PacificCrestTrail 2018

April - September 2018
Der PCT ist ein 4279km langer Fernwanderweg im Westen der USA. Der südliche Endpunkt liegt im Süden von Campo (Kalifornien) auf der Grenze zu Mexiko, und der nördliche Endpunkt auf der Grenze zu Kanada am Rande von Manning Park in British Columbia.
  • 35footprints
  • 3countries
  • 165days
  • 199photos
  • 0videos
  • 22.1kkilometers
  • 18.1kkilometers
  • Day 1

    Vorbereitung auf den PacificCrestTrail

    April 15, 2018 in Germany ⋅ ☀️ 19 °C

    Es ist endlich soweit und morgen beginnt meine Reise zum PacificCrestTrail.
    Die letzten Sachen sind gepackt und Edelweiss Air wird mich von Zürich nach San Diego/ Kalifornien bringen.

    Da ich nur sehr selten eine Internetverbindung auf dem Trail haben werde, können die Einträge einige Wochen auf sich warten lassen.

    Um zu schauen wo ich mich auf dem Trail gerade befinde, könnt Ihr mit nachfolgendem Link mein GPS-Signal und genaue Position abrufen:
    http://share.findmespot.com/shared/faces/viewsp…

    Liebe Grüße André :)

    "For those with eyes that see what's not seen. That explore what is beyond." Caleb Miller, "What's Not Seen"
    Read more

  • Day 10

    Julian, California (Mile 77)

    April 24, 2018 in the United States ⋅ ☀️ 20 °C

    Hallo Ihr Lieben, ich habe es nach Julian geschafft und sitze gerade bei Carmen im Restaurant. Carmen ist ein Trailangel (Menschen, die uns Hiker auf dem Weg nach Kanada unterstützen). Aber alles der Reihe nach ... Der Hinflug mit Edelweiss Airlines von Zürich war super. Die Maschine war nur zu 30% gebucht und ich konnte mich auf den 4 Sitzen in der Mitte zum schlafen quer legen und die Seite zum Fenster schauen aussuchen :) Die ersten Tage bin ich bei Frodo & Scout untergekommen. Ein Ehepaar in San Diego, die den PCT im Jahr 2007 gelaufen sind und seit 13 Jahren Hiker bei sich aufnehmen. Sie machen das alles für umsonst und möchten kein Geld dafür. Scout ist ein ehemaliger Anwalt im Ruhestand und war für mehrere Jahre Vorsitzender der PacificCrestTrailAssociation. Nach dem Abendessen gab es immer den Evening Talk mit den wichtigen Regeln für den Trail: "Leave no trace". Das benutze Toilettenpapier in den Ziplock und wieder bis zum nächsten Ort raustragen. Biete den Menschen für Mitfahrgelegenheiten Geld an, bedanke dich für Fahrt und entschuldige dich für den Hikergestank, den wir nach Tage ohne Dusche verbreiten. Fenster runter kurbeln könnte die Sache für die Fahrer erträglicher machen ... Wir repräsentieren für die nächsten Monate den PCT und Scout möchte, dass auch in 30 Jahren die kommenden Generation eine intakte Natur vorfinden wird. Die ersten zwei Tage in San Diego waren für Einkäufe vollgestopft. Bestelltes Zelt bei REI musste abgeholt werden. Ein neuer Rucksack war notwendig, Wasserfilter, langärmliches Wüstenhemd etc. Essen für die ersten Tage kaufen, Nachschubpakete auf den Trail voraus senden. Ich habe in den zwei Tagen leider nichts von der Stadt gesehen. Am 19.04. ging es dann endlich los. Ich war so aufgeregt, dass ich die Nacht kaum schlafen konnte. Bin um 4:00 Uhr aufgestanden und habe meine Sachen gepackt. Um 05:30 Uhr gab es Frühstück und wir wurden nach Campo zur mexikanischen Grenze gefahren (1,25 Stunden Fahrtdauer). Der Morgen an der Grenze war superkalt und windig. Tagsüber hatte es für eine Stunde geregnet. Die Natur ist unglaublich schön und ich geniesse jeden Kilometer meiner Wanderung. Ich wander teilweise in einer Gruppe. James (North Carolina), Julie (Austin, Texas), Sean u. Vincent (USA) und Jean aus Brasilien. Wir haben in den letzten Tagen Lake Morena und Mount Laguna passiert. Am Sonntag, 22.04. waren nur 10 Meilen angedacht und wir sind spät gestartet. Am Campground gegen 18:00 Uhr angekommen haben wir bemerkt, dass wir uns dort nur tagsüber aufhalten und campen dürfen. Also haben wir beschlossen noch weitere 7 Meilen zum nächsten Zeltplatz zu wandern. Da ich immer noch zu viel Gepäck mit mir herum trage und langsamer als die Gruppe wandere, bin ich 20 Minuten früher gestartet. Der Sonnenuntergang und die Stimmung in die Nacht zu wandern, waren unglaublich schön. Es wurde dunkel und ich bin mit Stirnlampe weiter gewandert. Die Natur verändert sich bei Dunkelheit und im Lichtkegel ist mir meine erste Vogelspinne über den Weg gelaufen. Ich habe Bilder gemacht, kann aber die vielen Fotos von der Kamera nicht hochladen und muss mit den wenigen Handyfotos für diesen Blog auskommen. Jedenfalls bin ich gegen 21:00 Uhr beim Campingplatz angekommen und die Crew war 10 Minuten später auch am Ziel und sehr froh mich gesund und munter anzutreffen. Auf dem Weg haben James und Shawn eine mittelgroße Wildkatze nur 10 feet vom Trail im Scheinwerferlicht gesehen. Entweder ein Mountain Lion oder ein grosser BobCat. Werde zukünftig bei Nachtwanderungen sicherheitshalber in der Gruppe bleiben. Ich geniesse jeden Tag auf dem Trail und fühle die gute Energie, die mir die atemberaubende Natur gibt. Gestern war es superheiss und mit 6 Litern Wasser kam ich nur langsam voran. Zwei Blasen habe ich mir auch schon gelaufen, aber werde gut damit fertig. Die Temperaturen tagsüber und auch nachts können vollkommen variieren. Von tagsüber kühl an der Grenze bis brütend heiss. Nachts dasselbe: wir hatten Nächte mit Temperaturen am Gefrierpunkt und bitterkalt. Gestern Nacht war es wiederum so warm, dass ich den Schlafsack als Decke genutzt habe und kurzärmlig, offen schlafen konnte. Heute werden wir bei Carmen einen Zero-Day einlegen (keine Meile laufen). Sind vom Trail 12 Meilen nach Julian getrampt und jetzt geht's gleich in den Ort zum Essennachschub kaufen und ein Stück Apfelkuchen gibt's bei Moms Pie für Hiker for free. Ich melde mich wieder, sobald ich Internet bekomme. @Joe: ich liebe Dich sehr mein Schatz und du fehlst mir. DANKE, dass ich den Weg für mich gehen darf. Dicker Kuss von AndreRead more

