Satellite
Show on map
  • Day 362

    365 Tage

    August 30, 2017 in New Zealand ⋅ 🌙 5 °C

    4. September 2016:
    Ich habe meinen Rucksack gepackt, der mich beim Aufziehen fast nach Hinten zurück auf den Boden zieht und freue mich auf eine Auszeit. Auszeit? Von was eigentlich? Eine Auszeit von 13 Jahren Schulbankdrücken und einer gescheiterten Beziehung, die mir den Anfang des Jahres 2016 wohl schwerer gemacht hat, als ich jemals zugeben wollte.
    Mit den mir wichtig erscheinenden Dingen begebe ich mich auf eine sechsmonatige Reise an das andere Ende der Welt. Weit Weg von daheim und nicht einmal mit einem Reiseführer. Lediglich ein paar Bilder und Videos haben mir erste Eindrücke von dem Land gegeben, in das ich bald reisen werde. Ich hatte die Vorstellung nach Anfang 2017 wieder zurück in den Schwarzwald zu kommen und neu starten zu können. Mit einem Studium zu beginnen, mit meinen besten Freunden an meiner Seite, dem Rückhalt meiner Familie und neuen interessanten Erlebnissen.
    Doch wie ich nun weiß, kam alles anders.

    30. August 2017:
    Fast 365 Tage ist es her, dass ich zum ersten Mal alleine ein Flugzeug betreten habe. Als ich nach einem mir ewig vorkommenden Flug in Auckland ankam, wurde ich erst einmal von all diesen Eindrücken überwältigt. So viele Menschen, eine andere Sprache und ich kam mir klitzig klein vor in dieser Menschenmasse. Doch dann machte ich den ersten Schritt und kümmerte mich um einen Arbeitsplatz auf einer Farm bei Sarah & Jono. Ich fütterte Schweine, half in der Metzgerei und fühlte mich nach und nach wohler bei dieser tollen Familie. Doch ich wollte Geld verdienen und landete anschließend als Bandarbeiter in einer Firma für Kiwi-Früchte. 11 Stunden täglich, Minimunlohn und 5 Wochen später, hatte ich ein Auto: Bob. Mit einer anderen Deutschen-was mir anfänglich richtig erschien- starteten wir Anfang November bis Ende 2016 unseren Roadtrip durch Neuseeland. Schnell wurde klar: dieses Land passt besser zu mir, als ich jemals gedacht hätte. Überall warten Überraschungen. Wasserfälle, Sanddünen, Regenwälder, Höhlen, die schönsten Arten von Tieren und ganz, ganz viel Wasser! Ich habe so viel Zeit am Meer verbracht. Und mehr und mehr habe ich erkannt, wie gut mir das tut. Mein Uropa freut sich jedes Mal, wenn er Fotos von mir sieht, wie ich am Wasser bin. Ich glaube dieses Freiheitsgefühl am Meer habe ich heute von ihm!
    2017 begann und ich begab mich auf einen Trip nach Malaysia. Meine Heimreise stand kurz bevor und ich realisierte, dass ich nicht gehen möchte. Ich kam erst so richtig in diesem Land an und schon sollte ich es wieder verlassen? NÖ! Mein Flug nach Deutschland wurde abgesagt und statt dessen ein Flug von Kuala Lumpur nach Auckland zurück gebucht. Mir war es egal, was man über mich denken würde, denn die Leute reden immer, ganz egal was du machst. Diesen Schritt habe ich seither nie bereut. Ein zweites Mal in Auckland angekommen, fühlte ich mich schon ganz anders. Ich kannte mich aus, verstand die Menschen viel besser und war bereit in die zweite Hälfte meines Neuseelandabenteuers durchzustarten. Ich fand einen Job als Farmhelfer auf Warrens Farm in Te Aroha, melkte 8 Stunden täglich, wurde von meinen Arbeitskollegen nicht ernst genommen - fast schon lächerlich gemacht- wurde fast schon depressiv. Ich kaufte Jamy, meinen geliebten Polo, der mir ein bisschen mehr Freiheit und Auszeit vom Arbeitsalltag gab. Ich lernte nach einem Monat Tanja kennen, die für mich wie eine Schwester wurde und immer noch ist. Wir kämpften uns Tag täglich gemeinsam durch die Arbeit durch. Ich gab den Wunsch, dass irgendwann alles besser auf der Farm wird auf und kümmerte mich um einen neuen Job. Dies klappte besser als ich dachte und schon bald überreichte ich Warren mit gutem Gefühl meine Kündigung. Mit Vollgas fuhr ich aus Te Aroha raus und auf nach Kaiaua. Dort wartete eine chaotische Farm auf mich, jedoch mit dem herzlichsten Chef, den ich jemals gehabt hatte und ich merkte schnell, dass es sich lohnt Veränderungen zu machen und sich etwas zu trauen. Ich verbrachte wunderschöne 7 Wochen auf Dennis' Farm, wurde ernst genommen und war zum Schluss sogar eine Art Manager und hatte die volle Verantwortung der Farm, wenn Dennis in den Urlaub ging oder sich um andere Baustellen kümmerte. Ich wurde von meiner Arbeitskollegin Rachel als Tochter akzeptiert und täglich mit leckerem Abendessen verwöhnt (ihr Applecrumble ist der absolute Wahnsinn #foodporn). Ich fühlte mich wohl, da ich Freunde fand, ein eigenes Haus hatte, ein Auto und einen Job. Außerdem befand ich mich wieder direkt am Meer! All dies musste ich jedoch bald wieder aufgeben, veränderte mein Äußeres (Braids) und flog zurück auf die Südinsel. Vier letzte Wochen in Neuseeland standen mir bevor und ich reiste herum wie es mir passte. Ich stellte mich erneut an die Straße als Anhalter, machte gute und schlechte Erfahrungen, erlebte die ein oder andere Überraschung und lernte fantastische Menschen kennen.
    Mein letzter Wunsch bevor ich ausreisen würde, war es die Wanderung auf den Roys Peak zu machen. In Wanaka -eine meiner Lieblingsstädte- angekommen erklomm ich die oberste Spitze des Berges auf 1581 Meter. Ich hatte alles gemacht, was ich mir vorgenommen hatte, genoss die letzten Tage in Wanaka, war feiern und reiste nach Queenstown.
    Und heute, am 30. August 2017,verlasse ich Neuseeland!

