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  • Day 58

    Der Ranger-Effekt

    January 26, 2018 in Paraguay ⋅ ☀️ 13 °C

    Paraguay war nur eine kurze Station für uns. Auch wenn es landschaftlich interessant aussah, ist es wie zuvor beschrieben, für Touristen sehr sehr schwierig sich dort fortzubewegen oder unterzukommen. Selbst in der Hauptstadt Asucion.
    Also war es eher eine Zwischenstation für uns.
    Wir stellten uns also mit vollen Gepäck an den Bahnhof und suchten eine Weiterfahrt.
    Argentinien, Salta und Jujuy sollte es werden, aber es gab weder Mietwagen noch Busse die vor nächster Woche irgendwie verfügbar wären. Also entschied das Schicksal für uns. Es sollte Bolivien werden. Ein Bus am Tag fährt nach Bolivien, ein Nachtbus. Nicht grade günstig für die Strecke und erst recht nicht komfortabel, aber darauf kommen wir gleich noch mal zu sprechen.
    Also stellten wir uns an den Bahnhof und warteten über 12 Stunden bis unser Bus losfuhr. Es war jedoch unerträglich schwül und unsere Kreisläufe hatten wirklich zu kämpfen. Den einheimischen ging es aber nicht viel anders.
    Leider mussten wir auch wieder mitansehen, wie die Kinder am Bahnhof betteln gingen.
    Es ist schwer damit umzugehen. Wenn man ihnen nichts gibt, leiden sie, wenn man ihnen etwas gibt, unterstützt man das asoziale Geschäft, womit Erwachsene Kinder auf die Straße zwingen, um Geld anzuschaffen.
    Gott sei Dank werden sie immerhin nicht verstümmelt, wie es in anderen Ländern der Fall ist, nur um mehr Mitleid zuerregen.

    Jedenfalls war es am Bahnhof heiß, schwül und langweilig. Es gab jede Menge Geschäfte die allen den gleichen Ramsch verkaufen, überall Mate Tee zum trinken und wir als einzige Touris mitten drin. Wir waren eine Sensation für die ganzen "Indianer" hier, aber das ist nachvollziehbar, wo es sonst keine Touris hier gibt. Aus den Boxen drang paraguanische Panflöten Musik, die in die Halle schallte. Also es war wirklich anstrengend dort, und das obwohl wir schon eine stundenlange Fahrt von Iguaçu nach Asucion hatten. So dachten wir, kaufen wir uns immerhin eine SIM Karte mit 4G. Es ist echt ein riesen Akt eine Pre paid SIM Karte dort zu erlangen. Und wenn man den ganzen Prozess mit zisch Aktivierungscodes, Passvorlage und telefonischer Bestätigung endlich durch hat, stellt man fest, 4 G gibt es gar nicht. Nicht mal Edge hat richtig funktioniert. Da vermisse ich die Telekom manchmal schon.
    Ich denke man hat uns angesehen, dass wir die einzigen Ausländer in der Halle sind und uns echt auch langweilen....

    Aber plötzlich, der Ranger- Effekt, wie wir ihn von nunan nennen.

    Eine weiße Frau (aus Paraguay) sprach uns im nahezu perfekten deutsch an und erkundigte sich nach uns.
    Sie gehört einer Gruppe von Minuiten an, die hauptsächlich deutsch sprechen. Zuerst dachte ich sie gehört einer religiösen Sekte an und will uns bekehren oder ähnliches, doch es stellte sich heraus, dass sie einfach nur eine ganz liebe Frau ist.
    Jedenfalls hatten wir noch ewig Zeit am Bahnhof und freuten uns über den Kontakt. Sie nahm uns mit zu sich und ihren Mann nach Hause, kochte für uns, schenkte Simone noch Piercings und erzählte uns jede Menge über Paraguay. Und ihr Mann, er war Tättowierer aus Peru, der sich so über unseren Besuch gefreut hat, dass er gar nicht wusste, was er uns zu erst erzählen oder schenken soll.
    Wie kann sowas uns nur immer wieder passieren?
    Die beiden hatten zwei Pitbulls Zuhause, wahrscheinlich fetter als Schweine, aber süß auf ihre Weise. Die Wohnung war komplett individuell und künsterlich gestaltet, wirklich abgefahren.
    Jedenfalls haben die beiden uns tausende Sachen erzählt.
    Wie die Familien hier leben, wie die Menschen hier denken, was das Durchschnittsgehalt hier ist (400€) , oder warum die Männer hier besondere Machos sind.
    So gab es nach dem Krieg hier mit Argentienien und Brasilien ein Unterbevölkerungsproblem, weswegen die Männer gleich mehrere Frauen hatten. Und das ist bis heute scheinbar teilweise noch immer so. Oder das es den Tag des Kindes am 16. August gibt, weil so viele Kinder im Krieg starben.
    Ich wusste nicht mal was Flaschenbäume sind. Jedenfalls hat man diese damals ausgehöhlt und als Scharfschützenstandort genutzt. Viele Leichen wurden später noch darin gefunden.

