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  • Day 96

    Jaipur, Indien

    May 13, 2017 in India ⋅ ☀️ 40 °C

    Der Zug rollte also 23:55h langsam aus dem Bahnhof von Jaisalmer. Zwölf Stunden Zugfahrt lagen nun vor uns! Diesmal waren unsere beiden übereinander liegenden Schlafbritschen gegenüber von den sechs anderen übereinander liegenden Britschen, die sich in einer Kabine befinden, weshalb wir etwas unabhängiger von dem Schlafverhalten der anderen Fahrgäste waren. Zwar konnten wir uns daher relativ zeitnah nach der Abfahrt des Zuges hinlegen, aber so schnell fanden wir leider nicht in den Schlaf. Der Zug schien diesmal relativ oft auch an kleineren Bahnhöfen Halt zu machen, Fahrgäste stiegen ein und aus, weshalb der Geräuschpegel sehr hoch war.
    Irgendwann setzte sich die Müdigkeit allerdings durch, auch wenn es bei Lars etwas länger dauerte. Am nächsten Morgen gegen 8:00h stieg eine große Gruppe von Indern, offenbar eine Familie mit mehreren Generationen, zu, die in dem sechser Abteil gegenüber von uns Platz nahmen. Die vorherigen Fahrgäste, die mit uns eingestiegen waren, schienen in der Nacht irgendwo ausgestiegen zu sein. Da die Sitzplätze auf den Britschen des sechser Abteils und der angrenzenden Abteile nicht auszureichen schienen, setzte sich eine der Mütter mit ihrem Kind auf Lars Liege und direkt auf seine Füße. Das die Inder grundsätzlich ein anderes Nähe- und Distanzempfinden hatten, als wir, war uns mittlerweile bewusst, aber manchmal waren sie schon ein wenig dreist. Eine andere schlafende Frau wurde einfach geweckt, damit sie Platz machen konnte. Dabei war die Platzverteilung klar durch die Tickets geregelt, jeder hatte eine Platznummer. Die Großfamilie schien das jedoch nicht zu interessieren, auch nicht, als wir ihnen freundlich versuchten, dies zu erklären. Nach einer Weile schien das Familienoberhaupt die Plätze neu zuzuweisen, die Kinder wurden von einem Platz zum anderen gehoben, das Gepäck durch die schmalen Gänge geschoben und alles in einer ohrenbetäubenden Lautstärke. 4,5 Stunden Fahrtzeit lagen noch vor uns und die Großfamilie begleitete uns tatsächlich den restlichen Weg bis nach "Jaipur". 😅
    Nachdem wir uns heraus genommen hatten, sie darauf anzusprechen, dass sie unsere Plätze mit in Anspruch nehmen, ernteten wir noch die ein oder anderen Blicke während der Fahrt und es wurde immer wieder über uns getuschelt. Pünktlich 11:30h wurden dann noch die Schraubgläser, Dosen und Pappteller aus dem Gepäck heraus gekramt und der Geruch von Masala, Zwiebeln und Gewürzen machte sich im Zugabteil breit, denn es gab Mittag für alle Familienmitglieder. Der Müll wurde natürlich im Anschluss ganz einfach aus dem Zugfenster entsorgt. 13:15h hatten wir es dann mit ein wenig Verspätung geschafft und kamen in Jaipur, oder auch die "pinke Stadt" an. Auf dem Bahnhofsvorplatz war hektisches Treiben, zwischen all den ankommenden Fahrgästen, Abreisenden, den Rikshas und Autos sah man kaum noch durch. Einer der Riksha-Fahrer fragte uns, wo wir hin wollten, machte uns einen guten Preis und "übergab" uns an den nächsten Fahrer, der uns mitnehmen sollte. Offensichtlich war das mal wieder einer dieser "Riksha-Koordinatoren", die nur weiter vermitteln und alles im Blick behalten. Nachdem wir zwischen all den Rikshas auf dem Parkplatz unsere erreicht hatten, war die nächste Herausforderung, von dem Parkplatz herunterzukommen, da alles verstopft war und das Hup-Konzert immer lauter wurde. Nach einer Weile hatten wir es geschafft und fuhren Richtung Hotel. Unser Riksha-Fahrer "Raj" war ein super netter Typ, der uns auf Anhieb sympathisch war. Er zeigte uns ein dickes Büchlein, einen alten Kalender, in dem sich bereits mehrere Fahrgäste mit einem kleinen Bericht über ihre Erlebnisse mit Raj verewigt hatten. Da wir nur eine Nacht in Jaipur geplant und gebucht hatten und am nächsten Tag bereits weiter nach "Delhi" reisen wollten, waren wir ein wenig unter Zeitdruck. Hinzu kam, dass wir ziemlich müde und geschafft waren und keine Lust auf große Sightseeing-Touren zu Fuß hatten. Also sprachen wir die wichtigsten