Australia
Tower Hill Park

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Travelers at this place
    • Day 118

      Doch kein Pferdedreck mehr

      May 29, 2019 in Australia ⋅ 🌬 18 °C

      Meine Fingernägel sind seit heute wieder sauber. Wieder kommt es anders als gedacht. Mit Sack und Pack laufe ich an der Landstraße entlang zur Bushaltestelle. Meinen großen roten Koffer schiebe ich über den Asphalt (Anm.: es ist mir jedes Mal wenn ich irgendwo ankomme wieder etwas unangenehm mit so einem riesigen Koffer im Schlepp anzureisen. Ist halt nicht so cool wie mit nem fetten, vom vielen Backpacking abgeranzten Rucksack aufm Rücken. Ich rechtfertige es immer damit, dass ich ja meinen ganzen Reitklamotten mitnehmen musste! ).

      Meine nun ehemalige Gastgeberin hat es nicht für nötig gehalten, mich zur Bushaltestelle zu bringen, nicht mal die Hand zum Abschied gegeben hat sie mir oder mal kurz die Arbeit unterbrochen. Was soll ich dazu sagen?
      Was gut begann, hat mit Ärger und Frust geendet. Und mir waren auch manche Sachen etwas komisch. Ihr deutscher Bekannter, der ab und an ungebeten auftaucht, sich seltsam benimmt und hinter meinem Rücken abfällig über mich redet. Als ich ihn damit konfrontiert habe, hat er sich angeblich nicht erinnert, das gesagt zu haben und ist dann abgebraust.

      Außerdem wurde ich mit der Zeit immer unzufriedener über das Arbeitspensum und vor allem darüber, wie sich die Aufteilung der Arbeit und die Kommunikation zwischen uns entwickelte. Während Madame noch ein wenig liegen blieb, stiefelte ich um 6 Uhr raus und fütterte das erste Mal. Hier durfte ich mir zweimal einen Rüffel einfangen, als ich am Folgetag davon ausging, dass sie heute dran sei mit füttern. Sie wollte dann auch immer von mir hören, warum dies oder jenes nicht geklappt hätte. Rechtfertigen musste ich nich also auch, wenn ich was nicht geschafft hatte. Und während ich dann ab 7 Uhr ein zweites Mal fütterte, alle Pferde raus brachte, alle Boxen mistete ( am ersten Tag habe ich zu wenig Mist raus genommen, am Tag drauf dann zuviel vom guten Streu), die Paddocks abäppelte, Lederezeug ölte, und Säcke mit Mist befüllte, saß sie drinnen im Büro. Sie kam nur noch für die Reitstunden und zum selber reiten raus. Ach, oder um zu kontrollieren, dass ich alles aber ganz genau 100% so machte, wie sie es machen würde. Und das funktioniert nicht. Zumindest nicht mit mir.

      Die erste To Do Liste fand ich ja noch amüsant, minutiös durchgetaktet, welche Aufgabe ich wann und welcher Zeit zu erledigen hatte. Geklappt hat das sowieso nie. Zum Misten hab ich jenachdem bis zu drei Stunden gebraucht, vorgesehen hatte sie eine. Ich habe das dann so abgearbeitet, wie ich es geschafft habe. Und das war eben nicht alles, was drauf stand. Dafür musste ich mich auch wieder rechtfertigen. Und so langsam staute sich bei mir der Ärger auf. Ich holte mir eine Erkältung und machte trotzdem volles Pensum weiter. Sechs Tage die Woche, nur den Montag hatte ich frei.

      Ich war unzufrieden, traute mich aber nicht, das anzusprechen. Ich weiß nicht, warum mir das solche Probleme bereitet. Ich hatte keinerlei Scheu, diesen seltsamen Mann zur Rede zu stellen und ihm zu sagen, was ich von seinem Verhalten halte. Aber wenn es um Personen geht, die mir in gewisser Weise überstehen, stellt das eine große Hürde für mich dar. Einmal versuchte ich es, indem ich sagte, dass es an diesem Tag zuviel gewesen sei. Ihre Reaktion: „nix mehr gewöhnt, was?“ und dann kamen Aufgaben hinzu wie ihr Auto putzen, die Mülltonnen die Straße hoch ziehen, die Pflanzen wässern. Da war ich noch mehr genervt und unzufrieden, dafür war ich nicht hergekommen. Habe es stillschweigend hingenommen aber innerlich steigerte sich der Groll. Es ist bei mir manchmal so, dass es sich so ansammelt, und dann braucht es nur den einen berühmten Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringt.