    Sie, Ruth, erklärte uns ebenfalls wie das Land in Paraguay aufgeteilt ist. Nämlich in grünen Amazonas, östlich, und in die Wüste, die im Westen ist. Belebt ist das Land hauptsächlich nur im Osten. Die Wüste war wohl mal ein Binnenmeer, weswegen sie heute noch so salzhaltig ist.
    Die abenteurlichsten Tiere laufen hier rum. Die beiden haben uns auf Bildern Beispiele gezeigt von Krokodilen über Pumas , Flamingos und vieles mehr.
    Oder wusstet ihr, dass es über 3000 verschiedene Kartoffel Arten in Paraguay gibt? Ich denke damit können die Deutschen nicht mithalten, oder ?!
    Ach es war jedenfalls ein Wunder, wie Fremde uns einfach wieder aus heiterem Himmel aufgenommen haben und wie wir behandelt wurden. Wie Familie.
    Das ist das besondere am Reisen.
    Und wir nennen dies nun den Ranger Effekt, weil dies mit dem Ranger in Brasilien und anderen Begegnungen uns schon öfter passierte.
    Wir glauben in diesem Fall, das Schicksal wollte uns nicht mit so einem doofen Gefühl aus Paraguay gehen lassen und deswegen durften wir diese schöne Bekanntschaft und Erfahrung noch machen.

    Jedenfalls, als wir mit Geschenken und Essen vollgepackt vor unserem Bus nach Bolivien standen hat es uns kurz geschüttelt. Der herutergekommenste Bus von allen, war der den wir bekamen. Später verstand ich auch warum. Eigentlich sind die Busse hier wirklich gut, aber dieser eine war es absolut nicht. Denn die neue Busse sollen auf der katastrophalen Strecke nicht kaputt gehen.
    Die Fahrt sollte weitere 15 Stunden dauern.
    Allein beim Anblick ist der Bus fast auseinander gefallen.
    Wir sind quer durchs Land auf Sand und Schotter Wegen gefahren. Es hat gewackelt und gekracht...
    Aber für einen Moment waren wir abgelenkt. Es gab ein stundenlanges Blitzlichtgewitter ohne Regen oder Donner. Wetterleuchten die den Himmel voll erleuchteten.
    Und einen Sternenhimmel, dass die Milchstraße ganz klar zu erkennen war. Ein Naturspektakel vom Feinsten.
    Jedenfalls sind wir die in Südamerika am wenigst befahrene Straße gefahren. kein Wunder. Wenn man dort wegen Regen stecken bleibt, kann die Fahrt sich auf 2 Tage hinauszögern.
    Auf den Weg nach Bolivien gab es erstaunlicher Weise 4 Polizeikontrollen, was hieß, dass wir unser ganzes Koks, Crystal und den ganzen andern guten Stoff schnell loswerden mussten. Wohin nur damit in der kurzen Zeit.... ?

    Ne Spaß. ;p

    Aber es war schon etwas seltsam.
    In den ersten drei Kontrollen wurden wir auch kontrolliert, doch nicht sehr genau. Zumindest nicht so sehr wie die Einheimischen. Und bei der letzten Kontrolle vor der Grenze hat man uns einfach durchgewunken, nur weil wir Deutsche sind.
    Naja dann können wir uns von nun an scheinbar alles erlauben xD
    Die Fahrt war jedenfalls ein echtes Abenteuer und wirklich anstrengend. Man bekommt fast kein Auge zu.

