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  • Day 34

    Tag 32: Von Eckardtshausen nach Morschen

    May 11, 2022 in Germany ⋅ ☀️ 25 °C

    Schwalben über Schwalben! Sie begleiten mich heute den ganzen Tag weit über mir. Beim Frühstück auf Jens Terrasse, überall in den kleinen Fachwerk-Örtchen, durch die ich fahre, und jetzt auf meiner Veranda. Und wenn die Aussage über ihre Flughöhe und das kommende Wetter stimmen sollte, bleibt es auf jeden Fall morgen sehr sehr schön. Ob das Gleiche auch für Fledermäuse gilt (die gestern Abend in Kopfhöhe um uns schwirrten), weiß ich nicht...
    Es ist schon ein Idyll, in dem Jens lebt, und was er mir gestern Abend bei einem kleinen Ausflug mit viel Herz zeigt. Der alte Richtplatz, die wunderbaren Blicke auf den Rennsteig und die Wartburg ...und den kleinen so kleinen Ort Möhra mit seiner so großen Bedeutung. Es ist der Stammsitz der "Luther's" und bis heute sollen dort tatsächlich welche wohnen. Immer wieder hat Martin wohl in dem so schön hergerichteten Ort seine Verwandten besucht und in der Dorfkirche gepredigt, so angeblich auch einen Tag vor seiner "Entführung" auf die Wartburg. Das hielt der Kupferstecher Schwerdgeburth in einem Stich fest...und die "Möhraer" 500 Jahre später als "Standbild" mit mehr als 50 Dorfbewohnern. Super getroffen!
    Noch ein letzter Blick auf die Wartburg und das schöne Umland und ich verlasse den Thüringer Wald. Es bleibt hügelig, überall leuchten die Rapsfelder und um mich herum summt und brummt es... Ein weißer Berg! Was ist das? Schon von Weitem beherrscht er die Landschaft und auch, als ich in Dankmarshausen fast unmittelbar vor ihm stehe, nur Fragezeichen. "Sieht schon komisch aus unser Monte Kali", sagt in diesem Moment eine junge Frau zu mir, die grad mit einem wunderschönen Blumenstrauß aus einem Blumenladen kommt. Ein verspäteter Muttertagsgruß, "aber der kann jetzt noch ein bisschen länger warten". So erfahre ich, dass ich vor einer 520 m hohen Salzhalde des Kalibergbaus stehe, Salz als Abfallprodukt, das aufgrund von Verunreinigungen weder als Streu- noch als Speisesalz verwendet werden kann. Und er wächst und wächst dieser Berg..im Jahr 1973 mit der Aufschüttung begonnen, bestand er 2017 bereits aus rund 209 Millionen Tonnen Salz. Und es kommen pro Förderstunde weitere 900 Tonnen hinzu... "Und wenn sie noch mal in der Gegend sind, dann buchen Sie unbedingt eine Führung aufs Gipfelplateau des "Kalimandscharo", es lohnt sich!"
    Den Berg hinab und ich stehe an der ehemaligen innerdeutschen Grenze zwischen den kleinen Ortschaften Kleinensee und Großensee, einen Steinwurf voneinander entfernt. Wohl ein letztes Mal auf meiner Reise werde ich mit diesem traurigen Kapitel deutscher Geschichte konfrontiert. Im Sommer 1952 wurde hier die Grenze geschlossen - erst mit einfachen Drahtverhauen und Schlagbäumen, dann mit einem doppelreihigen Stacheldrahtzaun. Aber auch das nicht genug, Anfang der 70er Jahre wurde eine meterhohe Mauer aus Betonelementen gezogen...man sollte sich doch nicht sehen und zuwinken dürfen.. Zum Glück vorbei.
    An einer uralten Linde, die mächtig gestützt werden muss, halte ich fasziniert inne. Ob es sie ohne diese menschliche Hilfe noch gäbe? Weiter geht's am schön erhaltenen ehemaligen Schmalspurbahnhof von Bebra vorbei (Bebra selbst ist wohl eher keine Reise wert) nach Rotenburg an der Fulda und damit aus Hessen in die mit vielen vielen Fachwerkhäusern bebaute "Türkei". Eng aneinanderklebende Häuschen, eine enge Gasse und ganz hinten das Haus der "Sippe Türk(e)"...der Name ist geblieben.
    Wie schön ist es, anschließend durch das Naturparadies der Fuldaauen zu radeln. Ich lasse mir (im Gegensatz zu den vielen an mir vorbeihuschenden Radlern) viel Zeit, halte immer wieder an, beobachte die Wasservögel und das sanft dahinfließende Wasser. Es ist so ein Glück hier zu sein.
    Kurz vor meinem Ziel passiere ich noch die riesige Anlage des ehemaligen Klosters Haydau (heute ein Luxushotel) und eine wunderschöne alte Poststation mit Postkutsche.
    Und für morgen beschließe ich: Mund zu bei der Bergabfahrt! Die Insekten gehören den Vögeln!
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