  • Day 12

    Warner Springs, California (Mile 109)

    April 26, 2018 in the United States ⋅ ☀️ 18 °C

    Bin gerade in Warner Springs angekommen und konnte gerade noch das W-Lan Passwort ablesen, bevor der Shop für heute schließt. Das gibt mir die Gelegenheit noch ein paar Zeilen zu schreiben. Bin vorgestern noch spätabends aus Julian getramt und habe meine erste Nacht unter einer Brücke verbracht. Wasservorräte waren unter der Straßenbrücke gelagert und wir waren drei Hiker für die Nacht. Habe relativ gut schlafen können und bei Sonnenaufgang 5:30 Uhr haben wir uns bereits für die Tagesetappe fertig gemacht. Wir versuchen gerade sehr früh morgens zu starten, um soviele Meilen wie möglich bis 12:00 Uhr mittags zu schaffen. Dann eine ausgedehnte Mittagspause unter einem schattigen Busch, Felsen oder das Zelt wird zum Sonnensegel umgebaut (in der Mittagshitze geht man sonst ein). Nachmittags geht's dann weiter, bis wir den Zielort abends erreichen. Die einzelnen Etappen werden letztlich durch die Wasserstellen vorgegeben. Nach Julian (mile 77) war der nächste Wasserpunkt der Campground (mile 91). Entweder man bleibt dort für die Nacht (dann hat man abends Wasser zum Zähneputzen, Katzenwäsche und Morgenkaffee) oder tankt alle Wasservorräte auf und läuft weiter in ein "Drycamp". Das bedeutet, dass sämtlicher Wasserverbrauch hauptsächlich fürs Trinken reserviert ist. Dafür kann man sich das Drycamp an den schönsten Stellen des Trails errichten. Haben heute Meile 100 passiert und den Eagles Rock. So, das war's ... muss noch mein Zelt aufbauen und eine Kleinigkeit essen, bevor es dunkel wird. 21:00 Uhr ist "Hikers Midnight" und es ist Ruhe auf dem Platz. PS: James hatte untenstehenden Bob Seger Song in der Musikbox in Julian aufgelegt. Superschön und meine Hikerhymne auf dem Weg nach Kanada ... https://youtu.be/9b4cW9sx47A

    LIKE A ROCK SONGTEXT ÜBERSETZUNG
    Like A Rock Bob Seeger & the silver bullet Band

    Stand da kühn
    schwitzend 'in der Sonne
    Fühlte mich wie eine Million
    Fühlte mich wie die Nummer eins
    Die Höhe des Sommers
    Ich fühlte mich mich nie so stark
    Wie ein Fels

    Ich war achtzehn
    war ohne Schutz
    Working for Peanuts
    Nicht einen Cent zum Sparen
    Aber ich war schlank und
    kräftig überall
    Wie ein Fels

    Meine Hände waren ruhig
    Meine Augen waren klar und hell

    Mein Gang war entschlossen
    Meine Schritte waren schnell und leicht
    Und ich hielt fest
    das, was ich für richtig hielt.
    Wie ein Fels

    Wie ein Fels, war ich stark, wie ich sein könnte
    Wie ein Fels, nichts "immer für mich selbst
    Wie ein Fels, ich sah eben aus
    Wie ein Fels

    Und ich stand gerade wie Pfeil
    Unbelastet durch das Gewicht
    Von all diesen Gauner und ihre Systemen
    Ich stand stolz, ich stand hoch
    Hoch über allem
    Glaubte ich noch in meinen Träumen

    Zwanzig Jahre jetzt
    Wo sind sie hin?
    Zwanzig Jahre
    Ich weiß nicht,
    Ich sitze und manchmal frage ich mich
    Wo sind sie gegangen

    Und manchmal spät in die Nacht
    Wenn ich in Feuerschein eingetaucht bin
    Der Mond kommt Callin 'ein gespenstisches Weiß
    Und ich erinnere mich
    Ich erinnere mich an

    Wie ein Fels, stand 'Pfeil gerade
    Wie ein Fels, aus dem Tor
    Wie ein Fels, trage das Gewicht
    Wie ein Fels

    Wie ein Fels, die Sonne auf meiner Haut
    Wie ein Fels, hart gegen den Wind
    Wie ein Fels, sehe ich mich wieder
    Wie ein Fels
    Read more

  • Day 17

    Idyllwild, California (Mile 178)

