Brazil
Serra das Cabras

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Travelers at this place
    • Day 416

      Slowfood-Life

      March 19, 2018 in Brazil ⋅ ⛅ 30 °C

      Darf ich vorstellen: "Fazenda Malabar", eine Farm, die saisonale Obstkörbe mit organisch angebautem Obst und Gemüse in verschiedenen Größen zusammenstellt und an Kunden in São Paulo ausliefert sowie ihre Kommunikationskanäle zu edukativen Zwecken nutzt. Gegründet von einem jungen Geschwister-Paar, das ihr Land für einen guten Zweck nutzen will, bewohnt und bearbeitet von drei jungen Ökologie-Absolventen und einer noch jüngeren lokalen Familie.

      Tolles Projekt und gleichzeitig meine wohl härteste Workaway-Erfahrung, was mir wieder zeigt wie viel harte Arbeit hinter dem Wandel zu mehr Nachhaltigkeit steckt und wie viel guter Willen sowie intrinsische Motivation und Überzeugung das Richtige zu tun benötigt wird, um es durchzuziehen.

      Aller Anfang war vor allem aufgrund fehlender Kommunikation vorab und der Gruppenkonstellation schwer. Sicher hat auch die Tatsache dass ich in letzter Zeit komfortablere Unterkunft und intensivere Wertschätzung gewöhnt war seinen Teil dazu beigetragen, dass meine Motivation schon am Abend meiner Ankunft stark gesunken ist. Schnell war klar, dass hier mehr Arbeitsstunden erwartet werden als im Profil angekündigt und somit die Essenz von Workaway übergangen wird. Leider ist dies bei vielen Projekten der Fall, nur lehne ich diese normalerweise schon im Vorfeld ab, wenn ich darüber unterrichtet werde.

      Im Grunde fügen sich die Freiwilligen in den Tages-Rhythmus der Beteiligten an: Täglich um 5:00 aufstehen, frühstücken und mit nem Bulli raus aufs Feld fahren. Nach etwa 5 Stunden Gemüse(samen)-Pflanzen, Unkraut jäten, Beete umgraben, Mist, selbsthergestellten Bio-Dünger und Stroh verteilen gibt es eine Pause, bevor es um 12:00 zum Mittagessen bei einer Nachbarin geht. Drei Mal die Woche muss jede/r Freiwillige nachmittags nochmal für etwa 3 Stunden raus (was Feldarbeit bei praller Sonne bedeuten kann), ein Mal die Woche das Haus in Schach bringen sowie mehrmals die Woche für alle Abendessen kochen und Brot backen.
      Zwei mal die Woche wird morgens geerntet, die Lieferung zusammengestellt und auf den Weg gebracht. Obwohl Erntetage schon um 4:30 anfangen und auch mal bis 12:00 durchgearbeitet wird, ist das die leichteste und erfüllendste Arbeit.
      Wenn der Bulli dann vollgepackt mit Biokisten zur Ausfuhr nach São Paulo muss oder ein Teil der Strecke wegen Regen am Vortag nicht befahrbar ist, bleibt uns manchmal nichts anderes übrig als (in der prallen Sonne) zu Fuß zu gehen. Aufgrund der unvermeidbaren Weg- und Wartezeiten bleibt trotz langem Tag kaum Zeit zur freien Verfügung. Unvorhersehbare Wetterkonditionen und hohe Dichte unbeliebter Insekten erschweren das Ganze noch, führen aber gleichzeitig zu reichlich Witz-Material... 😂 Denn am Ende sitzen hier alle im selben Boot! Bewohner und Freiwillige teilen diesselben Arbeitszeiten, Wohnkonditionen, Nahrungsmittel etc. und verdienen zum aktuellen Zeitpunkt so gut wie gar nichts.

      Der "Boss" der Unternehmung hatte ein offenes Ohr für meine Kritik sowie Interesse an meiner Meinung, meinen Verbesserungsvorschlägen und Business-Ideen. Gegebenenfalls habe ich hier auch jemanden zur Anwendung der GWÖ-Matrix (mein Masterarbeits-Thema) rekrutiert... 😉

      Was ich sonst noch mitnehme bzw. warum sich mein Einsatz hier definitiv gelohnt hat:

      * Das Wissen dass hier tatkräftig an der Ermöglichung eines gesünderen und nachhaltigeren Lebensstils gearbeitet, sowie Aufklärungsarbeit geleistet wird, um diesen zu verbreiten. Geplant sind z.B. die Einführung von PUNC-Food (essbares Unkraut) inkl. Unterrichtung über deren nutritiven Wert und ihre Nutzung in Form von Rezeptideen (zumindest ist das meine ideale Umsetzungsvorstellung, die ich mit allen geteilt habe 😅).

      * Analyse von Führungstechniken und ihre Auswirkung auf Motivation und Arbeit des Teams, sowie die Auswirkung von Kommunikationsdefizit und den Umgang damit. Ich habe nach kurzer Zeit die Rolle der Kommunikations-Brücke übernommen, so dass vor allem Neuankömmlinge ihre Fragen an mich statt die Gruppenleitung gerichtet haben und auch diese teilweise Infos über mich ausgetauscht hat.

      * Beobachtung von Gruppen-Dynamik, Team-Rollen und wie schnell sich alles durch Abreisende und Neuzugänge ändert, sowie generelle Auseinandersetzung mit Themen, die jüngere Generationen bewegt und was sich ggf. mit dem Reifegrad ändert. 😋

      * Austausch und Unterrichtung bzgl. wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Themen einschließlich der Rolle der Frau in all diesen Kategorien sowie Feminismus im Allgemeinen. In ein paar heißen Diskussionen auf (überwiegend) gebildetem Level, stand ich so einigen Überzeugungen gegenüber, die mich zum Nachdenken, Hinterfragen und Zurechtlegen starker Argumente gebracht haben - Exzellente Praktik in Standhaftigkeit, Argumentation und Wortwahl auf mehreren Sprachen gleichzeitig. 😉
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    You might also know this place by the following names:

    Serra das Cabras

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