Anlaufpunkte mit Raj ab, zu denen er uns am späten Nachmittag gegen 17:00h für einen sehr fairen Preis mit der Riksha bringen würde. Nachdem wir uns etwas verfahren hatten, kamen wir schließlich am Hotel an, verabschiedeten Raj auf später und checkten erst einmal ein. Das Hotel war leider nicht ganz, was die Bilder im Internet versprochen hatten, aber für eine Nacht sollte es ausreichen. Nach einer Dusche, einem kleinen Mittagssnack und einem kurzen Schläfchen war es auch bereits 17:00h und Raj stand bereits vorm Hotel und wartete auf uns. Als erstes fuhren wir mir ihm zu einer Travel Agency, bei der wir unsere Tickets für die Weiterreise am nächsten Tag nach "Delhi" buchten. Diesmal sollte die Reise mit einem klimatisierten Sleeper-Bus weiter gehen. Im Anschluss ging es weiter zu den geplanten Sehenswürdigkeiten. Während er uns durch die Altstadt, dem Kern der "Pink City", zum Affen-Tempel (Ein eher weniger ansehnlicher Weg führte einen Berg hinauf bis zum Tempel. Dieser war voll mit unzähligen Affen, die ebenfalls eher krank, als niedlich aussahen. Überall liefen Kühe, Ziegen und Schweine umher. Dafür war der Ausblick über dich Stadt doch sehr schön.) und dem "Water Palace" fuhr, unterhielten wir uns mit ihm über das Leben der Inder, den Müll, das Krankensystem (was es nicht wirklich gibt), Religion und wer weiss was noch. Raj erzählte uns von seiner Frau und seinem kleinen Sohn, seinem bisherigen Leben und einer schlimmer Erfahrung, die er machen musste, weshalb er einfach dankbar war, zu leben, auch wenn er immer viel und hart arbeiten musste. Auch sein hart verdientes Geld kam der gesamten Familie zugute, mit der er etwas außerhalb der Stadt in einem kleinen Haus wohnte - er mit seiner Frau und Kind, die sieben Geschwister und die Eltern. Trotzdessen spielte Geld für ihn nicht so eine große Rolle, er sagte, die Leute sollen ihm zahlen, was sie für richtig und für seinen Service als angemessen halten.
    Als unsere Tour beendet war, hielten wir noch an einem Obsstand, Raj verhandelte für uns den Preis des Obstes und fuhr uns im Anschluss zurück zum Hotel. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag 10:00h, damit uns Raj noch ein/zwei mehr Dinge zeigen und uns im Anschluss zum Bus bringen konnte, der 13:00h abfuhr. Nach einem Abendessen in einem kleinen Restaurant gleich neben unserem Hotel, fielen wir auch schon todmüde ins Bett.
    Am nächsten Morgen nach dem Frühstück startete 10:00h unsere Tour mit Raj. Wir fuhren zum Fort von Jaipur, welches etwas außerhalb der Stadt lag (Hier kamen uns ein paar Elefanten entgegen, die man als "Taxi" nutzen konnte, um den Berg hinauf zum Eingang des Forts zu gelangen.), ließen bei einem Schuhmacher am Straßenrand Lars Sandalen reparieren, während uns Raj auf einen Chai einlud (und wir etwas in sein Büchlein schrieben, damit er den nächsten Fahrgäste etwas von uns mit auf den Weg geben konnte) und fuhren zu einem Museum. Die Zeit verging wie im Fluge, so dass wir uns auch schon auf den Weg zum Hotel machen mussten, um unser Gepäck abzuholen und auszuchecken. Dann fuhren wir zum Abfahrtsort des Busses. Laut Ticket sollte man gegen 12:30h da sein und 13:00h würde es los gehen. An angegebener Adresse angekommen, war der Bus jedoch bereits weg. Einer der Verantwortlichen gab Raj zu verstehen, dass er zu einer anderen Adresse fahren sollte, wo der Bus dann 13:00h los fahren würde. Ein weiterer Fahrgast, der offensichtlich auch zu spät war, fuhr mit uns in der Riksha mit. Als wir ankamen, fand Raj nach ein wenig hin und her den Bus und brachte uns direkt zu ihm. Er kaufte uns sogar noch eine Wasserflasche, klärte alles mit dem Busfahrer und wartete, bis wir in unserem Schlafabteil des Busses saßen. Raj war wirklich ein wahnsinnig warmherziger, aufrichtiger, netter und angenehmer Mensch, den wir ins Herz geschlossen haben. Um weiter mit ihm in Kontakt bleiben zu können, haben wir seine Nummer und vielleicht sehen wir ihn ja eines Tages wieder.
    Nun ging aber erst einmal die Reise nach Delhi los. Fünf Stunden Busfahrt lagen nun vor uns.
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