A 27-day adventure by Martin & Regine Read more
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    Letzte Busfahrt - nach Buenos Aires

    March 26, 2023 in Argentina ⋅ ☀️ 24 °C

    Buenos Aires, Sonntag, 26. März 2023

    Mit der heutigen Fahrt treten wir definitiv die Rückreise an!
    Um 8 Uhr geht es mit dem Remis (argentinisches Uber) zum Busterminal von San Clemente. Wir treffen natürlich vor der Zeit ein - der Bus fährt erst um 09:15 Uhr los -, aber wir sind immer gern etwas früher da (für alle Fälle…, denn wenn das Taxi nicht kommt, dann haben wir noch die Möglichkeit, ein anderes zu bestellen) und zudem können wir im Busbahnhof noch gemütlich Kaffee und süsse Medialunas geniessen :-)
    Der Buskurs wird sogar doppelt geführt, offenbar, weil viele Leute aus dem langen Wochenende zurückkehren. (Am gestrigen Freitag war ein nationaler Feiertag.)
    Unser Bus ist jedenfalls bis auf den letzten Platz belegt und die Fahrgäste, die schon früher und weiter im Süden eingestiegen sind, schlafen meistens noch; die abgestandene Luft riecht entsprechend! Der Chauffeur hat wohl den Schalter für die Klimaanlage nicht gefunden:-)
    Mit unargentinischer Pünktlichkeit geht es los und schnell kommen wir aus der Bewölkung in Meeresnähe bei nur 16 Grad in sonnigere Gebiete und die Aussentemperatur steigt entsprechend an.
    Zuerst fahren wir durch das riesige Gewirr an Kanälen, Buchten und Lagunen, welche das Gebiet zwischen San Clemente und Magdalena im Süden von La Plata durchfurchen und wir sehen links und rechts nur Schilf, Wiese und Wasser.
    Später wechselt die Landschaft und sie wird trockener, was Landwirtschaft und Viehzucht auf riesigen Weideflächen ermöglicht. So grasen also links und rechts in Herden grosser Anzahl die zukünftigen Grill-Stücke der Argentinier, d.h. Rinder ohne Zahl.
    Als die ersten Siedlungen auftauchen, sehen wir tatsächlich ein wenig von dem, was der Argentinier vor allem an Feiertagen am liebsten macht: Parilladas! Grillen! Und selbstverständlich nur Fleisch, und davon eine grosse Menge!
    Dieser Anblick zieht sich weiter bis kurz vor La Plata (Universitätsstadt, 60 km südlich von Buenos Aires), wo Gewerbe und Industrie auftauchen und auch die Architektur ein Upgrade ins 21. Jahrhundert erfährt.
    Jetzt geht es schnell, denn schon erscheinen mit Hudson, Quilmes und Bernal die Vororte von Buenos Aires. Wir sind bereits im Grossraum der Hauptstadt angelangt, wo mit 15 Millionen Personen fast 35 % aller Einwohner Argentiniens leben.
    Über die Autobahn, die erst hoch über den Dächern und später unterirdisch verläuft, geht es vorbei am südlichen Hafengebiet „Dock Sur“, dann dem alten Puerto Madero entlang bis zum Retiro, wo der Busbahnhof liegt.
    Wir freuen uns über die Rückkehr in die Hauptstadt, die uns mit freundlichem Herbstwetter bei 21 Grad empfängt; angenehmer könnte es kaum sein!
    Bei Ankunft im Busbahnhof informieren wir unseren Airbnb-Gastgeber, dass wir in einer Stunde bei ihm an der Avenida Rivadavia 1377 sein werden und begeben uns mit der schnellen Metro (die hier SUBTE heisst - Subterraneo) auf den Weg.
    Wir sind etwas zu früh vor Ort und „müssen“ noch in einer Grido-Eisdiele verweilen und zwingend ein Eis (Capuccino granizado) essen. Gesagt, getan! Mit den Kalorien im Bauch schaffen wir auch noch die letzten 500 m zu Fuss zur Unterkunft, die sich im 15. Stock in luftiger Höhe und in Gehdistanz zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten befindet.
    Das Apartment ist hell, sauber und der Gastgeber Luis äusserst freundlich! Er lädt uns spontan zu einer kurzen Stadtrundfahrt in seinem Auto ein und zeigt uns unter anderem das bei den Touristen so angesagte Quartier La Boca. Es ist eines der bekanntesten 48 Viertel der Stadt und liegt an der Einmündung des Riachuelo-Flusses in den Rio de la Plata. Daher rührt dann auch sein Name: „Boca“ steht für „Mündung“.
    Das ursprüngliche Viertel italienischer Einwanderer, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts - überwiegend aus Genua stammend - hier als Industriearbeiter tätig waren, ist heute bei den Touristen wegen seiner bunten Häuser beliebt. Sie wurden damals aus dem Blech abgewrackter Schiffe gebaut und mit Schiffslack bunt bemalt.
    Heute preisen viele Künstler ihre Werke auf den Gehsteigen der Strasse El Caminito (Der kleine Weg) an und an einem Sonntag wie dem heutigen ist vor lauter Schaulustigen kaum ein Durchkommen mehr - ganz im Gegensatz zu Wochentagen, wie uns Luis erzählt.
    Von ihm erfahren wir auch, weshalb die Gehwege oft bis zu einem Meter oberhalb des Strassenniveaus liegen. Wir haben uns schon vor zwei Wochen - bei unserem kurzen Aufenthalt in Buenos Aires - darüber gewundert. In früheren Zeiten wurden die Strassen regelmässig vom Hochwasser des Flusses überflutet und es schwappte - ähnlich wie bei unserer gestrigen Unterkunft - in die Wohnungen hinein. Hohe Gehsteige lösen dieses Problem auf einfache Weise.
    Nach eineinhalb Stunden Rundfahrt mit Besichtigung und vielen Erklärungen, die ein offizieller Stadtführer nicht hätte besser machen können, lädt uns Luis vor dem Apartmenthaus ab. Wir haben richtig Glück, auf diese Weise von einem „echten“ Porteño in der Hauptstadt empfangen zu werden.
    Jetzt packen wir aus, richten uns ein und gehen noch etwas einkaufen: Irgendwann muss der Mensch ja auch einmal etwas essen!
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  • Day 2

