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  • Day 180

    Mountainbiken durch "das Tor zur Hölle"

    September 11, 2018 in Kenya ⋅ ⛅ 21 °C

    Auf dem Weg vom Nakuru Nationalpark (NP) in die Masai Mara legten wir noch einen Zwischenstop im „Hell‘s Gate NP“ ein, um den Tag nicht nur im Auto zu verbringen, sondern die zweite Hälfte dieses schönen, sonnigen Tages noch etwas auskosten zu können. Das Besondere an diesem Park ist, dass man ihn auf dem Mountainbike erkunden kann und nicht wie bei den meisten Parks ausschließlich im Auto. Dies heisst natürlich auch, dass man dort keine gefährlichen Raubtiere vorfinden wird... hoffentlich! 😅 Nach der ganzen Rumsitzerei im Geländewagen war Abstrampeln auf‘m Fahrrad jedenfalls eine uns sehr willkommene Abwechslung. 🚵🏼‍♀🚵🏽‍♂

    Die Felsformationen, die hier die Landschaft prägen, waren sehr beeindruckend. Der Park liegt auf 1500m im sogenannten großen afrikanischen Rift Valley und versprüht dadurch das Gefühl als wäre man in einem Valley/ Canyon, wie man es aus den USA kennt. 🏞 🏜🌋 Zwei erloschene Vulkane - Ol Karia und Hobley’s - sowie Obsidian-Formationen aus abgekühlter Lava sind im Park zu sehen. Doch das Highlight ist sicher die Hell’s-Gate-Schlucht. Wir schnappten uns einen ortskundigen, recht jungen Masai, der uns durch die Schlucht bis in den „Devil‘s Bedroom“ und die „Devil’s Shower“ navigieren sollte. Und das war auch bitter nötig! Einerseits, weil sich in diesem Teil des Parks wohl doch diverse Wildkatzen (Leoparden, Geparden, Löwen) aufhalten können, denen man besser nicht OHNE Masai... bzw. am besten GAR nicht... begegnet. Anderseits, weil wir uns ohne ihn an unserer Seite auch sicher nicht durch diesen anspruchsvollen Parcours aus Treibsand, schmalen Felsschluchten (die man z.T. nur abgeseilt erklimmen konnte) und Bächen getraut hätten. Immer wieder mal hieß es „Schuhe aus, Augen zu und durch!“.

    Eine weitere Besonderheit dieser Schlucht waren die geothermischen Aktivitäten, was auch die schwarze Erde und Vulkanlandschaft erklärte. So waren wir auch dank unseres Guides gewarnt vor brüllend heissen Wasserquellen, die die Felswände hinabflossen, was uns sehr an die heißen Quellen im Yellowstone NP erinnerte.
    Zudem war es auch wieder eine dieser unheimlichen Bereicherungen uns mit diesem einheimischen Masai auszutauschen. Nicht nur über z.B. die Region und das staatliche Energieunternehmen, das sich hier angesiedelt hatte, um Energie aus Geothermik zu gewinnen, was die Hauptenergiequelle des gesamten Landes ist. Noch viel mehr Freude bereitete es uns über seinen Werdegang zu hören: dass er in einem Masai Dorf nähe der Masai Mara aufwuchs, es nun an die Universität geschafft hat, sich hier als Tour Guide etwas dazu verdient, und das grosse Ziel verfolgt, in ein paar Jahren mal für einen dieser großen, gut zahlenden Energieversorger zu arbeiten.

    Da führt man einerseits hochintelligente Gespräche über effiziente, profitbringende und umweltschonende Energiegewinnung. Andererseits erfährt man dann wiederum von urtraditionellen Masai Riten, die er praktiziert. So fragte er uns z.B., ob wir schon mal Fisch oder Hühnchen gegessen hätten? Denn in seiner Kultur assoziiert man mit ersterem Schlangen und mit letzterem Fledermäuse. 😳 Außerdem ist es normal, dass sie im Dorf Tierblut trinken, am besten mit frischer Milch vermischt. Oder die Eingeweide und ganz besonders gern das frische Herz eines Tieres essen, was aber meist eine dem Dorfältesten überlassene Ehre ist. Und um ein richtiger Mann zu werden, musste er 3 Monate lang ohne jegliche Überlebensausrüstung in der unbewohnten Wildnis wandern und überleben. Waffen zum Jagen, die Jagdtechnik selbst als auch die Verteidigung gegenüber Raubtieren bis hin zum Werkzeug für Feuer und einfache Unterkünfte für die Nacht wurde alles zwangsweise zum Überleben erlernt. So wird man hier also nach erfolgter Überlebensprobe vom Jungen zum Mann. 😧

    Er war wirklich sehr gebildet, nett und hilfsbereit und während unseres 2-stündigen Felsschluchtparcours lauschten wir gespannt jedem erzählten Wort und löcherten ihn neugierig mit vielen Fragen. Obwohl er auch viel über die Welt da draussen wusste, hatte er Kenia noch nie verlassen. Auf unsere Frage hin, welches Land er am Liebsten mal bereisen würde, antwortete er etwas zögerlich, weil ihm der Name des Landes nicht einfallen wollte: „...in das Land, wo Borussia Dortmund herkommt!“ Auf einmal schauten sich beide Männer verdutzt an und beiden ging sichtlich das Herz auf. Da hatten sich anscheinend am Ende der Welt 2 Ruhrpottler-im-Herzen gefunden. ❤
    Und natürlich konnte man keinen besseren Moment finden als auf einer Lava-Felsformation beim Sonnenuntergang 🌅 über den deutschen Fussball zu plaudern... sogar zu Özils Benehmen während der diesjährigen WM hatte er eine Meinung. ...und das alles irgendwo im Nirgendwo in Afrika. Wahnsinn! ⚽😍

    Das sind schlicht die schönsten Momente einer solchen Weltreise. Erleben zu dürfen, dass es keine Rolle spielt, woher man kommt, wie man lebt, welche Sprache man spricht, welche Hautfarbe man hat. Es gibt immer etwas - sei es eine Leidenschaft wie Sport, irgendeine Kleinigkeit - das uns allen ein Funkeln in die Augen zaubert, uns auf einmal verbindet. Zusammen über etwas zu lachen, sagt mehr als tausend Worte, und ein Lächeln wiederum öffnet unsere Herzen und lässt alle Vorurteile und Berührungsängste schwinden. Es braucht wohl schlicht mehr solcher „Hindernisparcours“, wo sich Menschen aus aller Welt die Hände reichen, um sich gegenseitig über „Schluchten“ zu helfen, die sie bisher trennten. (Amen! Unser Wort zum Sonntag.) 🙏🏼 😇
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