    Ich werde Vieles vermissen! Vom ersten Tag an haben mich die Einheimischen mit ihrer wahnsinnig freundlichen, humorvollen und hilfsbereiten Eigenschaft fasziniert. Du kommst mit jedem ins Gespräch, egal ob alt, jung, wohlhabend oder nicht. Ich habe mich nie unsicher gefühlt und habe so viele Freunde gefunden. Ich werde die kleinen Dörfer vermissen die so unscheinbar wirken, doch an Wochenenden den größten Spaß in ihren kleinen Kneipen bieten. Ich werde es vermissen, so befreit, underdressed und unbeobachtet zu tanzen, wie ich es noch nie zuvor tat. Ich werde die atemberaubende Landschaft, das Meer, die Seen und sogar die unzähligen Schafe und Kühe auf den fast schon zu grünen Wiesen vermissen. Ich werde es vermissen an Supermarktkassen, im Bus und am Bahnschalter gefragt zu werden wie es mir geht. Ich werde die traditionellen Pies mit Fleisch, Käse oder Lammfüllung vermissen. Ich werde es vermissen auf der linken Seite zu fahren, in den Kreisverkehr zu blinken, Radio und Fernseh in englischer Sprache zu hören/sehen. Außerdem, dass es selbstverständlich ist in Clubs und Restaurants kostenlos Trinkwasser zu bekommen. Ich werde es vermissen, dass jeder Barfuß herumläuft, egal wie kalt es ist und wo man ist. Außerdem werde ich den Anblick vermissen, dass man seine dreckigen Schuhe und Gummistiefel auszieht und vor die Ladentür stellt, bevor man in den Laden läuft. Ich werde-welch ein Wunder 😁- die hübschen Männer vermissen, die mit Surfbrettern unter dem Arm an den Strand laufen. Es gibt so vieles mehr was ich vermissen werde, doch ich stoppe mich nun besser selbst, bevor ich in Tränen ausbreche! Ich kann nur sagen: I will fucking miss you! (Dass man zu allem noch ein "fucking" dazu sagt, werde ich übrigens auch vermissen! 😂😂😂)

