Germany
Wolfsburg-Unkeroda

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Travelers at this place
    • Day 32

      Tag 30: Von Schnepfenthal nach Eisenach

      May 9, 2022 in Germany ⋅ ☀️ 16 °C

      "Seien Sie immer gut bewahrt und beschützt", mit diesen schönen Worten einer älteren Dame mache ich mich auf den Weg zum Schloss Tenneberg hoch über dem Städtchen Waltershausen. Die Sommerresidenz der Gothaer Herzöge soll einen sehr sehenswerten romantischen arkadengeschmückten Schlosshof mit einem kleinen Café mit superleckerem Kuchen und eine weitbekannte Puppenausstellung haben. Aber es ist Montag...und damit (vermutlich wie alle Museen in Deutschland) geschlossen...
      Also wieder bergab. An dem kleinen idyllisch verlaufenden Flüsschen Hörsel entlang genieße ich den Blick auf eine der höchsten Erhebungen des Thüringer Waldes, den rd. 900 m hohen Großen Inselsberg, dessen Aussichtsturm ein nahezu 360-Grad-Panorama über den Thüringer Wald bieten soll (das nächste Mal...). Was ist das? Neugierig sehe ich mir den schwarz-rot-gold gestrichenen Betonpfosten in einem mit hohen Drahtzaun geschützten Gartengrundstück an. Eine Reminiszenz an die DDR! In ca. zwei Meter Höhe prangt das alte Staatswappen der DDR und gleich daneben ein alter Begrenzungsstein mit "DDR"-Aufschrift...
      Weiter geht's.
      So gelange ich nach Eisenach. Die Stadt der Wartburg (UNESCO-Welterbe) und des Burschenschaftsdenkmals (hoch über der Stadt, ein Kriegerdenkmal für die gefallenen Burschenschaftler im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 ), Martin Luthers, Johann Sebastian Bachs, der heiligen Elisabeth und unsrer Mama, die hier geboren und aufgewachsen ist. Die "Ostzonen-Besuche" bei unseren Großeltern, Tanten und Onkeln, Cousins und Cousinen erinnere ich noch wie heute. Die Angst bei der Reise mit dem Interzonenzug über Gerstungen, die Schikanen der Grenzer, der Zwangsumtausch von 25 DM pro Tag und Person (der auch als "Eintrittsgeld" genannte Mindestumtausch stand im Zusammenhang mit den Devisenproblemen der DDR), der Ritt zur Wartburg auf einem Esel (leider ist diese 120-jährige Tradition vor 2 Jahren aufgegeben worden), die vielen schönen Ausflüge in die Eisenacher Umgebung mit dem Wartburg meines Onkels, die Wanderungen durch die Drachenschlucht (eine wildromantische teils nur schulterbreite Klamm mit engen Holz- und Gittersteigen), die leckere Thüringer Bratwurst und insbesondere die Herzlichkeit, mit der wir aufgenommen wurden.
      Was macht man mit 10 Ostmark, die man als 12-jähriges Mädchen von seiner Oma geschenkt bekommt? Man kauft sich auf einen Schlag das so leckere russische Vanilleeis mit Schokoladenüberzug (die Portion 50 Pfennige)!....wie es mir danach ging, weiß ich nicht mehr...
      Was hat sich die Stadt seit meinen Kindertagen verändert! Sie ist mit all ihren schönen Fachwerkhäusern, großen Villen, liebevoll gepflegten Plätzen und Plätzchen ein richtiges Schmuckstück geworden, das ich auf einer Stadtführung neu entdecke.
      In einer dieser Villen wuchs unsre Mama mit ihren Geschwistern, einer Köchin, einer Kinderfrau, einer Musiklehrerin und einer Hausdame hochherrschaftlich auf (klar, dass ich dort mal kurz vorbeigucke und das nun wieder wunderschön hergerichtete Schmuckstück bewundere). Mein Opa konnte es sich wohl leisten. Erst als selbständiger Kaufmann, später als Mitarbeiter bei der "BMW Zweigniederlassung Eisenach", in der damals der so populäre Dixi 3/15 (in BMW 3/15 PS umbenannt) gefertigt wurde.
      Luther- und das Bachhaus (das jährlich von insbesondere tausenden Touristen aus Fernost besucht wird), beide weltberühmt, aber auch das über 250 Jahre alte "schmale Haus" mit nur 2,05 m Breite und 20 qm Grundfläche (es gilt als das schmalste Fachwerkhaus Deutschlands) und noch so vieles mehr (Taufkirche Bachs,...meine übrigens auch..., ein altes Stadttor...) befinden sich in dieser wunderbaren Stadt.
      Mit Staunen und Schmunzeln über Luthers Wortschöpfungen (ich wusste nicht, dass Wörter wie Feuereifer, Nächstenliebe,Gewissensbisse, Machtwort... von Luther erfunden wurden) und Sprichwörter ("Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Furz") verlasse ich Eisenach. Aber noch nicht meine Kindheitserinnerungen. Ich radel durch das liebliche frühlingsgrüne Marienthal, in dem sich das berühmte "Rosenwunder" zugetragen haben soll.
      Es ist historisch belegt, dass Landgräfin Elisabeth von Thüringen (1207 -1231) ein großes Herz für Arme und Bedürftige hatte, Armenspeisungen veranlasste und selber Kranke pflegte - wohl nicht immer zur Freude der damals Herrschenden, so auch ihres Gemahls Landgraf Ludwig. So soll sie sich eines Tages mit unter ihrem Mantel versteckten Fladenbroten von der Wartburg geschlichen haben. Wie es kommen musste, begegnete sie ihrem Ludwig, der wissen wollte, was sie unter ihrem Umhang verstecke. Doch als sie ihren Umhang zurückschlug, trug sie nur Rosen bei sich....
      Mein Weg führt mich immer steiler bergauf, erst radelnd, dann schiebend, dann geht nichts mehr. Mit dem Gepäck komme ich auf dem felsigen und sandigen Waldweg keinen Meter mehr weiter. Schlau sein, denk ich, Gepäcktaschen ab, Rad auf den Berg und die Taschen zu Fuß hinterher! Mit Schwung werfe ich die Taschen auf den Weg...und eine daneben. Sie rollt und rollt und rollt den Abhang hinab ....und bleibt ganz unten - kaum sichtbar - liegen. Schreien, Heulen oder Lachen??? Ich kann nur über meine eigene Blödheit lachen, rutsche mehr oder weniger geschickt den steilen Abhang hinab und klettere ihn dann mühsam mit vielen vielen Pausen wieder hinauf.
      Nach einer dann noch etwas längeren Pause geht's weiter hinauf zu den sogenannten Sängerwiesen (1847 traten dort, mitten im Wald, 28 Männerchöre mit über 1.200 Sängern zu einem Sängerwettstreit an) und einem phantastischen Blick auf die 1067 erbaute Wartburg, in der Luther als "Junker Jörg" versteckt in nur elf Wochen das Neue Testament vom Lateinischen ins Deutsche übersetzte.
      Noch einige Kilometer durch den so schönen Thüringer Wald und ich erreiche glücklich und erschöpft von diesem ereignisreichen Tag in Eckardtshausen das alte Fachwerkhaus meines Cousins Jens, der mich mit selbstgemachter Wildschweinbratwurst herzlichst empfängt.
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    You might also know this place by the following names:

    Wolfsburg-Unkeroda, Вольфсбург-Ункерода, Волфсбург-Ункерода, 沃尔夫斯布尔格-翁克罗达

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