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  • Day 5

    Paracas

    May 26, 2018 in Peru ⋅ ⛅ 19 °C

    Paracas war einfach zu gut zu mir. Innerhalb von 24 Stunden habe ich hier soviel erlebt und gesehen, dass es sich anfühlte wie drei Tage.
    Paracas ist eigentlich ein kleines Fischerdorf, das mittlerweile jedoch zur Touristenhochburg avanciert ist. Nicht zu unrecht, denn der Nationalpark und die „Galapagos Inseln für den armen Mann“ laden zum Erkunden und Entdecken ein.
    Gegen Mittag bin ich hier gelandet und habe mich zuerst mit einem typischen Peru-Pullover und einem bestechend peinlichen Peru-Basecap (wenn Touri, dann richtig) ausgestattet. Das Cap ist mittlerweile echt nötig, da Nase und Wangen schon deutlich zu viel Sonne abbekomme haben. Danach habe ich mir ein Fahrrad ausgeliehen, um das Naturreservoir auf eigene Faust zu entdecken. Im ersten Moment nicht meine beste Idee, bin ich doch absoluter Radfahrmuffel. Auch der beständige Gegenwind machte es nicht leichter und so waren die ersten 11 Kilometer zu meinem Ziel, dem Playa Roja, doch eher eine Qual und ich musste den inneren Schweinehund ganz schön überwinden. Entlohnt wurde ich jedoch mit der wahnsinnigen Aussicht auf die gelb-rote Wüste links und rechts von mir. Es ist einfach beeindruckend welche Formationen und Farben die Natur hervorbringt.
    Am Strand angekommen war ich zunächst erschrocken über den diversen Plastikmüll am Ufer. In der Hinsicht müssen wir Menschen wirklich deutlich sensibler und umweltbewusster werden... dennoch war der Blick auf die Küste wunderschön.
    Nachdem ich mich auf dem Hinweg mehrmals für meine tolle Idee mit dem Fahrrad verfluchte, das auch nur einen Gang hatte, war der Rückweg um einiges angenehmer und schneller. Mit Rückenwind und zum Teil steil bergab machte die ganze Tour dann doch wirklich Spaß.
    Zum Abendessen ging es in eines der vielen Fischrestaurants, wo ich erstmal Ceviche (eines der typischen Gerichte hier in Peru) probierte. Leider nicht ganz mein Fall. Zurück im Hostel wollte ich dann eigentlich nur den Plan verfolgen früh ins Bett zu gehen, da die letzten Tage mit wenig Schlaf verbunden waren (Nachtbusfahrten/laute Mitbewohner/frühe Touren) und der nächste sehr erlebnisreich werden sollte. Allerdings habe ich mich mit meinen Mitbewohnern angefreundet, sodass ich mich noch für einen Drink an der Bar breitschlagen ließ. Auch ließ ich mich darauf ein beim Beerpong-Turnier mitzumachen (triviales Trinkspiel, bei dem man versucht einen Tennisball in den Becher des Gegners zu werfen). Ich dachte wir würden die erste Runde eh nicht überstehen und ich könne an meinem Früh-zu-Bett-geh-Plan festhalten. Niemand konnte ahnen, dass ich ein verstecktes Talent in diesem Spiel habe. Das führte dazu, dass ich bis zum Finale spielen durfte und meine Pläne zunichte gemacht wurden. Dennoch ein herrlicher und lustiger Abend und den weniger Schlaf wert!

    Am Morgen darauf ging es verkatert und müde zum Paragliding. Meine französische Zimmergenossin Marie und ich wurden gemeinsam abgeholt und los ging es zum Paragliding - dachten wir. Unser Abholservice fuhr über eine halbe Stunde planlos durch die Stadt, um Zeit totzuschlagen, da der Wind noch nicht gut genug war. Dann ging es endlich zu unserem Piloten und für mich das zweite Mal in den Nationalpark. Unser Pilot (José) war ein herrlich offener und netter Peruaner, der uns viel über Land und Leute erzählte. (So haben die Menschen eine tiefe Verbindung zu den unzähligen Hunden, die viele Jahrhunderte zurückreicht. Früher haben die Einwohner Hunde tatsächlich als kleine Heizung genutzt und die Fellnasen als Wärmequelle mit ins Bett genommen.)
    Gleichzeitig hat José eine Vergangenheit als Rennfahrer und so pesten wir wie die Bekloppten durch die Dünen der Wüste hinauf auf einen der größeren Hügel von wo aus das Paragliding starten sollte.
    Marie war als Erste dran und durfte sich ins Vergnügen stürzen. Schon vom Zusehen bekam ich Gänsehaut und konnte es kaum erwarten selbst zu starten. 20 Minuten später war es dann soweit. Mir wurde das Geschirr angeschnallt und schon rannten wir den Hügel hinunter. Der Schirm entfaltete sich und ich verlor den Boden unter den Füßen - ein unbeschreibliches Gefühl! Schon in den ersten Sekunden war mir klar: Das muss ich unbedingt lernen. Ich möchte selbst Pilot werden. Paragliding ist wirklich ein absolutes Gefühl von Freiheit. Ich hatte wirklich unheimlichen Spaß und konnte gar nicht mehr aufhören zu grinsen. Leider ging mein Flug weniger als fünf Minuten, da ich wirklich Pech mit dem Wind hatte und wir sofort absackten. José hatte Mitleid mit mir und bot mir an den Flug am Nachmittag noch einmal zu wiederholen. Auch meinte er ich hätte das Crazy-Gene. Recht hat er! Ich mag verrückte Sachen. Ich sagte zu und war gespannt, ob er sein Versprechen hielt.

