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  • Day 72

    DDR meets South Africa

    November 15, 2018 in South Africa ⋅ 🌙 17 °C

    Heute ging es mit unseren Mitfreiwilligen aus dem Masinyusane-Projekt ins Theater. Der Titel des Stücks hieß „Changes“ und es war lustigerweise eine Kooperation des Staatstheaters Oldenburg mit dem Operahouse Port Elizabeth. Thematisiert wurden die Parallelen zwischen der Apartheid in Südafrika und dem Überwachungssystem der DDR, sowie deren Zerfall.
    Das Stück begann mit einer flüchtenden Südafrikanerin ins nahegelegene Lesotho, welche von einem weißen Wissenschaftler über die Grenze geschmuggelt wurde. Dort schloss sie sich einer Widerstandsgruppe an, über welche sie Kontakte nach Westdeutschland bekam und an einer Art Austauschprogramm teilnahm. Nach einer anstrengenden Reise landete sie im schönen Hamburg. Zu Anfang völlig verloren stieß sie nach einigem Suchen auf den jungen Thorsten Mann. Dieser verstand ihre Vergangenheit, da er selbst als DDR-Flüchtling viele Strapazen auf sich genommen hatte. Er hatte an der Ostseeküste gelebt und war mithilfe eines selbstgebauten Segelsurfbretts nachts nach Dänemark geflohen. Dramatisch beschrieb Thorsten seine Reise, die Fluch über den Strand, den Hundeatem beinahe schon im Nacken, Taschenlampen, die die Umgebung durchforsteten und dann die vielen Stunden auf See, in dem Wissen, dass er jederzeit vom Meer verschlungen werden könnte.
    Ich fand die Beschreibung sehr beeindruckend und selbst die Grundschulkinder in den vorderen Reihen waren ganz still.
    Von Dänemark reiste Thorsten dann nach Hamburg, wo er sie (ich habe leider ihren Namen vergessen...) traf.
    Die beiden heirateten 1987 und zogen nach Südafrika. Dort wurden sie von vielen schief angesehen und sie erzählte ihre Geschichte, wie es war unter der Apartheid zu leben. Zu diesem Zeitpunkt hätte es bereits ein Happy End geben können, aber wie der liebe Geschi-LK Sieg es uns gelehrt hat, kam es zwei Jahre später zum berühmten Mauerfall. Zum erstenmal außerhalb der DDR entschied Thorstens alter Freund Thomas sich, seinen Freund in Südafrika zu besuchen. Dort angekommen, völlig überfordert mit den vielen neuen Eindrücken, gelang es ihm schließlich auch diesen zu finden. Die DDR wurde in Südafrika zu diesem Zeitpunkt scheinbar als eine Art Prototyps-Modell betrachtet, denn Thomas stieß immer wieder auf Leute, die begeistert darauf reagierten, dass er aus einem sozialistischen System kam und einige planten selbst eines in Südafrika aufzubauen.
    Ganz besonders sichtbar wurden die Parallelen, als der DDR-Gegner Thomas und der sozialisische Südafrikaner sich über ihre Vorstellungen von Staat, Politik und Lebensweise unterhielten und der eine von dem klassischen Bild des Sozialismus‘ schwärmte, während der andere abwehrend von dessen fatalen Folgen berichtete. Ein ganz besonders wichtiger Punkt dabei war für Thomas die Tatsache, dass die DDR ihre Bürger zwang, sich gegenseitig zu bespitzeln. An dieser Stelle nahm die Geschichte erneut Fahrt auf, denn wie sich herausstellte, hatte Thorsten für die Stasi gearbeitet und Thomas nachspioniert. Natürlich nicht freiwillig und es tat ihm in seinen Geständnis auch offensichtlich leid, aber Thomas, zutiefst getroffen, wehrte ab. Um das Geschehen und den Ärger nach dieser Offenbarung abzukürzen: Thomas hatte die Erkenntnis, dass wenn er sich wirklich von der DDR lösen und einen Neuanfang starten wolle, er sich zuallererst von seinem Hass lösen und lernen müsste, zu vergeben und sich daraufhin sich mit Thorsten wieder versöhnen.
    Insgesamt fand ich das Theaterstück richtig gut, denn es erinnert mich stark an unseren Geschi-Unterricht und auch an meine Abenteuer hier, wie ich völlig überrumpelt meine ersten Erfahrungen mit südafrikanischer Kultur gemacht habe.
    Dabei habe ich jedoch wieder feststellen müssen, wie schade es ist, dass der Geschichtsunterricht in Deutschland so auf Europa fokussiert ist, dass man normalerweise die Geschichte Südafrikas und vieler anderer Länder, nicht wirklich wahrnimmt.
    Auf jeden Fall einen Besuch wert und wer sich ebenfalls dafür interessieren sollte, es soll wohl auch noch eine Deutschlandtour geben.
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