    Auf Souvenirjagd in Buenos Aires

    March 27, 2023 in Argentina ⋅ ⛅ 24 °C

    Buenos Aires, Montag, 27. März 2023

    Erster freier Tag in Buenos Aires. Wir gehen ihn ruhig an und entscheiden, heute unsere Souvenirs einzukaufen. Diese bestehen allerdings „nur“ aus einem Buch für Martin und Fussball-WM-T-Shirts für die Enkel.
    So schnell kommen wir allerdings nicht ausser Haus: Regines Tee-Glas, gefüllt mit Kaffee, gleitet ihr aus der Hand, weil der Metallring nicht richtig sitzt! Dabei ergiesst sich der gesamte Inhalt über ihre Hose, das Kopfkissen (Sie muss ihr Kissen immer auf den Stuhl legen, damit sie auf den Tisch sehen kann:-) und den Fussboden, der glücklicherweise gefliest ist. Die vielen Glassplitter sind noch drei Meter weit weg zu finden und es dauert eine geraume Zeit (ohne Staubsauger für die Splitter!), bis der Originalzustand wieder hergestellt ist und die mit Kaffee bekleckerten Textilien gewaschen und aufgehängt sind!!!! Regine findet, das hätte nicht sein müssen… Ein Foto gibt es davon allerdings nicht; zu gross war die Aufregung. Das intakte (leere) Glas mit Ring hat sie später fotografiert und dabei wäre ihr das gleiche Missgeschick fast noch einmal passiert!
    Fazit (zumindest für Regine): Hände weg von solchen Gläsern!
    Nach diesem ersten Desaster können wir aber immer noch nicht die Wohnungstür hinter uns zuziehen: Die WC-Spülung ist defekt und Martin macht sich ans Werk. Mit „Bordmitteln“ gelingt ihm die Reparatur. Er flickt fast alles :-)
    Jetzt machen wir uns auf den Weg nur nächstliegenden Buchhandlung namens Yenni (die aber wie alle grossen Buchhandlungen in Argentinien zum Ateneo-Konzern gehört).
    Wir finden die Adresse schnell, jedoch die Buchhandlung nicht. So ist es eben in riesigen Malls, in denen auch noch die digitalen Informationstafeln für die Geschäfte in den diversen Etagen ausgefallen sind. Dafür steht in diesem ehemaligen Grossmarktgebäude ein Security-Mann an einer Ecke, der uns weiterhilft.
    Im Laden fragen wir höflich nach dem Titel, der Martin schon in El Calafate ins Auge gestochen ist, den er aber aus logistischen Gründen (Gewicht) erst in Buenos Aires erstehen wollte. Es handelt sich um ein 800-seitiges Werk über die Geschichte der Selknam und Yaguan, Ureinwohner auf Feuerland.
    Es war ein Fehler, nicht gleich an Ort und Stelle zuzugreifen, denn der Verkäufer befragt den Computer, der auf die Frage, ob das Gewünschte vorrätig ist, mit „Nein!“ antwortet. Dieser Titel ist in sämtlichen (!) Filialen des Konzerns vergriffen!
    Martin schwenkt um: Dann soll es halt ein Buch aus dem Bereich der Belletristik sein oder etwas von Javier Marías, einem von Martins Lieblingsautoren.
    Von diesem kürzlich verstorbenen spanischen Schriftsteller hat Martin schon fast alles gelesen (!), nur noch nicht dessen gesammelte Kolumnen in der Sonntagsbeilage der Zeitung „El Pais“. Laut der Datenbank der Buchhandlung müsste (mindestens) ein Exemplar davon vorrätig sein. Im Regal befindet es sich nicht, aber vielleicht im Lager?! Eine freundliche Bedienstete macht sich schnurstracks auf die Suche, kommt aber nach zehn Minuten mit leeren Händen zurück. Die Datenbank weiss wieder einmal mehr als die Realität! :-)
    Wir ziehen also unverrichteter Dinge ab und konzentrieren uns auf den zweiten Wunschartikel des heutigen Tages: T-Shirts in Kindergrösse von Messi, dem Fussball-Helden der argentinischen Nationalmannschaft.
    Dies sollte eigentlich kein Problem sein, denn wir haben jene Exemplare schon an verschiedenen Orten gesehen und entsprechende Artikel gibt es sogar für Hunde!!
    Da wir uns in der Nähe des Stadtviertels „Once“ befinden, wo sich historisch die jüdischen Händler niedergelassen und jetzt die Afrikaner das Sagen haben, spazieren wir dorthin. Wir sind uns sicher, dass wir fündig werden, denn nirgendwo in Buenos Aires gibt es mehr Kleidergeschäfte als hier…
    Bald häufen sich diese, aber die Verkäufer*innen wollen astronomische Summen für so einen Fetzen Stoff: 3800 Pesos (17 Euro)! Da macht Martin nicht mit, aber wir wissen jetzt, wo ungefähr das Preisniveau (für Touristen) liegt. Dann entdecken wir etwas weiter einen Strassenmarkt, wo die Ware auf den Gehsteigen - am Boden ausgebreitet - angeboten wird. Martin fragt einen dunkelhäutigen Mann und dieser offeriert das Stück für 2500 Pesos (11 Euro), was jedoch angesichts der minderwertigen Qualität der Ware sicherlich immer noch zehn Mal über dem Anschaffungspreis liegen dürfte. Wir fragen an diversen Ständen nach, bekommen aber immer dasselbe Angebot. Martin wird es zu blöde und er verzichtet auf das Gadget. Regine findet es schade, denn sie hätte gerne etwas gekauft… :-)
    Nach all dem Frust brauchen wir dringend ein Grido-Eis, aber nicht in dieser hektischen Gegend. Wir fahren mit der Subte (U-Bahn) Richtung Puerto Madero (alter Hafen) und spazieren von dort aus zur nächstgelegenen Eisdiele des Grido-Konzerns. Diese stellt sich als Süssigkeiten-Laden heraus, der unter anderem (und offenbar relativ selten) auch Eis verkauft. Das Dulce de Leche-Granizado ist zwar okay (jedoch lange nicht so gut wie das Cappuccino), aber die Waffel schmeckt schon etwas alt…
    Wir essen sie trotzdem unterwegs und staunen auf dem Weg zum Hafen- und Bankenviertel über den drastischen Wechsel der Architektur, der Geschäfte und auch der Leute. Waren wir vorher noch in einer Art „arabischem Bazar“, sind wir jetzt in einem europäischen Finanzdistrikt mit schicken Bars und Geschäften gelandet. Was für ein Kontrast! Regine ist fasziniert von der Architektur der monumentalen Gebäude aus den 1920-Jahren. Die Fotos beweisen es!
    Wir flanieren der Ausgehmeile rund ums alte Hafenbecken entlang und passieren (endlich!) die Puente de la Mujer (Frauenbrücke) von Santiago Calatrava, einem der berühmtesten zeitgenössischen Architekten. Er entstammt einem spanischen Adelsgeschlecht aus Valencia (geb. 1951), lebt und arbeitet in Zürich und in New York. Dutzende Bauwerke weltweit sind von ihm, unter anderem die Kronprinzenbrücke in Berlin und der Bahnhof Zürich-Stadelhofen.
    Im November, als wir sie begehen wollten, war sie wegen Reparaturarbeiten gesperrt.
    Obwohl sie 2001 als Schwenkbrücke konzipiert wurde, damit im Notfall auch grössere Schiffe passieren können, dient sie - wie so vieles in Argentinien - vor allem einem: einen guten Eindruck zu machen. Und imposant ist sie tatsächlich, wobei sich vor allem Martin mehr für die alten Hafenkräne interessiert, die als Denkmäler des ehemaligen Hafens stehengelassen wurden.
    Dann müssen wir zurück, weil wir um 21 Uhr noch ein Treffen mit José Luis Fernandez, einem Künstler aus Buenos Aires, im Restaurant „Cervantes“ vereinbart haben. Wir machen uns (fast) rechtzeitig auf den Weg, aber noch unterwegs informiert uns José Luis, dass wir dort vor 22 Uhr wegen des grossen Andrangs keinen Tisch bekommen werden. Und das heisst dann nach argentinischer Zeitrechnung eher um 23 Uhr!
    Wir treffen uns trotzdem im „Cervantes“ und suchen von dort aus ein anderes passendes Lokal in der Nähe. Von einem Zeitschriftenhändler werden wir zum „Niña Bonita“ (Hübsches Mädchen) gelotst, wo wir fast die einzigen Gäste sind und ein tolles Abendessen (Malambrito de Cerdo, Patatas Fritas, Ensalada mixta) einnehmen, uns gut unterhalten und als Höhepunkt zwei von José Luis für uns gemalte Bilder, entgegennehmen. Jetzt haben wir also doch noch ein Souvenir aus Argentinien!
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  • Day 3