    May 1, 2018 in the United States ⋅ ☁️ 4 °C

    Wir sind gerade aus der Eiseskälte in den Bergen nach Idyllwild getramt und haben einen strengen Wintertag hinter uns. Ein Teil des Trails ist wegen "fire closure" gesperrt (es gab ein Feuer in dem Gebiet in 2013 und ein Teilabschnitt ist zur Erholung der Natur geschlossen). Dazu kommt, dass ein Wetterwechsel für gestern Nacht vorhergesagt wurde. Viele Hiker sind bereits gestern nach Idyllwild getramt, um die Umleitung für den PCT und das Sturmtief zu umgehen. Damit hätten wir ca 20 Meilen vom Trail verpasst/ abgekürzt und wir waren hin und her gerissen, ob wir weiterlaufen oder nicht. Jean, Happy (und ich) lieben die Herausforderung und so sind wir zu viert (Jean/Brasilien, Mennau/Frankreich, Happy/Seattle) auf dem Trail bzw. der Umgehung geblieben. Tagsüber war es kühl und angenehm zu wandern und es ging den ganzen Tag bergauf. Der Wind hatte gegen Abend immer mehr zugenommen und es hat später aus allen Ecken gestürmt. Happy hatte gegen 18:00 Uhr ein windgeschütztes Fleckchen tief in einer Busch-/ Baumgruppe für unsere vier Zelte gefunden. Die Temperaturen waren zu dem Zeitpunkt bereits rapide gesunken und wir haben uns früh in das schützende Zelte und Schlafsack zurück gezogen. Die Nacht war bitterkalt. Ich habe Schlafsocken, lange Unterhose, Pullover und Mütze angezogen. Die Daunenjacke wurde in den Fussbereich des Schlafsacks gestopft, um das Volumen zu minimieren, dass durch die Körperwärme aufgeheizt werden muss. Den Wasserfilter mit in den Schlafsack, damit er nicht kaputt friert. Sollte man nachts wegen der Kälte aufwachen, hilft ein Powerriegel zu Essen, damit der Körper mehr Wärme produzieren kann. Happy hat kein Zelt und schläft nur unter einem Tarp (Plane), um Gewicht zu sparen. Es muss darunter gezogen haben wie Hechtsuppe. Als ich in der Nacht gehört habe, wie er in seiner Futterbox gekramt hat, wusste ich bescheid wie sehr er darunter friert. Jean hat die ganze Nacht nicht geschlafen. Seine Matraze verliert Luft und sein Schlafsack hält nicht warm genug. Morgens waren die Zeltwände gefroren und auf den Bäumen und Sträuchern lag eine dicke Eisschicht. Wir sind frühmorgens auf dem schnellsten Weg aus den Bergen rausgewandert und ich habe meine Schlafsocken, wegen der Kälte, als Handschuhe genutzt. Muss mir endlich richtige Handschuhe besorgen. Die Ausrüstung wird bereits jetzt stark strapaziert. Viele Hiker haben Probleme damit, dass die Luftmatrazen Luft verlieren. Werde mir zur Sicherheit noch eine Isomatte als Reserve zulegen, da es bei Wintertemperaturen, ohne die schützende Isolierung der Matraze, schnell ernst wird. Bei meinem neuen Rucksack aus San Diego ist die Schnurr zum schließen des Rucksackdeckels gerissen. REI wird mir kostenfrei einen neuen Rucksack auf den Trail senden. Die ersten Essenverluste an die Tierwelt sind auch schon zu vermelden. Habe mein Essenbeutel (2 Liter Drysack) über Nacht vor dem Zelt liegen gehabt. Am nächsten Morgen war ein großes Loch durch den Beutel gefressen und die Nager haben sich selbst in die Tüten mit Travellunch und meine Liquid Powergels angefressen. Ich habe es erst gemerkt, als mein halber Rucksack wegen der süssen Flüssigkeit aus den PowerGel verklebt war. Nächstes Mal nehme ich mein Essen mit ins Zelt. Ähnliche Probleme könnte es mit Trekkingstöcken und Rucksackpolsterung geben. Durch den getrockneten Schweiß der Hände und Schulterriemen setzt sich eine leichte Salzschicht ab. Die Nager freuen sich, eine gratis Salzportion zu bekommen und fangen an die Trekkingstöcke und Rucksackpolster über Nacht anzuknabbern. Habe noch keine Ahnung, wie ich den ganzen Kram in mein 1 Personen Zelt bekommen soll. Vielleicht kaufe ich mir auch eine dicke Reepschnurr und ziehe den Rucksack inkl. Essenbeutel einfach in den nächsten Baum. Gestern sind wir am Highway 74 am Paradise Valley Cafe vorbei gekommen. Haben uns einen riesigen Frühstücksburito bestellt und die Kalorien für einen halben Tag waren sichergestellt ;-) Bei Ankunft in Idyllwild haben wir superviel Glück gehabt. PCT Hiker Sasquatch (Seattle) hat sich vor einigen Tagen eine ganze Hütte für sich gemietet (3 Schlafzimmer mit insg. 10 Schlafplätzen) und lässt andere Hiker für umsonst übernachten. Haben den Jungs ein paar Bier und Nachos spendiert und werden das Feuerholz für den Kamin aus dem Ort kaufen und zur Hütte schleppen. Morgen wollen wir noch einen Tag in Idyllwild bleiben und das schlechte Wetter aussitzen. Danach geht es ein langes Stück nach Big Bear ...Read more

  • Day 25

    Big Bear City, California (Mile 266)

