Germany
Erding

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Travelers at this place
    • Day 308

      Alles nur ein Traum?

      July 16, 2019 in Germany ⋅ ⛅ 20 °C

      Es ist soweit.
      Wir sind in Süddeutschland angekommen. Heimat. Heimat?
      Es riecht richtig deutsch. Und die Menschen sehen auch richtig deutsch aus. So viel geballte Deutschheit haben wir seit zehn Monaten nicht mehr erlebt. Irgendwie vertraut und irgendwie zum Wegrennen.
      Selten habe ich Dinge in meinem eigenen Land so bewusst wahrgenommen wie jetzt.
      Der unverkennbare Duft von Bäckereien, Blumenläden und Bioläden beim Daran-Vorbeilaufen. Mülleimer. An jeder Ecke. Mercedes-Autos als Taxis. Keine Stromleitungen hängen in der Luft. Sind die echt alle vergraben? Schicke Fahrräder an jeder Ecke. Chiquita Bananen im Regal, die ich vielleicht im April noch an der Staude in Costa Rica gesehen habe. Menschhohe Maisfelder. Bunte Blumenwiesen. Wie schön sind die eigentlich? Und das saftige Gras erst! Gibts eigentlich noch jemand, der kein E-Bike fährt? Johannisbeeren, Erdbeeren, Himbeeren. Kornfelder.
      Sonnenblumenfelder. Ampeln.
      Tupperboxen in Bananenform.
      Ich könnte die Liste endlos weiter führen.

      Wir sind in Erding bei Felix Eltern.
      Zum ersten Mal seit Monaten riechen wir, dass es aus unseren Rucksäcken stinkt. Komisch, dass uns dieser Geruch, den wir in all den Ländern nach und nach eingesammelt haben, nicht vorher auffiel. So als ob er sich erst im gestriegelt-sauberen Deutschland in voller Pracht entfalten kann. Michi nennt diesen Geruch liebevoll „Reiseparfüm“.

      Als ich da also den Reißverschluss meines geliebten Rucksackes öffne, kommt mir ein Riesenschwall dieses Reiseparfüms entgegen. Es riecht so stark nach Sabbatjahr, dass es mir die Tränen in die Augen treibt. Tränen des Fernwehs? Der schönen Erinnerungen? Der Freude? Der Verwirrung? Vermutlich ein Mix aus allem. Ein kurzer Geruch, der von unzähligen Momenten, Ländern, und Menschen erzählt.
      Mit jedem Teil, das ich auspacke, kommen mir etliche Erinnerungen. Mit jedem Teil, das ich auspacke, beende ich das Sabbatjahr ein Stückchen mehr.

      Ich stehe in Felix‘ altem Kinderzimmer und bin völlig überfordert. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Alles, was hier herumliegt, hat eine Geschichte. Das Booklet mit eigenen Fotografien von Warren aus Südafrika. Das bunte Stofftäschchen, das wir uns auf dem Festival im Flüchtlingslager in Malawi nähen lassen haben. Die Spanisch-Lernbücher, mit denen ich in Nicaragua gebüffelt habe. Die Wollmütze, die mich auf dem Kilimandscharo gewärmt hat. Der ausgeblichene gelbe Bikini, der all die wundervollen Strände Zentralamerikas gesehen hat. Das Fernrohr, mit dem wir in Botswana Löwen beim Kuscheln beobachtet haben. Den Flachmann, den ich Felix zu seinem 33er in Mosambik geschenkt habe. Das Prospekt der deutschen Schule Medellin, die uns gerne eingestellt hätte. Die Freundschaftsbändchen an meinem Arm, die mich (fast schon schmerzlich) an gewisse Personen erinnern. Einst so vertraut und jetzt fühlt es sich an, als wären diese Menschen aus einem anderen Leben. Sogar der Ring an meinem Zeh versetzt mir einen Stich im Herzen. Ich sehe ihn über die verschiedensten Untergründe laufen. Ständig war etwas Sand unter ihm eingeklemmt. Und stets hat er mich angestrahlt, denn er war so gut wie nie in Schuhe eingesperrt.

      Wenn ich an das Jahr zurück denke, kommt es mir immer mehr vor wie ein Traum. Richtig unrealistisch. Kaum greifbar. Fast schon verschwommen. Wie ein Traum, an den man sich unbedingt erinnern möchte, der einem aber immer weiter entschwindet.
      Felix ohne sein Surfbrett zu sehen, ist ganz seltsam. Aber seine blonden Haare, unsere braune Haut und unsere stinkigen Klamotten sind ganz klare Beweise, dass diese Reise nicht nur ein Traum war. Sie ist wirklich passiert und wir werden auf Ewig wundervolle Erinnerungen in unseren Herzen tragen.
      Felix fragte gestern, ob sich so eine Reise überhaupt lohnt, wenn man danach eh das Gefühl hat, es war alles nur ein Traum.
      Die Antwort ist natürlich klar.
      Vielleicht ist das nur ein Schutzmechanismus des Körpers. Damit so emotionale Menschen wie ich sich wieder möglichst schnell an das Leben zuhause gewöhnen und nicht noch wochen- oder gar monatelang Herzschmerz haben.

