Satellite
  • Käsekuchen mit Zwiebeln

    October 31, 2019 in Malaysia ⋅ ⛅ 29 °C

    Es regnet. Irgendwie habe ich ihn lieb gewonnen, den abendlichen Regen, der Rausgehen fast unmöglich macht und einen so zur Muße verdonnert - verdonnert heute sogar im wörtlichen Sinne.

    Ich bin jetzt in Ipoh, dringe langsam in touristischere Gefilde vor. Werde hier noch zwei Nächte bleiben, meine Handrücken werfen leichte Sonnenbläschen und brauchen mal kurz Schonung.

    Der erste Ort mit einer ‚Backpackerszene‘ - tatsächlich ein paar Kneipen, und davor diese verwegenen, verstrubbelten, leicht angegerbten Jungs. Nett fürs Auge. Es kriegt gleich einen anderen Vibe, weiss aber nicht, ob‘s so recht meiner ist.

    Heute früh stand in der Hostelküche neben meinem Rad ein zweites. Gehörte genau so einem Typen Ende zwanzig, bei dem die Mädels schmelzen, halb Engländer, halb Deutscher, und über den Pamir Highway gekommen. Da werde ich dann neidisch, und möchte grad mal für drei Wochen ein starker junger Mann sein und mir das zutrauen. Spannend, wie das Radfahr-Gen doch gleich verbindet. Wir hatten einen guten Schnack, ähnliche Gefühle zum Unterwegs sein, dem großen Glück und manchmal kleinen Leid des Reisens.

    Ich hatte unterwegs abseits der Touristenpfade schöne Begegnungen, kleine großartige Dinge. Die indische Familie an Deepavali, einem hinduistischen Lichterfest - die Tochter hat mir erklärt, wie man betet, und ich bin sehr beseelt mit meinen bunten Punkten auf der Stirn weitergeradelt. Der Obstverkäufer, dessen bester Freund jetzt in Hamburg Taxi fährt (Mercedes!), der mir sein verrücktes Baumhaus gezeigt hat (und mich seiner alten Mutter), Moped-Miniaturen aus Alltagskrimskrams bastelt und Musikinstrumente aus Kuchenformen. Der Tempelvorsteher, der mir Orangen schenkt, die eigentlich den Göttern geopfert wurden, und unbedingt ein Foto mit meinem Fahrrad möchte. Der alte, obdachlos aussehende Mann einen Tempel weiter, der mit mir kommt, um mich zur Statue von Quan Yin zu bringen, die Frauen wie mich beschütze. Der fließend Englisch spricht, leider schwer verständlich, und über den Willen der Götter und den zweiten Weltkrieg philosophiert und im Gegensatz zu mir weiss, dass Hitler wohl was mit seiner Nichte hatte.

    Ansonsten genieße ich vom Hostelbett aus den Ausblick auf die umliegenden Dächer und kann ganz indiskret den Tauben beim Vögeln zuschauen. Darf man das hier schreiben? Ist jedenfalls schön zu beobachten, das schier endlose Geturtel und Geschnäbel und sich gegenseitig das Gefieder putzen... der Akt selbst dann eine Sache von Millisekunden, und danach stecken sich beide erstmal ne Zigarette an... Immerhin sieht man hier mal, dass das aufgeplusterte Rumgebalze auf den Kirchhöfen und Plätzen doch ab und an zum Erfolg führt.

    Und ich habe mich endlich getraut und Durian probiert, die stinkende Königin der Früchte. In Hostels gibt es manchmal Verbotsschilder, die Dinger reinzuschleppen. Je nachdem, wie viele Paar Turnschuhe so in der Lobby stehen, würde es zwar keinen großen Unterschied machen... Jedenfalls beschreibt übersüßer Käsekuchen mit Vanille und Zwiebel den Geschmack ganz zutreffend, finde ich. Meine neue Lieblingsfrucht bleibt dann doch die Guave.

    Soweit die Lage in Ipoh.
    Read more