    May 9, 2018 in the United States ⋅ ☀️ 25 °C

    Idyllwild Tag 2: PCT-Hikerin Manon (Ärztin/ Paris Frankreich) hatte uns angeboten, auf dem Fußboden Ihres superschönen Cabin zu übernachten. Als Dankeschön haben wir (.... Jean hat, aber wir waren zusammen einkaufen ;) ein leckeres Abendessen gezaubert. Es gab Pasta mit kalifornischem Rotwein, Trauben und Chips. Unser gemeinsamer Abend war superschön und wir haben die Zeit sehr genossen. Wir drei verstehen uns prima und haben den Abend viel gequatscht und unsere Lieblingslieder auf Youtube gespielt. Jean seine Lieblingsband aus Island "Sigur Ros" macht herzergreifend schöne Videoclips: https://youtu.be/mZTb8WxEW78 Der zweite Musikclip ist unglaublich intensiv und das Beste seit langer Zeit: https://youtu.be/akYuy2FMQk4 Am nächsten Morgen haben wir Manon ein anständiges Frühstück spendiert und sie ist direkt Richtung Big Bear weitergezogen. Jean und ich hatten einen besonderen Abstecher geplant; die Besteigung des San Jancinto Peak (3.302m). Vom Gipfel gab es einen traumhaften Rundumblick auf die umliegenden Berge, Wald- und Wüstenebenen. Wir haben in Gipfelnähe übernachtet und die Lichter von Palm Springs waren zum Greifen nah ... Es folgte ein laaanger Abstieg zur Unterführung der Schnellstraße Interstate 10 bis auf 409m. Bereits am späten Vormittag war die Wüste brütend heiß. Das Thermometer zeigte 37 Grad im Schatten und wir laufen inmitten der prallen Sonne. Die letzte Stunde zur Unterführung war mein Körper nahe der Überhitzung und der Kreislauf am Limit (Schwindel). Ich Blödmann hatte aufs Tempo gedrückt, um schnellstmöglich in den Schatten zu kommen. Dabei hatte ich eine Herzfrequenz, wie nach einem 10km Sprint und das Laufen auf dem sandigen, strandgleichen Boden machte die Sache nicht einfacher. Im Schatten der Unterführung angekommen, habe ich mich einfach fallen lassen. Zwei Minuten später stand ein Trailangel "Mama Bear" vor mir. In der Hand eine gekühlte Getorade mit den wichtigen Elektrolyten. Sie hatte an diesem Tag einen Stand mit Pizza, Früchten und kühlen Getränken unterhalb der Interstate 10 aufgebaut und kostenfrei für die PCT-Hiker zur Verfügung gestellt. So viele Menschen unterstützen uns PCT-Hiker mit Wasser entlang des Trails. Manche Trailangels überraschen mit gekühlten Getränken, Grapefruits, kleinen Packungen voller Nüsse, M&Ms und wir haben auch schon einen Burger gegrillt bekommen. Alles kommt von Herzen und vollkommen selbstlos. Eine halbe Stunde nach Erreichen des Trail Magic war ich wieder hergestellt. Mama Bear hat Ihren Mann letztes Jahr durch Suizid verloren und es gibt Ihr Kraft und Lebensfreude, wenn Sie die PCT-Hiker unterstützen und sich austauschen kann. Ich treffe auf dem Trail soviele interessante, liebevolle Menschen. PCT-Hikerin Brenda (Transsexuelle aus San Francisco) hat mir aber auch die dunkle Seite der Vereinigten Staaten gezeigt. Sie war 20 Jahre lang Truckerfahrer(in). Seit der Geschlechtsangleichung muss sie ständig in Angst leben. Sie wird regelmäßig beschimpft, geschlagen und selbst das Gayfriendly San Francisco ist für Transsexuelle ein gefährliches Pflaster. Sie hat Ihren rechten Schuh ausgezogen und der große Zeh war abgeschnitten ... Zitat: "das haben mir (extremistische) Christen angetan, aber ich habe etwas daraus gelernt". Letztes Jahr wurde ihre transsexuelle Freundin umgebracht und Brenda wurde im gayfriendly Key West mit einem großen Messer gedroht "... wenn Sie in 30 Minuten nicht verschwunden ist, dann passiert etwas schlimmes". Ich schreibe diese Geschichte nur, um die großen Extreme und Wiedersprüche dieses Landes anzudeuten. Aber auf und entlang des Trails befinden sich augenscheinlich sehr herzliche Menschen :) Da für den nächsten Tag erneut heißes Wetter angekündigt war und wir aus der Hitze vom Vortag dazugelernt hatten, wurde aus der Tageswanderung ein "night hike". Wir sind in den frühen Morgenstunden gewandert und haben im wunderschönes "Whitewater Preserve" eine halbtägige Pause im Schatten der Bäume eingelegt. https://www.tripadvisor.de/Attraction_Review-g3… In den kühleren Abendstunden sind wir erneut gestart und bis nach 23:00 Uhr gewandert. Diese Strategie werden wir in den nächsten Wüstenwochen wohl noch einige Male anwenden. Der Trail ist teilweise sehr fordernd und anstrengend. Wir versuchen uns Zeit zu lassen und viele Pausen einzulegen. Die Crew aus den ersten Tagen ist uns bereits 5 Tage voraus. So wie es aussieht, habe ich meinen Wandergefährten für die nächsten Wochen gefunden. Jean aus Brasilien läuft ein ähnliches Tempo und wir verstehen uns prima. Er kommt aus Sao Paulo/ Brasilien, arbeitet als IT-Manager und hat sehr hohe Ansprüche an sich selbst. Jean strahlt eine unglaublich gute Energie aus, lebt ganz bewusst vegan und seine Sichtweise auf die Welt gefällt mir gut. Zu guter Letzt habe ich vorgestern mein erstes Erdbeben in Kalifornien erlebt. Um halb fünf Uhr morgens fing die Erde an zu wackeln und der Boden unterhalb meiner Luftmatraze hat sich wie Wackelpudding angefühlt. Der ganze Spuk hat ca 4 Sekunden gedauert und dann hatten wir wieder festen Boden unter uns. Gemäß den lokalen Medien hatte das Beben eine Stärke von 4,5 und damit eine mittlere Intensität. Das Zentrum lag Nahe Cabazon City und damit ca 2 Tagesmärsche entfernt. Wir bewegen uns in der Nähe der San Andreas Verwerfung. Auszug Wikipedia: " ... ist eine rechtshändige Blattverschiebung, an der die Pazifische Platte an der Nordamerikanischen Platte vorbeidriftet. Sie erstreckt sich über gut 1300 Kilometer Länge von Mexiko bis zum Norden von San Francisco und teilt den Bundesstaat Kalifornien in zwei Hälften auf, wobei San Francisco auf der Nordamerikanischen Platte und Los Angeles auf der Pazifischen Platte liegt." So, das soll es für heute gewesen sein. Wir werden noch einen weiteren Ruhetag in Big Bear hostel einlegen, bevor wir nach ca 6 Tagesmärschen in Wrightwood ankommen. Der Trail ändert seine Richtung für die nächsten Wochen in westliche Richtung, bis nahe Los Angeles. Für heute sage ich "Goodnight"!Read more

  • Day 33

    Wrightwood, California (Mile 369)

    May 17, 2018 in the United States ⋅ ☀️ 13 °C

    Morgens um 08:00 Uhr wurden wir vom Hostel Big Bear zurück an den Trail gefahren. Die Strecke verlief hoch, oberhalb des Big Bear Lake und wir haben unsere Zelte gegen Abend auf einem Plateau, inmitten einer windgeschützten Baumgruppe, aufgeschlagen. Frühmorgens kommt "Troud" vorbei gewandert und raucht erst einmal einen Frühstücksjoint. Seit Jahresbeginn ist der Verkauf von Cannabis in Kalifornien legal und ein paar der Hiker gönnen sich regelmäßig ein Pfeifchen. Ich habe zwar keine Ahnung, wie die Jungs anschließend die Meilen schaffen, aber es scheint zu funktionieren. Sollte man sich jedoch in einem Nationalpark befinden, dann gilt Bundesrecht und das kiffen wird illegal. Weiter geht die Wanderung durch den Deep Creek Canyon. Dort befinden sich die Hot Springs und es gibt mehrere heiße Quellen und Pools, um die strapazierten Füße, Beine und Schultern zu regenerieren. Christine Thürmer hatte in ihrem Buch "Laufen.Essen.Schlafen" die Nacht in den heißen Quellen, unter dem Sternenhimmel, verbracht und es war einer der Höhepunkte auf Ihrer Reise im Jahre 2004 gewesen. Leider konnten wir nicht wie geplant dort campieren "Day use only". Ein Mitwanderer hatte im letzten Jahr dort übernachtet und wurde vom Ranger morgens mit Luftmatraze und Schlafsack erwischt. Gemäß seiner Schilderung hat er ein Bußgeld über $150,- bekommen, sich für das Ticket bedankt, umgedreht und weitergeschlafen. Wir stattdessen sind gegen Abend zum nächsten Campground weitergewandert. Am Silverwood Lake gibt es die Besonderheit, dass man sich eine Pizza auf den Trail liefern lassen kann. Pizza BBQ Chicken für schlappe $25,- aber saugut :-) Dort habe ich auch meinen Trailnamen bekommen. PCT-Hikerin "Sister" (geht auf eine christliche Missionsschule) hat mich, aufgrund meines zugegebenermaßen recht demolierten Strohhutes, auf den Namen "Scarecrow" (Vogelscheuche) getauft. Ich war anfangs nicht sonderlich begeistert. Aber die Amerikaner kennen das Wort auch in Verbindung mit dem Film "Der Zauberer von Oz". Scarecrow war der treue Begleiter von Alice und alle mögen ihn. Aha, also ziehe ich die nächsten Monate wohl als Vogelscheuche durch amerikanische Lande *grins* . Was ist sonst noch so passiert: wenige Meilen vor Überquerung der Interstate 15 wäre ich bald in eine Schlange gelaufen. Ich war mit Jean am quatschen und habe nicht sonderlich auf den Trail geachtet. Auf einmal steht eine ca 1,5 Meter lange Schlange mitten auf dem Trail und bewegt sich keinen Mucks. Relativ dünn, mit einem gelben Streifen auf dem Rücken. Ich habe erst gedacht ein Stock steht auf dem Weg, bis ich den Schlangenkopf ca 30cm angehoben erkannt habe. Warum stellt sich eine Schlange auf und erstarrt, anstatt einfach weg zu kriechen? Ich war nur gut einen Meter entfernt und wäre wirklich fast reingelaufen. Ich habe ruckartig gestoppt und erst dann ist die Schlange blitzschnell in die Büsche geflüchtet. Ein Glück, dass ich eine zweite Unterhose dabei habe. Sollte ich mir irgendwann bei einer solchen Aktion in die Hose scheißen, dann kann ich wenigstens wechseln. Gestern haben wir eine anständige Etappe geschafft. Wir sind vom Cajon Pass (904m) den ganzen Tag über 19 Meilen bergauf bis auf 2515 Meter Höhe gewandert. Es gibt keine Wasserstellen und wir waren mit 6,5 Liter Wasser im Rucksack unterwegs. Einige Hiker überspringen die Stelle oder trampen nach Wrightwood, um die Strecke rückwärts zum Cajon Pass bergab zu laufen. Wir sind sehr langsam, dafür aber stetig voran gekommen und hatten mit einem relativ kühlen Tag auch Wetterglück. Heute ist unser Zero-Day in Wrightwood und wir haben ein superschönes Cabin (Blockhütte) ganz alleine für uns. Werden noch die Klamotten waschen und für die nächste Etappe Agua Dulce (ca 5 Tage entfernt) einkaufen. Viele Grüße und bis bald! @Brüderchen: herzlichen Glückwunsch und ich komme vorbei. Kannst mir auf WhatsApp schreiben.Read more

