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  • Day 112

    Donner Pass, California (Mile 953)

    August 4, 2018 in the United States ⋅ ☀️ 20 °C

    Ich habe beschlossen ein großes Stück (670 Meilen) auf dem PacificCrestTrail zu überspringen und bin auf dem Weg nach Sacramento.

    Am Tag meiner Abreise aus South Lake Tahoe habe ich eine Nachricht von Jean bekommen, dass die gesamte Crew vergangenen Mittwoch von Truckee (Donner Pass) nach Ashland/Oregon gesprungen ist. Von dort wollen sie den PCT weiter nach Norden folgen. Die Luft um Truckee wäre von Rauch erfüllt und es wird in Nordkalifornien und Süd-Oregon noch deutlich schlimmer. Durch die vielen Feuer in Nordkalifornien ist die gesamte Linie von Yosemite N.P./Kalifornien bis nördlich von Crater Lake N.P/ Oregon voller Smog und Rauch.

    Am Anfang dachte ich noch "... das ziehe ich durch". Aber die letzten zwei Tage war die Luft einfach nur "zum schneiden". Ich konnte die Berge auf der anderen Seite des Tales nicht mehr erkennen. Meine Ausrüstung riecht mittlerweile komplett nach Rauch und auf dem Zeltdach haben sich heute Morgen kleine Aschepartikel abgesetzt. Ich wollte auf dem PCT eigentlich mit dem Rauchen aufhören, aber bis Oregon würde ich praktisch zum Kettenraucher werden. Seit Tagen habe ich Halsschmerzen und lutsche dauerhaft Bonbons.

    Wir hatten die letzten zwei Tage sehr stürmisches Wetter. Der Trail folgt über längere Strecken entlang von Gipfelkämmen. Man musste seinen Körper voll in den Wind stellen und dagegen halten, damit es einen nicht hinunter bläst. Die Feuer sind derzeit noch weit entfernt. Aber bei dem Starkwind werden die Feuerherde mit Eiltempo nach vorne gedrückt. Die Windrichtung entscheidet wohin die Flammen wandern. Ich habe einfach Angst, dass ich irgendwann, Tage von der Zivilisation entfernt, mit Waldbränden konfrontiert werde. Auf diese Situation wäre ich nicht vorbereitet und ein Horrorszenario für mich.

    Es sind nur noch wenige PCT Hiker in meinem Abschnitt unterwegs und viele planen Teile zu überspringen oder den Trail ganz zu verlassen und zu Reisen (Alaska ist gerade schwer angesagt). Der Trail hat letztlich seine eigenen Gesetze. Da kann man planen soviel man möchte und am Ende kommt es doch ganz anders. Ich hatte mich vor allem auf Mount Shasta in Nordkalifornien gefreut, aber in diesem Jahr soll es wohl nicht sein ...
    Die geplanten Resupply-Pakete von South Lake Tahoe nach Nordkalifornien habe ich glücklicherweise nicht abgeschickt. Mehrere Hiker hatten mir davon abgeraten - Danke für die richtige Entscheidung :)

    Heute Mittag habe ich Michael auf dem PCT beim Wasserpunkt getroffen. Er ist Biologe, ein Outdoorverrückter und meistens in der Natur unterwegs. Michael ist den Appalachiantrail gewandert und hatte jahrelang als Ranger im Yosemite N.P. gearbeitet. Heute war er als Tageswanderer auf dem PCT unterwegs und hat angeboten, mich abends zurück nach Sacramento zu fahren. Alle Busse nach Ashland müssen ebenfalls Sacramento passieren. Ich habe die Greyhound-Verbindungen überprüft. Heute Abend geht nicht's mehr nach Norden und morgen früh eine Verbindung für USD 111,- ... superteuer. Habe für Montag den Bustransfer nach Ashland für USD 82,- gebucht und schaue mir für das gesparte Geld einen Tag die Hauptstadt Kaliforniens an.

    Heute Nacht darf ich im Gästezimmer bei Michael übernachten. Er wohnt in einem Haus nahe Sacramento und im Wohnzimmer sind Kajak und Mountainbike geparkt. Morgen früh fährt er mich zur regionalen Bahnstation und ich fahre ins Stadtzentrum und nehme mir ein Hostelzimmer. Am Montag fährt mich der Bus über 8 Stunden nach Ashland/ Oregon.

    Mit ein wenig Glück kann ich einen Tagesausflug in den Crater Lake N.P buchen und werde den PacificCrestTrail weiter nach Norden folgen.

    Der grobe Plan für die kommenden sechs Wochen:
    von Crater Lake N.P/ Oregon bis nach Snoqualmie Pass/ Washington sind es ca 570 Meilen. In Snoqualmie angekommen, wäre es lediglich eine Autostunde nach Seattle und der Flieger startet am 19.09.2018 in Richtung Hawaii.

    Sacramento: Hilfe, wo bin ich hier gelandet.
    Die Stadt ist eine einzige Ansammlung von Obdachlosen. Niemals auf den gesamten USA-Reisen habe ich mich so unsicher gefühlt wie hier. Michael wohnt seit 3 Jahren nur wenige Kilometer von Sacramento entfernt und war in all den Jahren nur 5x in Downtown. Ich verstehe jetzt auch warum. Heute ist ein Sonntag und Sacramento ist eine einzige Geisterstadt. Das Greyhound Busterminal liegt weit außerhalb und ich bin zum Busticket abholen zu Fuß gelaufen. Unterwegs habe ich jemanden (in Businesskleidung) gefragt, ob er mir mit dem Weg weiterhelfen kann. Die Reaktion, ohne nur eine Sekunde den Gang zu verlangsamen, "Nein, kann ich nicht". Ab sofort fahre ich nur noch Bus oder bleibe im Hostelnähe. Glücklicherweise haben die Bushaltestellen hier keinerlei Fahrpläne oder Richtungshinweise. Nichts wie raus hier ...

    Spätnachmittag: ich habe tatsächlich Leben in dieser Stadt gefunden. Die Riverfront Promenade, State Capitol Park und Old "Sac"ramento sind tatsächlich sehenswert. Vor dem Capitol hat abends sogar ein DJ aufgelegt. Downtown Sacramento fühlt sich sicher an und ich habe Vormittags anscheinend die schlimmsten Ecken der Stadt durchwandert.
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