    In Villamontes ( Bolivien) angekommen, dachten wir , wir sind falsch abgebogen. Wie in der Wüste stehengelassen. Also im wahrsten Sinne des Wortes Wüste.
    Keine Landeswährung in der Tasche, kein Internet und überall wurden wir wie Außerirdische betrachtet.
    Doch die Menschen sehen echt putzig aus. Vor allem die Frauen, sie tragen alle ihre Tracht, lange schwarze Zöpfe, kleine Runde Hüte und sind wohl geformt.
    Hier war das gleiche Spiel wieder. Es gab erst 12 Stunden später den nächsten Bus. Also wieder den ganzen Tag hier Löcher in die Luft starren.
    Geld abheben war hier ebenfalls nicht möglich, also haben wir zu einem schlechtes Kurs US$ wechseln müssen. Immerhin ging das noch.
    Aber hier ist alles so günstig, dass wir denken die Leute machen Witze mit uns.
    Eine Taxifahrt kostet nur 1-2€, ein Essen bekommt man untern1€ und sonst kostet hier auch alles, aus europäischer Sicht, nichts. Wir gehen dennoch respktvoll mit der Währung um, wollen die Leute hier nicht in ein schlechtes Licht rücken oder wie verzogene Europäer wirken.
    Mein Spanisch wird immer besser, obwohl es wahrscheinlich von Fehlern nur so wimmelt, aber ich war in der Lage den Taxifahrer zu fragen, warum die Leute hier alle so dicke Wangen haben.
    Also wirklich dicke Wangen. Als hätten sie alle eine Weisheitszahn OP hinter sich.
    Die Antwort...wenig überraschend - Coca. Deswegen wirkt das ganze Dorf auch so ruhig. Also, das wollt ich jetzt aber genauer wissen, also sind wir in den Markt gelaufen, der in einer riesen Halle war. Dort gibt es Restaurants, Handwerksgeschäfte, Lebensmittel, Elektronikzubehör und mehr. Weiß gar nicht wer das alles kaufen soll. Jedenfalls saßen dort auch die traditionell gekleideteten Damen und verkauften säckeweise Coca. Eine volle Tüte kostet nicht mal 1 €.
    Das musste ich versuchen.
    Zu eurer besseren Vorstellung....
    Es schmeckt etwa wie grüner Tee, wird im Abgang etwas bitter und macht die Wange etwas taub. Es soll gut gegen Hunger sein, gegen Müdigkeit und bei Höhenproblemen helfen.
    Aber glaubt mir, es ist nicht mehr oder weniger als Schwarztee oder Kaffee. Also ganz ganz harmlos.
    Dennoch witzig wie sie alle daran nuckeln. Ist übrigens für alle Altersgruppen legal hier.

    Wir haben uns die Menschen und ihre Beschäftigungen genauer angeschaut. Wirklich arbeiten tut hier keiner. Sind eher alles Verkäufer von Ramsch oder Taxifahrer und sind gut in Luftlöcher starren.
    Die Menschen sind sehr nett, aber leider sehen sie nicht sonderlich glücklich aus. Wir haben uns gefragt woran das wohl liegt. Aber ich muss gestehen, es fällt uns schwer sich in deren Situation reinzuversetzen. Tag ein Tag aus das Gleiche, etwas trostlose Leben. Deswegen ist wohl Coca und Essen auch so wichtig für die Menschen hier.

    Jedenfalls wollten wir nicht in dem kleinen Dorf bleiben, sondern weiter nachTarija fahren.
    Also von Iguaçu nach Asucion, von Asucion nach Villamontes und vor dort nach Tarija. Es hat uns fast 3 Tage gedauert für die Strecke. Aber zum Reisen gehört halt auch viel warten, Leute beobachten und sich kreative Spiele ausdenken dazu. Habt ihr Ideen was man beim langen Warten alles machen kann? Aber naja Zeit haben wir ja ohne Ende.
    Aber Tarija lohnt sich. Es sind nur 100 km Luftlinie von Villamontes, doch 250 km Fahrstrecke durch die Berge.
    Für 250 km brauch der Bus wieder knapp 10 Stunden.
    Doch der Weg durch die Berge war wirklich wunderschön. Hier sieht man wohl das echte Bolivien am besten.
    Kleine Farmhäuser, Menschen in Tracht, Tiere, tiefe Wolken, ein schöner Sonnenaufgang und eine tolle Flora.... Wie im Film

    Eeeendlich in Tarija angekommen, ist das Klima wieder erträglich. Hier auf knapp 2000 M.ü.M. ist die Luft frisch und gut.
    Alles ist sauber, schnucklig und ordentlich. Das Departamento Tarija befindet sich im äußersten Süden von Bolivien und seine gleichnamige Hauptstadt liegt in einem traumhaft grünen Tal. Die Stadt Tarija wird auch "Hauptstadt des Lächelns" genannt ( haben wir zumindest nachgelesen ) und ist bekannt für ihre Gastfreundschaft, ihr gemäßigtes Klima und ihre Weinproduktion.
    Die Gebäude und Straßen erinnern etwas an Sizilien.
    Die Plaza Major (der Hauptplatz) ist ein wunderschöner Platz, der umrahmt wird von Gebäuden im kolonialstil, der Präfektur und anderen Staatsgebäuden. Angeblich einmalig in ganz Bolivien. Hier laden schattenspendene Palmen und Orangenbäume zu einer Verschnaufpause ein.
    Am Hauptplatz sitzen die alten Herren aif erhöhten stühlen nebneneinder mit ihren Zeitungen in der Hand, gestriegelten Gelhaaren und in Anzügen, während sie sich die Schuhe putzen lassen. Ein Bild für die Götter.
    Wirklich ein witziger Anblick.
    Die Frauen sind mit Essen machen beschäftigt oder umsorgen sich um die Kinder. Und meist alles in der Folklorekleidung.
    Doch für die 180 k Mannstadt ist hier viel los. Alle sind draußen und sind am rumwuseln.
    Hier ist echt was los.