    Ich bin wahnsinnig stolz auf alles was passiert ist. Ich habe gelacht, geweint, gute und dumme Entscheidungen getroffen. Doch alles in allem kann ich sagen: Alles was geschah hatte seinen Sinn und ich hatte für mich persönlich das schönste Auslandsjahr in Neuseeland, das ich mir nur hätte wünschen können. Ich habe so viele Freundschaften geknüpft, mich selbst kennengelernt und entwickelt. Ich weiß viel besser, was ich kann, was ich nicht kann, was ich will und was ich nicht will. Ich war noch nie so lebensfroh und glücklich wie hier. Aus der super organisierten Damaris wurde eine etwas entspanntere und lockere junge Erwachsene, die hier und da Mal leicht chaotisch und verplante Phasen hat- womöglich hat das die ein oder andere berichtete Geschichte auf meinem Blog schon ausgesagt.
    Mir ist bewusst, dass wenn ich im Dezember nach Hause komme, alles anders wird, als es hier war. Ich möchte arbeiten, studieren und meine Pläne umsetzen. Doch ich nehme mir fest vor, meine Wünsche und Pläne so umzusetzten, wie ich sie mir hier überlegt habe. Im Alltag wieder eingeholt, wird man schnell vergessen, was es heißt richtig zu Leben und mit Sicherheit wird nicht alles möglich sein, was ich mir vornehme. Aber was ich gelernt habe ist, dass ich mir selbst immer vertrauen kann. Wenn sich etwas falsch anfühlt, dann ändere es und wenn sich etwas richtige anfühlt, versuche es so beizubehalten. Veränderungen sind gut und verlangen manchmal nur ein kleines Stückchen Mut. Das zu machen was alle anderen machen und gut heißen, ist nicht immer das, was man selbst will und gegen den Strom zu schwimmen, bedeutet nicht, dass es falsch ist!
    Ich danke allen Menschen, die mein Abenteuer in Neuseeland mitverfolgt haben, sich für mich gefreut haben, für mich da waren, als ich kleine Durchhänger hatte. Es bedeutet mir so viel, diesen Rückhalt zu spüren und nur deshalb, hatte ich nie das Gefühl allein zu sein und hatte deshalb auch noch nie Heimweh.
    Ganz besonders möchte ich meinen Eltern danken, die mich so unfassbar viel unterstützt haben, die jederzeit erreichbar waren und sich meine minutenlangen sinnlosen Sprachmemos reingezogen haben. Meinen Eltern und ihrer Art mich erzogen zu haben ist es wohl zu verdanken,dass ich heute da stehe wo ich bin. Sie haben alles richtig gemacht und mir einen wundervollen Start ins Leben gegeben. Ich bin so wahnsinnig stolz auf sie!
    Das Kapitel "Work&Travel Neuseeland" ist nun abgeschlossen und deshalb werde ich für meine Weiterreise ein neues Kapitel mit spannenden Beiträgen erstellen. Es würde mich freuen, wenn ihr mich auch dort weiterhin begleitet!
    Mit vielen Erinnerungen, stärkerem Selbstvertrauen und einigen Kilo leichterem Gepäck reise ich nun weiter nach Melbourne und anschließend nach Asien!

    See you New Zealand, my most beloved country! It wasn't the last time we've seen each other! I will come back, oneday!
    Read more