      Dieser Punkt war gestern erreicht, als sie mir die Aufgabenliste für den Tag hinlegte. Ein absolut unmögliches Arbeitspensum, hinzu wieder Mülldienst, Blumendienst, 20 Säcke mit Mist befüllen und jetzt auch noch das Haus fegen. Da war dann für mich die Grenze erreicht. Jedoch bin ich nicht ausgeflippt, sondern habe ganz ruhig das Gespräch gesucht und ihr das gesagt. Die Quintessenz des Gesprächs war: ich arbeite zu langsam, deswegen schaffe ich die Dinge nicht in der von ihr vorgegebenen Zeit. Logisch, oder? Hätt ich ja auch mal selber drauf kommen können! Das erinnert mich grade an eine Postkarte von einem ehem. Kollegen. Darauf stand: Wird es dir mal zu viel, einfach schneller arbeiten.

      Zu dem Putzen war ihre Antwort, ich bringe schließlich auch Dreck mit ins Haus, daher könne ich auch sauber machen. Und Auto putzen gehört eben zur normalen Farmarbeit dazu. Und nein, ich habe keine Befugnis selsbtständig irgendetwas anders zu machen, als sie es anordnet und erledigt haben will. Ansonsten macht sie es lieber alleine. Ach ja, und bisher hätte sich noch niemand beschwert und alle hätten sogar immer freiwillig noch mehr gearbeitet. Und schneller sowieso. Selbst die über 50-jährige.

      Ich erwähnte hier nochmal, dass es sich um unbezahlte Arbeit handele, dass ich nur gegen Kost und Logis arbeite. Und dass die Policy ein Maximum von 5 Std/5Tage die Woche vorsieht. Sie hatte mir in einer Mail geschrieben, dass ich 22-32 Std arbeiten würde. Dass das nicht der Fall sei, liege eben daran, dass ich so langsam sei, war ihre Antwort. Dann hielt sie mir vor, dass sie sogar die Rechnung übernimmt, wenn wir mal Kaffee trinken gehen. Das sei eigentlich nicht mit drin. Und ich hatte sogar zweimal ein Sandwich dazu bestellt. Komisch, ich dachte immer Mittagspause sei auch zum essen da. Ach ja und ich koste sie natürlich zusätzlich Strom und Wasser. Und gefräßig wie ich bin auch eine 250 $ Rechnung beim Aldi-Einkauf. So. Da habt ihr‘s, ich bin eben doch ein Luxuskind.

      Es gab zwei Situationen, in denen ich sie um konkrete Hilfe gebeten hatte. Einmal um einen Gartentisch zu verschieben, damit ich dort den Rasen mähen konnte, und ein anderes mal, um den 125kg-Sack (nein, ich spreche nicht von dem Arschloch-Typ) mit Einstreu zu bewegen. Beide male wiegelte sie mich ab mit der Aussage, sie habe keine Zeit.

      Nach diesem Gespräch war mir klar, dass ich so nicht mehr weitermachen will. Ich packte meinen Koffer und wollte ihr diese Entscheidung am Abend mitteilen. Den ganzen restlichen Nachmittag war ich angespannt, hatte einen Knoten im Magen, konnte nicht essen, weil mich das so mitgenommen hat. Ununterbrochen grübelte ich, und schwankte hin und her. Ich fühle mich immer sehr stark verpflichtet, einzuhalten was ich versprochen hatte, nämlich vier Wochen zu bleiben. Andererseits erinnerte ich mich daran, dass es meine Reise, meine Zeit ist und ich mich dabei wohfühlen möchte und ich gerade wieder dabei war, mein Pflichtgefühl über mein Wohlbefinden zu stellen. Das will ich nicht mehr.

      Von ihr kam keine Rückfrage oder ein Gesprächsangebot mehr und so saß ich abends ungelogen drei Stunden mit diesem mulmigen Gefühl im Bauch in der Küche, zwischendurch in meinem Zimmer und hoffte auf eine Gelegenheit, ihr meinen Entschluss mitzuteilen. Zwischendrin wollte ich schon wieder aufgeben, mir selber einreden, dass ich doch die nächsten zwei Wochen auch noch überstehen würde. Oder ich es ihr erst morgen früh ganz kurzfristig sagen würde und mir so noch Aufschub vor der mir Angst machenden Konfrontation gewähren konnte.
      Ich weiß nicht wie, irgendwann habe ich meinen Mut zusammen genommen und bin zu ihr gegangen. Das Gespräch war kurz, ihre Reaktion einsielbig. Am nächsten morgen habe ich trotzdem noch ordentlich mein Bett abgezogen und meine Geschirr gespült. Ich fand mich dabei viel zu devot. Ich wünsche mir, sollte es eine ähnliche Situation nochmal geben, dass ich dann auch mal ein bißchen mehr drauf pfeifen kann. Aber das ist vielleicht mein Lernprozess. Jetzt bin ich jedenfalls erstmal zufrieden mit mir, dass ich gegangen bin.
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