Satellite
  • Day 16

    Besançon Tag 2

    September 22, 2020 in France ⋅ ⛅ 20 °C

    Der heutige Tag stellt eine kleine Besonderheit dar. Anstatt wie immer früh morgens aufzustehen und zum nächsten Ziel entlang der via francigena zu wandern, mache ich heute eine Pause. Eine Pause vom Frühaufstehen, eine Pause vom stundenlangen Laufen, eine Pause für meine Füße, Beine und Schultern und eine Pause für meinen Geist. Als ich heute morgen um 8 Uhr von meinem Wecker geweckt werde, besteht kein Grund zur Eile, ich kann einfach im Bett liegen bleiben und die Sonne genießen, die durchs Fenster strahlt.

    Aus dem Zimmer muss ich irgendwann trotzdem, denn ich muss noch nachfragen, ob ich noch eine Nacht bleiben kann (Ja, kann ich.) und das Frühstück hat auch nicht ewig offen. Letzteres nehme ich in einem Saal zeitgleich mit 4 älteren (also, wirklich älteren, älteren) Herren zu mir und es ist so still, dass ich mich kaum traue, richtig zu kauen. Als ich aufstehe, um zu gehen, fragt mich einer der Herren, wie es mir geht und was ich hier mache. Freundlich antworte ich ihm auf französisch, er versteht offensichtlich kein Wort, lächelt und nickt bloß. Ich bedanke mich für die Nachfrage und wünsche den Herren einen schönen Tag. Das verstehen sie wieder und wünschen mir im Kanon einen schönen Tag zurück.

    Nach dem Frühstück mache ich auf eigene Faust eine kleine Sightseeing-Tour und laufe dazu hoch Richtung Zitadelle. Die Altstadt von Besançon ist wirklich wunderschön und nachdem ich durch die "Porte Noire" schreite (Bild 2) bin ich im oberen Teil der Altstadt angekommen, die praktisch nur aus Denkmälern und wichtigen Gebäuden besteht. So zum Beispiel die Cathédrale Saint-Jean (Bild 3), die sehr groß und anmutig ist, weshalb es mich wundert, wieso ich der einzige Mensch darin bin, abgesehen von einer Reinigungskraft, die den Altar säubert. Wirklich beeindruckend wird es aber erst, als ich bei der Zitadelle ankomme. Diese liegt ganz oben auf dem Berg und bietet eine überwältigende Aussicht über das gesamte Besançon-Tal. In den vorderen Bereich der Zitadelle kann man sogar ohne Eintritt zu zahlen und dieses Angebot reize ich natürlich vollständig aus. Außer der Aussicht (von welcher ich meine zwei Lieblingsbilder beifüge) ist das Highlight dort oben das Tierreservat.

    Zunächst bemerke ich es gar nicht, aber als ich am Graben zum innersten Teil der Burg stehe, fällt mir ein Schild wie im Zoo auf, auf welchem die Affengattung "Gelada" abgebildet ist. Verwirrt sehe ich mich um und bemerke, dass unten im Burggraben tatsächlich ein paar Affen sitzen. Bei weiterem Hinsehen entdecke ich noch mehr von ihnen und sogar 2 Steinböcke, die auf meiner Höhe auf der anderen Seite des Grabens stehen. Auf dem Weg runter, aus der Zitadelle heraus, fallen mir dann schließlich auch die Lamas und Emus auf, die, durch einen einfachen Zaun abgetrennt, ebenfalls auf dem Gelände der Zitadelle leben.

    Nach der Zitadelle laufe ich den Fluss entlang in Richtung eines Parks, im welchem sich laut Aussage Lias ein Sportbereich befinden soll, den ich sehr gerne besuchen würde. Ich werde fündig und mache ein kleines Workout bestehend aus Klimmzügen und Dips, während zwei andere junge Männer dort Calisthenics betreiben, als wären sie im Olympischen Turnerteam. Nach dem Workout gehe ich kurz einkaufen und duschen und treffe mich anschließend mit Lia zum Mittagessen. Während wir am Kanal unsere Sandwiches essen, erzählt sie mir von ihrem Leben hier in Frankreich und um 14 Uhr begleite ich sie zu ihrem Vorlesungsgebäude, das praktischer Weise direkt neben dem Diözesanhaus liegt. Dort packe ich kurz ein paar Sachen und begebe mich mit Handtuch, Buch und Kopfkissen ausgestattet zu einer Wiese am Fluss, auf die ich heute morgen schon ein Auge geworfen hatte. Spontan stößt später auch Lia dazu, wir quatschen über meine Reise, das Reisen generell und um 19 Uhr macht sie sich auf zum Sport und ich mich zu meiner Unterkunft. Hier tanke ich nochmal Energie, esse wieder Bulgursalat und bereite mich auf den Marsch morgen vor.
    Read more