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  • Day 126

    Von Felsenratten und frechen Affen...

    January 15, 2019 in South Africa ⋅ ⛅ 22 °C

    „Tsitsikamma“ bedeutet auf Khoi-San „viel Wasser“, was wir am eigenen Leib spüren.
    Wir sind im Tsitsikamma Nationalpark und statt der geplanten Mountainbike-Tour liegen wir im Zelt und es regnet. Den ganzen lieben langen Tag.

    Naja. So bleibt mir wenigstens richtig viel Zeit, meine Tierliebe auszuleben. Hier im „Dijembe-Backpacker“ in dem kleinen Dorf Storms River wohnen neben dem übertrieben netten Rastafari-Dude
    ein Schaf (das seinem Besitzer Konkurrenz macht, was die Haarpracht angeht und das bei Regen immer auf einem abgesägten Baumstamm steht), eine Schmusekatze, ein Affe (der in seiner Hibbeligkeit stark an Felix erinnert und ständig der ruhesuchenden Katze auf die Nerven geht) und ein massiver Wachhund, der denkt, er sei ein zartes Schmusekätzchen und sich auf den Schoß der Gäste kuschelt.

    Und dann, am nächsten Morgen, öffnen wir unser Zelt und blicken in einen klaren blauen Himmel. Der ganze Nebel und Niesel ist wie weggeblasen. Herrlich!
    Wir lassen uns noch ein letztes mal beim Frühstück vom frechen Affen beklauen (der hinterhältig aus dem Nichts auf meinen Kopf hüpft, um dann den Überraschungseffekt auszunutzen und sich Früchte von meinem Teller zu stibitzen) und düsen dann los Richtung Mündung des Storms River.

    Der Tsitsikamma Nationalpark ist Teil der sogenannten Garden Route, einem Küstenabschnitt zwischen der Sunshine Coast und der Whale Coast. Wir wandern an der Küste entlang, durch Dickichte aus Farn, Lilien, Orchideen, uralten Bäumen und verstehen voll und ganz wieso dieser saftig grüne Küstenabschnitt Garden Route heißt. Immer wieder führt uns der Wanderweg aus dem dichten Wald hinaus, wo wir großartige Aussichten auf jahrtausendealte Felsformationen haben, die die Schluchten und Felsenküste des Nationalparks säumen.

    Spektakulär ist auch die Suspension Bridge, eine wackelige Hängebrücke über der Mündung des Flusses. Die mächtig tiefe Schlucht, in die man von der Mitte der Brücke aus schauen kann, hat fast schon was Magisches.

    „Lass mich einfach zurück. Geh alleine hoch, ich warte hier auf dich!“ - Felix’ verzweifeltes Jammern beim Erklimmen des Aussichtspunktes erinnert mich stark an unsere Besteigung des Kilimanjaro.
    Ich schaffe es gerade so, ihn zu überreden. Und er wird es nicht bereuen - oben angekommen eröffnet sich uns ein sensationeller Blick über die zauberhaft schöne Küste der Garden Route.

    Mein eigenes persönliches Highlight des Tsitsikamma Nationalparks sind jedoch die pummelig zotteligen Felsenratten, die mit ihren Knopfaugen so lustig frech gucken und sich ständig ganz geschäftig mit den Hinterbeinen am Kopf kratzen.

    Es ist so süß. Ich könnte stundenlang zuschauen.
    Felix ist schon nach zwei Minuten fertig mit gucken. Der Klassiker.
    Wäre doch jetzt mein Bruder mit mir hier. Was das Tiere beobachten angeht, sind er und ich genau gleich. Nicht nur einmal liefen Felix und Maike kopfschüttelnd von einem Tierchen weg, das Matze und ich noch Ewigkeiten anstarren hätten können. „Diese Metzlers...!“
    Abertausende Tierdokus in der Kindheit prägen einen einfach ;)

    „Nur noch ganz kurz!“ flehe ich Felix an. Ich erhasche noch einen letzten Blick auf meine wuscheligen Freunde und dann machen wir uns los auf den weiten Weg nach Gansbai.

    Wir entscheiden uns, anstelle der zwar kürzeren, aber eher eintönigen Autobahn N2 einen Umweg über das Inland des Western Cape zu nehmen.
    So schlängeln wir uns zuerst den eindrucksvollen Prince Alfred’s Pass hoch, um dann auf der Route 62 durch sich spektakulär verändernde Landschaften zu fahren: von zerklüfteten Bergpässen führt uns die Fahrt in die Halbwüste Little Karoo und durch bezaubernde Weindörfchen. Die Route 62 wird auch als die längste Weinstraße der Welt beworben. Es ist kaum jemand auf den Straßen unterwegs. Bei voll aufgedrehter Gute-Laune-Musik und haarsträubendem Fahrtwind macht das Autofahren richtig Spaß. Wir cruisen und staunen und cruisen und staunen, bis wir schließlich einem atemberaubenden Sonnenuntergang entgegenrollen.

    Im völliger Dunkelheit kommen wir in Gansbai bei unserem AirBnB an, wo Oma, Opa, Hund 1 und Hund 2 schon auf uns warten. Nach einer überschwänglichen Umarmungsbegrüßung, zwei feuchten Sabberküssen und der weisen Einschätzung einer lebenserfahrenen Dame („Gosh! Look at your hair, Girl! He probably loves you just because of your hair!”) fallen wir fix und foxy ins kitschige, mit Betthupferl ausgelegte Omabett.

    Immer wieder gleichermaßen erstaunlich und erfreulich, diese familiäre Zuneigung Fremder :)
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