    Bummel und Rummel

    March 28, 2023 in Argentina ⋅ ☀️ 28 °C

    Buenos Aires, Dienstag, 28. März 2023

    Martin hat nach dem üppigen Mahl am gestrigen Abend heute Morgen bis um 10:30 Uhr geschlafen! Für Regine ist das unfassbar!!! Oder lag es an der Dose Bier, die wir uns spätabends noch genehmigt haben? Wir müssen ja vor dem Abflug noch alle Vorräte „vernichten“ :-)
    Auf jeden Fall starten wir heute spät in den Tag, auch weil Regine noch am Blog arbeitet und Martin wieder einmal organisatorischen Kleinkram erledigt: Unter anderem recherchiert er den Wechselkurs von Pesos Argentinos zu Reals in Brasilien.
    Wir schaffen es aber auch noch, für den morgigen Tag eine „kostenlose“ Tour (so wird sie beworben) für 4000 Pesos (18 Euro pro Person) durch das Palermo-Quartier zu organisieren. Wir kennen mittlerweile viele Ecken in Buenos Aires, aber dieses Viertel haben wir bis jetzt noch nicht besucht.
    Dann geht es los zum Nordende des Puerto Madero, weil wir nämlich im Internet erfolglos eine Bootsfahrt durch den Hafen gesucht haben. Also müssen wir das - wie ja meistens in Argentinien - vor Ort recherchieren.
    Mit der Subte (U-Bahn) sind wir schnell dort, wo die Schiffe nach Uruguay und ins Tigre-Delta ablegen und wir hatten damit einen guten Riecher: Hier werden wir bei der Agentur Sturla fündig und buchen für teure 4500 Pesos (20 Euro pro Person) eine halbstündige Rundfahrt.
    Aus einer „richtigen“ Hafenbesichtigung (wie wir sie uns vorgestellt haben und beispielsweise aus Hamburg kennen) wird dann aber nichts! Wir sind aber trotzdem beeindruckt, die Skyline von Buenos Aires einmal aus einer ganz anderen Perspektive betrachten zu können.
    Nach diesem Kurztrip schieben wir erst einmal eine Pause ein, weil wir beide uns nicht so schnell darauf einigen können, was wir mit dem angebrochenen Nachmittag noch anfangen sollen. Heraus kommt dann ein Besuch in der „Confitería La Idéal“, wo wir wiederum zu Fuss und teilweise mit der Subte hingelangen.
    Es ist eine Reise in die Vergangenheit in ein Café (im Erdgeschoss) und einem grossen Tango- und Milonga-Ballsaal (im zweiten Stock) aus dem Jahre 1912 im Stil der „Belle Epoque“.
    Kurz vor dem endgültigen Verfall hat sich 2016 eine Gruppe anonymer Investoren dieses ursprünglichen Juwels angenommen und es knappe 6 Jahre lang sehr aufwändig restauriert, bis es im November 2022 wiedereröffnet wurde und seither in neuem Glanz erstrahlt. Umgeben von wunderschönen Leuchtern und Möbeln aus vergangenen Zeiten, einem schmiedeeisernen Aufzug und Treppen aus Marmor fühlt man sich tatsächlich um ein Jahrhundert zurückversetzt. Natürlich ist anzumerken, dass sich auch vor hundert Jahren nur die gut Betuchten dort aufgehalten haben!!
    Angesichts des teuren Intérieurs, der erlauchten (meist weiblichen) Kundschaft im fortgeschrittenen Alter und der Tatsache, dass bei den Leckereien keine Preise angeschrieben sind, verzichten wir darauf, dort Kaffee zu trinken und Regine macht einfach ganz viele Fotos.
    Den Ballsaal kann man ohnehin nicht besichtigen und Martin ist unter keinen Umständen dazu zu bewegen, eine Tango-Stunde zu buchen (Wir hätten noch drei Tage!!), damit wir in den Genuss dieses Saales (oder dieser Säle??) kommen,
    Von hier aus (Suipacha 380/4) gehen wir zu Fuss (ohne Einsatz der Subte) bis nach „Hause“ und belohnen uns für die Strapazen erneut mit einem Eis bei Grido an der Ecke :-). Wir setzen uns nach draussen und beobachten die Vorbeiziehenden. Was Outfit, Haare und Tätowierungen angeht, so bekommen wir hier alles Mögliche zu Gesicht. Bei uns wäre dies vermutlich auch nur in den grossen Städten möglich. Aber wir kommen ja vom Lande:-) und staunen über manches.
    Jetzt wollen wir noch kurz Brot bei DIA (Ladenkette) kaufen, aber sie haben dort wieder einmal nur Industrieware. Als wir das Geschäft ohne Brot verlassen, stösst Martin direkt vor dem Laden auf eine fliegende Händlerin, die auf der Strasse alte Bücher verkauft, darunter eines zur italienischen Küche (auf Italienisch!), das ihm die Dame unbedingt aufschwätzen will, wo doch Martin auch Italienisch spricht! :-) Aber er möchte weder das Kochbuch noch irgendein anderes, zum Beispiel aus der esoterischen Ecke. Doch da entdeckt er eines mit dem Titel „Die Schule Satans“ und da es ein Roman auf Spanisch ist und sogar in ungelesenem Zustand, erwirbt er es für schlappe 500 Pesos (1,60 Euro) und alle sind zufrieden.
    Zu Hause wirft sich Regine in die Haarfarbe. Die argentinische Farbskala und Nummerierung ist vermutlich nicht mit der deutschen identisch (was jedoch auf der Verpackung nicht ersichtlich war) und welch böse“ Überraschung erfährt Regine beim Blick in den Spiegel: Heraus kommt jetzt ein Haselnussbraun. Regine ist schockiert!) Martin schreibt währenddessen in den Geruchsfahnen der Chemie-Keule diesen Blog hier.
    Später gibt es dann Nudeln mit Tomatensauce, Kichererbsen und grünen Erbsen, also eine Variante eines unserer Klassiker :-), dazu einen gemischten Salat und zum Nachtisch leckere süsse Stückchen - ebenfalls unsere Klassiker und Favoriten!
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  • Day 4

    Hippe Graffiti in Palermo

    March 29, 2023 in Argentina ⋅ 🌧 27 °C

    Buenos Aires, Mittwoch, 29. März 2023

    Noch etwas Kulturelles sollte zum Abschluss schon sein. Und das Viertel Palermo haben wir auch noch nicht „richtig“ besucht - lediglich den Jardín Japones, der an dessen Rand liegt. Palermo gilt als das angesagteste Quartier in der Hauptstadt, in dem viele Künstler wohnen, wo es unzählige trendige Geschäfte und Bars gibt und wo alle Touristen hin wollen: Wir also auch!
    Dazu haben wir etwas Spezielles gebucht: eine „kostenlose“ Graffiti-Tour für 10 Euro (!) pro Nase durch die Teile Palermo Soho (Der Name ist Programm!) und Palermo Viejo (Alt-Palermo). Dort sollen die meisten Graffiti hängen.
    Auf der Hinfahrt verfahren wir uns erst einmal! Wir haben die falsche Richtung eingeschlagen! Nach einer Station merken wir unseren Irrtum und müssen wieder aus der Subte aussteigen. Aber um auf den gegenüberliegenden Bahnsteig zu gelangen, muss man durch den Ausgang hinaus, hoch auf die Strasse, diese überqueren und auf der anderen Strassenseite wieder in den Untergrund - und erneut bezahlen. Aus anderen Metropolen kennen wir dies nicht!

    Nach dieser Aktion stellen wir dann fest, dass die Zeit für den restlichen Fussweg nicht mehr reicht, so dass wir in ein - hier zum Glück billiges - Taxi einsteigen und uns zur Plazoleta Julio Cortázar (im Volksmund: Plaza Serrano) bringen lassen.
    Dort entsteht das nächste Problem: Die Organisation hat uns als Treffpunkt einen Ort angegeben, den wir auf Anhieb nicht finden. Es folgt ein WhatsApp-Chat mit den freundlichen (und schnellen) Guides: Ja. wir sind am richtigen Ort, der Graffiti-Führer namens Luke ist einfach noch nicht da - „kommt aber sicher jeden Moment“, wie sie uns schreiben…
    Und tatsächlich: Einige Minuten später sichten wir ihn im orangefarbenen T-Shirt der Organisation. Er ist waschechter Amerikaner, hat Geschichte studiert und lebt seit über 11 Jahren in Buenos Aires. Seinen Yankee-Akzent hat er aber trotzdem noch nicht abgelegt!! :-)
    Martin bequatscht ihn noch wegen des Widerspruchs der „Gratis-Führung“ mit fixem Preis und Luke erklärt ihm, dass früher alles kostenlos war, die Organisation jetzt aber auch kostenpflichtige Führungen im Programm hat. Aha!
    Dann geht es los; die Gruppe der Interessierten ist mit etwa 20 Personen überschaubar: Die Mehrzahl sind junge Amerikaner, ansonsten drei Österreicher*innen, zwei Holländerinnen, ein Engländer und eine Porteño, die fleissig mitschreibt.
    Die Führung ist auf Englisch und Luke weiss tatsächlich viel zu erzählen: So erfahren wir, dass schon die alten Römer Graffiti hatten (Der Name ist Lateinisch: grafito) und dass man unterscheiden muss zwischen Wandmalereien à la Diego Rivera (der Mann von Frida Kahlo), Graffiti und sogenanntem Tagging. Bei letzterem, das seinen Ursprung in den Kämpfen der Gangs von New York hat, geht es vor allem darum, mit Tags (Buchstabenfolge als „künstlerisches“ Markenzeichen) das Revier einer Gang gegen eine andere abzustecken.
    Das Ganze hat sich später vermischt und heute gibt es natürlich schon zig Unterformen von Graffiti: nur gemalte, gesprayte, mit Schablonen gesprayte und/oder gemalte, dazu die verschiedenen Stilrichtungen wie hyperrealistisch, politisch, im japanischen Manga-Stil oder modern-kubistisch usw.
    Interessant in Buenos Aires ist, dass hier im Gegensatz zu den meisten anderen Metropolen die Graffiti legal angebracht wurden und werden - entweder durch Hausbesitzer genehmigt oder sogar durch die Stadt beauftragt. Das Hauptmotiv der Eigentümer scheint zu sein, dass Graffiti nicht von Taggern übermalt, die Fassaden also nicht beschmiert werden. Zudem kann ein Gebäude vielleicht sogar eine Wertsteigerung erfahren, wenn das Graffito entsprechend berühmt wird.
    Ein Beispiel hierfür ist das jüngste Graffito m Quartier: ein realistisches Porträt von Lionel Messi, der am 18. Dezember 2022 den WM-Pokal küsst.
    Wir sind beeindruckt und entrichten am Schluss unseren Obolus - so wie die anderen Teilnehmer auch. Für Luke ist es heute ein gutes Geschäft: Er kommt auf einen Stundenlohn von 100 Dollar!
    Auf dem Heimweg entdeckt Regine ein Geschäft mit vegetarischen Take-Away-Gerichten und da wir wohl schon ziemlich hungrig sind, kaufen wir das Abendessen für morgen ein (Für heute haben wir schon vorgesorgt.) - und stellen erst später fest, dass wir das Gekaufte zu Hause wegen einer fehlenden Mikrowelle gar nicht aufwärmen können! Wir werden schon eine Lösung finden - wie immer:-)
    Dann spazieren wir zur nächstgelegenen SUBTE-Station „Angél Gallardo“ und fahren mit einmal Umsteigen zu unserer Unterkunft.
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  • Day 5

