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  • Day 8

    Make love, not war.

    April 27, 2019 in Bosnia and Herzegovina ⋅ ⛅ 12 °C

    Die Nacht war ziemlich bescheiden. Aufgrund der starken Halsschmerzen konnte ich schwer atmen und demnach fast nicht schlafen. Aufgrund der daraus resultierenden Kopfschmerzen blieb ich ewig im Bett liegen, in der Hoffnung, dass beides verschwinden oder ich zumindest nochmal einschlafen würde. Es trat weder das eine noch das andere ein. Irgendwann raffte ich mich dann doch auf mit dem Ziel eine Apotheke zu finden und etwas zu essen. Trotz maximaler Appetitlosigkeit aß ich ein Süppchen, den Burek musste ich leider fast komplett zurückgehen lassen. Anschließend besuchte ich aufgrund vieler Empfehlungen das Museum des Krieges und der Opfer des Genozids. Es war verstörend, hat mich fassungslos gemacht - so schlimm, dass ich es nicht länger als eine Stunde in diesem Museum ausgehalten habe. Bilder sowie Videos zeigten Leichen, verstümmelte und in die Luft gesprengte Menschen, Skelette, auch das einer schwangeren Frau - das war einfach zu viel. Dennoch hat es gezeigt womit Menschen im Krieg klarkommen mussten. Und wir regen uns darüber auf, dass der Supermarkt nur bis 20 Uhr geöffnet ist. Schätzt man eigentlich, dass man in Frieden lebt? Kann man das überhaupt schätzen, ohne zu wissen wie es ist im Krieg? Ich weiß es nicht. Für mich ist es selbstverständlich, ich kenn es nicht anders. Ich kenne nur die guten Zeiten, keine schlechten. Ich mach mir keine Sorgen über meine Zukunft. Ich bin davon überzeugt, dass ich immer ein Dach überm Kopf haben werde, genug zu essen und einen Job. Und dennoch habe ich den Eindruck, dass die Menschen hier glücklicher sind mit dem was sie haben, als ich es vielleicht bin und das obwohl sie nicht viel haben, täglich kämpfen aber dennoch jede noch so kleine Sache schätzen, weil sie wissen wie das Leben auch noch aussehen kann. Vielleicht ist das auch ein falscher Eindruck, aber ein Fünkchen Wahrheit steckt da sicher drin. Und das heißt definitiv nicht, dass ich einen Krieg miterleben möchte - um Gottes Willen! Aber ich denke, man muss sich viel öfter bewusst machen, wie gut es einem geht und, dass es keinen Grund gibt immer nach mehr zu streben, denn glücklicher macht es definitiv nicht.
    Nach dieser ganzen negativen Stimmung brauchte ich noch ein positive Erlebniss. Ich flanierte durch die Stadt um mich abzulenken, beobachtete Idioten die für 50€ von der Brücke sprangen und aß ein Eis gegen die Halsschmerzen. Ich besuchte die Moschee, die einen tollen Blick über die Stadt bot. Die Moschee an sich war unspektakulär, der Ausblick umso schöner. Obwohl ich nach wie vor appetitlos war, hielt ich es für eine gute Idee noch was zu essen, sodass ich mir einen Hühnchensalat bestellte. Zurück im Hostel unterhielt ich mich fast 2 Stunden mit Achmed aus Bahrain, der unglaublich kultiviert und reflektiert ist. Ich sollte definitiv auch öfters mal zum Buch greifen!
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