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  • Day 9

    Tongariro Alpine Crossing

    January 5, 2019 in New Zealand ⋅ ⛅ 21 °C

    Wir buchten den spätesten Shuttle um 8 Uhr (der früheste ging bereits halb 6 aber so bekloppt sind wir dann auch nicht) und frühstückten voller Unsicherheit, was wir uns da eingebrockt hatten, 2 Sandwiches, wohl wissend, dass es jetzt die nächsten 8 Stunden nichts vernünftiges mehr geben würde. Unser Reiseproviant bestand aus einer Gurke, 2 Spitzpaprika, ein paar Stangen Sellerie, 2 1,5l Flaschen Wasser und jeder Menge Proteinriegel. Ich hab die Teile noch nie zuvor angerührt aber Jan schwor darauf, die würden umgehend Kraft geben... Also hörte ich auf meinen Mann und suchte mir auch welche aus. Dazu holten wir uns 2 Basecaps, da wir mit 8 Std. praller Sonne rechnen mussten. Und natürlich die Sonnencreme, die war auch dabei! Das alles im Gepäck fuhren wir los zum Shuttleservice und meldeten uns an. Wir bekamen eine lustige Karte, auf der die Härte der einzelnen Etappen anhand von Smileys erklärt wurde. Es gab 6 freundliche Smileys und 3 dieser Art: 😫 dahinter die Kilometeranzeige und wie lange so eine Etappe dauern würde. Dann ging es auch schon los und wir saßen mit etwa 20 anderen Verrückten im Shuttlebus und fuhren dem Grauen entgegen 😏 Bereits von Weitem ließ sich der Mt. Ngauruhoe, der im Herrn der Ringe als Schicksalsberg in Mordor fungiert, gut erkennen. Jedoch spuckte er glücklicherweise keine Lava denn sonst hätte es unter Umständen noch ein wenig wärmer werden können 😋
    Der Bus setzte uns an einem kleinen Toilettenhäuschen ab, wir schulterten unsere Sachen und marschierten los!

