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  • Day 21

    Schulbesuch in Patzún

    October 22, 2021 in Guatemala ⋅ ⛅ 16 °C

    Bescherung in Patzún. Heute durften wir einem ganz besonderen Ereignis beiwohnen: Zusammen mit unseren Lehrerinnen und Rigoberto, dem Direktor von Probigua, durften wir nach Patzún fahren, um der dortigen Primarschule 200 nigelnagelneue Schreibtische für die Kinder zu übergeben. Diese wurden vom Schweizer Verein Probigua gespendet, welcher die guatemaltekische Hilfsorganisation schon mehr als 25 Jahre lang unterstützt.

    Bevor wir losfuhren, mussten wir jedoch alle kräftig zupacken und die Tische auf dem Dach des alten Chickenbus festzurren sowie den zusätzlichen Camion beladen. Dani wurde zusammen mit Konrad und Leo, dem Busfahrer, dazu auserkoren, die Tische auf dem Busdach geschickt zu stappeln und mehr oder weniger fachmännisch festzubinden 🙈🙉🙊. Im Nachhinein betrachtet muss das wohl ein ziemliches Spektakel gewesen sein, zwei ungelenke Gringos auf einem Chickenbus beim tetrismässigenTische stappeln zu beobachten. Vor allem auch, da sich die beiden die ganze Zeit über nicht sicher waren, ob die unmittelbar über ihren Köpfen schwebenden Kabel das Quartier mit Strom versorgten⚡☠ . In der Zwischenzeit bildeten die anwesenden Probigua-Lehrerinnen mit Martina eine Menschenkette, um die Tische vom Lagerraum zur Strasse zu tragen 🔗. Da Martina die anwesenden Lehrerinnen um mindestens zwei Kopflängen überragte, musste sie schon nach kurzer Zeit Rigoberto helfen, die Tische auf das Busdach zu stemmen. Nach knapp 1.5 Stunden, einer Extrarunde Entladen und neu Stappeln, konnten wir in Chimaltenango losfahren und uns auf die kurvenreiche Fahrt nach Patzún machen.

    Die Fahrt war unterhaltsam und kurzweilig, was vor allem der guten Stimmung im Bus zu verdanken war 🥳. In Patzún angekommen, war erst mal unser Chaffeur Leo gefordert. Mit viel Geduld musste er den langen Bus durch die engen Gassen steuern und darauf achten, die nah an der Strasse aufgestellten Marktwaren nicht zu touchieren 🚍🏣. Offenbar wurden wir bereits sehnlichst erwartet. Nicht nur die Schuldirektion und die Lehrpersonen halfen beim Entladen mit, sondern auch einzelne Eltern und sogar Grosseltern. So ging das Ausladen recht flott voran und ruckzuck waren die Tische im Schulzimmer verstaut.

    Solche Materialspenden werden in Guatemala gebührend verdankt und gefeiert - inklusive Ansprachen von Gemeindevertretern, Politikern, Nationalhymne und Gebeten. Für uns war das alles sehr ungewohnt. Alles läuft nach einem offiziellen Protokoll ab, wird immer wieder musikalisch umrahmt und ob der vielen Rednerinnen und Redner war uns dann irgendwann nicht mehr ganz klar, wer nun in welcher Funktion zu den anwesenden Gästen sprach. Auf jeden Fall war es aber spannend und sehr emotional, dies alles miterleben zu dürfen und auch zu sehen, wieviel Herzblut im Projekt Probigua steckt und wie dankbar die Menschen für solche Spenden sind 🙏😍.

    Leider waren während unserem Besuch kaum Kinder vor Ort, da aufgrund der Pandemie auch die guatemaltekische Regierung strenge Vorschriften erlassen hat. Seit mehr als 1.5 Jahren sind landesweit sämtliche Schulen geschlossen und die Kinder werden seither mehr schlecht als recht online unterrichtet. Obschon sich die Lehrpersonen die grösste Mühe geben, ist es schwierig via WhatsApp und gedruckten Arbeitspaketen (z.T. für einen ganzen Monat), einen adäquaten Unterricht zu gewährleisten. Die Schulschliessungen sind vor allem in den ländlichen Gebieten ein sehr grosses Problem. Der Zugang zu Internet ist nicht überall vorhanden und in den Familien gibt es oftmals nur ein einziges Mobiltelefon. Zudem können sich die wenigsten einen Laptop oder ein Tablet leisten. Wie Martina von ihrer Lehrerin erfahren hat, plant die Regierung offenbar für Mitte Januar die Öffnung der Schulen. Ob dann alle Kinder wieder in die Schule dürfen oder es hier für bestimmte Altersgruppen oder Regionen unterschiedliche Vorschriften gibt, ist unklar. Tagtäglich erleben wir in Gesprächen mit unseren Lehrerinnen, der Gastfamilie sowie weiteren Personen, wie schwierig die aktuelle Situation für die Eltern und Kinder ist. Die drohende Perspektivlosigkeit, der Bildungsrückstand und die ohnehin schon grosse Armut in den abgelegenen Regionen stimmt uns sehr nachdenklich und macht uns traurig.
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