  • Day 40

    Agua Dulce, California (Mile 453)

    May 24, 2018 in the United States ⋅ ⛅ 11 °C

    Heute beginne ich mein Footprint mit einem Gipfelfoto. Wir sind auf unserem Trail am Mount Baden-Powell (2.866m) vorbei gekommen. Der Berg wurde nach dem Gründer der Pfadfinderbewegung Lord Robert Baden-Powell benannt. An den Wochenenden trifft man viele Gruppen von Boyscouts of Amerika (Pfadfinder). Kinder und Jugendliche gehen raus in die Natur zum Wandern, Zelten und Abende am Lagerfeuer. Die Kleinen macht es unglaublich Spaß, draußen unterwegs zu sein. Mama hatte noch schnell ein Foto auf dem Parkplatz vom Junior geschossen. Der Knirps trug seinen nagelneuen Rucksack mit dem Trinksystem so stolz, wie ich meinen Schulranzen am ersten Schultag und strahlte übers gesamte Gesicht :)

    "The Scout training is effected by encouraging the boy through his own enthusiasm to develop himself as an efficient citizen. To create his own character and his individuel self-discipline. From within. This is education." Robert Baden-Powell 04.Juli 1916

    Jean und meine Glückssträhne hält weiterhin an. Wir lassen uns mit Allem viel Zeit und kommen trotzdem immer genau im richtigen Moment an. Treffen die richtigen Menschen zum richtigen Zeitpunkt. Wir benötigen Wasser auf dem Trail und Trail Angel Jeff ist gerade vor 20min mit dem Auto und Gallonen angekommen. Wir kommen in Wrightwood an und bekommen ein eigenes Cabin mit eigenem Spielraum inkl. Billard und Riesen-TV für 25,- pro Person. Jean hält Facebook-Kontakt zu anderen Hikern und "Swampjuice" und Liz waren an diesem Morgen ausgezogen und die Hütte verfügbar. Trampen dauert bei uns nie länger als 15min Wartezeit. Wir kommen in Agua Dulce viel später als die anderen Hiker an und es kommt uns jemand entgegen ... ist gerade ein Zimmer frei geworden. Ihr braucht nicht im Zelt zu schlafen. Wir scheinen kein TrailMagic zu verpassen und gestern erzählt uns jemand, er hatte bisher keines gehabt. Uns ist das viele Glück, dass uns auf dem Trail begleitet, fast schon peinlich. Gerade vor drei Tagen haben alle Hiker ein Zettel mit Hinweis auf ein TrailMagic gelesen. Die Notiz war nicht sehr genau beschrieben und man müsste den PCT für knapp eine Meile verlassen. Wir wären wahrscheinlich genauso vorbei gelaufen, wenn wir nicht Dan, den Verfasser des TrailMagic, unterwegs getroffen hätten. Er ist Mitglied eines privaten Skiclubs "Buckhorn Lodge Ski Resort" und nur am Wochenende in der Clubhütte. Und da es dort kein Telefonempfang gibt, muss er mit dem Auto drei Meilen den Berg hochfahren, um mit seiner Frau zu telefonieren ... und wen trifft er dort ... Jean und André :)

    Die Jungs haben sich mit dem Skiclub einen eigenen Spielplatz für Erwachsene gebaut. Ursprünglich von US-Soldaten nach dem zweiten Weltkrieg gegründet. Damals wurden Armeeinheiten im Skifahren ausgebildet, um in den Alpen gegen Nazideutschland zu kämpfen. Nach Kriegsende haben sie dann ein eigenes, privates Skigebiet gegründet. Die Hütte und das Hauptseil für den Lift stammen aus dem Jahr 1951.

    An der Hütte angekommen treffen wir die Clubmitglieder Ken (Elektriker) und Patric (Baustellen Supervisor). Es gibt Pizza, Bier und Softdrinks. Ken stammt ursprünglich aus Schweden und hat uns schwedische Pfannkuchen um Mitternacht zubereitet. Viele der Jungs sind ewige Junggesellen und der Club ist die Familie für's Wochenende. Die machen allen Blödsinn. Skateboarden nachts die Straße runter oder erschrecken Camper des Nachts mit Geräuschen eines "BigFoot" und freuen sich, wenn die Hiker am nächsten Morgen von komischen Geräuschen berichten. Wir schlafen mit dem Schlafsack direkt vor dem offenen Kamin und bekommen an nächsten Morgen von Dan ein super Frühstück zubereitet.

    Die Geschwindigkeit, mit der wir den Trail laufen, ist ein Schlüssel für viele gute Dinge, die uns passieren. Wenn wir unser jetziges Tempo halten, dann werden wir nie rechtzeitig im September in Kanada ankommen. Aber vielleicht ist genau das "nicht Ankommen" eine Lektion des Trails.