    Letzter Tag in BA. CCK und José Luis

    March 30, 2023 in Argentina ⋅ ☁️ 21 °C

    Buenos Aires, Donnerstag, 30. März 2023

    „Alles hat ein Ende - nur die Wurst hat zwei!“ ist einer von Martins Lieblingssprüchen. Hier passt er aber gut, denn unser Aufenthalt in Argentinien geht zu Ende! Fast fünf Monate haben wir hier und in Chile verbracht.
    Morgen früh werden wir packen und zum „kleinen“ Stadtflughafen „Aeroparque Jorge Newbery“ fahren, wo unser Flug nach Rio de Janeiro am frühen Nachmittag startet.
    Aber heute ist nochmals Stadt angesagt. Wir machen einen „Ausflug“ zum (Bus)Bahnhof Retiro, in der Hoffnung, dort noch ein geeignetes und finanziell tragbares Souvenir zu finden. Wir verirren uns zwar in verschiedene, eher düstere Gassen, werden aber nicht fündig.
    Darum machen wir uns jetzt per Colectivo (Stadtbus) auf zum Centro Cultural Kirchner (CCK), das 2017 nach langer Restauration eröffnet wurde und den Namen des (verstorbenen) ehemaligen Staatspräsidenten Ernesto Kirchner trägt.
    Früher war es der Sitz der Postzentrale und ist mit 110‘000 Quadratmetern Fläche und unzähligen Veranstaltungen, Darbietungen und Ausstellungen nicht nur das grösste Kulturzentrum Lateinamerikas, sondern das einzige weltweit, in dem alles kostenlos ist. Der Hauptgrund für unseren Besuch ist jedoch, dass José Luis, der Künstler, von welchem wir zwei Bilder gekauft haben, dort als eine Art „technischer Koordinator“ arbeitet und wir uns mit ihm treffen wollen. Zudem haben wir die Absicht, an einer Führung durch das gesamte Gebäude teilzunehmen, die um 14:30 Uhr beginnt. Hierfür soll man sich um 14:15 Uhr an der Info-Theke einfinden.
    Wir sind gut in der Zeit, warten dann allerdings am Busbahnhof 40 Minuten auf die Linie 56, die uns direkt ans CCK hinbringen soll. Die Zeit schreitet voran… Wir merken erst im letzten Moment, dass die Linie 28 auch dorthin fährt! Um 14:10 Uhr steigen wir dann in den 28-er Bus ein und haben die Führung innerlich schon abgehakt, aber José Luis informiert den Guide, dass noch zwei wichtige Touristen im Anmarsch seien:-).
    Wir kommen um 14:28 Uhr am richtigen Eingang des riesigen Gebäudes an und werden von José Luis persönlich in Empfang genommen!
    Die Führung beginnt dann - typisch argentinisch - erst gegen 14:45 Uhr (!!!), ist dafür aber umso spannender, was auch am Guide liegt, der nicht nur eine gewaltige Stimme, sondern auch viel didaktisches Gespür hat und das Publikum immer bei Laune hält.
    Wir verzichten hier auf weitere Details des CCK und verweisen die geneigten Leser*innen auf die entsprechende Website (unter anderem mit packenden Videos zur architektonischen Restauration) bzw. auf Wikipedia.
    Sehr beeindruckt sind wir vom Konzertsaal für 1700 Personen, der sich in einer ballonartigen Hülle im (ehemaligen) Innenhof des CCK befindet und im Volksmund nur „La Ballena“ (der Walfisch) genannt wird.
    Auch die Orgel in diesem Saal ist gigantisch; zudem kann sie von unten am Orgeltisch bespielt werden, so dass der Organist mit dem Orchester Sichtkontakt hat. Diese technische Neuheit stammt aus Deutschland und Regine kennt sie sogar aus der Schlosskirche Friedrichshafen, in der sich seit 2022 ebenfalls ein solcher Orgeltisch befindet.
    Im Anschluss besuchen wir eher zufällig noch einige Räume mit Ausstellungen und warten dann (geduldig wie alle anderen und wie in Argentinien üblich in einer geordneten Reihe) auf den Beginn der Milonga (öffentlicher Tango-Tanz), wo vor allem ältere Semester (wie wir :-) unter kundiger Anleitung eines Lehrerpaares das Tangobein schwingen. Was wir sehen, erheitert unsere Gemüter: Angefangen vom Alter, über die Schuhe und Kleidung bis hin zum Können ist eine grosse Bandbreite vorhanden. Aber eines ist klar: Sie tanzen nicht zum ersten Mal. Jeden Donnerstag haben sie hier Gelegenheit, sich drei Stunden lang dem Tango-Vergnügen hinzugeben, 45 Minuten mit
    einer Lehrstunde, den Rest mit freiem Tango-Tanz.
    Etwa 30 Paare finden sich auf der Tanzfläche ein und wir haben in erster Reihe die Möglichkeit, sie zu beobachten und zu kommentieren.
    José Luis arbeitet noch bis 19:30 Uhr in seinem Büro; dann gehen wir zusammen ins „Güerrín“, der angeblich „weltweit besten Pizzeria“ (migliore pizza del mondo), wie die Reklame vorgibt. José Luis lädt uns zu Muzzarella, Cebolla y Jamón, Faena (eine Art gebratener Fladen aus Kicherebsen) und Bier ein und wir plaudern noch eine Weile, bevor wir uns herzlich verabschieden und nach Hause flanieren - mit kleinem Umweg über „Grido“ mit einem Cucurucho con una bocha de Capuccino granizado :-). Unser letztes Eis in Argentinien:
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  • Day 6

