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Feb 8, 2022, 6:25am · ⛅ 0 °C Altitude: 5,297 m
BoliviaDepartamento de La PazNevado Huayna Potosí16°15’43” S 68°9’7” W
HUAYNA POTOSI! (6.088m) - Grenzerfahrung

🔺️Das ANSTRENGSTE was ich je gemacht habe!
🔺️Ein Aufstieg auf 6.088 m und bis zu den eigenen körperlichen GRENZEN.
🔺️So viel ATEMBERAUBENDES erlebt in einer Nacht.
🔺️Jeder SCHRITT durch den Schnee hat sich gelohnt.
🔺️Das war der HUAYNA POTOSI!
Diesen Footprint wollte ich zuerst gar nicht verfassen. Ich hab mir gedacht, dass es cooler und spannender wäre wenn ich die Geschichte von diesem verrückten Abenteuer jedem persönlich nach meiner Reise erzählen könnte. Ich hab nämlich so viele verschiedene Gefühle und Erlebnisse heute Nacht mitgenommen und so tolle Dinge gesehen und mich auch sooo unbeschreiblich gefreut als wir den Gipfel erreicht haben, dass ich das in einem Footprint gar nicht alles beschreiben und rüberbringen kann. Also ich werds trotzdem versuchen, weil ich viele Leser erst in einigen Monaten sehen werde, aber falls ihr in Deutschland mal zu einer Reisegeschichte was genaueres erfahren möchtet, dann fragt mich nach der anstrengensten und krassesten Sache die ich erlebt habe auf meiner Reise: dem Aufstieg zum Huyana Petosi!
Los ging der Tag früh am Morgen - sehr früh. Um 12 Uhr nachts klingelte endlich der Wecker. Lena, Jan und ich waren schon gestern Abend bereit und heiß los zu starten und haben den Wecker gefühlt abgewartet. Viel geschlafen hat keiner von uns drein. Ich vielleicht 2 Stunden, Jan um den Dreh genauso so lang und Lena gar nicht. Die Höhe lässt deinen Körper nachts nicht zur Ruhe kommen und man liegt mit einem Puls von 110 im Schlafsack. Man atmet doppelt so schnell und versucht es zu kontrollieren. Währenddessen hab ich auch versucht meine kalten Füße warm zu reiben. Es ist kalt.
Endlich: der Wecker klingelt. Die Ausrüstung, bestehend aus Helm, Stirnlampe, Buff, zwei Schichten oben rum und Zwein unten rum, zunächst dünne Handschuhe, das Sicherungsgeschirr, die Bergsteigerschuhe für die Steigeisen später und die Gaiters wurden angelegt. Mit am Rücken dabei war mein Rucksack, wo zusätzliche Jacken, Wasser, Snacks, usw. transportiert werden. Die Stirnlampe voll geladen, sowie die 360°-Kamera und das Handy um den Weg festzuhalten.
Um 12:30 Uhr hatten wir Frühstück, um nochmal Energie zu tanken. Cocotee gegen die Höhe und generell viel trinken ist wichtig und hilft dem Körper zu aklimatisieren. Den ganzen Weg nach oben haben wir auf Cocoblättern rumgekaut, bis der Mund taub war. Um 1:10 Uhr war dann alles angelegt und wir sind mit einer Truppe aus fünf Personen aufgebrochen. Das erste Stück ging noch über eisige, verschneite Felsen bis wir nach einer halben Stunde den Gletscher erreicht haben. Jetzt haben wir die Steigeisen angelegt und ich bin mit Juan in eine Seilschaft. Den ganzen Weg bis nach oben und auch wieder nach unten, sind wir miteinander mit einem Seil verbunden, dass den anderen bei einem Absturz sichern soll.
Dort haben wir das erste Beweisbild von uns gemacht. Wir haben uns mit der Ausrüstung gefühlt wie die Kings und waren voller Flamme & Energie. Juan ist stets voraus, ich hinterher und hinter mir dann Ovi mit Lena und Jan in der zweiten Seilschaft. Mit den Lichtpegeln unserer Stirnlampen haben wir uns so den Weg nach oben geleuchtet. Schritt für Schritt treten wir mit den Steigeisen auf den glänzenden Schnee. An manchen Stellen war der Schnee stark genug den Tritt zu halten, an manchen Stellen ist man eingebrochen, was natürlich anstrengender ist.
