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  • Day 1

    Aufbruchsstimmung

    June 23, 2019 in Germany ⋅ ⛅ 19 °C

    Sonntag, 8 Uhr morgens. Ich liege im Bett und bin wach! An einem Sonntag. Um diese Zeit. Die Vorfreude lässt mich nicht mehr schlafen, gleich geht es los. Heute jumpe ich mit beiden Beinen gleichzeitig aus dem Bett. Mit dem falschen Fuß aufzustehen ist heute unmöglich. Es geht in den Urlaub. In die Berge! Wir fahren wirklich los. In meinem Bauch tanzt eine Horde Schmetterlinge und scheucht mich ins Bad. Ich nehme eine kurze Dusche, trockne mich im Eiltempo ab. Alles ist gepackt. Noch einmal schnell das Duschgel benutzen, noch einmal die Zahncreme und dann zurück in die Tasche, in der es bereits die Nacht verbracht hat. Ich schließe den Waschbeutel und lege ihn in den Koffer. Habe ich an alles gedacht? Fön? Haarbürste? Pflaster? Es ist alles da und alles klappt wie am Schnürchen. Ich steige in die Jeans, die bereits seit gestern bereit liegt, schlüpfe in das neue Shirt. Endlich Sommer, endlich T-Shirt Wetter. Für heute wurden 32°C vorhergesagt. Unterm Auto, nicht im Auto! Ich freu mich trotzdem. Noch ein kurzer Griff zum Make-up. Dann darf auch das in meinem Beautycase verschwinden. Ich bin bereit, der neue Coffee-to-go Becher wird befüllt, Stefan schleppt die Koffer ins Auto. 8:42 Uhr. Wir sind perfekt in der Zeit. Unser Getränke-Korb folgt, Fenster checken, Müll runtertragen, Wasser abstellen. Und dann sitzen wir im Auto! Ich glaube es nicht. Es geht los. Stefan programmiert das Navi, ich nippe vergnügt an meinem Kaffee und während im Radio Nico Santos läuft, fragen wir uns, ob es mehrere Stefansdorf in Südtirol gibt. Ich greife nach meinem Handy und google,
    Stefan fährt los. Wir rollen vom Parkplatz. Meine Schmetterlinge tanzen einen Schuhplattler und ich bekomme vor Freude fast einen Schluckauf. Mein Handy meldet, dass es nur ein Stefansdorf gibt. Die Route ist also richtig. Ich lehne mich zurück. Stefan setzt den Blinker und biegt ab. Wir verlassen unsere Straße. Kurz sind wir versucht albern zu winken, und Tschüß zu sagen, da passiert es: Etwas klirrt. Ein kleines, leises Geräusch, das Brechen von Glas, das ich zunächst nicht mit uns in Verbindung bringe. Stefan hält an. Sein Gesicht ist erschrocken, ich verstehe nichts.
    Wir sind ganz alleine auf der Straße. Wir haben niemand berührt. Es ist keiner in der Nähe. Er biegt in die nächste Parkbucht ein. "Das war unser Spiegel!", sagt er tonlos und zeigt auf die Halterung, die nun grau und leer vom Wagen absteht.
    "Und?", denke ich. Nippe an meinem Kaffee und verstehe noch immer nicht, was das heißt. Ein LKW fährt vorbei. Wieder das Klirren von Glas auf dem Asphalt. Er hat die Scherben überfahren.
    "Jetzt ist er endgültig hin!", sagt Stefan. Noch immer wollen die Gedanken im meinem Kopf keine Gestalt annehmen. Warum fährt er nicht weiter?
    Endlich setzt er den Blinker, fährt hinaus und gleich in die nächste Parkbucht hinein. "Das geht so nicht. Das bringt nix!"
    Und dann wird mir die ganze Tragweite bewusst. Rund 450 km bis nach Südtirol. Davon das Meiste auf der Autobahn. Knapp 5 Stunden Fahrt liegen vor uns. Ohne linken Außenspiegel, nicht zu bewältigen. Heute ist Sonntag. Und selbst wenn wir heil ankommen, leichter wird es in Italien nicht, einen Spiegel für unser Auto zu bekommen.
    Ich bin zwischen Schock und Unglauben. Und dann setzt mein Mann erneut den Blinker, und fährt wieder heim.
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