Germany
Treffisried

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Travelers at this place
    • Day 14

      Vom Sinn des seins

      April 11, 2021 in Germany ⋅ ☁️ 7 °C

      Meine letzten Tage waren geprägt von absoluter Spontanität. Ausser unserem gemeinsamen Abendessen, der Hauspflegezeit und der grossen Runde am Sonntag existieren hier in der Villa keinerlei Fixpunkte oder Verpflichtungen. Für einmal erinnert mich keine To-Do Liste an Dinge, die erledigt werden wollen oder gar müssen. Und wenn dann ein solcher Punkt auftaucht, erledige ich ihn gleich, um alsbald in diesen angenehmen Zustand zurückzukehren. Ein solches Lebenskonzept bringt zweierlei zutage. Freiheit und die Abwesenheit von jeglichem Zwang, aber auch eine grosse Selbstverantwortung. Etwas das erstmal viel Misstrauen und Vorurteile hervorbringen kann. Ist unsere Zeit nicht zu kostbar um sie unstrukturieriert und unproduktiv zu verschwenden? Bin ich faul? Enden solche Tage nicht in Bedeutungslosigkeit?

      Wenn wir dieser Möglichkeit aber für einmal wirklich Raum geben, geschieht das Gegenteil. Es entsteht eine vielzahl von Begegnungen und Impulsen, sodass sich der Tag ohne jegliche Anstrengung füllt. Es fühlt sich an, als würde ich dem Leben die Chance geben zu expandieren. Als wäre plötzlich wieder Atmen möglich.
      Die Tage gewinnen an Kontrast und jeder davon bildet ein farbiges, stimmiges Gemälde mit einer eigenen Landschaft und ganz eigenen Farben, das Kompositionen und Kombinationen schafft, wie sie vorher noch nicht da waren.

      Ganz sicher liegt es auch an der Atmosphäre dieses Hauses und seinen Bewohner*innen. Die Menschen hier und alles was ist, ziehen mich ins Jetzt und helfen mir dabei, mich von Zwängen zu befreien, die vorallem auf eigenen Erwartungen und Glaubenssätzen beruhen. Es fühlt sich an wie das Ausziehen eines viel zu engen Kleidungsstücks. Hier ist Platz für alles, ein Blumentopf mit guter Erde und genügend Wasser, bei dem allerlei spannende Pflanzen zu wachsen beginnen, deren Samen bisweilen unbewusst in uns geschlummert haben.
      Diesen Zustand des wachsens nennt sich Sein.
      Sein ist etwas reichhaltiges, intensives und ganz und gar lebendiges. Gleichwohl ist er so fragil, wie die zarten Triebe, die es schafft. Jedenfalls dann, wenn wir ihn nur selten zulassen. Schon alleine Gedanken können uns von ihm weg, in die Welt unseres Kopfes, in die Vergangenheit und Zukunft führen, in denen viele von uns einen grossen Teil unseres Lebens verbringen. Unsere derzeitige Welt ist auf das Tun ausgerichtet und braucht dieses auch, um sich selbst zu erhalten. Wir Menschen brauchen beides. Tun ist Energie und sein Hilft uns die Richtung und Intensität der benötigten Energie zu bestimmen. Wenn wir nur noch Tun, wirkt es sich bald toxisch und destruktiv auf unsere Welt und uns selbst aus.
      Das Tub ist wie ein Feuer, dem wir Holz zuführen. Es kann und wärmen, Licht spenden und Dinge verändern, die wir in unseren Kochtopf füllen.
      Wenn wir es aber nur noch schüren ohne darüber zu reflektieren, wofür wir dies tun, so wird es alsbald ausserkontrolle geraten.
      Statt die Welt zu wärmen und zu erhellen verschlingt es sie. Tun ohne Sein ist frei von Kreativität und Sinn. Es macht uns unglücklich und längerfristig auch krank. Es ist wie eine Reise durch die Wüste, bei der wir die Oasen verschmäen um schneller ans Ziel zu kommen, um dann unterwegs zu verdursten.
      Ob auch Sein für sich so destruktiv sein kann, weiss ich nicht. Es wäre vielleicht so, als wüssten wir die Richtung der Dinge, die wir uns ersehnen, hätten aber keine Möglichkeit auf sie zu zugehen. Das Feuer mitsamt seiner Wärme und Helligkeit würden alsbald verhungern und Dunkelheit und Kälte zurücklassen. Etwas in uns findet seine Erfüllung im Tun, im Wunsch Dinge zu verändern und zu erschaffen. Ich glaube deshalb, es braucht ein Gleichgewicht aus beidem, losgelöst von jeglicher Wertung, was wertvoller ist. Und diese Erkenntnis, so scheint es mir, ist auch in diesem Haus spürbar. Einige Menschen kommen hierher um zu tun, um Dinge zu verschönern, Essen zu kochen oder Ordnung zu schaffen. Andere, sind des Tuns müde und geniessen vorerst das Sein. Sie loten die Richtung aus, in die sie gehen wollen und verlassen das Haus dann im Wissen darüber, wohin sie ihre Energie richten wollen.
      Ich hoffe irgendwann dieses Sein von diesem Haus in dem es mir so leichtfällt, auch an andere Orte mitnehmen zu können und es auch in jenen Lebenslagen zu finden, die eher im Tun verankert sind. Dieser Haus ist dafür da, dies zu üben. Vielleicht zieht es auch Dich an einen Ort wie diesen? Die Türen stehen offen und Du bist jederzeit willkommen.
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