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  • Day 63

    Niemandsland

    November 26, 2018 in Chile

    Ich hab es gar nicht glauben können: als ich aufgestanden bin hat die Sonne geschienen und die Fähre ist tatsächlich gefahren. Erst vorbei an kleineren Bergen, die später immer größer wurden und schließlich vorbei an Gletschern, bis der Kapitän an Eisbergen vorbei manövrieren musste. Oben blauer Himmel, unter uns der türkisfarbene See. Und wir auf unserer Nussschale, die beständig auf den Gletscher zusteuerte. Ich kam mir immer kleiner vor, desto näher wir an den Gletscher kamen. Er ist riesig und man konnte ihn sogar hören. Wir waren 20 Personen auf dem Boot, sonst war niemand dort. Es gab Whisky mit Gletschereis, so nah sind wir rangefahren. Und deshalb kommt man hier auch nicht südlicher, weil das alles Eisfeld ist. Es war überwältigend und gleichzeitig war mit etwas wehmütig zu mute, weil das was ich in den letzten Wochen an Abgeschiedenheit hier erlebt habe, hier nie wieder so erleben werde. Auch hier wird alles touristischer. Und auch der Gedanke, dass es irgendwann keine Orte mehr auf dieser Welt gibt, die nur schwer zugänglich für Menschen sind, deren Geheimnisse noch keiner entdeckt hat, ist traurig.
    Um 17 Uhr sind wir in Candellaria Mansilla angekommen, von wo aus es 22km Fußmarsch durch Niemandsland zwischen der chilenischen und argentinischen Grenze sind, bis man zum Lago del Desierto kommt, von wo man ein Boot nehmen kann und später einen Bus nach El Chaltén. Und da der Mann, der anbietet, Rucksäcke mit einem Geländewagen bis zur Hälfte zu fahren (ab dort ist der Weg nur noch zu Fuß begehbar) nicht da war und das Wetter schön, beschloss ich einfach loszulaufen, weil das in zwei Etappen definitiv trotz meiner zwei Rucksäcke machbar ist. Hab mich mit einem der Leute aus dem Hostel zusammengetan. Wir sind tatsächlich noch 16km gegangen, da es noch hell war und der Weg durch den Wald schön war. Ein komisches Gefühl, zu wissen, dass alles hier zu keinem Land gehört. Um 21 Uhr haben wir unsere Zelte aufgeschlagen, an einer Stelle mit einem unglaublichen Ausblick auf dem Fitz Roy. Im Sonnenuntergang war der Anblick magisch.
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