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  • Day 62

    Ostseetauchen in den Tropen (1)

    October 5, 2019 in Indonesia ⋅ ☁️ 28 °C

    Eigentlich bestand mal wieder das dringende Bedürfnis nach Schlaf, denn viel hatten wir ja die Nacht nicht bekommen. Als sich uns dann jedoch ein Kühlschrank auf unserer Terasse mit Meerblick präsentierte und danach rief, befüllt zu werden, folgten Jule und ich natürlich seinem Wunsch und schnappten uns sogleich den nächsten Roller. Diesmal war dieser sogar so motorisiert, dass wir nicht schieben oder absteigen mussten, um den Berg hochzukommen. Tja, aber wie findet man auf einer Insel, die kaum Supermärkte besitzt Haferflocken? Allein die Suche nach Obst stellte sich als Abenteuer heraus, da die Orte doch einige Kilometer auseinander lagen. Es verwundert also nicht, dass wir erst 4h später wieder auf den Hof rollten. Zwischendurch wurden aber natürlich "Wir kleben noch nicht auf der Straße"-Nachrichten versandt und Bescheid gegeben, dass der plötzliche Regen unseren Roller nicht entschärft hatte. Lustigerweise wusste die Familie von keinem Regen, da es bei ihnen nicht einen Tropfen geregnet hatte, dafür wurde sich nach der Nachricht aber umso mehr Sorgen gemacht. "Weiß Jule auch, dass sie bei nasser Straße, langsamer fahren muss? Denkt dran, dass der Roller schnell wegrutscht!" Jetzt wussten wir, was wir die letzten 8 Wochen so vermisst hatten. :P

    Letztendlich führte uns unsere Futtersuche über die ganze Insel, sogar hinter den Hafen, in dem wir wenige Stunden zuvor angekommen waren. Aber was tut man nicht alles für Haferflocken mit Papaya. ^^ Als wir endlich in zivilisierte Gegenden kamen, von einem Polizisten aus der Einbahnstraße gepfiffen wurden, einem Einheimischen zum Supermarkt folgten, mussten wir feststellen, dass der einzige Shop, der den Anschein machte, mehr als 1 Waschmittel und 2 Cracker zu verkaufen, geschlossen war. Also ab ins nächste Warung (=einheimisches Lokal) und warten, bis er wieder auf macht. Denn wann das genau ist, wusste keiner so genau. Ein paar kühle Drinks später, kramten wir endlich im Müsli-Regal und Jule entdeckte ganz unten noch 2 Tüten Haferflocken. Mission geglückt! Auch den Essig, den ich für eine Taucher-krankes-Ohr-Mische (wohlgemerkt fürs Ohr als Tropfen) suchte, hatten sie im Laden. Doch leider sprengte sich dieser beim Schnüffel-Versuch komplett auf, sodass mindestens 3ml meine Nase tränkten und es natürlich auch nicht ausblieb, dass mir die Pampe in den Mund lief. Wer von Verkäuferinnen und Kunden am lautesten lachte, könnt ihr Euch wahrscheinlich denken: Jule! Dafür war ich kurzzeitig eine wahre Attraktion im Supermarkt, denn anscheinend hatte man sich schon auf Indonesisch über die Weiße, die gerade eine Essigdusche genommen hatte, unterhalten und ich erhielt auch fernab vom Essigregal, von Leuten, die meinen Faux-Pas nicht gesehen hatten, belustigende Blicke.
    Mit 8kg Obst (kein Witz! Schließlich wollten wir unseren Eltern ja das gesamte Sortiment von Dragon- bis Snakefruit präsentieren), 3l Milch und einem halbvollen Essigfläschchen machten wir uns auf den Heimweg. "Zu Hause" angekommen, warteten 5 hungrige Personen auf uns, weshalb wir beschlossen, ins nicht weit entfernte Fischrestaurant zu fahren. Nicht weit entfernt heißt in diesem Fall den Hügel hoch und wieder runter und dazwischen so an die 3km. Ohne uns! Schneller als sie wahrscheinlich damit gerechnet hatten, saßen Jule und ich wieder auf dem Roller und düsten los. Da auch Jules Bruder erkannt hatte, dass dies wohl seine einzige Chance war, den motivierten Wanderern zu entkommen, sprang er noch schnell auf und so fuhren wir schon wie die Einheimischen zu dritt auf einem Roller los. Nur noch die Ziege unterm Arm hätte gefehlt! Letztendlich warf Jule uns 10min später am Restaurant ab und spielte dann Shuttle-Service, indem sie nach und nach 2 Leute eskortierte. Nur Mama wollte einzeln gefahren werden, da ihr die erste Fahrt doch noch etwas skurril war. Aber bei unserer Weltklasse-Fahrerin Jule ist jeder sicher!
    Als dann endlich alle am Restaurant eingetrudelt waren, wurde schnell auf den Fisch gezeigt, den wir essen wollten, dieser wurde frisch ausgenommen und auf den Grill gepackt. So schmückten etwa 1h später 3 knusprig braune Fische unseren Tisch, umgeben von Nasi und verschiedensten Salaten.
    Vollgefuttert rollten wir den Berg wieder hinauf, diesmal aber in einem Auto, um Jules Dienste nicht auszureizen. Die Jungs waren jedoch so angefixt vom Rollerfahren, dass sich erstmal um die Plätze gekloppt wurde. :D (natürlich rein argumentativ und ohne Gewalt)
    Als letzte Aktion des Tages wurden noch fleißig Hängematten auf der Terrasse gespannt, da es sich die Jungs und Outdoor-Volker natürlich nicht nehmen lassen wollten, im Freien zu schlafen. Der Rest bevorzugte das Bett und spannte nur noch Moskitonetze auf.

