Arrondissement de Melun

Die Landschaft ist touristisch nicht besonders erschlossen. Aber sie ist weitläufig. So geht mir in der drückenden Hitze das Wasser aus und ich suche in der Not einen Supermarkt, wie man ihn überall in Europa findet.
Das ist nicht originell und auch nicht neu, aber ich bekomme dort Wasser.
Nachdem ich meine Feldflasche mit dem Wasser aus der Plastikflasche gefüllt habe, beschließe ich den Rest auf der hässlichen Bank vor dem Supermarkt auszutrinken, mit Blick auf einen Parkplatz..
Ein drahtiger, gebräunter Franzose, in den mit Fünfzigern, setzt sich dazu, zündet sich eine Zigarette an und spricht mich an. Er fragt ob das mein Fahrrad sei, wo ich her käme und wie viele Kilometer ich am Tag führe.
Ich kann ihm alles beantworten und bin ein klein bisschen stolz auf mein Französisch, das inzwischen solch ein Gespräch hergibt. Er findet das gut und fragt mich, was ich von Frankreich halte. Ich sage ihm dass ich es großartig fände. - etwas anderes hätte ich bei solch einem Gespräch auch nie gesagt, aber es stimmt tatsächlich.
Er steckt sich die Zigarette in den Mundwinkel und winkt ab. Ich käme doch aus Deutschland und wüsste wo es besser sei. Hier gäbe es nichts, nur Schlaglöcher in den Straßen und unpünktliche Bahnen. Und die Sachen im Geschäft werden auch so teuer, dass man sie sich gar nicht mehr leisten könne. Er wird dabei lauter.
Ich sage ihm dass ich die Flasche Wasser immerhin für 20 Cent bekommen habe.
Das Wasser sei schlecht, sagt er mir und gutes Wasser sei teuer. Das läge alles an Europa.
Mir wird das Gespräch zu politisch und mein Französisch reicht plötzlich für gar nichts mehr aus. Wir schweigen. Ich weiß noch nicht genau wie ich die Situation auflösen könnte.
Er schaut mit der Zigarette im Mundwinkel sinnend und grollend über den Parkplatz in die Ferne.
Da erreicht meinen Gesprächspartner ein scharfer Ruf vom Parkplatz.
Eine Frau, nicht sonderlich groß, aber mindestens genauso breit, ruft ihn herrisch zu sich. Er eilt hin und lädt einen überfüllten Einkaufswagen in einen SUV hinein. Als sie einsteigt neigt sich der SUV merklich zur Seite. Aber noch darf mein neuer Freund nicht zusteigen. In sehr lauter Sprechweise und heftig gestikulierend, wird ihm von seiner holden Amazone deutlich gemacht, dass er gefälligst den Einkaufswagen zurückstellen soll.
Verlegen winkt mir der unglückliche Franzose noch zu.
"Au revoir, monsieur, et vive la France!", rufe ich ihm zu. Sein Gesicht hellt sich auf.
"Bon voyage!", ruft er zurück und steigt ein, was den SUV diesmal gar nicht beeindruckt.Read more