• Wir radeln im Dreieck

    6 Disember 2024, Laos ⋅ ☀️ 29 °C

    Namtha liegt in einem langgestreckten Tal und um dieses Tal herum gibt es eine offizielle Biketour, die sogar im Dumont Reiseführer lobende Erwähnung findet, etwas über 25 km Strecke. Der Bikeverleih ist auf der Hauptstraße, gleich gegenüber vom Nightmarket.
    Bevor wir aber dorthin gehen, verwenden wir nach unserem Frühstück etwas Zeit darauf festzustellen, worauf wir beide für unsere weitere Reise Wert legen. Es gibt da nämlich mehrere Optionen, zwischen denen wir uns entscheiden müssen, auch weil die Zeit absehbar leider eine Rolle spielt. Eines ist uns jetzt schon klar geworden, vier Wochen reichen gerade mal so aus, um angemessen in alle Ecken von Laos zu schnuppern, vier Wochen haben wir aber nicht für Laos. So gilt es jetzt, dass wir uns entscheiden. Das dauert ne Weile, weil keine leichte Entscheidung.

    Um elf dann sind wir beim Bikeverleih, der verschiedene Kategorien an Rädern anbietet. Die der mittleren Kategorie sehen für uns am passabelsten aus, wenn auch schon ordentlich runtergenudelt. Wir stellen die Sattel auf unsere Höhe ein und drehen eine Proberunde. Also na ja, funktionieren geht anders, die Gangschaltung gewährt nur drei Gänge, die Bremsen funktionieren irgendwann dann doch, Licht gibt’s keines, der Zustand trifft für beide Räder zu. Was soll’s, so ist es in Laos eben. Um halbzwölf starten wir unsere Rundtour.
    Aus der Stadt raus Richtung Norden, Richtung China, die Grenze ist nur ein paar zig Kilometer entfernt, dann geht’s rechts weg durchs erste Dorf, etwas weiter auf einem Abzweig soll ein sehenswerter Wasserfall liegen. Wir rumpeln auf immer glitschiger werdenden, rotlehmigen Wegen in ein Nebental. Vom Wasserfall keine Spur, laut Google Maps sind wir dann irgendwann auch mal vorbei geradelt. Außer einem alten Weiberl, das Ziegen hütet, gibt es nicht viel zu sehen, zumal wir uns auch sehr darauf konzentrieren müssen, nicht auf der rutschigen Strecke wegzuglitschen. Die Reisfelder sind in der herrschenden Trockenzeit abgeerntet und strohig gelb. Zu einer anderen Jahreszeit sind die in ihrer flächendeckenden Fülle bestimmt wunderschön, als glatte Spiegel, in denen sich der Himmel besonders schön findet, oder Teppiche in ultimativ leuchtendem Grün.
    Wir drehen wieder um auf die große Talrunde.

    Man radelt dann auf einer komfortablen Straße mit leichten Steigungen und Gefällen durch kleine Dörfer und weite Reisfelder, rund ums Tal steigen milde Berge auf. Eine weites Tal, Reisfelder überall, die Bauernhöfe sehen allesamt stattlich aus, was uns doch sehr überrascht. Größere Häuser aus Stein, verputzt, gestrichen, gepflegt, eher wie Bungalows, nicht wie Bauernhöfe. Holzbauten, wie man sie erwarten würde, sind eher selten. Sieht nach einem reichen Tal aus.
    Die schönen Entdeckungen liegen eher im Detail, Wasserbüffel baden im Schlammloch, Bauern machen Pause hinter einem Heuballen, lila Bauernhöfe, mitten in der Pampa eine solitär stehende Blechhalle mit Shop oder Autoreparatur drin, wenn es mal riecht, dann entweder nach nassem Hund oder nach Schweinen. Es ist die Weite, die Spaß macht, die winkenden Kinder, die auf ihren Elektromopeds vorbeisausen. Danke für den Stinkefinger! Auch LKWs brettern an uns vorbei, wobei der Verkehr sehr moderat ist.
    Ein gemächliches dahinradeln, bis Heikes Gangkabel reißt und sie nur noch im kleinsten Gang strampeln kann. Wir versuchen wenigstens einen höheren Gang zu erreichen indem wir das gerissene Kabel verkürzt am Rahmen vom
    Rad fixieren, so hält erstmal ein etwas höherer Gang die Position, trotzdem, es bleibt ein elendes Gekurbel für Heike.
    Der weitere Verlauf der Tour wird dann etwas eintönig, industrialisiertere Landwirtschaft, eine Gummifabrik und die Weite haben wir jetzt auch schon ausgiebigst genossen. Bleibt unserer Aufmerksamkeit nur noch der Laotische Alltag auf dem Land und der hat durchaus seine Reize.
    Quasi am Ende des Tals fahren wir den zweiten, schmaleren Schenkel der dreieckigen Route. An dessen Ende befindet sich der Busbahnhof von Namtha mit vielen Imbissküchen.
    Auch hier geht es sehr ruhig zu, wie soll es auch anders sein. Ein Van wartet auf Fahrgäste.
    In der Imbissküche, die Suppen anbietet machen wir eine Pause, mit Suppe, in wenigen Minuten auf dem Tisch und wie sie sein soll, sehr lecker. Huu, das tut gut. Unsere Hintern freuen sich ganz besonders, weil die unfassbar laut über diese Strapazen jammern, nix mehr gewöhnt.
    Heikes Schaltung springt wieder zurück, der widerspenstige Draht mag den Knoten nicht. Mit einem Stein helfen wir uns diesmal, den ich zwischen Umwerfer und Rahmen klemme, der sitzt und bleibt, sehr gut. Es geht in die Zielgerade.
    Noch mehr Häuser, dann links der entzückende kleine Flughafen - ist da jemals eine Maschine gelandet? Die kleinen Dinge sind es, die in diesem Land entdeckt werden wollen und Spaß machen, außer der kleine Sattel unseren gepeinigten Hintern, aua aua. Das letzte Drittel ist nur abwechselnd einmal auf der linken und dann auf der rechten Pobacke zu bewältigen.