    "Captain" (Vize-President Canadian National Railway und seit Jahresbeginn im Ruhestand) hat einen schönen Satz auf dem Trail zu mir gesagt: "Walking by the roses, without smelling it, its nothing but walking". An den Rosen vorbei zu laufen, ohne anzuhalten, um an ihnen zu riechen, ist letztlich nur Laufen.

    Die langsame Geschwindigkeit eröffnet einem die vielen kleinen Dinge um einen herum. Man nimmt die kleinen Tiere wahr, riecht den Duft der Blüten und Nadelbäume entlang des Trails (habe das Rauchen seit Ankunft aufgegeben und mein Geruchsinn wird spürbar besser), beobachtet die Wolken oder schaut in den Horizont.

    Mir stellt sich die Frage mit welcher Geschwindigkeit wir uns im Alltag in Deutschland bewegen. Was ist die richtige Geschwindkeit, um glücklich zu sein und die vielen kleinen Schätze um einen herum bewusst wahrnehmen zu können? Warum ist es im Berufsalltag so schwer, einfach mal innehalten zu dürfen? Wird durch unser Leistungssystem und Konsumverhalten ganz bewusst versucht, unsere tägliche Geschwindigkeit möglichst hoch zu halten, weil jemand Drittes davon profitiert ... ?

    Es drückt Euch "Scarecrow" / California 😘
    Read more

  • Day 43

    Casa de Luna, California (Mile 478)

    May 27, 2018 in the United States ⋅ ☀️ 20 °C

    Vor zwei Tagen schreibe ich noch über meine anhaltende Glückssträhne und schon ist es passiert ... wir sind gestern extra früh aufgestanden, um die restlichen 10 Meilen nach Casa de Luna/ Green Valley zu laufen. Unser Ziel war dort vor 11:45 Uhr Pacific Time anzukommen, um "live" dabei zu sein, wenn Jürgen Klopp seinen ersten Championsleague Titel für den FC Liverpool holt. Eigentlich waren wir gut in der Zeit und nur noch eine halbe Meile vom Highway entfernt. Wir sind zügig gelaufen und irgendwie bin ich mit meinem linken Fuß recht Nahe an den Wegesrand aufgetreten ... rutsche ab und mein linker Fuß knickt extrem um. Das der Fuß bei ungünstigem Auftreten auf Steinen, Unebenheiten etc. leicht wegknicken kann, ist uns schon öfters passiert. Man bleibt kurz stehen und nach einer Minute ist alles wieder gut. Dieses Mal habe ich aber sofort gespürt, dass es etwas ernstes ist.

    Nach einer Ruhepause bin ich das letzte Stück zum Highway gehumpelt. Wir haben relativ schnell per Anhalter die 2 Meilen zum Trailangels house "Casa de Luna" hinter uns gebracht. Viele Hiker sind bereits gestern angekommen, um das Finale im Fernsehen anschauen zu können und saßen bereits vor dem Bildschirm.

    Ich habe meinen, langsam anschwellenden, Fuß gleich mit einem Eisbeutel gekühlt und das Fußballspiel geschaut. Wir hatten sogar ein Hikerpärchen aus Liverpool und es gab Bier und Chips. Glücklicherweise war eine Ärztin unter uns Hikern, die sich meinen Fuß in der Halbzeitpause genauer angeschaut hat. Sie hat den Knöchel abgetastet und meine Schmerzreaktion geprüft. Diagnose: die rasche Geschwindkeit der Schwellung und die schmerzhaften Druckpunkte am Knöchel könnten bestenfalls eine Zerrung der Bänder sein. Im schlimmsten Fall wäre ein Bruch eines kleinen Teilstückes des Knöchels möglich. Ich sollte den Fuß nicht belasten, hoch lagern und weiterhin kühlen. Sollte die Schwellung am nächsten Tag zugenommen haben, die Schmerzen stärker werden oder sich der Knöchel dunkel verfärben, dann unbedingt zum Doktor und röntgen lassen. Leider ist die Ärztin bereits gestern Nachmittag weiter gewandert. Mit dem Titel für Kloppo sollte es auch nicht sein ... :(

    Habe heute morgen keine Verschlimmerung der Schwellung festgestellt. Auch keine farbliche Veränderung erkennbar. Ein polnischer Hiker hatte gerade einen Anriss seiner Bänder, wenige Woche vor dem PCT und seine Schwellung war deutlich größer gewesen. Also alles positive Signale bei mir. Das nächste Krankenhaus wäre eine halbe Stunde Fahrzeit in Santa Clarita entfernt. Ehrlich gesagt habe ich keine Lust auf die Rechnung und den anschließenden Papierkram mit der Versicherung in Deutschland. Terrie (Gastmutter und Inhaberin Casa de Luna) hat in den letzten Jahren einige ähnliche Verletzungen gesehen und ist nicht beunruhigt. Weiterhin den Fuß kühlen, hochlegen und nach einigen Tagen sollte die Schwellung zurückgegangen sein.

    Wenn es einen Platz gibt, wo einem so etwas blödes passieren muss, dann sollte es genau hier sein. Ich habe Glück im Unglück: der Unfall ist nur eine halbe Meile vor dem Highway passiert und ich musste nur eine kurze Strecke mit dem kaputten Fuß zurücklegen. In Casa de Luna kann ich für mehrere Tage bleiben. Es gibt morgens Pfannkuchen und Kaffee und abends ein warmes Hikerbuffet mit Tacos, einer Fleisch- und Käsesoße, Tomaten, Oliven, Jalapenos und Zwiebeln. Im Ortszentrum Green Valley gibt eine Burger-/ Pizzarestaurant und die Tankstelle hat eine Grundversorgung an Lebensmitteln und Bier.

    In Casa de Luna erhalten wir auch unser PCT-Jahrgangstuch "Class of 2018". Die Hiker müssen dafür aber vor Terrie tanzen und bekommen anschließend das orangefarbende Tuch überreicht. Es war superwitzig die vielen Hiker der Reihe nach tanzen zu sehen ... filmreif 😂 Ich werde meinen Tanz für den letzten Abend aufheben, an dem ich wieder gesund bin.

    Das Gelände in "Casa de Luna" ist riesig und es gibt viele Campingplätze inmitten von schattigen Bäumen. Traditionell bemalt jeder Hiker einen Stein mit einem Bild bzw. einem (mehr oder weniger) sinnvollen Spruch. Der Wald und die Bäume sind voll mit bemalten Steinen der vorangegangenen Hikerjahrgänge.

