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  • Day 24

    Kleine Geschichten über Einheimische

    November 23, 2018 in Cape Verde ⋅ ⛅ 25 °C

    Heute haben wir eine Tagestour mit Horst-Günter über die Insel Sal gebucht. Morgens um 9.30 Uhr holt er uns mit einem roten Mietwagen (denn der Firmenwagen ist in der Werkstatt) am Hotel Morabeza ab. Ein volles Programm erwartet uns, aber unerwartet ist es, dass es heute morgen richtig geregnet hat und dunkle Wolken am Himmel hängen. Das zweite Mal in diesem Jahr Regen, erzählt uns Horst-Günter...

    Wir erkunden zunächst Santa María. Hier haben neben den Chinesen, denen hier fast alle Geschäfte gehören, auch italienische Clans Eigentum im großen Stil erworben. Ebenso haben die Engländer hier Hotels gekauft. Angestellte sind in jedem Fall die Kapverdianer, ein stolzes Volk, das es eigentlich nicht mag, in der Dienstleistungsbranche tätig zu sein. Andererseits hat der boomende Tourismus zur Folge, dass es hier keine Hungernden mehr gibt, da alle Einheimischen Jobs in den zum Teil riesengroßen Hotels finden können.
    In Santa Maria wohnen ca. 10000 Menschen, und dennoch gibt es hier aus dem Boden gestampfte recht ansehnliche Wohnviertel, die ein wenig abseits gelegen komplett unbewohnt sind. Durch die agressive salzhaltige Luft sind sie schnell wieder dem Verfall ausgesetzt.
    Wir sehen viele Bauruinen, denn in der Weltwirtschaftskrise ist vielen Investoren schlicht und einfach das Geld ausgegangen.

    Die Kapverdianer, ein stolzes Volk! Männer sind Machos, sie legen größten Wert auf einen muskelgestählten Körper, sind sportlich und gutaussehend, machen hübsche Babies (O-Ton Horst-Günter), aber gerne entziehen sie sich ihrer Verantwortung, wenn sie dann Väter geworden sind. Verheiratete Männer haben selbstverständlich Affären nebenbei. Ein Outdoor-fitnesscenter liegt direkt am Strand: Gewichte zum stemmen, Bauchmuskeltrainer etc..wir sehen einige Männer dort am frühen Morgen trainieren.

    Und die Frauen? Die haben hier auf der Insel das Sagen. Zu Hause, im Geschäft, überall. Sie sind es von früh auf gewöhnt, selbstständig zu sein, Kinder alleine großzuziehen, zu entscheiden. Die Männer haben hier in dieser Hinsicht nichts zu melden.

    Auf dem Rückweg durchfahren wir ein Elendsviertel der Kapverdianer. Aus Pappe, Holz und Wellblech zusammen gezimmerte Unterkünfte, manchmal unter Zuhilfenahme von Autowracks reihen sie sich aneinander. Keine Kanalisation, kein fließendes Wasser, kein Strom - und doch wohnen hier am Rande der Ortschaft bis zu 300 Menschen in Sichtweite zu den Sozialwohnungen, die größtenteils leerstehen. Warum?
    Eine schlüssige Antwort bleibt uns auch Horst-Günter schuldig. Wahrscheinlich sind die Kapverdianer zu stolz, sich stigmatisieren zu lassen durch ein Wohnen in diesen Sozialunterkünften. Oder diese Wohnungen sind ihnen zu kalt und steril. Jobs haben sie alle in diesen Favelas, Hunger leidet niemand, und doch bleiben die lieber dort wohnen.
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