Liberia Ganta

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Travelers at this place
  • Day 95

    Tag 95, 228 Km/13824 Km

    December 2, 2024 in Liberia ⋅ ☀️ 33 °C

    Auch wenn es mir nicht gut geht, starte ich am Morgen. Ich fahre die 200 Kilometer bis in die Stadt Ganta, werde mal wieder mehrfach angehalten, von der Polizei nach Pass, Geld oder Geschenken gefragt. Ich muss mehrfach aus dem Auto aussteigen und in irgendein Büro, damit irgendwelche Dinge in irgendwelche Bücher geschrieben werden. So richtig in Stimmung bin ich in meinem Zustand heute dafür nicht.
    In Ganta angekommen fahre ich zum Krankenhaus. Bevor ich die nächsten Tage im Nationalpark verbringe und der nächste Arzt kilometerweit weg ist, soll im Krankenhaus nochmal jemand prüfen, ob die Infektion und die Medikamente zusammenpassen. Außerdem steht bald die Elfenbeinküste an und ich fühle mich sprachlich doch etwas sicherer, dem Arzt meine Beschwerden in Englisch zu beschreiben.
    Im Krankenhaus muss ich mich zuerst an einem Schalter registrieren, dann zur Kasse und 5€ für den Arztbesuch zahlen. Der Arzt entscheidet, einen Bluttest zu machen, die Symptome könnten tatsächlich auch auf Malaria hindeuten, trotz der Prophylaxe. Also wieder zur Kasse und 10€ für das große Blutbild zahlen. Dann zur Blutabnahme und schließlich nochmal zum Arzt. Die stundenlange Wartezeit überbrücke ich immerhin mit Maisbrot, welches eine der Damen den Wartenden verkauft. Leider ist der Bluttest nicht nur positiv auf eine Entzündung, sondern auch auf Typhus. Die Typhusimpfung, die ich habe, stellt leider keinen hundertprozentigen Schutz dar, somit bekomme ich noch ein weiteres Antibiotikum verschrieben. Heißt für mich: Malariaprophylaxe plus Antibiotikum gegen die Entzündung plus antibiotische Salbe plus Antibiotikum gegen den Typhus. Im Krankenhaus gibt es eine Apotheke, diese hat das Typhus-Antibiotikum nicht. Ich soll in der Stadt in eine Apotheke gehen und dort das Mittel besorgen. Also mit dem Auto ins Stadtzentrum, Parkplatz suchen, in die erste Apotheke. Der Apotheker muss erstmal mit seinem Handy nachschauen, was das überhaupt für ein Mittel ist, ruft dann noch jemanden an. "Das Mittel gibt es in ganz Ganta nicht. Der Arzt soll etwas anderes verschreiben." sagt er mir. Also wieder zum Krankenhaus, anmelden, wieder zum Arzt. "Ach, da hab ich mich verschrieben!" statt Ciprofloxacin hat er Profloxacin geschrieben. Neuer Anlauf in der krankenhauseigenen Apotheke, hier schreibt man einen Preis auf das Rezept (3€). Dann rüber zur ersten Kasse, hier wird das bepreiste Rezept von Hand in eine Rechnung umgewandelt. Mit der Rechnung dann zur Kasse, da wird die Rechnung dann von Hand in einen Bezahlschein umgewandelt. Mit diesem Bezahlschein zur Apotheke, kurz warten, tada - hier Ihr Antibiotikum! Während ich warte, schieben vier Ärzte mit Ganzkörper-Schutzanzug und FFP2 Maske eine in Plastik eingewickelte Leiche durch den Gang. Der letzte Ebolafall ist immerhin 9 Jahre her. Als ich das Krankenhaus final verlasse, fliegen rund um die Bäume vor dem Krankenhaus hunderte Flughunde. Immerhin ein Wermutstropfen nach der langen Warterei.
    Nachdem die ganze Aktion vier Stunden gedauert hat, suche ich mir einen Schlafplatz in der Umgebung. Es gibt eine christliche Universität, ich frage eine der Angestellten, ob ich im Hof im Auto schlafen darf. Sie hat mit ihrem Mann ein Haus direkt auf dem Universitätsgelände und lässt mich die Nacht in ihrem Garten verbringen. Zahlen muss ich dafür nicht. Als ich ihr erzähle, dass ich heute Vormittag im Krankenhaus war, sagt sie, dass sie dazu nur abraten kann. Tatsächlich ist die Erfahrung einen Bluttest in einem Provinzkrankenhaus in Liberia zu machen eine Sache, die ich vermutlich niemals wieder vergessen werde.
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  • Day 9