    Sanfter Flug und Höllenritt durch Rio

    March 31, 2023 in Brazil ⋅ ☁️ 25 °C

    Rio de Janeiro, Freitag, 31. März 2023

    Am Morgen haben wir genügend Zeit, um in Ruhe Kaffee zu trinken und dann unsere Siebensachen zu packen: Mit unserem Vermieter Luis sind wir um 10:30 Uhr in der Wohnung zur Übergabe verabredet. Er erscheint ganz pünktlich und meldet sich vorher auch noch schriftlich über WhatsApp an. Wer weiss, ob wir ihn mal in Europa sehen? Als Schauspieler war er schon öfters in unseren Gefilden. On verra! Eingeladen haben wir ihn jedenfalls.
    Randbemerkung: In Argentinien funktioniert der gesamte Alltag mit WhatsApp - sowohl im privaten Bereich, aber in ganz selbstverständlicher Weise auch im geschäftlichen. Uns war dies bei sämtlichen Aktivitäten eine grosse Hilfe.
    Dann satteln wir unsere Rucksäcke und marschieren 500 m zur Bushaltestelle der Linie 45, welche uns auf direktem Weg zum „Aeroparque“ nördlich des Hafens bringen soll. Die Haltestelle finden wir dank Google Maps auf Anhieb, müssen aber feststellen, dass nicht jeder Bus der Linie 45 dort hinfährt, wo wir hin wollen. Ein nicht so freundlicher, dafür umso bestimmter Kontrolleur der Busse erklärt uns, dass nur jene Busse dahin fahren, bei welchen unten hinter der Frontscheibe „Ciudad Universitaria“ steht. Das, was oben am Bus angeschrieben ist, ist egal… Aha! Wieder etwas dazugelernt :-)
    Trotzdem fragen wir beim Einsteigen den Busfahrer noch einmal und Martin bittet ihn, uns doch zu sagen, welches für uns Fussgänger (und Gepäckträger) die nächste Haltestelle für internationale Abflüge sei. Seine lapidare Antwort: „Das siehst du dann links!“ - wohl, weil sich der Flughafen auf der linken Seite befindet. Klar, rechts ist ja der Rio de la Plata! Das ist jetzt zwar nicht sehr hilfreich, aber wir hoffen, dass andere Fahrgäste auch dorthin wollen.
    In der Tat steigt einige Stationen weiter ein Ehepaar ein, mit denen Martin ins Gespräch kommt, weil er ihnen höflich Platz für ihr Gepäck auf unseren Rucksäcken anbietet :-) Und ja, sie müssen auch dahin und fliegen nach Esquel in der Nähe von Bariloche. Sie machen die Reise offenbar nicht zum ersten Mal, denn sie wissen genau, wo man aussteigen muss. Wir gehen ihnen hinterher, aber sie haben es so eilig, dass wir uns nicht einmal bedanken können…
    Jetzt kommt das problemlose Einchecken bei der Fluggesellschaft LATAM, die uns nach Rio de Janeiro bringen soll und anschliessend der problematische Geldwechsel. Die argentinische Nationalbank tauscht nur Fremdwährung gegen argentinische Pesos - und nicht umgekehrt! So bleiben wir (vorläufig) auf unseren 50.000 Pesos sitzen.
    Wir fliegen recht pünktlich um 13:55 Uhr ab und der Flug dauert auch nur angenehme zweieinhalb Stunden; dazu gibt es in der Mitte der Flugzeit eine kleine Gratisverpflegung - Müsliriegel, Chips und ein Getränk. Immerhin!
    Schon um 16:35 Uhr landen wir auf dem Flughafen Antonio Carlos Jobim (legendärer brasilianischer Komponist und Musiker) und nehmen unser Gepäck entgegen. Gleich in der Nähe des Gepäckbandes gibt es auch eine - nein, sogar deren zwei! - Wechselstuben! Nichts wie hin, denn ohne einen einzigen baren Real in der Tasche dürfte ein Wegkommen mit Taxi etc. schwierig sein. Dann erkundigen wir uns nach dem Preis des sogenannten „Taxi oficial“ und erfahren, dass dieser 147.50 Reales betragen würde (nach offiziellem Kurs circa 27 Euro). Leider müssen wir aber feststellen, dass man uns beim Geldwechsel gehörig übers Ohr gehauen hat: Für die 50.000 Pesos haben wir gerade einmal 300 Reales bekommen, anstatt 1.200 wie gemäss offiziellem Kurs!!!
    Das nennt man dann Bauernfängerei und wir haben wieder einmal gelernt, dass man vorher fragen, dann überlegen und erst am Schluss handeln sollte! Aber irgendwie mussten wir ja zu Cash kommen und mit den argentinischen Pesos können wir sowieso nichts mehr anfangen…
    Aber die Hälfte unserer Barschaft für eine einzige Taxifahrt auszugeben, das kommt dann doch nicht in Frage. Unser Vermieter in Rio, Pedro, hat uns Uber empfohlen. Wir laden also die App herunter und versuchen mehrfach, ein Uber-Taxi herzulotsen. Aber immer kurz vor dem Abschluss der Buchung kommt die Aufforderung, unsere CPF-Nummer einzugeben… Wir haben erstens keinen blassen Schimmer, was das soll und noch weniger, was mit „CPF“ gemeint sein könnte. Es ist auf jeden Fall eine 10-stellige Nummer.
    Verzweifelt versuchen wir es doch mit einem gelben Taxi aus der wartenden Reihe: 99 Reales lautet hier der Preis. Nein, danke, aber das ist uns auch zu teuer. Davon, mit Bus und Metro zu fahren, hat man uns dringend abgeraten: Es sei viiiiiieeeel zu gefährlich!
    Nun fragen wir per WhatsApp unseren Vermieter um Rat: CFP ist die eindeutige Steuernummer, die jeder brasilianische Einwohner hat (und wir ergo nicht). Martin schlägt vor, dass er uns seine für diese Buchung „leiht“, was ihm aber nicht so gefällt. Dafür schlägt er im Gegenzug vor, dass ER uns ein Uber bucht (und bezahlt) und wir ihm den Betrag dann in bar zurückerstatten.
    Gesagt, getan und nach einigem Hin- und Herlaufen finden wir unseren Uber-Fahrer und preschen los.
    Wir sind ja schon einiges an Fahrkünsten und Manövern von Argentiniens Strassen gewohnt, aber der Verkehr in Rio im allgemeinen und unser Fahrer im besonderen übertreffen alles bisher Erlebte um ein Weites. Er fährt mit dreifacher Geschwindigkeit, wechselt ohne Blinker andauernd die Fahrspur und hupt zu langsam fahrende Lenker sprichwörtlich weg. Zur Sicherheit gurten wir uns hinten sitzend an, er schafft es aber ohne einen Kratzer und in weniger als 25 Minuten, uns heil ans Ziel zu bringen. Dabei gerieten wir mehrfach in einen Stau und die „normale“ Fahrzeit beträgt laut Internet 45 Minuten bis eine Stunde. Wir glauben, das sagt genug aus über diesen Höllenritt durch Rios Strassen!
    Wir halten direkt vor der Haustüre und rufen Pedro an, der wenig später erscheint und dann zuerst nach dem Portier rufen muss, damit wir ins Haus gelassen werden; ein solcher ist Tag und Nacht vor Ort und lässt uns (hoffentlich) wieder rein und raus. Das Zimmer ist etwas spartanisch, so auch die Kücheneinrichtung. Alles ein wenig heruntergekommen, dafür sehr zentral. Und es hat fliessend (!) Wasser (das man aber nicht trinken sollte) und einen sehr neuen Gasherd. Immerhin… :-)
    Wir kaufen in einem nahegelegenen Supermercado Getränke und Brot ein und wärmen zum Abendessen das vegetarische Menü auf, das wir aus Buenos Aires mitgebracht haben.
    Obwohl wir ziemlich müde sind, bucht Regine für Sonntag schon mal eine Führung durch die Favela Rocinha… Morgen wollen wir auf eigene Faust losziehen. Dann gute Nacht!
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  • Day 7