    Jean und die anderen Hiker der letzten Tage sind heute morgen weitergezogen. Ich werde mich nach meiner Genesung hoffentlich einer neuen Gruppe anschließen. Also, keine Sorgen machen ... mir wird es die nächsten Tage an nichts fehlen. Ich lasse mir Zeit für die Heilung des Knöchels (erwarte ca 3-4 Ruhetage) und werde bei evtl. auftretenden Komplikationen sofort ein Krankenhaus aufsuchen.

    Liebe Grüße aus "Casa de Luna" 🤠

    Update 28.05.2018:
    heute ist Memorial Day in den USA und ein landesweiter Feiertag. Die Schwellung am Knöchel geht langsam zurück und es wird besser :) Gehe davon aus, dass ich in 2-3 Tagen weiterlaufen kann.

    Update 29.05.2018:
    Die Schwellung geht weiter zurück. Kann schon wieder meinen Knöchel sehen. Ich weiss jetzt auch warum es "Casa de Luna" heisst. Terrie (ca 55 Jahre) lässt von allen Hikern ein Gruppenfoto machem, bevor es wieder zurück an den Trail geht. Damit alle schön auf dem Foto lachen, dreht Sie sich kurz vor dem Auslösen um und zeigt Ihr nacktes Hinterteil ... und schon scheint der Mond über "Casa de Luna" 😉

    Update 01.06.2018:
    Die Schwellung am Fuß ist mittlerweile vollständig zurück gegangen. Laufe jetzt schon wieder ein bisschen, aber traue mich noch nicht zu belasten. Wenn ich mich morgen gut fühle, dann werde ich den ersten Spaziergang ohne Gepäck versuchen. Benötige wahrscheinlich noch zwei weitere Ruhetage. Ich muss froh sein, dass ich in "Casa de Luna" bleiben darf. Aber ehrlich gesagt, kann ich keine Pfannkuchen und Taco salad mehr sehen. Möchte so bald wie möglich zurück auf den Trail ... 🏕 Habe schon zwei Bücher gelesen ... "Das Bildnis des Dorian Gray" (Oscar Wilde) -> tolles Buch u. klare Buchempfehlung; und "Das Leben eines Taugenichts" (Josef von Eichendorff) -> muss man nicht unbedingt kennen. Bis bald 😊

    Update 03.06.2018
    Der Heilungsprozess kommt nur sehr schleppend voran. Habe gestern tagsüber kaum gekühlt und war nur wenige Stunden auf den Beinen. Am Abend hatte ich schon wieder einen geschwollenen Fuß. Ich werde weiter Geduld haben müssen und der Sommer ist nun vollends in Kalifornien angekommen. Wir haben bereits am Vormittag enorm heiße Temperaturen und es fühlt sich permanent an, als ob ein heißer Föhn einem ins Gesicht blässt. Die Hiker laufen mittlerweile fast alle nur noch in den Nächten/ kühleren Stunden und sitzen die Sonnenstunden aus. Der heißeste Teil des Trails, mit wenig Wasser und kaum Schatten, würde erst noch am Aquadukt und der Mohave Wüste kommen. Ich habe darum für mich eine Entscheidung getroffen und werde nach Genesung einen großen Sprung nach Kennedy Meadows (Meile 702) zum Eingangstor der Sierra Nevada machen. Morgen fahren andere Hiker mit dem Auto dorthin und ich hätte die Möglichkeit mit zu kommen. Problem: dort gibt es nichts ... Lediglich ein Postamt, Campingplatz und einen kleinen überteuerten Laden. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich mit dem verstauchten Knöchel hier noch fest hänge. In "Casa de Luna" habe ich eine Tiefkühltruhe, um den Knöchel zu kühlen und werde sehr günstig verpflegt. Ich möchte den Sprung nach Kennedy Meadows erst dann machen, wenn ich einhundert Prozent fit bin. Einmal in den schneebedeckten Bergen, kommt man so schnell nicht mehr raus und die Ortschaften für den Verpflegungsnachschub sind weit von einander entfernt. Ich werde spätestens am 26.09.2018 von Vancouver ausfliegen. Die übersprungenen Meilen in der Wüste geben mir die Möglichkeit länger in den Cascade Mountains/ Bundesstaat Washington zu hiken. Sende Euch liebe Grüße 😘
    Read more

  • Day 51

    Strandtag "Pacific Coast Highway" No.1

    June 4, 2018 in the United States ⋅ 🌙 23 °C

    Ein Tag am Meer :) Wir haben gestern Abend einen Nachbarn von "Casa de Luna" kennen gelernt. Wladimir kommt ursprünglich aus Russland und hatte gestern spontan einen Sixpack Bier unter die Arme genommen und sich zu uns Hikern gesetzt. Sehr bodenständiger und netter Typ und wie bei den Osteuropäern üblich, wurde es bei einigen Bieren schnell gesellig. Wladimir hat in der Sowjetunion seine Ausbildung als Navigator und Mechaniker auf Flusskreuzfahrtschiffen gemacht. Er ist in den 80er Jahren auf Wolga und Don gefahren und hat regelmäßig Städte wie Moskau und St. Petersburg besucht. Nachdem er als 19jähriger Matrose einige Frauenbekanntschaften mit "amerikanischen Tourstinnen" gemacht hatte, wusste er das seine Heimat irgendwann die Vereinigten Staaten von Amerika werden sollte. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hat er dann seinen Traum verwirklicht. Jedenfalls hat Wladimir uns angeboten am folgenden Tag zusammen nach "Malibu beach" zu fahren und einen Strandtag zu verbringen. Ja, genau das Malibu der "Schönen und Reichen". Dort wo Hollywoodgrößen ihre Zweitwohnung haben und Rettungsschwimmer wie David Hasselhoff und Pamela Anderson (Baywatch) den Strand bewachen ;-) Unser "deutschsprachiger Club" bestehend aus Ramon + "Ape" aus der Schweiz, Falko/ Thüringen haben gleich zugesagt und auch Paul aus Arizona hat sich der Tour angeschlossen. Heute Vormittag gings für Ramon in den Kofferraum und wir sind gemeinsam Richtung Küste aufgebrochen. Unterwegs noch beim Mexikaner einige Burritos geholt und den 18er Pack Corona Beer aus dem Kühlregal für das Mittagessen am Strand gesichert. Wir sind an vielen Plantagen vorbei gekommen und es werden alle möglichen Obstsorten (Orangen, Grapefruits, Zitronen, Erdbeeren) angebaut. Auch Konzerne wie Monsanto treiben entlang des Weges ihr "genetisch modifiziertes" Unwesen. Wir sind an einem der größten Armeestützpunkte Kaliforniens vorbei gekommen und alte, ausrangierte Fugzeuge und Raketen konnten angeschaut werden. Wladimir ist zwiegespalten. Auf der einen Seite liebt er die Lebensweise und Freiheit in Kalifornien und auf der anderen Seite lässt er keine Gelegenheit aus, es sich mit seinen amerikanischen Nachbarn zu verscheißen. Er traut vielen Leuten hier nicht, die russische Militärtechnik wäre viel besser und macht sich über die Amerikaner lustig, wie sie oft Papierteller nutzen würden, da "sie zu faul wären abzuwaschen". Generell gibt er sehr gerne seine russische Meinung zum amerikanischen Alltag ab. Er hat einen Hahn vom Ei aufgezogen, der jahrelang in seiner Wohnung gelebt hat ... cooler Typ. Letztlich sind wir am Point Mugu State Park angehalten und haben Malibu um ca 15 Meilen verpasst. Wladimir wollte lieber am Highway stehen und "... die Reichen sollten doch unter sich bleiben". Einige der Jungs waren leicht angepisst, dass wir nicht bis nach Malibu weiter gefahren sind. Aber ich habe das Meer und die frische Luft genossen. Das kalte Wasser des Pazifik passt gerade perfekt zu meinem verstauchten Knöchel und ich bin barfuß den Strand entlang gelaufen und hatte keine Schmerzen. Ich glaube, dass meine Füße in wenigen Tagen wieder belastbar sind. Habe eventuell eine Mitfahrgelegenheit am Donnerstag nach Kennedy Meadows und dann gehts in die schneebedeckten Berge der Sierra Nevada ... 😃

