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  • Day 2

    Zu Fuß durch Istanbul

    November 3, 2015 in Turkey ⋅ ⛅ 15 °C

    Der erste Morgen in Beyoglu. Mein Gastgeber Savas war schon auf dem Weg zur Arbeit, er ist Grundschullehrer. (S)eine Freundin schläft noch nebenan und so schleiche ich mich leise aus der Wohnung. Erster Stop: Koffein Tanksäule einer bekannten Pappbecher Ausgabefiliale. Mit Kaffee bewaffnet schlenderte ich durch die Straßen von Beyoglu. Und diese wurden ganz schön rausgeputzt. Alle schrubbten und putzten ihre Läden auf der Istiklal Cd. Mein Weg führte mich bis zur historischen Standseilbahn Tünel, die mich vom Hügel rund 600 Meter runter nach Karaköy brachte. Eine Minute fahrt, aber so spart man sich den steilen Weg zu Fuß nach unten. Von dort aus war mein erstes Ziel der Gülhane-Park. Auf dem Weg dahin überquerte ich die Galata Brücke, auf der schon zahlreiche Angler ihre Ruten ausgeworfen hatten. Es roch nach Fisch, oder besser gesagt, es stank. Im Setüstü Cay Bahcesi genoß ich eine geschlagene Stunde das Kännchen türkischen Tee bei einem herrlichen Ausblick auf die asiatische Seite Istanbuls und ließ mir die Morgensonne ins Gesicht scheinen. Ein toller Ort der direkt im Park hinter dem Topkapi Palast und dem historischen Museum liegt.

    Im Osten des Stadtteils Eminönü, genauer gesagt im Viertel Sultanahmet reiht sich eine Touristenattraktion nach der anderen. Mein nächster Stop ist eines der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, die Haga Sophia. Der Eintritt in die ehemalige byzantinische Kirche und spätere Moschee kostet 30 Türkische Lira (TL), also rund zehn Euro. Das Wahrzeichen Istanbuls wurde im 6. Jahrhundert erbaut und vereint sowohl griechisch-römische als auch orientalische Elemente. Es ist schon imposant unter der Kuppel mit 32 Metern Durchmesser zu stehen und rund 55 Meter in die Höhe schauen zu können. Hoffentlich bleibt das so, denn die Gefahr ist groß, dass die Kuppel bei einem Erdbeben Schäden nimmt. Aber Experten der Regierung und UNESCO arbeiten wohl an dem Problem. Vielleicht ist das der Grund für die Baugerüste unter der Kuppel.

    Am Sultanahmet Park fotografierte ich erstaunt eine BMW GS 800 F mit koreanischen Kennzeichen. Der ist doch nicht… doch ist er. Im Gespräch mit Fahrer erzählte er mir, dass er bereits 10300 Kilometer quer durch Russland nach Istanbul gefahren ist. Im Anschluss an seinen Besuch in Istanbul geht’s weiter durch den Rest Europas. Ein Ende seiner Reise, so sagte er, ist noch nicht in Sicht. Nach etwas Smalltalk verabschiedeten wir uns und ich ging ein paar Schritte weiter in die Sultan Ahmed Moschee.

    Die Moschee wird auf Grund ihrer Anzahl an blau-weißen Fliesen an den Mauern auch Blaue Moschee genannt. Sie ist heute die Hauptmoschee Istanbuls. Der Eintritt für Touristen ist frei, allerdings ist es natürlich Pflicht sich vor Eintritt die Schuhe auzuziehen. Während der Gebetszeiten ist es allerdings nur Gläubigen gestattet sich in der Moschee aufzuhalten. Da um 12 Uhr Gebetszeiten ist, versammelten sich im Innenraum der Moschee bereits viele Gläubige, viele kniend mit Kameraauslöser Richtung Kibla (Gebetsrichtung Mekka) um selfies von sich knipsen.

    Nach einer halben Stunde in der Moschee ging ich weiter zu Yerebatan Sarayi (Basilica Cistern). Der Eintritt in den versunkenen Palast kostet 20 TL. Die 136 Meter lange und 65 Meter breite Zisterne wurde zwischen 532 und 542 nach Christus als Wasserspeicher für den angrenzenden Palast angelegt. 336 acht Meter hohe Säulen tragen das Gewölbe, in dem rund 80.000 Kubikmeter Wasser gespeichert werden konnten. Mit ihren Lichtspielen nett anzusehen, aber nicht so spektakulär wie ich es gedacht habe. Nach 20 Minuten ist diese Sehenswürdigkeit durchlaufen, abfotografiert und abgehakt.