    Der nächste Tag war als Tauchtag deklariert worden, weshalb pünktlich und deshalb vollkommen unerwartet, um 8:30 Uhr ein Auto vor der Tür stand, um uns zur Tauchbasis zu fahren. Zum Glück hatten wir schon alle Sachen fertig gepackt und waren abfahrbereit. Nachdem ein paar Anzüge anprobiert, Jackets gecheckt und Schnorchel durchgetrötet worden waren, fuhren wir gespannt mit dem Boot aufs Meer heraus. Bei 3 sprangen alle per Rückwärtssalto von Board, aber was war denn das?! Stopp! Waren wir nicht auf Sumatra?! Beziehungsweise auf einer DER Taucherinseln vor Sumatra? Aber wo waren die sonst gewohnten 50m Sicht? Naja, vielleicht ist das ja nur temporär, dachten wir uns. Doch als auch der 2. Tauchgang ein paar Stündchen später an Ostsee erinnerte, es stock duster war unter Wasser aufgrund der ganzen Schwebeteilchen und wir uns gegenseitig die Regler aus der Gusche schlugen, weil wir als Gruppe so nah aufeinander hingen, um einander nicht zu verlieren, war die Laune auf dem Tiefpunkt. Beim Auftauchen wurde der Tauchgang gleich mal auf die Liste der schlechtesten Tauchgänge unseres Lebens gesetzt. Da hätte man auch in Deutschland bleiben können, denn der einzige Unterschied zum Zechliner See bestand darin, dass das Wasser etwa 15 Grad wärmer war und es andere Fische zu sehen gab, auch wenn diese auch eher rar waren. Zurück auf dem Taucherboot waren wir nicht sicher, ob wir über unser Pech lachen oder weinen sollten. Da fährt man hier her, um einen Tauchurlaub zu machen und dann das. Als wir auf den Strand zusteuerten und Jule winkend aus ihrer Hängematte guckte, rief ich scherzend über die Bucht, dass uns der Komodo Nationalpark soeben ein ganzes Stück näher gekommen war. Wer hätte gedacht, dass eine halbe Stunde später, als ich gerade von meiner Hängematte aus telefonierte, eine aufgekratzte Jule angesprungen kam und mir verkündete "Hanne! Du musst ganz schnell kommen! Unsere Eltern sind gerade dabei nach Flügen zu schauen! Die wollen wirklich nach Komodo fliegen!"
    Haha, dabei war es wirklich nur ein Joke, denn schließlich waren wir ja für die Orang Utans und ein paar Vulkane extra nach Sumatra gekommen. Nun ja, die könnte man sich ja auch noch danach anschauen, laut Mamas Planung - aber zwischendurch könnte man ja mal auf Flores tauchen gehen. What?! "Ja, was sollen wir denn machen?! Willst Du nochmal in dieser Plörre hier tauchen gehen?!"
    Unsere Family hatte ja nur zu oft von uns gehört, wie sehr uns das Liveaboard gefallen hatte und auf Mantas waren eh alle scharf - na gut, man kann ja mal rein theoretisch nach Flügen schauen, einfach nur rein hypothetisch. Als wir dann aber irgendwann auch noch die Info bekamen, dass das Schiff, mit dem wir wenige Wochen zuvor die besten Tage des gesamten Urlaubs erlebt hatten, am Wochenende eine neue Tour starten würde, stand es mehr oder weniger fest: Wir müssen nach Flores! Zurück in den Komodo Nationalpark!
    Also wurden abends die Flüge gebucht und als auch dies nach mehreren Anläufen, da die blöde Bank schon wieder sämtliche Kreditkarten gesperrt hatte, gelangt, hieß es nur noch: Tage zählen, bis wir wieder Haien und Mantas winken!