    Update 08.06.2018
    Morgen gehts endlich weiter. Habe heute das erste Mal die Wanderschuhe an und fühle mich bereit. Entweder bekomme ich direkt eine Mitfahrgelegenheit von "Casa de Luna" nach Kennedy Meadows oder ich muss schauen, wie ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Tehachepi komme. Dort gibt es eine große TrailAngelsCommunity und die Chancen auf Mitfahrgelegenheiten in die Sierra Nevada sind am höchsten. Jean feiert seinen Geburtstag am 10.06.2018 in Kennedy Meadows und viele Leute der Crew werden dort sein. Wäre eine tolle Sache, wenn ich es rechtzeitig dorthin schaffen würde. Melde mich wieder aus den Bergen 😎
    Read more

  • Day 56

    Prov. Medical Institute, Santa Clarita

    June 9, 2018 in the United States ⋅ ☀️ 28 °C

    Jetzt bin ich in ein ganz schönes Schlamassel hineingeraten. Habe mich gestern super gefühlt. Die Schwellung war so gut wie verschwunden und ich hatte keine Schmerzen. Wollte eigentlich heute die Reise fortsetzen. Ca 2 Stunden, nachdem ich meine Wanderschuhe das erste Mal wieder angezogen habe, hat die Schwellung des Knöchels wieder deutlich zugenommen. Irgend etwas stimmt noch nicht mit dem Fuß und ich bin heute nach Santa Clarita ins Providence Medical Institute gefahren. Dort wurde ein Röntgenbild angefertigt und ich habe jetzt eine offizielle Diagnose. Die gute Nachricht: kein Bruch vorhanden und es sind keine Folgeschäden zu erwarten. Ich habe eine Verstauchung des Knöchel zwischen dem 2ten und 3ten Grad. Der Arzt konnte Schwellungen tief im Muskelgewebe des Knöchel erkennen. Sobald mein Fuß belastet wird, können kleinste Fasern tief im Knöchel anreißen und Flüssigkeit tritt aus. Dies verursacht dann die Schwellung. Eine Verstauchung ersten Grades heilt innerhalb von 2 Wochen ab. Verstauchungen des 2ten Grades benötigen 2-6 Wochen Heilungsdauer. Im 3ten Grad beträgt die Heilungsdauer bereits 6-12 Wochen. Meine Verstauchung befindet sich laut dem Arzt zwischen dem zweiten und dritten Grad. Nehmen wir mal an, dass ich in weiteren 4 Wochen wieder belasten könnte ... dann habe ich immer noch das Problem, dass der PacificCrestTrail in den Bergen der Sierra Nevada ein denkbar ungünstiges Terrain zum langsamen Einstieg wäre. Ich sollte meinen Fuß die nächsten Wochen so wenig wie möglich belasten, möglichst flache Wege nutzen und Kühlung ist vorteilhaft. Also habe ich bisher eigentlich alles richtig gemacht ;-) Zusätzlich habe ich einen Kompressionsstrumpf bekommen, den ich mit Schnürrsenkel wie ein Korsett schnürren kann. Ich fühle noch immer, dass die Schwere der Verstauchung nicht so schlimm sein kann. Habe kaum Schmerzen und nach Kühlung geht die Schwellung immer schnell zurück. In Kennedy Meadows warten voraus gesendete Nachschubpakete mit Schuhen, Bärkanister und Microspikes im Wert von EUR 280,- Habe noch bis September alle Zeit der Welt und vom Sinn bzw. Lerneffekt meiner Reise bin ich weit entfernt ... Was also tun??? Diese Situation sollte wahrscheinlich so kommen und ich möchte es gerne ins Positive drehen. Werde mir ein paar weitere Tage bei Terrie in "Casa de Luna" gönnen und einen Plan machen bzw. eine Entscheidung treffen ...

    Update 10.06.2018
    Ich habe die Nacht darüber geschlafen. Da ich den Fuß nicht belasten darf, würden Sightseeingtouren oder Ähnliches den Heilungsprozess nur hinauszögern. Des Weiteren lässt mein Budget Hotelübernachtungen, Mietwagen, Verpflegung etc. über längere Zeiträume nicht zu. Ich werde geduldig die Situation "aussitzen". Eine australische Wanderin "Nightwalker" hilft Terrie seit einiger Zeit in "Casa de Luna" und wird am 26.06.2018 nach Kennedy Meadows gefahren. Von dort läuft sie den PacificCrestTrail dann weiter. Ich habe also mehr als zwei Wochen Zeit gesund zu werden und mich "Nightwalker" anzuschließen. Irgend etwas soll ich wohl aus der Situation lernen ... Ich habe ein gutes Gefühl, dass sich die Geduld am Ende auszahlen wird und die besten Abschnitte des PacificCrestTrail noch auf mich warten. Das Zeitfenster nach Kanada wird natürlich immer kleiner. Aus diesem Grund werde ich auf dem PCT teilweise springen und lediglich die schönsten Abschnitte des Trails wandern. Von Kennedy Meadows durch Sequoia N.P., Kings Canyon N.P. und Yosemite N.P. bis nach Lake Tahoe. Danach springe ich direkt nach Washington State. Alle Hiker sagen übereinstimmend, dass die Cascade Mountains das schönste Stück des Trails sind. Ich möchte den nördlichen Teil bis zur kanadischen Grenze sehr gerne sehen ... 😎
    Read more