    Der Weg zog sich durch bewachsene Hügellandschaften, ein rostroter Bach kreuzte unseren Weg und man wäre nicht überrascht, wenn von einem dieser Hügel plötzlich eine Horde Orks auf uns los gestürmt wäre. Teilweise war der Weg befestigt, andere Teile führten uns über staubige Pfade. Die anfangs noch große Motivation ebbte aufgrund dessen, was uns noch bevorstand, allmählich ab und wir bekamen Hunger. Die Schweinehunde triumphierten “wir haben’s euch ja gesagt!“ Weiter oben, nachdem wir die ersten Stunden tapfer gewandert sind, entschieden wir uns für die erste kleine Pause, wir nagten ein paar mal kurz an der mitgebrachten Gurke, tranken etwas und jeder bekam einen Proteinriegel auf die Faust. So ein Proteinriegel ist schon ne lustige Erfindung! Kompakt auf 30g reduziert, in den verschiedensten Geschmacksrichtungen, darf man nur wirklich kleine Stücke abbeißen, da es sonst immer mehr wird im Mund. Und bäääääm nach einem halben Riegel, ich hätt’s nicht für möglich gehalten, hätt ich’s nicht selbst erlebt, hast du auf einmal wieder Kraft wie nach ner richtigen Mahlzeit inkl. Power Nap! Es ist faszinierend! Jegliche Müdigkeitserscheinung war samt des feixenden Schweinehunds verschwunden! Wir hatten wieder Kraft für die nächsten Stunden und die brauchten wir auch wirklich denn nun hieß es hochklettern! Und zwar den Berg! Die Vegetation hatte sich inzwischen verabschiedet, es gab um uns rum nur noch Lavagestein, Geröll und Sandstürme! Wie halt in Mordor üblich.. Letztere waren im Übrigen Fluch und Segen zugleich denn einerseits fühlten sie sich auf den nackten Waden wie Nadelstiche an, andererseits wehten sie uns praktischerweise mehr oder weniger den Berg hoch 😉 Nur drehen hätten sie nicht dürfen, haben sie aber glücklicherweise auch nicht getan 🙂
    Wir wanderten also an riesigen Kratern vorbei, links und rechts ging es mehrere hundert Meter in die Tiefe und dazu der bestialische Wind... Teilweise war es nur auf allen Vieren möglich, sich sicher zum nächsten Felsen zu manövrieren. Unterwegs kam uns ein Paar mit lauthals schreiendem Baby vor den Bauch geschnallt entgegen, da zweifelten wir schon sehr am Gesundheitszustand der Eltern.. Das Baby hörten wir übrigens noch ziemlich lange.. Aber irgendwann waren wir oben! Am höchsten Punkt dieses Tracks, stolze 1886m über dem Meeresspiegel eröffnete sich uns plötzlich ein wundervoller Ausblick auf die türkisen Emerald Lakes und weiter hinten den riesigen Blue Lake. Mitten in einer solchen Vulkanlandschaft 3 solche Farbflecken! Grandios! Was uns als nächstes entgegen schlug war der wunderbare Gestank nach fauligen Eiern denn die Emerald Lakes sind Schwefelseen. Dort hinunter zu kraxeln stellte sich als ziemlich tricky heraus... Es gab nämlich nur loses Geröll und man musste es irgendwie schaffen, eine gesunde Mischung aus kontrolliertem Rutschen und Gleichgewicht zu finden.. und dann waren da ja immer noch die Abgründe links und rechts 🙈 Den ziemlich heftigen Wind verstärkte zusätzlich noch ein Helikopter des Rescue-Teams, den eine Gruppe Mädels gerufen hatte, weil eine von ihnen offensichtlich böse umgeknickt ist und nun nicht mehr weiter kam. Mit einem dick einbandagierten Fuß (wo auch immer die auf dem Berg die Bandage her hatten...) und unter Anleitung eines Sanitäters schleppten sich die Freundinnen den Abhang seitlich hinunter, wo der Heli auf sie wartete. Hoffentlich konnten sie die Aussicht von dort oben trotzdem genießen, die war nämlich die Belohnung für den abartigen Aufstieg 😉

    Als wir den steilsten Abstieg geschafft und ein bisschen an den Seen verschnauft hatten, bewaffneten wir uns jeder mit einer Spitzpaprika und setzten unseren Weg fort. Und dann hieß es nur noch laufen, laufen und nochmals laufen... kein Klettern mehr, nur noch einen Fuß vor den anderen setzen und sich durch die immer größer werdenden Zahlen auf den Kilometermarken ermutigen lassen. Besonders die letzten 2 Stunden hatten es in sich, hier hieß es nämlich den Berg in Serpentinen abwärts zu laufen.. wir verfielen immer mal wieder in flotten Galopp, dank eines weiteren Proteinriegels war das auch gar kein Problem, denn wir wollten einfach nur noch ankommen. Im letzten Stück gab es wieder ein bisschen Regenwald und einen kleinen Bach und dann war er plötzlich da: der Zielparkplatz!!! Von dem aus mussten wir nochmal 800m zu unserem Auto laufen aber hey.. was sind schon 800m nach knapp 20km?! Ne Menge wenn du denkst du bist im Ziel! So nahm ich es auch dem Busfahrer, den wir fragten, ob er uns die Straße mit runter nehmen und nach den 800m absetzen würde, ziemlich übel, als dieser uns die Gegenfrage stellte, ob wir nicht hergekommen sind um zu laufen?!.... und dann 5 min. später in einem fast leeren Bus an uns vorbei bretterte... 🤬

    Aber auch diese allerletzte Hürde haben wir gemeistert und uns so sehr wie vermutlich noch nie zuvor auf eine Dusche und unser Bett gefreut!
    Zum Glück hatten wir tags zuvor diesen Campingplatz am See entdeckt, letzteren nutzten wir nämlich erstmal für einen beherzten Sprung ins kühle Nass. Und um uns zumindest den groben Dreck abzuwaschen 😅
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