    In einer Nebenstraße versorgte ich mich erst einmal mit einem Dürüm Döner und machte mich auf dem Weg Richtung Grand Bazaar. Der Ruf des Muezzins ertönte von der Beyazit Moschee und begleitete mich durch die Straßen. Am oberen Ende des Basars angekommen hat mir ein Blick in die engen Gassen für heute gereicht. Zu voll, zu laut, zu hektisch. Natürlich will ich mir diesen nicht entgehen lassen, aber zu einem späteren Zeitpunkt.

    Mich zieht es deshalb weiter zu Süleymaniye Moschee, die ich auf Grund der Gebetszeit, leider nur von außen besichtigen konnte. Errichtet wurde diese eindrucksvolle Moschee in nur sieben Jahren, von 1550 bis 1557. Der gesamte Gebäudekomplex (Külliye) misst 216 x 144 Meter, innerhalb befindet sich die Moschee und der Hof den ich besichtigen konnte. Eine tolle Architektur. Meine Runde in Sultanahmet endete und am frühen Nachmittag startete ich vom Anleger Eminönü auf eine zweistündige Bootstour, vorbei an den Stadtteilen, Beyoglu und Besiktas. Für schlappe zwölf TL schipperte ich also den Bosporus aufwärts und ließ mir die Sonne auf den Pelz brennen. Nach dem man die Fatih Sultan Mehmet Brücke hinter sich gelassen hat, kann man vom Boot aus imposante Villen in Hügeln entdecken. Hier scheint sich die High-Society niedergelassen zu haben. Die letzten Meter auf unserer Bootstour begleiteten uns sogar eine handvoll Delfine. Rund 50 sollen in der Meerenge zwischen Marmara Meer und Schwarzen Meer leben, entsprechend laut war das entzückte Kreischen der Damenwelt, als die Rückenflossen neben dem Boot auftauchten. Auf Grund des hohen Schiffaufkommens ist es allerdings fraglich, wie lange sich noch Delfine in der Meerenge aufhalten. Die Tour hat sich gelohnt, vor allem bei dem guten Wetter. Auf dem Schiff könnt ihr euch günstig mit kleinen Snacks und Getränken eindecken. Übrigens, egal wie kurz die Überfahrt auch ist, einen Tee für einen TL oder einen Orangensaft, bekommt ihr oben an Deck immer angeboten.

    Zurück am Hafen ging es zu Fuß zurück nach Beyoglu, durch kleine lebendige Gassen, in denen sich an jeder Ecke jung und alt trifft, um Wasserpfeife zu rauchen oder um türkischen Tee zu trinken. Ich kehrte im Kardesler Restaurant ein, bestellte einen Iskender Kebap und schlug mir den Bauch voll. Im Anschluss ging es über zurück in Savas Wohnung, der schon fleißig die Bude aufräumte und die „Bierflaschen“-Spuren der letzten Nacht entfernte. Denn ein neuer Gast aus Korea hatte sich angekündigt. Sie war zuvor in einem Hostel im Stadtteil Sultanahmet und ihr hatte es gar nicht gefallen. Treffpunkt mit ihr war, wie sollte es anders sein, die Stammkneipe von Savas, die Bodega Bar. Statt um 19 Uhr schlenderte die junge Dame um 21 Uhr in die Bar, total verschüchtert und sprach schlecht englisch, und das obwohl sie angeblich in London studiert. Savas zeigte ihr schnell seine Wohnung und ich wunderte mich, in welchem Raum der Zweizimmerwohnung sie wohl schläft. Wie sich später herausstellte, nicht in meinem Zimmer. Ob sie allerdings von der Single-Männerbude mit der spärlichen Ausstattung und einem männlichen Zimmernachbarn begeistert war, ich glaube nicht.

    Nachdem Savas wieder in der Bar zurück war, kamen wir schnell ins Gespräch mit drei jungen Chinesen, die auf einem 16-tägigen Roadtrip durch die Türkei sind. Ihr Reise wurde durch eine Agentur organisiert, die sie nach Interessen und alter zusammengewürfelt hat. Sie hatten sich zum Antritt der Reise also erstmals kennengelernt, aber sie schienen sich ganz gut zu verstehen. Wir tauschten Nummern, quatschten zwei Stunden und die obligatorische Einladung nach China und Deutschland stand im Raum.

    Der Abend war noch jung und in den Clubs rund um den Taksim Platz wurde es ab 22 Uhr voll. Wir verließen die Bar und Savas zeigte mir den Club Arsen Lupen, in dem jeden Abend Live Musik oder Jam Sessions stattfinden. An diesem Abend spielte die Band Yolda (www.yoldamuzik.com) aus Istanbul. Mit dem Aufzug gelangt man direkt in die vierte Etage, wird von den Angestellten kurz gemustert und kann sich dann ins Getümmel stürzen. Savas ging um eins, denn er musste am morgen wieder vor Achtjährigen stehen und sie unterrichten. Wann ich gegangen bin? Fragt mich was leichteres.
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