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  • Day 40

    Tel Aviv

    December 1, 2016 in Israel ⋅ ⛅ 14 °C

    In Tel Aviv gelandet heißt es eine Stunde in der Ausweis-Kontrolle anstehen – kein Wunder dauert es so lange, so genau wie man unter die Lupe genommen wird. Ein alleinreisendes europäisches Mädel ohne Rückflugticket, das dummerweise auch noch angibt, einen israelischen Freund zu besuchen – sehr verdächtig. Es gab wohl in der Vergangenheit Fälle, in denen unschuldig wirkende Frauen wie ich für israelische Bekanntschaften Bomben ins Land schmuggeln. Anzugeben im Hostel zu schlafen, wäre wohl klüger gewesen :D. Passkontrolle geschafft, nächste Herausforderung: Geld abheben, ohne Geld auf der Kreditkarte zu haben. Ist ein sehr ungutes Gefühl, in einem fremden Land vom Geldautomat gesagt zu bekommen „No service for you“. Zum Glück funktioniert meine Girokarte. Nächste Herausforderung: den richtigen Zug und Bus finden. Die Hebräische Schrift und der strömende Regen machen es nicht gerade einfacher, die Hilfsbereitschaft der Israelis schon. Ein Mann in Bundeswehrausrüstung und Maschinengewehr ist so nett und hilft mir, den richtigen Zug zu finden und leistet mir beim Warten Gesellschaft.

    Junge Leute in Bundeswehrausrüstung sieht man überall, denn in Israel gibt es Wehrpflicht für Männer (3 Jahre) und für Frauen (ca. 2 Jahre), was dazu führt, dass die Studenten in Israel meist etwas älter und reifer sind und bereits ein jede Menge Lebenserfahrung vorweisen können. Vom Dienst beim Militär wird überwiegend ziemlich positiv berichtet, was mich etwas wundert.

    Angekommen in meiner Unterkunft – einer Studenten-WG mit drei Israelis – erwartet mich eine sehr herzliche Begrüßung, eine Dusche, ein Bett für ein kurzes Schläfchen und etwas zu Essen im Kühlschrank. Meinen Host habe ich auf dem ersten Stopp meiner Reise in Sofia bei einer Pub-Tour kennengelernt. Abends findet in meiner WG eine Party statt, für die wir im strömenden Gewitterregen einkaufen gehen – das ist dann ungefähr die 3. Dusche für heute. Die Party ist sehr gechillt, trotz der mindestens 60 Leute. Ich lerne meine ersten Worte Hebräisch und jede Menge nette Leute kennen.

    Am nächsten Tag geht’s mit Ita zum Sarona Market, einem food market, in dem man jede Menge Essen probieren! und kaufen kann. Anschließend noch eine Runde durch die Stadt und zum Strand. Abends tanzen wir uns durch die junge und hippe Bar Szene Tel Avivs. Ausgehen an einem Freitagabend (Sabbat) heißt aber auch, dass sich das heimkommen etwas schwierig gestaltet. Von Freitag ab Sonnenuntergang bis Samstag bis Sonnenuntergag ist die Stadt wie stillgelegt – zumindest was die öffentlichen Verkehrsmittel angeht. Wir warten etwa 40 min auf einen Taxibus, der eigentlich auch am Sabbat fahren sollte und nehmen dann doch ein Taxi.

    Am Morgen bzw. Mittag kocht Ita Shakshuka – ein typisch israelisches Frühstück (pochierte Eier in Tomatensauce). Abends gehen wir in den südlich gelegenen antiken Stadtteil Jaffa. Der Gegensatz zwischen alt und neu mit Blick auf die nächtliche Skyline von Tel Aviv ist beeindruckend und das Essen ist der Hammer! Ich traue meinen Augen nicht, als wir zusätzlich zu dem Hauptgericht einen Mix aus 14 Salaten und Dips (zu 3.) auf den Tisch gestellt bekommen.

    Die nächsten Tage erkunde ich die Stadt überwiegend auf eigene Faust. Ich klappere die Strände und Hafengegend ab, den Carmel Market (Essen, was sonst), Dizengoff Center, den Stadtteil Jaffa bei Tageslicht und einen Art Market mit Ita und komme auch wieder mit vielen lieben Menschen ins Gespräch. Außerdem finde ich endlich mal wieder genügend Zeit und Ruhe zum Arbeiten.

    Um noch eine andere Perspektive von der Stadt zu bekommen UND für den Sabbat im Stadtzentrum zu sein, um mich etwas unabhängiger von den nicht verkehrenden Bussen fortbewegen zu können gehe ich noch für zwei Nächste ins berühmt berüchtigte Abraham Hostel – das wohl größte Hostel, in dem ich jemals war.

    Fest entschlossen, endlich mal wieder zu Salsa tanzen, reise ich mich von der 80er Party im Hostel und von jeglichen Einladungen zu Bars und Clubs los. Mithilfe von etwa 3-4 Leuten an der Rezeption mache ich eine vermeintliche Salsa-Party ausfindig (die Salsa-Szene von Tel Aviv sollte dringend einen Workshop in „Wie stelle ich aktuelle Veranstaltungen online und auf Englisch bereit“ besuchen). Die Party war nicht wirklich, was ich mir erhofft hatte – relativ junges betrunkenes Publikum, Reggaeton Musik anstatt Salsa – und den Reaktionen nach, ist es wohl auch äußerst ungewöhnlich, alleine auf so einer Party aufzukreuzen :D. Als ich schon gar nicht mehr damit gerechnet habe, erfahre ich von einer wirklichen Salsa Veranstaltung im Havana Club um die Ecke. Nichts wie hin! Glücklicherweise kann ich den Eintritt von den eigentlichen 50 NIS (ca. 12 € ) auf kostenlos herunterhandeln „Just because I’m so sweet“ :D und endlich mal wieder Salsa tanzen. Nach Ende der Veranstaltung stellt sich heraus, dass der Mann am Einlass der Besitzer des Ladens ist und er scheint mir anzusehen, dass ich mal wieder keine Ahnung habe, wie ich heimkommen soll – außer zu 45 min. zu Fuß. Er sorgt dafür, dass ich sicher nach Hause kommen, indem er einen seiner Mitarbeiter beauftragt, mich auf seinem E-Bike zum Hostel zu fahren. Auf den Hauptstraßen Tel Avivs, entlang von Skyscrapern, Palmen usw. – was ein Erlebnis!

    Am nächsten Abend kochen und essen wir gemeinsam im Hostel ein riesiges Sabbat Dinner für ca. 80 Leute.

    Herausforderungen: Diese unglaubliche Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft anzunehmen, ohne schlechtes Gewissen oder Verpflichtungsgefühl; Fortbewegung und Planung am Sabbat bzw. um den Sabbat herum; aufhören zu Essen (viele Restaurants bieten Refill an, aber auch unabhängig davon bleibt meistens sooo viel übrig und mein Host bietet mir gefühlt alle 2 Minuten etwas zu Essen an).

    Erkenntnisse: Diese Gastfreundschaft zu erleben, hat mich unglaublich dazu motiviert, selbst Leute zu hosten, ganz nach dem Motto „My home is you home“, und nach wie vor offen und neugierig auf Menschen und neue Kulturen zuzugehen.

    Fazit: Was eine wahnsinns Stadt! Hipp, jung, tausend coole Cafés, Bars, Restaurants, Märkte und super Strände fast im Stadtzentrum. Super Wetter. Tolle Menschen mit super Englisch. Muss ein Traum sein, hier zu leben – nur sehr teuer.

    Host: Itamar (Israel)
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