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  • Day 41

    BA - lebendige Kultur und Geschichte

    February 12, 2018 in Argentina ⋅ 🌙 18 °C

    Bei uns in Deutschland versucht man Kultur und Geschichte den Menschen nah zu bringen, auch "Bildungsferne" (schreckliches Wort) ins Museum zu locken. Dass es überhaupt eine Distanz zwischen Kultur und "Mensch" gibt, ist eigentlich erstaunlich. In Buenos Aires vermittelt sich ein ganz anderes Bild. Als wir zum Centro Cultural Kirchner gehen, landen wir in einer großartigen Fotoausstellung einer argentinischen Künstlerin, dürfen fast das ganze Gebäude besichtigen, um in der obersten Etage Installationen von internationalen Künstlern, wie Patti Smith zu besuchen - ohne zu zahlen. Im Museum de Bellas Artes, ein paar Blocks weiter, ist es laut und rummelig. Ganze Familien machen Selfies vor Miros Bildern und eine lange Schlange hat sich vor der Kinderbetreuung gebildet, wo jede Menge Kinder eifrig selbst Skulpturen formen. In einem Saal werden Rodins Skulturen von allen Seiten fotographiert und bestaunt, ohne dass Museumswärter einschreiten. Beide Sonderausstellungen sind wieder kostenfrei. Wie wir es auch in Chile erlebt haben, gibt es in Stadtteilen wie San Telmo oder Palermo ein aktive Streetartszene und wir haben auch der ganzen Reise nie so viel individuelles, kreatives Kunsthandwerk gesehen wie hier. Natürlich gehört auch der Tango zur Kultur der Stadt. Es gibt zahlreiche Shows für Touristen, aber in San Telmo treffen sich Einheimische zum Tangotanzen, trotzdem bleibt ein bisschen das Gefühl, dass dies nicht mehr so lebendig ist.
    Aber die Geschichte ist in der Stadt präsent, was bei einem so jungen Land, das erst seit 1880 unabhängig ist und von insgesamt sechs Diktaturen geprägt wurde, kaum verwunderlich. Eine Stadtführerin erzählte uns, dass Evita und der Perónismus auch heute noch auf Familienfeiern Anlass für heftige Diskussionen geben würde. Daran, dass die letzte Diktatur der Militärjunta, die bis 1983 dauerte, bis in die Gegenwart wirkt, erinnern die Madres de Desparecidos, die Mütter der über 30.000 Verschwundenen, die sich auch heute noch jeden Donnerstag auf dem Plaza de Mayo versammeln, um an ihre Kinder zu erinnern.
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