    Nach dem Paragliding ging es mit Marie sofort weiter zu unserer Bootstour zu den Islas de Ballestas. Da wir spät dran waren, mussten wir zu unserem Boot rennen. Gerade rechtzeitig sprangen wir in eines der Boote und los ging es mit einigen Knoten über den Pazifik. Die erste Attraktion war eine der in Nazca ähnlichen Linien. Niemand kann so wirklich erklären wie dieses Naturphänomen zustande kam. Die riesigen Linien zeigen fast eigenständige Bilder im Sand und tauchen hier und da mal auf.
    Nach einer guten halben Stunde Bootsfahrt erreichten wir dann die Inseln und wurden gleich von ein paar winzigen Pinguinen begrüßt. Ein paar Ecken weiter entdeckten wir schon den ersten Seehund, der sich auf einem Stein in der Sonne suhlte. Innerhalb der Tour sahen wir noch viele weitere Seehunde sowie diverse Vögel. Was mir überhaupt nicht gefiel war der Massentourismus. Etwa 30 Boote fuhren zwischen den Inseln umher, oft viel zu nah an den Tieren und besetzt mit unheimlich lauten und rücksichtslosen Passagieren. Hinzu kamen die Abgase, die selbst mich dazu zwangen mir den Schal vor die Atemwege zu halten - von Nachhaltigkeit keine Spur. Die armen Tiere müssen ja schon völlig gestört und vergiftet sein, wenn dieses Programm jeden Tag zweimal abgespult wird. Etwas verstimmt habe ich die Rückfahrt dann einfach verschlafen, da mir gerade die letzte Nacht noch in den Knochen steckte.

    Nachdem ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, machte ich mich allein auf den Weg in Josés Restaurant, wo wir uns zuvor verabredeten. Er empfang mich freudig, stellte mich seinen Freunden vor und gemeinsam aßen wir noch zu Mittag. José sollte sein Versprechen halten und so saß eine glückliche Franzi ein zweites Mal im Auto auf dem Weg zum Paragliding im Nationalpark; im Schlepptau Josés Freunde, denen er zeigen wollte was er so in seiner Freizeit machte. Über die ganze Zeit merkte ich so langsam wer mein Pilot tatsächlich war. Ich glaube ihm gehörte letztlich die halbe Stadt. Jeder schien ihn zu kennen. Neben dem Restaurant besaß er noch ein Hotel und sämtliche Touristenagenturen.
    Mit dem Jeep und einem normalen VW-Bus ging es nun wieder die Hügel der Wüste hinauf. Gerade der VW hatte dabei erhebliche Probleme und ich war erstaunt, dass das Auto überhaupt ankam. Beim zweiten Mal Fliegen schien im Gegensatz zum Vormittag die Sonne - ein gutes Omen. Sobald ich das Geschirr anhatte ging es wieder in die Luft. Das erste Mal war schon toll, aber das zweite einfach unbeschreiblich. So fühlt sich Fliegen an! Nicht nur das Glück sondern auch der Wind waren mir hold. Himmelhoch jauchzend drehten wir etliche Runden und Schrauben über Meer und Wüste. Ich bekam einfach nicht genug, aber nach einer halben Stunden glitten wir wieder zu Boden und ich strahlte über beide Ohren voll mit Endorphinen! Was für ein Tag!
    José brachte mich noch zurück zum Hostel und verriet mir den wahren Grund für die zweite Runde: Er sah eine wahre Abenteurerin in mir und erfreute sich einfach daran, dass ich so viel Spaß hatte und er mir das Paragliding in seiner vollen Pracht zeigen konnte.
    Danke José!
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