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  • Day 4

    Im Schlund der Stadt

    February 3, 2020 in Argentina ⋅ 🌙 27 °C

    Hier in der Stadt gehen wir viel zu Fuß, da bekommt man am meisten von der Atmosphäre, den Leuten und dem Leben hier mit. Aber auch manches, dass man eigentlich nicht mitbekommen wollte. Aber von vorne:
    Der Plan für heute Vormittag: in das Nachbarviertel La Boca laufen. Einfach nur die Hauptstraße entlang, dann kommen wir zum Touristenmagneten Caminito - dachten wir zumindest. Wir wussten, dass wir in La Boca auf unsere Sachen aufpassen müssen und uns nicht abends oder nachts dort aufhalten sollen. Wir kauften noch neue Speicherkarten und machten ein paar Fotos an einer bunten Hausecke mit der Kamera. Plötzlich sprach uns eine vorbeigehende Frau an und warnte uns aufgebracht, an dieser Ecke seien schon fünf Leute umgebracht worden und wir sollten unbedingt die Kamera wegpacken, da es keine Polizei gebe. Haben wir dann auch gemacht und da wir ungerne in dieser gefährlich Straße bleiben wollten, bogen wir links ab, wo wir nach zwei Blocks eine große Straße erwarteten. Die nächsten zehn Minuten waren wirklich unangenehm: unser Weg führte uns schnurstracks durch eine Armensiedlung, die Transitzone einer Favela. Argwöhnische Blicke von rechts und von links, dann kamen wir zu einem Spielplatz anstatt zu der erwarteten großen Straße. Zwei junge Männer sprachen uns energisch an, dort wo wir gerade einbiegen wollten, verstecke sich eine Favela. Zum Glück war der eine Taxifahrer und rettete uns zum Caminito. Ein paar hundert Meter hinter der Favela also plötzlich Touristen, Polizei, Restaurants, Souvenirshops. Und keiner der Passanten merkt, was hinter der Fassade vor sich geht! Naja, zurückgefahren sind wir jedenfalls mit dem Bus, bis nach Puerto Madero. Dieses Nobelviertel kam uns wirklich hässlich vor, also sind wir bald wieder in unser Viertel, San Telmo, abgebogen. Dort, wo wir uns bis jetzt so sicher gefühlt haben, hat uns erneut ein Mann angesprochen, wir sollten aufpassen. Anschließend hat uns noch eine Frau - ursprünglich aus München, wie sich nachher herausstellte - gewarnt, unsere Rucksäcke nur vorne zu tragen, auch ohne Wertsachen... Nach einem kurzen Abstecher auf den Markt und auf den Plaza Dorrego, kehrten wir zum Hostel zurück. Dann noch schnell einkaufen und wieder zu Luis um zu kochen. Auch er hat große Augen gemacht, als wir ihm von unserem Vormittag erzählt haben...
    Die Argentinier halten uns anscheinend alle für viel zu naiv - und wahrscheinlich waren wir das heute auch. Bereut haben wir es trotzdem nicht und insgeheim sind wir auf der Suche nach einem Einheimischen, der mit uns da nochmal durchgeht - ohne Kamera.
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