Das Wetter war übrigens optimal und wir hatten klare Sicht auf den Sternenhimmel. In der Ferne konnte man irgendwann das Lichtband von der Stadt El Alto erkennen. Es ging kaum Wind und vereinzelt liefen wir mal im Nebel oder es schneite leicht. Also wettertechnisch hatten wir Glück! Ein entscheidener Faktor von Dreien für den Aufstieg war somit schonmal erfüllt: die Wetterbedingungen. Die anderen beiden sind die Reaktion des Körpers auf die Höhe und das Durchhalten des Körpers unter der ständigen Anstrengung: die Fitness.
Wie waren die ersten 2 Stunden wie im Tunnel haben die ersten paar hundert Höhenmeter gut gemacht. Juan und Ovi haben immer zum richtigen Zeitpunkt Pausen festgelegt, in denen wir Oreos gegessen haben. Juan ist ja vorne weg gegangen und hat den Weg durch die verschneite dunkle Schneelandschaft geführt. Erst bei Helligkeit haben wir gesehen, an wie vielen Gletscherspalten er uns sicher drumherum geführt hat. Ein beeindruckende Leistung, die er dort vorneweg geleistet hat und das war noch gar nichts zu dem, wie er sich später noch zu einem hervorragenden Bergführer bewiesen hat. Big Respect!
Wir waren inzwischen auf 5.400 Metern und die Schritte werden anstrengender. Wir drei waren aber zu diesem Zeitpunkt immer noch bestens in Form und gefühlt, sind wir zügig voran gekommen. Jetzt kommen wir zum Aufwachmoment an diesem Morgen und zu dem dritten Bild, was diesem Footprint angefügt ist: Die erste Vertikale. Eine circa 30 m hohe Schneewand, die 70° hat und in die Dunkelheit verschwindet. Wir haben das von unten gar nicht gesehen gehabt und es hieß nur, dass wir jetzt von Walkingstick zur Eisaxt wechseln. Diese war am Rucksack befestigt. Juan geht los und ich hinterher. Die Wand wird immer steiler und auf einmal häng ich mit allen Vieren am Berg. Die Eisaxt in der einen Hand und die Spikes an den Schuhen halten mich an der Schneewand.
Das Seil zwischen Juan und mir, das immer auf Spannung sein muss, gibt einen Ruck nach oben und signalisiert mir, das ich weiter nach oben muss. Ich schlag die Eisaxt in die Schneewand und drück mich aus den Beinen nach oben. Auf einmal kommt das Aha-Erlebnis. Ich realisiere, dass ich beispielsweise jetzt in diesem keine Möglichkeit habe, abzubrechen. Egal wie ich muss weiter, weil wenn ich jetzt los lasse, fall ich. Ich bin zwar mit einem Seil mit Juan verbunden, aber er hängt genauso wie ich an der Wand und ich zweifle, dass er mich in dieser Situation hätte halten können. Unter mir kommt schon Ovi mit Lena und Jan und tippt mir von unten auf den Schuh und ruft: Vamos Leo! Vamos! Also weiter. Mit 120% Konzentration kletterte ich nach oben. Ich hab diesen überraschenden Aufstieg zufälligerweise mit der 360°-Kamera mitgefilmt, die hinten in meinem Rucksack gesteckt hat. Als ich mir das Video im Nachhinein mit Lena und Jan angeschaut habe, dachten wir krass... das war krass und eine ordnentliche Ansage an uns in diesem Moment.
Wir sind weiter und haben dann die magische Marke von 5.500 m überschritten, wo erfahrungsgemäß viele aufgeben. Wir waren gut drauf und sind zielstrebig weiter. Inzwischen sieht der Bewegungsablauf so aus: ein oder zwei Schritte und ein tiefer Atmer durch den Mund. Der Blick stets auf den Boden vor sich, wo man versucht mit dem Fußtritt die optimale Stelle im Schnee zu treffen, um nicht die dünne Eisschicht zu durchbrechen. Die Pausen zwischendrin wurde immer wieder das Befinden abgefragt und wir haben immer mit "Estamos bien" geantwortet. Wir hatten jetzt alle drei schon eine Höhenpille genommen, weil Kopfschmerzen mit einhergehen. Und Oreos und Wasser gabs bei jedem Stopp.
Ich muss sagen, dass ich mich an diese Stunden gar nicht so genau erinnern kann. Wir haben Höhenmeter für Höhenmeter gut gemacht, bis wir dann nach 5 Stunden endlich unterhalb vom Gipfel waren. Der Tag bricht langsam an und wir hatten eine atemberaubende Aussicht und einen wunderschönen Sonnenaufgang. Hier waren wir auf 5.950 m. Wenn wir auf den Gipfel wollen dann müssen wir um spätestens 7 Uhr oben sein, da die Sonne den Schnee sulzig und den Abstieg schwieriger und auch gefährlicher wegen Schneebrettlösungen macht. Juan und Ovi haben sich über die möglichen Routen zum Gipfel besprochen, während wir außer Atem uns in den Schnee fallen lassen haben. Wir waren jetzt schon seit 6 Stunden auf den Beinen und fünf davon unter einer extremen Belastung. Wir waren fertig - aber heiß den Gipfel tatsächlich zu erreichen.