    Rushhour in der City, ein paar mehr Autos und Roller beleben den Verkehr etwas, verglichen mit unserem Verkehr: Sonntag Vormittag. Wir erreichen wieder den Fahrradverleih. Der Rental Hausdrachen quält sich schleppend mit Nachwuchs auf dem Arm aus ihrer Fahrradhöhle zu uns vorne ins Licht, kommentiert den kaputten Gang und auch unser Lamento über den Zustand der Räder mit einem kurzen, kopfnickenden Grunzen, das war’s schon, wir dürfen gehen. Stilles Jubeln unserer Popos.

    Im Supermarkt nebenan kaufen wir kalte Getränke, die wir noch nicht kennen, 'Man Some' und 'PH+', ein Männer Energizer und Wasser, das mit Japan Technology aufgerüscht wurde. Der Männer Energizer schmeckt leicht blumig, das Wasser nach Wasser, Hauptsache kalt.

    Gegenüber auf dem erwachenden Nachtmarkt, es ist jetzt Nachmittag, glitzern appetitlich glänzende breite, braune Nudeln mit Gemüse im nachmittäglichen Sonnenlicht, ich kann nicht widerstehen natürlich. Und sie schmecken so wie sie aussehen, mhhhmm. Gerade als wir fertig sind kommen zwei Mädels auf uns zu, der Nachtmarkt ist sonst leer, und fragen uns ob sie sich zu uns setzen dürfen, sie würden gerne ihr Englisch durch Konversation verbessern. Beide sind 15, vor allem eine der beiden ist supersmart und löchert uns in einem wirklich sauberen Englisch mit Fragen und wir sie. Ihre Freundin ist eher still.
    Wir erfahren, dass sie während der Woche in die Schule gehen und dann zuhause helfen müssen, am Wochenende wird im elterlichen Business mitgeholfen, irgendetwas verkaufen, ansonsten wird gelernt. Ob wir die wundervolle Heidi Klum kennen oder die Kaulitzbrüder? Sie mögen aber lieber die alten Lieder von Tokyohotel.
    Wie alt unsere Söhne sind? Einer ist 19? Hi, hi, hi.
    Und später, nach dem College, möchten sie Juristin oder Ärztin werden.
    Irgendwann sind die Themen erschöpft, wir verabschieden uns nett und trollen uns zu unserem Hotel, ein bisschen ausruhen. Aus dem
    Augenwinkel bekommen wir mit, wie die beiden Mädels schon an der nächsten Touristin dran sind. So wird das doch was mit der Universität im Ausland.
    Wir sitzen zum Sonnenuntergang auf der Terrasse unseres Holzbungalows schmieden Pläne und treffen Entscheidungen und legen den Abreisetag von hier fest. Über Laotrains.com kann man direkt Züge buchen, sollte man buchen können, funktioniert aber nicht. Die Züge werden zwar angezeigt, sind aber nicht buchbar. Ausverkauft? Stranden wir für Tage in Namtha? Auch die üblichen Ticketseiten wie 123asia.com, haben nichts im Angebot. Wir werden unruhig. So können wir auch die Aktivitäten nicht buchen, für die wir uns die nächsten Tage entschieden hatten.
    Immerhin kann ich einen Zug in einer guten Woche von Luang Prabang nach Vientiane vorreservieren, das ist schon mal safe, aber von Namtha nach Luang Prabang führt kurzfristig wohl kein Weg, das wäre blöd. Es ist jetzt schon fast ein Uhr und morgen geht es früh raus und morgen werden wir unsere Hotelleute um Unterstützung bitten. Etwas Unruhe bleibt.
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