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  • Day 90

    Muir Trail Ranch, California (Mile 657)

    July 13, 2018 in the United States ⋅ ⛅ 16 °C

    Meinen Resupply-Tag in Bishop (Nachkauf von Lebensmitteln) nenne ich mal effizient. Bereits am Vorabend auf dem Trail habe ich eine Mitahrgelegenheit am frühen Morgen zur Hauptstraße (15 Meilen aus den Bergen hinaus) organisiert. Paulus und Ryan aus Los Angeles hatten ihre Zelte in meiner Nähe aufgeschlagen und mussten am nächsten Tag nach Hause fahren.

    Um 06:30 Uhr sind wir zum Parkplatz hinab gewandert und 8:30 Uhr wurde ich an der Hauptstraße in der Ortschaft Independence (besteht letztlich aus einer Tankstelle und einem Hostel) verabschiedet. Danach bin ich weitere 40 Meilen zur nächsten Stadt nach Bishop getrampt. Um 10:30 Uhr angekommen wurden die Annehmlichkeiten der Zivilisation gleich ausgenutzt. Frühstück bei Carl's und Kaffee bei Starbucks. Danach im Supermarkt die gesamten Lebensmittel für die kommenden 6 Tage eingekauft und verpackt.

    Die Wäsche im Waschsalon zu waschen ist immer ein wenig peinlich. Da ich keine Wechselkleidung im Gepäck mitführe, binde ich mir während des Wasch- und Trockenvorganges meine Zeltunterlage als "Rock". Obenrum die Regenjacke angezogen und der Rest fliegt in die Waschmaschine. Eine Stunde später spaziere ich mit sauberer Kleidung aus dem Laden :)

    Im Outdoorstore neue Gaskartusche, Moskitospray, Wasserfilter und ein Ersatz für die abgebrochene Spitze meiner Trekkingstöcke besorgt und bei Tacco Bell zu Mittag gegessen. Gegen 17:00 Uhr stand ich dann wieder an der Hauptstraße, um zum Trail zurück zu trampen. Seth aus Albuquerque hat mich mit dem Wohnmobil aufgegabelt und darin saßen bereits zwei andere PCT-hiker. Er hat uns den ganzen Weg in die Berge zum Parkplatz zurück gefahren. Zum Schluss noch die 1,5 Stunden Anstieg zurück zum Campingplatz am See gewandert. Vor Einbruch der Dunkelheit habe ich mein Zelt an gleicher Stelle vom Vorabend aufgebaut.

    Am nächsten Tag ging es die 5 Meilen über den Kearsage Pass zurück auf den PacificCrestTrail. Der gesamte resupply-Vorgang hat mich vom Verlassen, bis zur Rückkehr auf den Trail, komplette zwei Tage gekostet. Die Logistik auf dem Trail ist immer eine Herausforderung. Man muss bereits im Vorfeld wissen, wo es "bezahlbare" Lebensmittel zu kaufen gibt. An welche Orte man evtl. ein Lebensmittelpaket schicken sollte und wo genau auf dem Trail, sich die richtigen "trail-exits" in die Ortschaften befinden.

    Am Kearsage-Pass kommen mir Chat & Corbin (Indiana) entgegen. Wir sind die letzten Tage teilweise zusammen gewandert und die Jungs sollten mir eigentlich einen Tag auf dem Trail voraus sein. Beide gehören zu den Hikern des "John Muir Trail" (JMT). Dieser beginnt am Mount Whitney und führt identisch mit dem PacificCrestTrail über 200 Meilen, bis zum Yosemite Valley. Die Wanderung dauert ca 20 Tage und durchquert drei Nationalparks der USA (Reiseempfehlung). Die JMT-Hiker sind aufgrund der Kürze des Trails bestens organisiert und haben sich Wassereimer voller Lebensmittel, alle 6 Tage, an bestimmte Trailpunkte gesendet. Corbin hat sich leider den Fuß verletzt und die Reise ist für beide beendet. Ich profitiere auch noch aus der traurigen Situation und bekomme das Abholticket für ihren Nachschubeimer in MuirTrailRanch geschenkt.

    Muir Trail Ranch ist ein wenig wie Weihnachten. Da die meistens JMT-hiker deutlich mehr Lebensmittel voraus senden, als benötigt, fliegen der Rest in die !!!18 Stück!!! Hikerboxen voll bester und teuerster Lebensmittel. Der Ort ist unter den PCT-hikern als bester Ressuply-Ort auf dem gesamten Trail bekannt. Nachschub für umsonst auf höchstem Niveau ... I love it :)

    An den letzten Wandertage haben wir täglich ein neues Tal in Richtung Norden durchquert. Jeden Tag geht es einen Pass die Berge hinauf und auf der anderen Seite in ein neues Tal hinab. Dann wird das komplette Tal durchwandert, bis am Ende ein neuer Pass ins nächste Tal wartet ... Der Weg geht entlang von Bächen, kleineren Wasserfällen und Stromschnellen, Wäldern, Wiesengelände und vielen wunderschönen Gebirgsseen. Am zweiten Tag liegt der Geruch von Waldbrand in der Luft. Später erfahren wir, dass es in der Mount Whitney Region gebrannt hatte und der Zugang zum Mt.Whitney für zwei Tage geschlossen war.

    Die Tiere in den Nationalparks zeigen keinerlei Scheu. Auf einmal stehen Rehe keine 10 Meter von mir am Trail. Auch die Murmeltiere lassen sich durch die Wanderer kaum stören. Die Eichhörnchen flitzen einem fast durch die Füße. Ich habe mein Fotohandy meistens im Rucksack und bis das Handy rausgeholt und hochgefahren ist, sind die Tiere meistens verschwunden. Die Bären haben sich bisher noch nicht gezeigt. Ich klopfe regelmäßig mit den Trekkingstöcken zusammen, um keinen Bären zu überraschen. Grundsätzlich haben die Bären kein Interesse an uns Menschen. Unser Essensproviant ist da schon interessanter und wir müssen Nachts alles im Bärkanister verstauen. Durch die Geräusche beim Wandern verschwinden die Bären (theoretisch) noch bevor es zur Begegnung kommt.

    Ab den Mittagsstunden bilden sich mittlerweile täglich Gewitter in den Bergen. Es donnert und grollt aus den Nachbartälern. Die letzten zwei Tage ist eine Regenfront über uns hinweg gezogen und wir sind ein paar Mal nass geworden. Am nächsten Tag kam gerade mal die Sonne raus und ich hatte sofort gestoppt, um die durchnässte Ausrüstung zu trocknen. Alles liegt verstreut auf der Wiese zum trocknen und schon zieht die nächste Regenfront heran und es fängt an zu tröpfeln. Ich konnte gerade noch alles in den Rucksack verstauen, bevor es wieder angefangen hat zu regnen. Wandern im Regen gehört nicht gerade zu meinen Highlights, aber ist wohl Teil des Trailerlebnis ;-)
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