    Copacabana und Zuckerhut an einem Tag

    April 1, 2023 in Brazil ⋅ ⛅ 26 °C

    Rio de Janeiro, Samstag, 1. April 2023

    Nein, das ist kein Aprilscherz: Wenn man es richtig organisiert, kann man die angesagteste Strandmeile der Welt UND den Berg aller Berge tatsächlich an einem einzigen Tag schaffen, wir sogar in einem halben (!) und das ausschliesslich mit öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Fuss!
    Martin ist vom Ausflug auf den Pão de Acúcar (Zuckerbrot, wörtlich übersetzt) nicht wirklich begeistert, weil er etwas andere Ansichten zu Sehenswürdigkeiten hat als andere Personen.
    Das tut aber beiden Vergnügen zum Glück keinen Abbruch. Zuerst fahren wir mit der Metro (die hier tatsächlich so heisst :-) fünf Stationen bis ans Ende der Copacabana. Die Bucht ist wirklich sensationell! Ein grosser und breiter Sandstrand wird von unzähligen Cariocas (so heissen hier die Ureinwohner) und wenigen Touristen bevölkert. Das Wasser könnte (geschätzt) 25 Grad warm sein, aber wir haben - vor allem zum Leidwesen von Regine - keine Badehose dabei…! Darum ziehen wir unsere Schuhe aus und spazieren die circa drei Kilometer durch den Sand bis fast an das dem Stadtzentrum näher gelegene Ende.
    Da es Mittagszeit ist, essen die Leute (in Klappstühlen und an kleinen Tischen sitzend) von den durch fliegende Händler reichlich angebotenen Speisen. Die Jugend ist aber auch sportlich aktiv, wobei die Kunst, einen Fussball möglichst lange in der Luft zu halten, die beliebteste ist. Martin bekommt dabei einmal einen Ball an den Kopf, was ihm (Martin) aber nicht schadet.
    Fast am Ende der Copacabana drehen wir wieder ab und setzen uns an der Avenida Atlantica mit ihren vielen Hotels, auf eine Bank, um etwas zu trinken und die Füsse zu trocknen. Regine sichtet einen Churro-Verkäufer und kann nicht widerstehen (nicht dem Verkäufer, sondern einem Churro!).
    Anschliessend machen wir uns auf in Richtung Zuckerhut. Er ist zwar „nur“ 396 Meter hoch, besticht insofern weniger durch seine Höhe als durch seine Form und die Lage.
    Der Name des Granitfelsens spiegelt die grosse Bedeutung des Zuckerrohrs für Rio wider. Als im 16. und 17.Jahrhundert portugiesische Seefahrer Brasilien besiedelten, formten sie den Rohrzucker zu Blöcken, um ihn nach Europa zu verschiffen. Diese sogenannten Zuckerbrote gaben dem Felsen seinen portugiesischen Namen. Im Deutschen hingegen machte man aus dem Brot einen Hut. Na ja, das können wir auch durchgehen lassen…
    Wir spazieren zur nächstgelegenen Metro-Station (weil wir zwar eine Metro-, aber keine Buskarte gekauft und etliche Fahrten draufgeladen haben) und fahren eine Station bis Botafogo, um von dort weitere zwei Kilometer bis zur Talstation der Seilbahn auf den Zuckerhut zurückzulegen.
    Vermutlich, weil es schon 16:30 Uhr ist, hält sich der Andrang in Grenzen. Regine hat zudem ergoogelt, dass Senioren ab 60 Jahren nur die Hälfte des Eintrittspreises entrichten müssen (nämlich 15 Euro). Dieser Vorteil wird uns allerdings erst nach Vorweisen unserer Pässe gewährt. Vielleicht sehen wir doch jünger aus:-)?!
    Schon nach kurzer Wartezeit schaffen wir es in die grosse, 65 Personen fassende Kabine und werden vorerst bis zur Mittelstation des Morro Urca befördert. Schon von dort hat man eine prächtige Sicht auf die Stadt, das Meer, die vielen Hügel und Buchten und eifrig wird der Sonnenuntergang hinter dem Cristo Redentor fotografiert. Leider (oder eher zum Glück) wird das Vorhaben durch dräuende Wolken über dem Corcovado beeinträchtigt und die Jesus-Statue verschwindet immer wieder im Nebel…
    Nun geht es weiter ganz hinauf (und hinüber) zum Zuckerhut, der - im Gegensatz zum Morro Urca - ausschliesslich mit der Seilbahn „bezwungen“ werden kann. Es gibt keinerlei Wege oder Routen, aber als wir oben sind, sehen wir zwei Personen mit professioneller Kletterausrüstung (mit Seilen und Haken!). Diese beiden haben sich ganz offensichtlich den Fahrpreis gespart:-).
    Von hier sehen wir auch hinunter aufs offene Meer, wo gerade ein Kreuzfahrtschiff vorbeigleitet; bald werden wir das Schauspiel von unten betrachten können.
    Martin schaut etwas besorgt auf die heranziehende Gewitterfront und konsultiert die Wettervorhersage auf dem Smartphone: Laut Internet soll es in Rio in circa einer Stunde ziemlich heftig regnen! Martin bläst darum zum eiligen Abbruch. Wir fahren ohne Zwischenhalt bis zur Talstation gehen die zwei Kilometer bis zur Metro-Station Botofogo und fahren mit der Linie 2 zurück bis „Gloria“, wo wir aussteigen, kurz etwas einkaufen und uns nach Hause begeben. Der Ausflug auf den Zuckerhut war etwas kurz, aber schön!
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  • Day 8

    In der Favela Rocinha - muito perigoso!

    April 2, 2023 in Brazil ⋅ ☁️ 24 °C

    Rio de Janeiro, Sonntag, 2. April 2023

    Für heute hat uns Regine beim Touranbieter „GetYourGuide“ einen Ausflug in eines der „Elendsquartiere“ von Rio, die Favela Rocinha, organisiert. Weil dieser erst um 13:20 Uhr beginnt, können wir sogar ausschlafen und vorher noch eine Weile (allerdings für Regine noch zu wenig :-) durch den grossen sonntäglichen Gemüsemarkt spazieren, dessen Händler die Waren direkt vor unserem Haus über die gesamte Strassenlänge anbieten.
    Wir fahren mit der Metro ab „Gloria“ fünf Stationen bis zu „Cardeal Arcoverde“ und spazieren zum Hotel „Copacabana Palace“, dem traditionsreichen Luxus-Hotel, das als Treffpunkt für die heutige Tour angegeben ist.
    Da wir etwas zu früh dran sind, schauen wir uns vom Strand aus die gewaltigen Wellen an, die in die Bucht hereinbrechen. Das ist wohl das Resultat des Sturmes, der in der Nacht Rio viel Regen gebracht hat!
    Mit leichter Verspätung erscheint unser Guide namens Mike (?), den wir zuerst für einen waschechten Carioca halten. Er ist aber Tansanier und lebt seit 29 Jahren in Brasilien - allerdings mit einer 5-jährigen Unterbrechung in Nordeuropa.
    Nach einigem Warten auf eine Teilnehmerin (die dann aber gar nicht erscheint!), geht es los. Wir sind - im Gegensatz zu anderen Wartenden am selben Ort - eine ganz kleine Gruppe: David aus Hamburg (der jetzt in Göteborg als Deutschlehrer arbeitet und eine Woche Osterferien hat), zwei junge Traveller aus Maastricht (Holland) und wir.
    Schon zu Beginn tut Mike sehr geheimnisvoll und erzählt (auf Englisch; wir hatten zwar eine Führung auf Spanisch gebucht, aber wir haken nicht nach. Zudem sprechen die anderen Teilnehmer kein Spanisch.), dass Rocinha von der Mafia regiert werde (was wohl stimmt), und dass wir jetzt in einem von der Mafia betriebenen Busse dort hinfahren würden. Aber der Minibus, in den wir einsteigen, ist ein offizielles Verkehrsmittel und hält an (fast) jeder Ecke, um weitere Fahrgäste aufzunehmen. Am Ende sind es über 30 und wir fragen uns, ob das wohl erlaubt ist!
    Nach einer langen und holprigen Fahrt kommen wir offenbar am Eingang der Favela Rocinha an. Der Übergang vom reichen Stadtviertel Leblon ist tatsächlich drastisch: Es geht durch eine Art Regenwaldgebiet an grosszügigen Landhäusern vorbei steil den Hügel hinauf und abrupt beginnen tausende von improvisierten Backsteinhütten, die wie an den Hang geklebt scheinen.
    Wir verzichten hier auf eine detaillierte Erklärung dieser grössten Favela Brasiliens und verweisen auf einen ausführlichen Wikipedia-Eintrag zur Geschichte und den Problemen dieses Elendsviertels.
    Jetzt steigen wir aus, denn den Rest werden wir mutig zu Fuss machen. Was sofort auffällt, ist die Dichte der Bevölkerung: Hier leben auf vier Quadratkilometern geschätzte 250.000 Bewohner. Da das Gebiet nicht vom Staat kontrolliert wird, kennt niemand die genaue Zahl.
    Zuerst „klettern“ wir steil empor und müssen immer wieder den vorbeipreschenden Motorrädern ausweichen: Das sind hier die lokalen Taxis.
    Mike weist uns auf das Kabelgewirr in den Strassen hin; die Kabelstränge wuchern wirklich wie Lianen, jedoch sind wir Ähnliches aus Argentinien und zum Teil sogar aus Spanien durchaus gewohnt.
    Unser Guide scheint hier sprichwörtlich jeden zu kennen und verteilt hie und da (allerdings relativ diskret) „Trinkgelder“ an Leute, die er freudig grüsst. Uns erlaubt er, alles zu fotografieren, denn seine Organisation hat eine Abmachung mit der hiesigen Mafia. Nur manchmal dürfen wir auf keinen Fall auf den Auslöser drücken - wollen wir nicht das Schicksal eines Franzosen erleiden, der infolge Nichtbeachtung des Hinweises verprügelt wurde. Dass er ins Krankenhaus eingeliefert und sein Smartphone zertreten wurde, dies fügt Mike mit erhobener Stimme noch hinzu. Es fehlt nur noch der erhobene Zeigefinger! Also: „No pictures!“
    Ganz so gefährlich wirkt das Ganze auf uns allerdings nicht und wir sehen auch nur einmal einen Bewohner als Wache mit einem Maschinengewehr im Anschlag - laut Mike um Drogen zu bewachen…
    Bald sind wir am höchsten Punkt der Favela angelangt, dem „Restaurante Terraço Novo“, von wo man einen prächtigen Blick auf (fast) ganz Rio hat. In dieser Stadt wohnen die Reichen unten und die Armen oben! :-)
    Nun geht es bergab bis zum anderen Ende des Elendsviertels und wir schlängeln uns durch enge Gassen und steile Treppen hinunter und folgen Mike, der immer wieder Leute per Handschlag grüsst, ein kleines Schwätzchen hält und da und dort ein paar Scheine liegen lässt.
    Auffallend ist, dass auch die engsten Stellen für hiesige Verhältnisse sehr sauber sind und es vergleichsweise wenig Hundekot hat. (Da sind wir aus Argentinien Schlimmeres gewohnt!) In die Wohnungen selbst können wir ganz selten einen Blick hineinwerfen. Die Zimmer sind eng, recht dunkel, spartanisch eingerichtet; dann und wann ziert ein Blumenstock den vergitterten Hauseingang. Aber unsere Vorstellung reicht aus, um zu erahnen, wie die Menschen hier leben. Immerhin gibt es fliessendes Wasser und Strom, wenngleich dieser (wie auch das Internet - laut Mike) „angezapft“ ist und damit vermutlich nicht bezahlt wird. Wir fragen nicht weiter.
    Nach einem halbstündigen Marsch kommen wir unten an und werden in einen komfortablen 9-Sitzer-Minibus des organisierenden Unternehmens verfrachtet, während Mike direkt hier die Metro nach Hause nimmt - wie er sagt.
    An der Copacabana steigen wir aus und geniessen nochmals den Anblick der tosenden Brandung, bevor wir mit der Metro nach Hause fahren. Beim Aussteigen hören wir Musik und sehen, dass im nahegelegenen Park ein Fest mit vielen Essständen stattfindet. Regine hat Lust, etwas zu essen und zu trinken und so kaufen wir ein Sandwich mit gebratener Wurst und Zwiebeln und gönnen uns eine waschechte Caipirinha (mit Cahchaça, nicht mit Wodka!).
    Danach folgt noch ein kurzer Einkauf für die Sandwiches morgen (denn wir wollen beim 7-Stunden-Ausflug ja nicht hungern) und gehen dann zur Unterkunft. Morgen müssen wir früh aufstehen, werden aber dank Regines Organisation um 07:45 Uhr direkt vor der Haustüre von einem Fahrer der Agentur Civitatis abgeholt.
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  • Day 9