    Natürlich bietet Pulau Weh auch noch eine Menge neben dem Tauchen, unter Anderem seine atemberaubende Natur. So orderten wir uns für den nächsten Tag ein "Betschar", ein Roller, an dem ein für 4 Personen ausgelegter Beiwagen angeschweißt war. Der Rest durfte den Spaß des eigenständigen Rollerfahrens spüren - natürlich diesmal auf 2 Roller verteilt. Zuerst stoppten wir an einem Wasserfall mitten im Dschungel. Der Weg dorthin war recht abenteuerlich, da er sowohl über einen Fluss, als auch zahlreiche Wurzeln und nicht zu vergessen einige zu erkletternde Felsen führte. Mit einer Arschbombe vom Fels eröffnete Erik den natürlichen Swimmingpool und wir folgten ihm, indem wir die anliegenden Felsen nass spritzten und als Rutsche nutzten. Die Väter gönnten sich den Wasserfall als Massagestrahl, während Mama draußen das Gepäck vor den Affen bewachte, wobei sie sich mit einem 3m langen Ast bewaffnete! :D Man weiß ja nie.
    Auf dem Hinweg war uns nämlich ein einzelner Tourist über den Weg gelaufen, der uns vor den Affen warnte und aussah, als wäre er wohl von ihnen ausgeraubt worden, als er im Wasserfall badete.

    Fast noch nass sprangen wir wieder auf unser Betschar und die Roller auf und düsten weiter zu einem Strand auf der anderen Seite der Insel. Da die Familie ja noch nicht genug Salzwasser abbekommen hatte, sprangen alle sofort nach dem Mittagessen auf und gingen schnorcheln - Jule und ich schnorchelten auch, allerdings im Trockenen. ;) (Anmerkung Jule: gemeint ist hiermit Mittagsschlaf ^^)
    Nach etwa einer Stunde kehrte Mama ganz erschrocken zurück und berichtete davon, wie sie Papa gerade noch davon abhalten konnte, noch einen Meter näher an die Seeschlange heran zu schwimmen, um ein Foto zu machen. Erst beschmunzelte ich ihre Panik, doch nach einem kurzen Google-Gang, welche Schlange sie meinte und ob es nicht doch nur eine Moräne war, wurde auch ich still. Denn die Familie war soeben mal der giftigsten Schlange Südostasiens begegnet. Also gut, dass Mama Papa nochmal zurück gepfiffen hat! Er kraucht ja auch der Moräne so nah auf die Pelle, dass sie ihn locker beißen könnte. Naja, für das perfekte Foto kann man schon mal sein Leben riskieren, nicht wahr? Selbst der Tauchguide hatte gesagt, dass er Volker und Papa nur noch mitnimmt, wenn sie ihre Kameras an Land lassen. :D
    Nach der Aufregung um die Schlange, die anscheinend ja doch nicht so unberechtigt war, fuhren wir zu einem weiteren Strand, um den Sonnenuntergang zu sehen. Auch wenn dieser Strand sich "Secret Beach" nannte, war er klar mit Schildern ausgeschildert. Leander: "Schaut mal, der Strand ist so geheim, dass er sogar eigene Schilder hat!" :D
    Nach einem leider etwas wolkigen Sunset, aber dafür touristenfreien Strand marschierten wir wieder durch den Wald hoch zur Straße, wo die Roller standen. Unser Fahrer hatte sich dort ein Feuer gemacht, warum wissen wir nicht genau. Wir tippen darauf, dass er sich Essen gekocht hat, für Leander und Erik war das Verscheuchen von wilden Tieren natürlich weitaus naheliegender. ;)
    Obwohl uns auf dem Weg tatsächlich ein Opossum oder sowas in der Art begegnet ist.
    Im Hotel angekommen, wurden wieder akribisch die besten Hängematten-Spots gesucht und da wir alle noch nicht genug vom "Abhängen" hatten, beschlossen wir, am nächsten Tag einfach zu dem Secret Beach zurückzukehren und so richtig zu gammeln mit Blick aufs Meer!