    Ganta - Monrovia

    November 24, 2024 in Liberia ⋅ ☀️ 30 °C

    Und es gibt wirklich Wunder. Das Auto, welches gestern noch in die Böschung geknallt ist und welches wir unbenutzbar in Guinea zurücklassen mussten, erreichte heute 10 Uhr das Hotel in Liberia und hatte nach 8 tägiger Odyssee durch ganz Guinea tatsächlich die beiden vermissten Gepäckstücke dabei. Was für eine Freude.
    Gegen 11 Uhr starteten wir hoffnungsvoll in Richtung Monrovia. Nach weniger als einem Kilometer wurden wir beim nächsten Immigration Service gestoppt. Alle mussten wieder aussteigen und die Pässe abgeben, damit neuerlich eine Liste handschriftlich befüllt werden konnte.
    „Gepäckkontrolle, alle Koffer aus den Fahrzeugen mit Mali-Kennzeichen öffnen!“
    „Wer ist der Boss der Gruppe?“ „Mahamadou!“
    Auf einmal kam die Ansage, dass das Gepäck doch nicht kontrolliert wird. Warum? Mahamadou: „Weil ich bezahlt habe!“
    Verdammt. Als wir bereits wieder im Auto saßen, wurden unsere Pässe neuerlich eingesammelt. Sie wollen noch mehr Bakschisch erpressen, bevor sie uns weiterfahren lassen. Eine solche Gelegenheit - acht Touristen aus Europa - wollte man sich offenbar nicht entgehen lassen. Also schmorten wir im wahrsten Sinne des Wortes unter der Sonne Afrikas in unseren Fahrzeugen bis wir endlich nach einer Stunde gegen 12:15 Uhr weiterfahren konnten. Ohne zu zahlen.
    13:05 Uhr wurden wir neuerlich von einer über die Straße gespannten Kette gestoppt und mussten wieder die Pässe abgeben. So richtig ging es mal wieder nicht voran.
    Da unser etatmäßiges Frontfahrzeug, welches unser erstes Frontfahrzeug nach vier Tagen wegen eines Defekts ersetzte und dafür eigens aus Mali kam, in einer Werkstatt repariert wurde, fuhren wir inzwischen mit einem Mietwagen mit liberischem Kennzeichen an der Spitze.
    Das Fahrzeug sah im Vergleich zu den beiden anderen schlachterprobten Karren modern aus. Doch während unseres Polizeistopps mussten wir notgedrungen doch wieder umpacken und uns in zwei Fahrzeuge quetschen, weil der neue liberianische Mietwagen Öl verlor und nicht weiterfahren konnte. Die neue Herausforderung bestand aber nun darin, zwei weitere Koffer unterzubringen, die es bis zum
    Vortag noch nicht gab.
    Tatsächlich hatten wir zu Beginn der Reise das Ziel, Land, Natur, Kultur, Geschichte und Leute kennenzulernen. Irgendwann verrückten die Schwerpunkte in Richtung durch- und irgendwie heil im nächsten Nachtquartier anzukommen.
    14:45 Uhr passierte dann das Unfassbare. Wir näherten uns der nächsten Straßensperre. Es wurde ja auch wieder Zeit. Langsam rollten wir der Absperrkette entgegen. Der Polizist trat aus dem Schatten der Verandaüberdachung hervor und… ließ die Kette zu Boden sinken, damit wir darüber hinwegfahren konnten. Eine Stunde später war an einem Kontrollpunkt neben keiner Kontrolle noch nicht einmal eine Kette… Es geht doch.
    Wir erreichten Gbarnga und gerieten in einen Volksfesttrubel. Es gab Musik und Vuvuzela-Krach. Offensichtlich feierten Schüler ihren Schulabschluss und patrouillierten in Autos und auf Mopeds in blaue Talare gehüllt und mit Magistermützen auf dem Kopf durch die Straßen.
    Die Stimmung der Passanten war uns gegenüber gemischt von einigen freundlichen Reaktionen über mehrheitlich gleichgültige Mienen bis hin zu ablehnenden Gesten. Einige gaben uns durch Handzeichen deutlich zu verstehen, dass wir verschwinden sollten und hier nichts zu suchen hätten.
    Wir erreichten eine Kautschuk-Plantage.
    Mit 12.000 ha ist es DIE Kautschuk-Plantage des Landes und eine der größten Westafrikas.
    Bridgestone bzw. ehemals Firestone begründete einst die Kautschukproduktion in Liberia und ist bis heute zugleich der größte Pächter und der größte Abnehmer. Erst kürzlich wurde der Pachtvertrag für weitere 99 Jahre verlängert.
    Das Problem der neokolonialen Struktur ist die geringe Fertigungstiefe. Der gewonnene Saft wird in Latex-Ballen gepresst und für die Reifenproduktion nach Übersee verschifft.
    8.000 Menschen arbeiten hier. Der Verdienst ist gering, weswegen es hin und wieder zu Streiks kommt.
    Die Arbeitskämpfe haben aber nicht nur höhere Löhne zum Ziel sondern auch den Einsatz für die Schaffung einer Folgeverarbeitung der Rohstoffe, damit noch mehr Menschen hier im Land Arbeit finden können
    Interessant ist der Pflanz- und Ernte-Zyklus. Nach der Pflanzung wächst der Baum ca. 5 Jahre, ehe er das erst Mal angezapft wird. Geerntet wird bis zum 10. Lebensjahr, dann wird der Baum entfernt und nach einer Zeit der Bodenregeneration durch einen neuen ersetzt.
    Die am Stamm hängenden Töpfchen sind in 3 bis 4 Tagen voll der kostbaren Flüssigkeit, wenn neu und frisch angeschnitten wird.
    Wenn es eine Woche und länger dauert, bis der Topf sich füllt, wird ein neuer Schnitt weiter oben am Stamm gesetzt.
    Am Abend erreichten wir Monrovia und bezogen Quartier im Maryland Guesthouse mit sauberen Zimmern und WLAN 🙃
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