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  • Day 61

    Die letzten Tage

    March 28, 2022 in Cambodia ⋅ 🌧 29 °C

    Nach meiner Rückkehr aus Mondulkiri geht alles ziemlich schnell. Ich hatte zuvor bei einem Open Mic zwei Nächte im Gasthaus Khmer Surin gewonnen, die es nun zu genießen galt. Check-in, die nassen Sachen von der Wanderung in die Laundry geben, duschen, Zähne putzen. Dennis ist auch in Stadt. Wir verabreden uns auf einen Smoothie, gefrühstückt hatte ich bereits im Mad Monkey Hostel nebenan. Nach einem herzlichen Wiedersehen und Austausch brechen wir spontan zu einem Ort auf, der sich „Factory“ nennt. Hier kommt alles zusammen: Sport und Spiel (Basketball, riesige Trampoline, Billard, Dart), Musik (Gitarren, Piano), Co-Working-Spaces, Cafés, Bars, Kunst… Auf diesem Gelände können sich Menschen mit Ideen einmieten und Teil des Projektes werden. Es wimmelt nur so vor jungen Leuten, die mit hauseigenen Fahrrädern den Ort erkunden. Wir probieren ein paar Sachen aus und ich frage mich, warum ich bisher bisher noch nicht hier gewesen bin.

    Nach einem späten Mittag - vegetarische Nudelsuppe - geht es an die Abendplanung: Ein vorletztes Mal um die Häuser ziehen, Streetfood kosten und zu einem extravaganten Konzert im Central Café gehen. Die Band heißt „Alli G. & The Free Tequilas“ und der Sänger stammt aus Malaysia. Die Stimme ist einzigartig, die Atmosphäre berauschend. Wir trinken, spielen Billard, applaudieren, tanzen, gratulieren der Band zu diesem großartigen Auftritt, lernen den Sänger kennen und wünschen ihm weiterhin viel Erfolg. Dann holt mich die Müdigkeit ein. Schlaf.

    Sonntag. Nach einem erneuten Frühstück im Mad Monkey und einem weiteren herzlichen Wiedersehen mit der Bassistin Soraya aus Spanien proben wir für die heutigen Open Mics. Andre, der Betreiber des Khmer Surin, erlaubt uns, für die Probe die Anlage des Hotels zu nutzen, solange im ersten Stock keine Gäste zum Essen kommen.
    Im Kokopelli spielen Soraya und ich zum ersten Mal zusammen vor Publikum. Ich kenne den Ort und wir werden mit offenen Armen empfangen. Die Sundowner Sessions finden hier seit über zehn Jahren statt, die Bar hat Tradition. Ich bin nicht aufgeregt und genieße das Zusammenspiel in vollen Zügen. Applaus, Komplimente, Dank, Lächeln, Kontakte austauschen. Dennis stößt dazu, wir essen, lachen und kurz reden wir über Krypto und NFTs. Gegen 20 Uhr ertönt der letzte Song. Der Host Scott Bywater beendet die Session und für alle Sänger:innen gibt es einen Tequila Shot oder wahlweise ein Bier.

    Weiter geht’s. Im Little Susie treffen wir Bun, den Betreiber, der sich auch selbst ab und zu mal ans Schlagzeug setzt. Kevin, den Host des Open Mics, und schlussendlich Kylie aus Hongkong, Jazzsängerin und Vocal Coach. Es ist eine Atmosphäre zum Niederknien. Rock ‘n‘ Roll, Indie, Jazz, Folk, Pop, kleine Lieder und große Welthits inkl. improvisierter Soli füllen den Abend. Wir schließen mit „Stand by me“, ich spiele Gitarre, alle singen. Erneut werde ich gefragt, wie lange ich noch bleibe. Ich solle wiederkommen. Ein letztes Bier, Nummern austauschen, herzliche Abschiede, Umarmungen und weiter. Bassac Lane, Kneipenmeile. Wir lassen uns nieder, bestellen Cocktails und erzählen uns Geschichten. Die Bar schließt, wir ziehen weiter, eine neue Runde Cocktails, Wasser, Pizza, nun ist auch hier Schluss.
    An schlafen ist nicht zu denken. Zu kostbar ist die verbleibende gemeinsame Zeit, zu tiefsinnig sind die Gespräche, zu schön das gemeinsame Lachen, zu viel Adrenalin im Blut, vielleicht ist es für mich auch ein bisschen die Aufregung vor dem Rückflug. Supermarkt, eine große Cola, eine Flasche Rum, dann ab zum Rooftop Pool in den 13. Stock.

    Als wir zum Hotel kommen, sind die Lichter aus, der Nachtwächter schlummert auf der Couch. Wir klopfen, er lässt uns rein. Wir begrüßen ihn im Flüsterton auf Khmer und bedanken uns sehr herzlich. „Soursdey, orkurn chran.“ Fahrstuhl, kurz frisch machen auf dem Zimmer, dann sind wir oben und blicken über die Dächer. Wir spielen Trinkspiele, knüpfen an Gespräche an, fühlen uns geborgen. Die Zeit verfliegt und schon ist wieder Sonnenaufgang, den wir eine halbe Etage tiefer durch geöffnete Luken erleben.

    Frühstück: Vietnamesisches Buffet, schmunzeln über letzte Nacht, Abschied nehmen. Ich bin ein bisschen wehmütig, sind mir die Menschen hier doch schon sehr ans Herz gewachsen. Ich werde die Zeit nicht vergessen und wer weiß, vielleicht verschlägt es mich bald wieder hierher. Auf Wiedersehen, Cambodia, „Lea sin houy!“
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