befindet, weit und breit kein Unterschlupf, dann fühlt man sich dieser Naturgewalt einfach ausgesetzt und mit jedem Blitz und Donner, der sich über einen entläd, wird die Angst etwas größer, beim nächsten mal getroffen zu werden. Dazu kam diese Helligkeit, die jeder Blitz mit sich brachte und den gesamten Himmel hell erleuchtete. So etwas hatten wir noch nie gesehen! Der Regen wurde stärker, also wurde auch Sambu wieder wach. Wir packten nun auch unsere Matratzen auf den Haufen unter der Plane und setzten und zu dritt mit unseren Rucksäcken unter das zeltähnliche Gebilde. Irgendwie verlieh es uns ein bisschen mehr das Gefühl von Sicherheit, auch wenn die Worte, die man bezüglich des Verhaltens bei Gewitter von seinen Eltern mit auf den Weg bekommen hatte, ständig im Kopf umher schwirrten. Es regnete mittlerweile in Strömen und das Unwetter war genau über unseren Köpfen. Mehrere Blitze, die nun auch in den Wüstenboden einschlugen, schienen sich am Himmel zu einer Kette zu vereinen. Sambu, der schon halb wieder eingeschlafen war, schlug vor in die Hütte zu gehen, um da weiter schlafen zu können. An Schlafen war für uns nicht zu denken und auch die elterlichen Worte hallten erneut auf, wenn wir an das Strohdach des Häuschens dachten.
    Nach einer weiteren halben Stunde war das Schlimmste überstanden, das Gewitter war etwas weiter gezogen und der Regen etwas weniger geworden. Wir verließen also unseren Unterschlupf und schliefen den Rest der Nacht, so gut es ging, in der kleinen Hütte. Nach etwa drei Stunden Schlaf erwachten wir bereits 6:00h morgens. Die Sonne ging langsam auf und schien zur offenen Tür der Hütte hinein. Sambu war bereits auf den Beinen, hatte uns Chai, Obst und Toast mit Marmelade zum Frühstück vorbereitet und verabschiedete sich, um die Kamele einzutreiben. Nach unserem leckeren Frühstück im Sonnenaufgang, waren wir froh das Unwetter der letzten Nacht gesund überstanden zu haben. Als Sambu mit den Kamelen zurück kam, räumten wir alles zusammen, sattelten die Kamele und ritten zurück zum Dorf. Lars konnte sein Kamel sogar allein bis zurück reiten, mein Kamel war mit meinen Reitkünsten offenbar eher weniger einverstanden, weshalb Sambu es an der Leine führte. 😅
    Nach knapp 1,5 Stunden im Dorf angekommen, beobachteten wir noch ein wenig das Treiben im Dorf und warteten auf den Jeep-Fahrer, der uns zurück zum Hotel bringen sollte. Im Hotel angekommen, konnten wir, wie vorher besprochen, ein Zimmer beziehen, uns frisch machen und noch etwas Schlaf nachholen. Am Abend aßen wir noch einmal das leckere Essen des Hotel-Kochs und machten uns gegen 23:00h auf den Weg zum Bahnhof, der fußläufig zu erreichen war. Am Bahnhof angekommen, halfen uns ein paar Inder bei der Suche nach dem richtigen Zug weiter und 23:40h saßen wir auch bereits auf unseren Liegen im Zugabteil und 23:55h ging die Reise los nach "Jaipur".
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