Trotz Weinprobe und “Regenwache” bin ich erstaunlich früh munter und sitze schon um kurz nach 8:00 Uhr mit einer Tasse Kaffee vor dem Camper. Die Dusche war sehr schön und heiß: der Jüngere der beiden Hunde kommt vorbei und ist etwas enttäuscht, daß er kein Leckerli von mir bekommt. Nach dem Regen der Nacht ist die Luft wie frisch gewaschen und die Sonne, die langsam über das Bauernhaus kommt, ist sehr willkommen. Bis die anderen Camper wach sind, träume ich etwa vor mich hin. Irgendwann kommt Nana aus Hamburg aus ihrem Van. Wir unterhalten uns, während sie sich fertig macht. Ganz gemütlich fahren wir kurz hintereinander gegen 11 Uhr vom Hof. Sie Richtung Avignon und dann weiter nach Deutschland, ich in die entgegengesetzte Richtung ans Mittelmeer und Richtung Spanien. Es ist entspannend, daß wir so lange auf dem Weingut noch stehen konnten – da man wirklich nur 1 Nacht bleiben darf, hätte es auch bzgl. Abfahrtzeit Vorgaben geben können.
Östlich von Perpignan bzw. Saint-Nazaire, am "Plage du Lido" komme ich richtig ans Mittelmeer. Historisches Fischerdorf auf der einen, Kitesurfing-Strand auf der anderen Seite. Die Sonne ist inzwischen hinter grauen Wolken verschwunden, aber es regnet nicht. Der Wind ist nicht so stark wie in den letzten beiden Tagen, aber das Meer ist aufgewühlt. Die beiden Wellenreiter haben ideale Bedingungen; ich möchte jetzt nicht da draußen sein. Ein Strandspaziergang ist aber schön. Reichlich durchgepustet freue mich danach auf Kaffee und Schoko-Croissants im LT. Das ist der Vorteil, wenn man komplett autark ist. Parallel zum Strand sind gefühlt Hunderte an Parkplätzen, die zu dieser Jahreszeit nahezu komplett leer sind. Was muß das hier füe ein Verkehrschaos im Sommer sein… Erstaunlicherweise stehen hier keine Verbotsschilder für Wohnmobile (man dürfte theoretisch sogar hier übenachten). Es ist seltsam – auf dem Supermarkt-Parkplatz im Dorf 5km vorher (immerhin ein Intermarché Super) waren Wohnmobile nur in einem kleinen Bereich gestattet. Und dieser Bereich war so klein, daß selbst ich mit meinem 5m-LT hinten über die Parkbucht hinaus in den Fahrweg gestanden habe und nur deshalb gut rangieren konnte, weil außer mir kein anderes Wohnmobil da war. Wie gesagt, zum Teil kann ich die Vorbehalte verstehen, aber gerade auf Supermarkt-Parkplätzen… Außdem gibt’s inzwischen genug technische Möglichkeiten zu verhindern, daß auf so einem Parkplatz übernachtet wird…
Als Übernachtungsplatz habe ich mir heute Les Jardin d’Ortaffa… herausgesucht. Eigentlich wollte ich da nicht im Dunkeln ankommen, aber ich habe am Strand getrödelt. Das rächt sich: auf den letzten Kilometer besteht die Straße nur noch aus Schlaglöchern. Die Straßenbeleuchtung verdient den Namen auch nicht und das Netz ist so schwach, daß das Navi immer etliche Meter hinterherhinkt. Damit verpasse ich die letzte Abzweigung – ich sehe das kleine Schild zwar noch, aber da direkt hinter mir ein PKW ist (warum müssen die hier eigentlich immer so dicht auffahren?), kann ich nicht mehr abbiegen. Also bei nächster Gelegenheit wenden und zurück. Nochmal ein paar fiese Schlaglöcher mehr. In der letzten Kurve (ich muß auch noch dem Gegenverkehr ausweichen) ist das Loch so tief, daß es den großen Spiegel an der Bad-Tür aus der Verankerung hebt. Zum Glück bleibt er ganz und schlägt “nur” ein kleines Loch in meinen Fußbodenbelag.
Ich will ja ohnehin mind. 2 Nächte dort bleiben… Zeit also, um einiges aufzuräumen und zu reparieren. Der Platz selbst ist wunderschön angelegt: 6-8 Plätze im Rund um eine relativ groß Wiese inmitten von Natur. Dazu ein kleines Gebäude mit Außenküche – “kitchen de la commune”, wie mir die 4 anderen Camper und der Platzbetreiber lachend erklären. Es ist mehr so eine Art “Kommune”, als ein reiner Stellplatz. Wie so oft ist hier alles ein bißchen rustikal und man darf keine großen Ansprüche haben (das Wlan ist z.B. quasi nicht vorhanden, so schlecht ist das Signal). Aber es wirkt gemütlich. Ich bekomme auch gleich ein Bier angeboten. Die Verständigung geht etwas mit Händen und Füßen, außer bei einer etwas älteren Dame (ich schätze sie auf über 80, hinterher stellt sich heraus, daß sie Anfang 60 ist, aber ein "recht bewegtes" Leben hatte), die ein ausgesuchtet gutes Englisch spricht. Kein Wunder – sie ist in Wales geboren, lebt aber seit einer Ewigkeit in Frankreich. Sie genießt es, wieder englisch zu reden und findet es schade, daß ich nur 2 Nächte bleiben will. Sie selbst bleibt mit ihrem Mann bis “wahrscheinlich” Ende November, bevor es dann weiter nach Portugal geht. Wer weiß, vielleicht trifft man sich mal wieder. Es ist eine lustige Runde, “gut bewacht” von “La Petite”, einer alten, leicht arthritischen Bernhardiner-Dame, die friedlich in der Ecke liegt. Als sie aufsteht, erreicht ihre Schulterhöhe meine Hüfte...aha… La Petite (die Kleine)… ok – alles ist relativ…
Am nächsten Tag sehe ich mir den Platz ersteinmal genauer an. Er ist wirklich schön angelegt. Alle notwendigen Services sind einfach, aber vorhanden. V&E, sogar eine Waschmaschine. Und im Haus des Betreibers darf man zu bestimmten Zeiten am Tag nach Absprache auch Duschen. Ich kümmere mich erstmal um diverse Kleinigkeiten: kontrolliere die Scheibe und “verbessere” diue Abdichtung etwas, putze, nähe einen kleinen Riß in meinem Hemd. Immer wieder unterbrochen durch gemütliches Sitzen in der Sonne. Über Mittag ist sogar das Wlan-Signal einigermaßkräftig, so daß ich am Rechner online gehen und mein Datenvolumen sparen kann. Nachdem jetzt fessteht, daß ich meine Freundin nicht in Barcelona treffen werde, plane ich mal wieder meine Tour um. Das wäre auch nur eine Großstadt, durch die ich durchhetzten würde, weil ich am 20. nördlich von Madrid verabredet bin. Das will ich mir, dem LT und der Stadt nicht antun. Sie kommt auf die Liste meiner “Städte-Tour”, denn dort hin möchte ich auf jeden Fall einmal.Read more