Das Ziel war so nah und den ganzen Weg über hab ich schon davon geträumt oben zu stehen und den GPS-Tracker zu aktivieren und so ein Zeichen an Zuhause zu senden und den Erfolg des Aufstiegs zu zeigen. Juan hat uns dann alle einzeln nochmal gefragt, ob wir uns wirklich fit genug fühlen aufzusteigen. Wir haben ja gesagt. Wir wollen nach oben! Das Wetter ist perfekt und wir fühlen uns fit!
In den letzten 3 Wochen hat es keine Gruppe geschafft, den Huayna Petosi zu erklimmen. Es gibt keine Route nach oben, weil keine Spuren mehr zu erkennen sind. Das letzte Stück zum Gipfel muss serpentinenartig an einem großen Schneehang beklettert werden. Juan hat die Führung übernommen. Wir klettern alle nach seinen Erfahrungen. Er ist einfach krass!
Juan hat den gesamten Weg die ersten Schritte in den Schnee getreten. Ich bin gleich hinter ihm gewesen. Jeden Schritt am Hang hab ich meine Eisaxt in den Schnee bis zum Anschlag reingerammt. Daran hab ich mich festgehalten, während ich den nächsten Schritt in den Schnee getreten habe. Immer mindestens zwei feste Ankerpunkte. Ich sags euch wie es ist: es war geisteskrank!
Wir haben auch hier am Weg Pausen eingelegt und bei einer hat mich Ovi dann ermuntert meine Kamera rauszuholen. Also hab ich den Aufstieg bis nach oben mitgefilmt. Wahnsinns Aufnahmen. Bei den Pausen war unser Seil dann mit der Eisaxt, welche als Schneeanker umfunktioniert wurde, gesichert. Groß geredet haben wir nicht bei diesen Pausen. Wir waren eigentlich immer außer Atem und das war echt der Part, wo man Zähne zusammenbeißen musste. Du hast alles gespürt und es war anstrengend as hell. Immer hochkonzentriert sind wir nach oben.
Dann war der Gipfel ganz nah und auf einmal haben wir den Schneekamm erreicht! Juan und ich hatten den Blick aufs gesamte Tal und es war wunderschön! Die letzten Meter und JAAA!!! Ein lauter Freudenschrei!!! Überglücklich über diese Leistung haben Juan und ich uns umarmt und gleich danach waren auch die andern drei da. Wir sind uns alle in die Arme gefallen und konnten es nicht glauben! Es war 7:16 Uhr und wir standen auf 6.088 Metern!
Die Wetterbedingungen waren perfekt und wir haben unsere Beweisbilder gemacht. Hasi war mit dabei und wurde für die Bilder rausgeholt und ich hab mit meinem GPS-Tracker das Signal abgesetzt. Juan und Ovi haben tolles geleistet, uns auf den Gipfel zu bekommen! Toll!
Jetzt kommt wohl oder übel der Abstieg. Wir hatten im Prinzip ja erst die Hälfte geschafft. Jan durfte dann vorangehen nach unten. Die Guides waren hinter uns und haben uns abgesichert. Lena ist ein Stück mal kurz abgerutscht und eine Flasche ist aus ihrer Seitentasche den Abhang runtergerutscht. Die war schnell weg. Ovi hat uns das aber erst später erzählt, dass er es gesehen hat. Er hat in diesem Moment aber nichts gesagt und das war genau richtig! Vielleicht wäre sonst Jan oder Lena in einer Kurzschlussreaktion hinterher gehechtet. Hier gings übrigens 400 Meter runter.
Sobald wir diesen ersten Abstieg hinter uns hatten, ist es passiert. Wir waren auf einmal komplett ausgelaugt und hatten keine Energiereserven mehr. Wir waren am Ende... Wir mussten aber weiter wegen der Sonne und haben alles zurückgefahren bis auf die Konzentration. Im schnellen Tempo sind wir runter gelaufen. Wir sind an vielen Gletscherspalten vorbei, die wir in der Nacht gar nicht zu Gesicht bekommen haben. Ich kann mich ohne Spaß wenig an diesen Part erinnern.