      So ein Luxus dieses Reisen. Und gleichzeitig eine Last. Weil man immer wieder losziehen und entdecken möchte. Weil man tausend verschiedene Arten gesehen hat, wie Menschen leben. Weil man plötzlich tausend Türen und Möglichkeiten sieht, wie man sein eigenes Leben leben könnte. Weil man auch das Elend der Welt erlebt hat und helfen möchte. Weil man vermisst. Menschen. Tiere. Gerüche. Musik. Temperaturen. Aussichten.

      Aber all das ist in unseren Herzen gespeichert. Und auch wenn es manchmal schmerzt, sich an diese Dinge zu erinnern - die Freude und Dankbarkeit, sie überhaupt erlebt, gerochen, gefühlt, empfunden, gesehen, gehört, genossen und gespürt zu haben, überwiegt eindeutig.

      Jetzt gilt es eben, sich wieder auf all die tollen Menschen, Tiere, Gerüche, Musik, Temperaturen, Aussichten unserer Heimat zu fokussieren und wertzuschätzen, was für ein überragendes Leben wir auch zu Hause haben.

      Ich bin mir sicher, dass uns das gelingen wird und doch kann mein Kopf nicht aufhören zu grübeln.
      War die ganze Reise ein Traum? Eine traumhafte Reise. Traumhaft schön.

      Der holprige Einstieg liegt wohl nicht an einem Rückwärts-Kulturschock, sondern er findet in mir selbst statt.
      Er ist weniger äußerlich bedingt, als innerlich.

      Das Zuhausesein fühlt sich vermutlich so seltsam an, weil alle um uns herum unser Jahr voller Abenteuer einfach nicht miterlebt haben.
      Für uns war es aber Realität. Es gab tatsächlich einen Zeitpunkt, so nach fünf Monaten, da hat es sich nicht mehr nach Urlaub angefühlt. Die Reise wurde einfach zu unserer Realität. Unsere Wirklichkeit. Und das war sie dann noch für weitere fünf Monate. Und jetzt, da wir wieder daheim sind, fühlt es sich an, als hätte man uns diese Wirklichkeit einfach entrissen. Uns aus diesem so gewohnten und lieb gewonnenen, vertrauten Alltag herausgenommen und hierher verpflanzt. In unsere alte Wirklichkeit. Obwohl wir ja noch nicht einmal arbeiten müssen. Also sagen wir eher, uns wurde
      plötzlich wieder unsere alte Umgebung mit Kultur, Menschen, Klima, Sprache, Essen und allem drum und dran übergestülpt, obwohl wir mit dem Herzen und dem Geist noch in unserer Realität da draußen hängen. (Was ist denn nun eigentlich unsere Realität? Wo gehören wir hin? Mein Bruder hat ganz lieb geschrieben: Willkommen im „echten“ Leben. Ja was ist das echte Leben denn überhaupt?)

      Nachts merke ich das am meisten, denn ich träume unglaublich wild und verwirrend. Stundenlang und herzzerreißend real. Und immer kommen Menschen, Situationen und Orte der Reise vor. Gemischt mit Menschen, Situationen und Orten aus der Heimat. Gewürzt mit den abartigsten, unrealistischen Vorstellungen.

      Ich bin völlig neben der Spur und gar nicht bei mir selbst. Gedanklich bin ich in diesen ersten Tagen der Heimkehr meist überall anders als daheim. Am meisten vermisse ich das Rauschen des Meeres und das Rascheln der Palmen. Diese Geräusche haben sich in den vergangenen Monaten so in mein Gehör eingenistet, dass ich sie vor Ort manchmal gar nicht mehr wahrgenommen habe. Und jetzt sitze ich im Garten meiner zukünftigen Schwiegereltern und vermisse sie.

      Ich bin so dankbar darüber, dass Felix an meiner Seite ist, denn er kann am ehesten nachempfinden, wie es mir geht.

      Ich weiß genau, dass die Gefühlsachterbahn, in der ich gerade Loopings drehe, mich bald wieder in den Alltag entlässt. Daher kann ich die Melancholie und die intensiven Gefühle gerade sogar irgendwie genießen.

      Die Zeit heilt Wunden.
      Auch die des Fernwehs.
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    • Day 334

      Zwischen Südsee und Schietwetter

      September 8, 2019 in Germany ⋅ 🌧 11 °C

      Bei bescheidenem Wetter verlassen wir München und sagen Servus. Leider leckt unser Fenster im Alkhoven und wir müssen bei dem Regen etwas improvisieren und unser Bett retten. Was gibts da Besseres als bei diesem Schietwetter in der größten Therme der Welt mit Südseefeeling in Erding zu entspannen?!Read more

    You might also know this place by the following names:

    Erding, Arrdeng, اردینگ, Эрдинг, Ėrdingas, ارڈنگ, Ердинг, 埃尔丁

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