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  • Day 6

    Bootcamp #2 (Refugio Frey)

    December 31, 2017 in Argentina ⋅ ⛅ 10 °C

    All aboard! The german trekking-train is rolling again!
    Oder: wie wir mal wieder dazu gezwungen waren, neue Streckenrekorde auf südamerikanischen Wanderwegen aufzustellen...

    Über die wohlfein strukturierte Planung dt. Touris kann die argentinische Realität nur lachen. Am ersten Morgen in Bariloche verzögerte sich der Beginn unserer geplanten Wandertour mal wieder (siehe #Bootcamp 1) enorm. Es fing zwar alles ganz gut an: Frühstück um 8 Uhr, Einkauf für zwei Tage (1.1. auch hier ein Feiertag) um 9 Uhr absolviert und Bushaltestelle identifiziert um 10 Uhr (außer einem kleinen Holzverschlag deutete rein garnichts auf eine Haltestelle hin: kein Logo, Busfahrplan oder auch nur irgendeine Beschriftung). Busdrama nummero dos folgte aber prompt: Niemand (wie z. B. die Hosteleignerin, die wir zum Bussystem interviewt hatten) hatte uns darauf aufmerksam gemacht, dass man in den Stadtbussen Bariloches nicht bar, sondern nur mit vorher erworbener und aufgeladener Magnetstreifenkarte zahlen kann. Bargeld nahm der Fahrer nicht an, sondern schickte uns unwirsch zu einem 'kiosco' und verwies auf den nächsten Bus eine Stunde später. Die gestellte Aufgabe entpuppte sich aber als wahre Schnitzeljagd, denn erstens waren die Läden schwer auszumachen und zweitens hatte erst der vierte Kiosk eine solche Karte. Also zurück zur Bushaltestelle und warten. Die Stunde war lange um, der Bus aber nicht erschienen, als wir bemerkten, dass bei der benötigten Linie die Abfahrtsorte stündlich alternieren (worauf uns der Busfahrer natürlich auch nicht hingewiesen hatte). Nach einer weiteren Stunde Warterei war die Stimmung am Tiefpunkt, was wir mal wieder mit Galgenhumor bewältigten (Bild 1).

    Diese Ironie nochmal zusammengefasst: Bariloche hat Haltestellen und einen Busplan von einer intuitiven Erfassbarkeit, wie sie vielleicht um 1832 angemessen war, dafür aber ein hochmodernes Kartenzahlsystem ohne Möglichkeit zur Einzelfahrtbuchung! Wer die Szene aus der Asterix Comicverflimung mit 'Passierschein A38' noch nicht kennt, möge diese Wissenslücke durch Youtube bitte füllen - ich fühlte mich extrem daran erinnert!

    Um 13 Uhr - wie tags zuvor drei Stunden später als angenommen - begannen wir dann endlich den Aufstieg zu 'Refugio Frey', einer Hütte im Skigebiet über dem Dörfchen Villa Catedral. Einziges Problem: der Hinweg war mit vier Stunden ausgeschildert, letzter Bus zurück ging aber schon um 20:10 Uhr. Uns blieben demnach nur sieben Stunden für eine nach Beschilderung acht bis neun Stunden dauernde Wanderung. Aber solche Zeitangaben sind für Omas in lilanen Schlafanzügen: Wir schmissen wieder mal den Turbo an und pulverisierten die Angaben mit einer Aufstiegszeit von 2,5 Stunden. Erst ging's durch baumloses Gebiet mit tollem Blick in die Umgebung Bariloches (2), weiter oben dann in einen Wald, der sich ganz oben wieder lichtete.

    Am Refugio angekommen entlohnte ein spektakulärer Blick auf 'El Abuelo' und 'Laguna Toncek'. Wir pausierten 1,5 Stunden bei Baguette mit Avocado und ich fotografierte was das Zeug hergab - mit mitgeschlepptem Stativ und neuem Ultraweitwinkelobjektiv macht's besonders Spaß (3, 4, 5). Den Rückweg absolvierten wir in gleicher Zeit, aber ungleich entspannter. Es überholten uns ein paar Trailrunner, die im affenartigen Zahn den Berg runterschossen - ein halsbrecherischer Sport!

    Erschöpft, aber glücklich nach der anfänglichen Pleite doch noch alles wie geplant geschafft zu haben, kochten wir im Hostel wie immer selber (schlichtweg einzig budgetfreundliche Lösung). Die Silvesterfeierei fiel der allgemeinen Erschöpfung der letzten Tage zum Opfer. Eine nette Anekdote trotzdem hier am Rande: Nach Kochen, Entrichtung der Neujahrswünsche nach Deutschland und allabendlicher Rechercheeinheit auf dem Empfangssofa des Hostels (im Raum gab's keinen WLAN-Empfang) kam ich ins Hostelzimmer um Punkt 00:00 Uhr und wünschte Chris ein frohes neues Jahr, worauf er staubtrocken zum besten gab: "Ich wasch' grad meine Unterhosen!" Nach einem kleinen Lachflash meinerseits dokumentierte ich dieses Ereignis für die Nachwelt und werte Leserschaft (6), womit hiermit auch nochmals an alle treuen 'Folger' (Regermanisierung von 'follower') ein herzlicher Neujahrsgruß entrichtet sei!
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