Wir haben dann irgendwann die vertikale Schneewand erreicht, wo wir dann abgeseilt worden sind. Da gibts ein Bild von mir wie ich halbtot im Schnee liege und auf mein Leben klar kommen muss, während die andern gerade abgeseilt werden. Ich bin dann voraus und wie im Tunnel den Fußstapfen von heute morgen gefolgt. Ich habe nichts gesehen bei dem hellen Schnee und dem Nebel. Hinter mir war Juan mit dem Seil mit mir verbunden, was ja immer noch stets auf Spannung sein muss. Wir mussten uns dann noch bei einer Gletscherspalte konzentrieren und sonst gings einfach so schnell wie möglich runter. Es war sau anstrengend. Wir haben zu uns immer nur wieder gesagt, dass wir komplett im Arsch sind.
Endlich endlich haben wir die Felsen erreicht, wo wir die Steigeisen abgelegt und die Seilschaft beendet wurde! Endlich wieder frei! Wobei ich es noch ganz gut hatte. Zwischen Jan, Lena und Ovi war der Seilabstand nur halb so lang als wie zwischen Juan und mir und das war hat den Laufrhythmus gestört. Nach 20 Minuten waren wir dann am Campo Alto. Ich musste mich erstmal aufs Bett werfen und klar kommen. Wir waren erschöpft. Wir haben noch eine heiße Suppe bekommen und uns todesstolz in dem Logbuch verewigt! Wir haben es geschafft! Wir standen oben! Wir waren überglücklich! Nach 9 Stunden pure extreme Anstrengung.
Für den letzten Abstieg zum nächsten Camp mussten wir nochmal alle zurückgelassenen Sachen an den Rucksack schnallen und waren dann um 11 Uhr endlich da. Ich hab am Weg nochmal für ein Spaßbild in meiner hellblauen Skiunterwäsche posieren müssen, was Ovi übrigens auf seinem Instagramkanal als vorderstes Bild einer Fotoreihe hochgeladen hat, der Spaßvogel... Naja bin zum Glück nicht verlinkt;)
Mit dem Auto von Juan sind wir dann voll beladen zurück nach LaPaz und erst hier haben sich meine Energiespeicher wieder gefüllt. Wir haben alle auf der Fahrt unsere Bilder ausgetauscht und Ovi hat natürlich gleich ein 360°-Video rausgerendert bekommen.
Wir haben dann noch das Equipment in El Alto abgegeben und Jan und Lena haben ne Runde Eis für alle ausgegeben. In La Paz hieß es dann Abschied nehmen von Ovi und Juan. Den beiden haben wir den Aufstieg zu verdanken. Ohne die beiden unmöglich und die haben dann auch nen guten Tip bekommen. Und Ovi hat die Hälfte vom Spielblock von Qwix geschenkt bekommen. Die beiden waren echt super!
Für uns war der Tag surreal. Es war jetzt 14 Uhr und wir standen heute Morgen schon auf einem Sechstausender! Wir haben uns noch was zu essen geholt und zufällig eine Spezialität aus La Paz entdeckt: ein Sandwhich de Choloa. Wir sind dann in verschiedene Richtungen zu unseren Hostels und haben uns für morgen zum Cafe trinken verabredet. Jetzt heißt es runterkommen und das Erlebnis erstmal verdauen - realisieren - reflektieren.
Im Hostel wurde ich dann mit schlechten Neuigkeiten überrascht: Mein versprochenes Zimmer ist nicht mehr verfügbar. Meine Laundry haben sie verschusselt und der Zimmerschlüssel für mein zurückgelassenes Gepäck war grad nicht da... Mir wurde dann ein Bier versprochen und ich hab ein Bett in einem Viererdorm bekommen, wo ich ganz alleine heute Nacht drin Schlafen werde. War alles in allem dann nicht schlecht.
Ich hab dann Family und jeden der von der Tour gewusst hat, Bescheid gegeben, dass es mir gut geht.
Am Abend bin ich noch runter zum Hostelrestaurant, wo ich mein kostenloses Bier abgeholt und einen Burger gegessen habe. Ich hab paar Videos ausgewertet, mich mit einem Franzosen über die Bergtour unterhalten und bin dann um 23 Uhr, nach 23 Stunden ohne Schlaf und einer sechstausnder Besteigung eingeschlafen. Hundemüde und fix und foxy.Read more
Traveler oh Mann Leo das liest sich echt sehr spannend, und das war au ch sehr mutig. Das ist sicher ein unbeschreibliches Gefühl so was geschafft zu haben.