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  • Day 34

    Hutongs oder das Gewirr von Menschen

    November 2, 2017 in China ⋅ ☀️ 10 °C

    Guten Morgen!! Neuer Tag und kein Programm. Nach 15 Tagen mit festen Ablaufplan und netten Begleitern waren wir wieder auf uns gestellt, was sich erstmal komisch anfühlt, da wir uns sehr an die Gruppe Backpacker gewöhnt hatten. Da wir beide ein wenig angeschlagen sind, wollten wir es heute mal ruhig angehen lassen. Außerdem gehen uns langsam die Klamotten aus. Der Tag startete daher ganz profan mit Wäsche sortieren. Nachdem wir dann einen Sack mit ca. 10 Kg Wäsche gepackt hatten und ihn an der Rezeption abgegeben haben, ging es auch erstmal wieder ins Bett. Steffi ging jedoch noch kurz spazieren und schaute sich die Gegend an. Das neue Hostel liegt ziemlich zentral ca. 10 Minuten vom Platz des Himmlischen Friedens in einem der Hutongs Pekings. Dabei handelt es sich um alte Wohnviertel, die beinahe wie Dörfer anmuten. Die Häuser enthalten daher nur ein Geschoss und man findet überall - legal und illegal verlegte Stromleitungen - die wie Unkraut über das ganze Viertel wuchern. Auch sind in den Hutongs unzählige öffentliche Toiletten zu finden, da die Häuser nur selten ein eigenes Bad besitzen. Allgemein gehören zwei Sachen zu den wichtigen öffentlich kostenlos zur Verfügung gestellten Dingen in China: Kochendes Wasser (insbesondere für Instant Nudeln) und öffentliche Toiletten. Die Atmosphäre im Hutong wirkt dabei sehr ursprünglich und rustikal, was wir echt cool finden (die Synthetik anderer Stadtteile interessiert uns eher weniger). Dabei erfuhren wir jedoch, dass die Hutongs nach und nach verschwinden, sodass auch diese in einigen Jahren nicht mehr existieren werden. Neben den kleinen Häusern finden sich die bekannten Fahrräder und Mofas, aber auch hochpreisige Autos deutscher Marken. Nach dem kurzen Gang durch das Hutong hieß es dann auch für Steffi wieder schlafen. Die Zeit nutzten wir auch um unseren Japan-Trip weiter zu planen und die Tipps unserer Mitreisenden zu ergänzen (einer lebte bereits 12 Jahre in Japan und eine war vor China dort). Gegen Mittag gingen wir noch einmal gemeinsam durch das Hutongs und aßen dort in einem - nach deutschen Massstäben - wohl nicht besonders einladenden Nudelhaus mit dem vielversprechenden Namen „Best Noodles of China“. In der Auslage fanden sich Schweinefüsse und Kleingehackte andere Tierteile und in einem Restaurant unweit davon wurden sämtliche Innereien von Tieren verkocht. Wir bestellten uns einfache Nudelsuppen mit Ei und Tomaten sowie mit Brühe, die außergewöhnlich gut waren (die Nudeln waren wirklich top). Das Wetter war wieder ausgezeichnet, wobei jedoch langsam auch der Smog sichtbar wurde. Dabei gehen wir davon aus, dass auch die ungesunde Luft, die regelmäßig für einen trockenen Hals sorgt, unserer Gesundheit nicht wirklich gut tut. Den Nachmittag überbrückten wir dann wieder mit einem Schläfchen, um am Abend noch einmal die unmittelbare Gegend zu erkunden. Denn unweit von unserem Hostel ist zu den olympischen Spielen 2008 ein Viertel entstanden, welches das „ursprüngliche“ Peking repräsentieren sollte (Tianman Street). Die Architektur erinnerte an Filme, die im Shanghai der 20er Jahre spielten, sodass man einen ungefähren Eindruck von der Zeit vor Revolution und Wachstum erlangen konnte. Insgesamt war das Viertel zwar schick anzusehen, war aber insgesamt außerordentlich künstlich (was aber ok ist). Witzig war allerdings, dass man auch eine Strassenbahnlinie verlegte (mit historischen Fahrzeugen), die aber nur in eine Richtung fahren kann und damit sozusagen nur als reine Touristenattraktion dient. Die Strecke selbst ist ggf. 500 Meter lang. Aber gerade die chinesischen Touristen stehen auf sowas total. Von hier ging es dann weiter zum Temple of Heaven, den wir uns aber nur vom Fernen ansahen, da es bereits spät war und wir ehrlicherweise in den letzten knapp 3 Wochen genug Tempel sahen. Am späten Abend war dann unsere Wäsche auch schon fertig. Den Tag beendeten wir dann anschließend mit einem Film in unserem Doppelzimmer und einem Fazit zur China. Am meisten beeindruckte uns dabei, dass es überall viel zu viel Essen gibt und hier ein Land von 1,3 Milliarden Menschen ernährt werden muss. Irgendwie hatten wir uns zudem alles mit viel mehr Menschen vorgestellt, aber von Platzangst waren wir noch weit entfernt. Die Entwicklung in diesem Land geht mit einem Tempo vonstatten, dass man sich im durchregulierten Europa nicht vorstellen kann. Das China heute ist nicht mit dem China vor zehn Jahren zu vergleichen und wird auch nicht vergleichbar mit dem China in zehn Jahren sein. Man kann auf die weitere Entwicklung gespannt sein, auch da - nach unseren Erfahrungen - hier eine Annäherung an den westlichen Lebensstil erfolgt (gerade bei den jungen Leuten) und sich erst langsam wieder auf alte Traditionen und die eigene Geschichte erinnert zu werden scheint. Ebenfalls scheint es so, als wenn man nicht mehr länger nur kopieren möchte, sondern bei vielen Entwicklungen ganz vorne dabei sein möchte (die Dichte an Elektro-Autos und Elektro-Mofas war schon sehr auffällig).Read more