    Gesagt getan! Am nächsten Morgen saßen wir 7 auf 3 Roller verteilt und sausten die Serpentinen entlang. Weltmeisterfahrerin Jule transportierte gleich beide Brüder auf dem Roller und sogar noch ein Schnorchelnetz zwischen den Beinen. ;)
    Ohne eine einzige Schramme, weil wir natürlich verantwortungsvoll rasen, stoppten wir am nördlichsten Punkt Pulau Wehs, auch Point Zero genannt. Jule und ich können nun stolz behaupten, dass wir sowohl den Anfang als auch das "Ende" der gewaltigen Inselkette Indonesiens bereist hatten - obwohl das "Ende" natürlich nur rein grammatikalisch das Ende war. Meine Reisepläne nach West-Papua hatte Jule ja mehrfach zu nichte gemacht. Dann hätten wir wirklich sagen können, dass wir einmal am Anfang und am Ende dieses schönen Landes standen. ^^
    Zusammen mit ein paar Affen stapften wir die Treppen an der Steilküste hinunter. Während Erik und Volker riskant über die Brandungsfelsen kletterten, zogen wir, Jule und ich, es vor, uns auf einer der Plattformen zu sonnen. Plötzlich kam ein wild fuchtelnder Einheimischer angerannt, der sich wohl darüber echauffierte, dass wir unsere Wanderbluse abgelegt und nur noch im Top dort lagen. Zum Glück stellte sich mit jedem Meter, den der brüllende Kollege näher kam heraus, dass es Papa war - und mal unter uns, so richtig nach Indonesisch klangen seine Laute auch nicht. Trotzdem schreckt man natürlich kurz zusammen, gerade wenn man hier für manches Fehlverhalten sogar gesteinigt werden kann. Aber auf Pulau Weh soll es nicht so streng sein, wie in Banda Aceh, wo wir gelandet waren.
    Auf den Schreck kehrten wir erst mal in ein Warung ein und Papa bekam endlich seine heiß ersehnte Garküche. Mit Ausblick auf die See futterten wir Mie Goreng und Ananas in Erdnuss-Chili-Sauce. Auf dem Weg zum Parkplatz ershoppten wir voller Frust ein paar Tauch-Tshirts, denn die Bewohner Sumatras scheinen im Gegensatz zu allen anderen Indonesiern das Verhandeln abzulehnen. 4,50 € ist zwar immer noch ein Schnapper für ein Shirt, aber es deprimierte schon etwas, nicht mehr falschen zu können. Shoppen ohne Verhandeln ist kein Urlaub mehr! Ich bezweifel, dass Jule und ich in Deutschland je wieder mit gutem Gewissen Klamotten shoppen können. ^^

    Mit 7 Shirts im Roller-Kofferraum ging es abwärts zum Secret Beach. Am Strand angekommen wurde sich um die besten Hängemattenplätze rund um einen riesigen Baum gekloppt. Nachdem alle Schnüre gespannt, Moskitonetze zurück geklappt und Karabiner eingehakt waren, sah man aus jeder Matte nur noch ein Bein bammseln. Naja, aus den meisten jedenfalls. Denn Papa beispielsweise hing gerade mal 2cm über dem Sand, weil er einen angekokelten Ast als Pfosten auserkoren hatte. Dass das nicht lange gut gehen würde, war von Anfang an klar, trotzdem sorgte sein 2cm Absturz natürlich für herrliche Lachkrämpfe in den anderen 5 Hängematten. :D Da Leli seine Matte zu Hause hatte liegen lassen, teilten sich Jule und er eine und es wurde eng aneinander gekuschelt. Auch Mama hatte sich höchstens 10cm über den Boden aufspannen lassen. Nichts da! Jule und ich waren ganz andere Ausblicke gewohnt. Schließlich muss man den Strand, das Meer UND die Umgebung im Blick haben. Mama gefiel meine luftige Höhe von 2m gar nicht und ihre Geschichten zu "Du brichst Dir das Genick, wenn Du da raus fällst und auf den Felsen landest!" haben irgendwann doch noch dazu geführt, dass ich mich 50cm tiefer hing - das Querschnittsrisiko war damit zwar kaum gesunken, aber dafür konnte man sich umso besser mit den Füßen vom Baumstamm abstoßen. :D
    So ließ sich doch glatt der nächste Blogeintrag schreiben. ^^ Und da wir bekanntlich mehrere Tage an diesem schreiben, ist es auch kein Wunder, dass wir jetzt im Flugzeug, 2 Tage später, immer noch am Schreiben sind.

    Nach Sonnenuntergang und keinem weiteren Absturz (^^) ging es wieder nach Hause. Da es unser letzter Abend auf Pulau Weh sein sollte, fielen wir nochmal in das Fischrestaurant ein und machten uns dann vollgefressen ans fröhliche Packen. Als Vorgeschmack aufs Dschungeltrekking in 1 Woche wühlte schon mal ein kleines Wildschwein unter unserer Terasse herum, welches aber hüpfend wegrannte, als Mama es mit Butter abwarf - kalte Butter war ihm wohl doch nicht so oft untergekommen. :D
    Mit noch klebriger "das ist ja die reine Chemie!"-Pampe (Zitat Mama) im Gesicht von den in Kuala Lumpur gestoppten Beauty-Masken, die einen Koala, Tiger, Pinguin, Otter und eine undefinierbare asiatische Fratze zeigten, warfen wir uns auf unsere Kopfkissen.
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