    Es gibt hier scheinbar auch eine riesen Sternwarte die mit der NASA zusammenarbeit. Wir haben es wegen dem schlechten Wetter leider nicht mehr dort hin geschafft.
    Der Wein soll hier ebenfalls ganz besonders toll sein und es gibt einen Wasserfall oder auch verschiedene Volksfeste hier. Leider machte uns Auch hier das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Dennoch ist es sehr schön hier.

    Jedenfalls ist es hier komplett anders als im Rest von Südamerika wo wir bislang waren. Doch uns gefällt es hier ganz gut.

    Die Supermärkte sind winzig. Etwa 50 Produkte werden vor vergitterter Tür verkauft. Nur das Nötigste. Keine Lebensmittel. Denn draußen essen ist so günstig, dass die wenigsten selber kochen.
    Es gibt ein riesen Einkaufszentrum (Fresstempel), der nur aus Nahrungsmittel besteht. Unten Leckereien , Obst und Gemüse und oben Restaurants.
    Die Leute lieben es hier zu essen.
    Und wir sind auch schwer da raus zu bekommen. Bei den Preisen macht es zu viel Spaß.
    Am liebsten würden wir von allem etwas probieren. Nur das Thema ist, obwohl es sehr leicht wäre Essen ohne Fleisch hinzubekommen, da die Fleischtöpfe getrennt aufbewahrt werden, stehen die Leute vor uns als würden wir irgendwas vom Mars bestellen, wenn wir Essen ohne Fleisch bestellen. Das scheint ein Ding der Unmöglichkeit hier zu sein.
    Aber mit etwas Humor und Geduld bekommen wir auch das hin. ^^

    Mit Minivans gelangt man leicht etwas außerhalb vom Ort, die Vans werden übervoll beladen und dann geht's ab. Die Fahrt kostet auch quasi nichts. Der Bus hält grade da wo die Leute rein oder raus wollen, hier gibt es keine Haltestellen. Sehr praktisch.
    Jedenfalls sieht man, wenn man den Ort etwas verlässt, dass einige Leute ihre sehr simplen Häuser mitten in Steinbrüche eingebaut haben. Sieht wirklich sehr sehenswert aus, doch leider nicht sehr praktisch.

    Außerdem hat Tarija zwei wirklich schöne Märkte, auf denen man getrost einen ganzen Tag verbringen kann. Zahlreiche Streetfoods, Obst und Gemüsestände, Näher, Naturheilkräuter, Elektronikzubehör, Klamotten und viele Assecoirs sind dort zu ergattern.
    Hier geht’s wirklich wild zur Sache. Tausend von Menschen und alles voll und bunt.
    Man weiß gar nicht wo man zu erst hingehen oder reinschauen soll. Auch wenn es wirklich viele Stände „doppelt“ gibt, ist es ein heiden Spaß dort durchzulaufen. Tausend interessante Düfte steigen einen in die Nase und immer wieder entdeckt man was Neues. Es scheint so als nimmt der Markt kein Ende…
    Als Tourist dort durchzulaufen ist sicherlich unterhaltsam, als Verkäufer stellen wir uns das jedoch als hartes Brot vor und würden nur ungern tauschen.
    Wir haben uns sogar nach Autos umgeschaut, es wäre wirklich eine Idee sich einen Wagen zu kaufen. Die Fahrzeuge sehen hier gar nicht so schlecht aus. Aber wir können schlecht beurteilen wie es unter der Haube aussieht und außerdem gibt es so viel Papierkram zu erledigen und mit den Zollen und Landesgrenzen gibt es immer wieder Herausforderungen, so dass wir uns noch nicht getraut haben zuzuschlagen. Einheimischen haben uns eher davon abgeraten.
    Aber momentan geht’s auch noch gut ohne.

    Es sind unterm strich aber immer wieder die Details in diesen Ländern, die wir zu sehen und zu schätzrn lernen und uns daran erfreuen können. ;)

    So schön Tarija auch ist, aber wir haben uns entschieden das nächste Abenteuer aufzusuchen, also ging es ab nach Uyuni.
    Denn die Zeit in Peru ruft schon...

    Nächster Blog kommt sehr bald.

    Fühlt euch gedrückt.
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