    Einmal quer durch Rio

    April 3, 2023 in Brazil ⋅ ⛅ 24 °C

    Rio de Janeiro, Montag, 3. April 2023

    Heute ist unser letzter aktiver Tag in Rio und auch in ganz Südamerika, denn morgen reisen wir ab.
    Dafür hat Regine noch einmal weit ausgeholt und uns ein Abschieds-Potpourri der feineren Art zusammengestellt, natürlich mit Hilfe des Internets und unserer Lieblings-Organisation „Civitatis“.
    Am Morgen um 07:45 Uhr werden wir direkt vor unserem Haus (eine Spezialität von Civitatis!) abgeholt und die Guide Lucía und ihr Fahrer Luciano sind sogar zehn Minuten früher vor Ort als über WhatsApp angekündigt!
    Wir steigen als erste Gäste (von insgesamt zehn) ein und was nun folgt, ist ein fast eineinhalbstündiger Parcours quer durch die Stadtviertel Flamengo, Copacabana und Leblon, um die restlichen Teilnehmer „aufzulesen“. Dies scheitert schon beim nächsten Gast, denn obwohl wir fünfzehn Minuten vor dem Hoteleingang warten und Lucía alle Hebel in Bewegung setzt, kommt niemand zum Vorschein.
    Also fahren wir unverrichteter Dinge weiter und hoffen, dass die anderen Gäste pünktlich sein werden. Dies ist dann tatsächlich der Fall und gegen 9:30 Uhr kann Lucia verkünden, dass das „richtige“ Programm jetzt startet.
    Zuerst geht es (aus meteorologischen Gründen) auf den Corcovado und zum Cristo Redentor, den offensichtlich alle jemals in Rio gestrandeten Touristen unbedingt besichtigen müssen. Es fährt eine Zahnradbahn hoch, wir aber nehmen die Strasse, welche mit vielen scharfen Kurven bis nach oben führt!
    Wir müssen jedoch im „Visitor‘s Center“ aussteigen, um (wie die anderen - gefühlten - 5000 Touristen) in der Schlange anzustehen und um unsere Tickets vorzuweisen. Dann geht es zur nächsten Warteschlange, an deren Ende die Besucher in weitere Minibusse verfrachtet werden, welche bis zum Gipfel fahren. Dort zeigen wir nochmals unsere Tickets (!) und können uns jetzt ins Gedränge hoch zu einer Art Terrasse einreihen, wo man der Christus-Statue am nächsten ist.
    Diese ist künstlerisch nichts Besonderes (meint Martin :-); dafür ist die Aussicht und der Rundumblick über ganz Rio vom 710 m hohen Berg aus grandios und Regine knipst fleissig Fotos für unser Album.
    Cristo Redentor (Christus, der Erlöser) erhebt sich 38 Meter über uns: Die Statue selbst ist dreissig Meter hoch, der Sockel acht und innen im Sockel soll sich eine kleine Kapelle befinden, die uns allerdings aus unerfindlichen Gründen entgangen ist.
    Nach zwanzig Minuten müssen wir aber wieder zurück zum Treffpunkt, wo einige Damen sich unpässlich zeigen - sehr zum Ärger von Lucía, weil wir doch schon soooo viel Verspätung zum ursprünglichen Zeitplan haben; zur Strafe soll die Mittagspause gekürzt werden :-)
    Jetzt geht es mit unserem kleinen Tour-Bus wieder den Berg hinunter und der nächste Haltepunkt ist das Künstlerviertel Santa Teresa, das - von frischer Brise durchlüftet - an einem der vielen Hügel klebt und mit vielen schicken Souvenir-Shops glänzt, die wir zum Glück nur von aussen „besichtigen“…
    Nach einer halben Stunde in Santa Teresa steigen wir wieder in den Bus ein und Luciano, der uns zügig und professionell durch den immer dichter werdenden Strassenverkehr lotst, steuert im Stadtbezirk Lapa das nächste Highlight der Tour an, die Escadaria Selarón, auch bekannt als Selarón-Treppe.
    Es ist das Werk des 1947 in Chile geborenen Künstlers Jorge Selarón, der die Stufen als „meine Hommage an das brasilianische Volk“ bezeichnete, Unzählige Fliesen jeglicher Couleur schmücken diese Treppe. Die Variationsbreite ist enorm: Von vielen bekannten Landschaften und Städten (Hamburg, Heidelberg, Nîmes, Barcelona), über literarische Motive (Die Bremer Stadtmusikanten) und künstlerische (Das Mädchen mit dem goldenen Ohrring von Vermeer) bis hin zu Sportarten (Tango) ist alles vorhanden. Leider drängt auch jetzt wieder die Zeit und wir bedauern es sehr, dass wir uns nicht länger diesem Kuriosum widmen können.
    Die nächste Sehenswürdigkeit steht an, die Kirche „Catedral de Niteroí.
    Sie ist ein aus heutiger Sicht grässlicher Betontempel in Pyramidenform, entworfen und gebaut vom brasilianischen Stararchitekten Oscar Niemeyer. Trotzdem sind die Dimensionen des durch jahrzehntelange Abgase russgeschwärzten Ungetüms beeindruckend. Auch im Innern verfehlen die verschiedenen Farben der Mosaikfenster nicht ihre Wirkung..
    Nach zehn Minuten und einigen Schnappschüssen geht es wieder rein in den Bus und zum nächsten „Tempel“, dem Fussballstadion Maracanã (das offiziell übrigens „Estadio Mario Filho“ heisst).
    Dort wimmeln wir Souvenirverkäufer ab - auch solche, die mit einer brasilianischen Flagge ein Foto von uns und dem Stadion machen wollen. Schnell suchen wir wieder das Weite.
    Mittlerweile ist es 13:20 Uhr und es folgt eine Abstimmung darüber, ob wir jetzt oder erst am Schluss der Tour zu Mittag essen wollen. Wir sind offenbar die Einzigen, die etwas zum Beissen mitgebracht haben und zudem gut warten könnten, und werden darum von einer deutlichen Mehrheit überstimmt: Ab zur Verpflegung!
    Das Lokal hat den lustigen Namen „Kilograma“, was unmissverständlich darauf deutet, dass hier nach Gewicht (des Essens, nicht der Gäste! :-) abgerechnet wird. Trendige Leute wie wir kennen das Konzept natürlich aus unseren Landen…
    Die Auswahl ist reichlich und alles sehr lecker, aber Martin überschätzt seinen Durst beim grossen Bier und verfällt darum bei der Weiterfahrt in den Alkoholschlaf! Daher wird ihm etwas frische Luft und eine halbstündige „Wanderung“ durch den nahe gelegenen Wald Tijuca (sprich: Tischugga) gut tun :-)
    Der Park ist ein schönes Stück Regenwald, der hier allerdings im 19. Jahrhundert von einigen importierten Landschaftsarchitekten wieder angepflanzt wurde. Vorher gab es hier nur Kaffee- und Schokolade-Plantagen auf gerodetem Grund.
    Auffallend ist die Kühle hier oben - nur 100m höher als die Stadt, was wohl der satten Begrünung und der Tatsache geschuldet ist, dass es hier reichlich Wasser und sogar einen richtigen Wasserfall (!) gibt.
    Nach dieser „ausgiebigen“ Wanderung (bei der wir auch einige Waschbären sehen, die ohne Scheu neben uns nach Essbarem suchen) begeben wir uns zurück zum Fahrzeug. Jetzt werden alle Teilnehmer wieder zu ihrem Einstiegsort zurückgebracht - wir ganz am Schluss! Also nochmals eine schöne Fahrt an den langen Stränden der Stadt entlang!
    Regine hat noch gemeint, die Angabe im Internet mit der 7-Stunden-Tour würde gar nicht stimmen, weil Guide Lucia von einer Rückkehr um 14 Uhr gesprochen hat, Im Nachhinein müssen wir diesen Fakt entschieden korrigieren: Als wir an der Avenida Augusto Severo 292 im Stadtviertel Gloria ausgeladen werden, ist es 17:30 Uhr. Wir waren insgesamt also fast zehn Stunden unterwegs, was dann pro Stunde nur noch 2,60 Euro ausmacht :-))
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  • Day 10

    Schiff ahoi!

    April 4, 2023, South Atlantic Ocean ⋅ 🌬 26 °C

    Rio de Janeiro, Dienstag, 4. April 2023

    Ja, wir wissen, worauf wir uns eingelassen haben!
    Eine Kreuzfahrt mitzumachen, das ist nichts für schwache Nerven. Dies hat weniger zu tun mit dem übergrossen Schiff, noch mit dem überbordenden Service, sondern vor allem mit den Gästen auf dem „Kahn“.
    Die meisten sind genau so, wie wir sie uns in unseren besten Vorurteilen vorgestellt haben: seeeeehr übergewichtig, laut (da oft in Gruppen auftretend; mit südlichem Temperament… 95 Prozent der Gäste sind Brasilianer oder Portugiesen), hie und da mit billigen Klunkern behangen, immer schnell zur Stelle, wenn es etwas zu futtern gibt, schon vor der Abfahrt auf der Sonnenliege mit einem Caipirinha und auch sonst gerne mit etwas Alkoholischem in der Hand unterwegs. Schliesslich muss das teure Alkoholpaket (etwa 45 Euro pro Tag) irgendwie wieder hereingeholt werden und darum reist man ja wohl auch „all inclusive“…
    Wir lassen uns trotz allem den Spass an diesem Abschluss unserer Reise nicht nehmen und müssen ja auch nicht alles mitmachen, vor allem nicht die Dauerbespassung von morgens bis spät nachts.
    Und wir haben sowohl aus finanziellen als auch aus gesundheitlichen Gründen sowieso das umfangreiche alkoholfreie Getränkepaket geordert :-). Man ist verpflichtet, entweder das eine oder das andere Paket zu nehmen. Mit einem Alkoholpaket wären wir nach der Kreuzfahrt vermutlich reif für den Entzug! Trotzdem werden wir uns natürlich ab und zu - gegen Aufpreis natürlich - einen Wein, ein Glas Bier oder einen Cocktail gönnen.
    Das Einchecken startet um 12 Uhr und wir wurden schriftlich gebeten, uns NICHT früher an der Kreuzfahrtmole einzufinden. Das ignorieren wir - wie offenbar alle anderen Gäste auch! - und stehen schon kurz vor 12 Uhr am Einlass an. Die Firma MSC scheint dieses Phänomen zu kennen und hat einen professionellen Ablauf mit viel Personal und unzähligen Kontrollen organisiert - aber leider vergessen, dass die Leute dazu auch Informationen brauchen: Wer kommt wann beim Einchecken dran, in welcher Reihenfolge muss man die Stationen durchlaufen, was darf nicht ins Gepäck und was nicht ins Handgepäck?
    Da sich MSC über diese Themen trotz fast täglicher „Berieselung“ per Email entweder ausgeschwiegen hat oder auch jetzt weiter dazu schweigt, müssen wir halt immer alles erfragen. Aber das sind wir ja gewohnt:-)!
    Das Personal ist dafür freundlich und geduldig und hilft uns immer weiter. So kommen wir nach circa zwei Stunden schon aufs Schiff (nicht ohne zuvor von einem professionellen Fotografen abgelichtet worden zu sein) und beziehen unsere Kabine im 10. Stock (!) mit Balkon (!!) und grandioser Sicht. Nur unser Gepäck, das selbstverständlich gebracht wird, lässt etliche Stunden auf sich warten, was bei einem so riesigen Schiff mit einer entsprechenden Anzahl an Passagieren auch verständlich ist.
    Unmittelbar nach dem Betreten des Schiffes sichtet Regine einen Schalter, von dem sie meint, er könne uns nützlich sein. Sie hat einen Riecher dafür. Und ja, hier können die gebuchten Internet-Pakete aktiviert werden. Eine kompetente Angestellte nimmt sich unserer Handys und Martins iPad an, so dass wir uns nicht - wie die anderen Gäste - über das nicht funktionierende Internet beklagen müssen.
    Wir machen einen ersten Rundgang durchs Schiff und staunen sowohl über die Grösse als auch über die Gäste, die schon das Empfangsbuffet und die „Zona Aquatica“ gestürmt haben. Obwohl wir beim Warten aufs Boarding unsere Käse- und Salami-Sandwiches gegessen haben, verspeist Martin nun einen Hamburger mit Pommes. Schliesslich muss er dringend wieder etwas Fett ansetzen, meint Regine. Sie hingegen ist - Wen wundert es? - vom Süssigkeiten-Buffet :-) fasziniert.
    Etwas später richten wir uns häuslich ein und empfinden es schon als richtigen Luxus, dass wir sämtliche Sachen auspacken und in einen Kleiderschrank mit vielen Schubladen stellen können, während wir in den vergangenen fünf Monaten eher aus dem Rucksack gelebt haben.
    Ebenso luxuriös ist die Nasszelle, wo es nicht nur unbeschränkt warmes Wasser, sondern auch genügend WC-Papier gibt, das diesen Namen verdient. Martin nützt das Badezimmer ausgiebig, während Regine nicht müde wird, über das Schiff zu wandern, links und rechts hinunterzuschauen und tolle Fotos zu schiessen. MIt zwei Mojito zero kommt sie dann wieder; diese geniessen wir auf unserem Balkon und freuen uns über unsere Entscheidung, für unsere Rückreise dem Schiff und nicht dem Flugzeug den Vorzug gegeben zu haben.
    Dann ist es bald 19 Uhr und wir „erklimmen“ das oberste Deck im 17. Stock, um das bevorstehende Ablegen live mitzuerleben. Noch bevor wir ganz oben sind (im Gegensatz zu den anderen Gästen über die Treppe anstatt mit dem Aufzug:-), ertönt das kräftige dreimalige Hornen, welches die bevorstehende Abfahrt ankündigt. Nun gibt es kein Halten mehr und alles wirft sich mit Getränk an die Reling…
    Das Manöver, aus der engen Anlegestelle am Hafen zu kommen (Das Kreuzfahrtschiff „Costa Firenze“ liegt direkt hinter uns an der Mole.), dauert eine ganze Weile, aber dann nehmen wir Fahrt auf und entfernen uns schnell von der Küste. Bald versinken Zuckerhut, Copacabana, Cristo Redentor und der Rest der Stadt in der Dunkelheit und wir hören auf unserem Balkon nur noch den Wind und sehen die Wellen, welche das jetzt leicht rollende Schiff wirft.
    Wir sind zum Abendessen wie bestellt für die Spätschicht um 21:15 Uhr eingeteilt. Dahin eilen wir, denn im „Tagesbefehl“ steht, dass der Zugang zu den Restaurants fünfzehn Minuten nach Essensbeginn gesperrt wird!
    Nicht, dass wir noch mit knurrenden Mägen ins Bett müssen… :-)
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