• Temple Run

    14. december 2024, Laos ⋅ ☀️ 24 °C

    Kein Frühstück heute, nur Kaffee im Bett, wir sind noch satt von gestern, ein sehr gemütlicher Morgen. Erst um 10:30 ziehen wir los, Vientiane heute bist du dran, zeig uns deine Gesichter.
    Die ersten Gesichter, die wir sehen sind: „Hey Heike, das ist ja lustig, ihr?“ Sabine und Markus, die wir im ersten Hotel in Luang Prabang kennengelernt hatten, sind zurück von ihrer Volunteerwoche im Elefantencamp, einem anderen als dem unseren, und wohnen hier quasi zwei Türen weiter. Ratsch, ratsch, ratsch, die Wiedersehensfreude ist beiderseits. Und bevor wir uns gleich ins nächste Café setzen, verabreden wir uns für den Abend um acht vor ihrem Hotel. Bis später!

    Der erste Weg führt uns zum Mekongufer, einfach mal rüber nach Thailand gucken. Der Mekong hat hier eine stattliche Breite, ein weitläufiger Schilfgürtel macht ihn unzugänglich, zumindest in diesem Abschnitt.
    An der Uferpromenade liegt eine kleine Kirmes, liegt leblos da, armselig, wie ein Lost Place, zwei schrottige Mini-Riesenräder, ein oller Autoscooter, zerschlissene Karussells, ranzige Plastikstühle, verblichene Hüpfburgen, eine schepprige Miniachterbahn, rostig, abgenudelt, gefährlich versifft, funktioniert das noch?
    Von hier tauchen wir wieder weg vom Fluss in die Stadt ein. Es ist auch tagsüber schmoddrig in Vientiane, die alten, Betonfassaden sind ranzig angelaufen, bröseln uncharmant ihrem Ende entgegen, dazwischen Baulücken, große Häuser werden konstruiert, Hotels vorwiegend.
    Aber auch sehr ambitionierte kleine Boutiquen, Bars und Cafés, Art Galleries, von jungen Vientianern cool gestaltet und liebevoll geführt. Manchmal ist nur die Fassade stylisch, dahinter wieder nur der übliche Plastikschick, und schau nie in den ersten Stock, da ist wieder olle Betonwüste.

    Immer wieder bemerkenswert die Stromleitungen über unseren Köpfen, teilweise hunderte schwarze Kabel, in dichten Strängen ziehen sie sich wie Adern durch die Straßen, sammeln sich in wüsten Knoten an den Masten, gelegentlich hängt eine Traube Stromzähler aus dem Chaos. Überhaupt wird mit Strom und seine Leitungen drinnen wie draußen sehr lässig und vertrauensvoll umgegangen, montiert wird impulsiv. Ich brauche genau hier einen Anschluss, also kommt der da auch hin, die Dusche gleich daneben? Egal. Kabel kommen überall aus den Wänden, über wackelige, wenn nicht sogar zerborstene Steckdosen holt man sich den dann in sein Gerät. Blitz! Der Wasserkocher riecht aber komisch, fump! Das Ladegerät wird komisch heiß, brrzzzl! Die Lampe funktioniert doch nicht mehr. Nur da, wo man Steckdosen wirklich bräuchte, links und rechts vom Bett zum Beispiel, da sucht man vergeblich. Unten an der Sockelleiste, am Boden gleich neben der Eingangstür, links, da ist sie dann.

    Etwas weiter nach hinten versetzt entdecken wir eine kleine Hotelanlage mit Holzbungalows, eine Oase in der Stadt und bezahlbar. Für alle, die einmal in Vientiane aufschlagen sollten: 'Villa De Mekong', sehr hübsch! Gegenüber das 'Ruby Guesthouse', bei Booking sehr gut bewertet, in der Realität eher abschreckend, von außen zumindest. Der windige Pool davor taugt gerade mal als Lockmittel bei Booking.

    Ein besonderer Shop zieht seine Aufmerksamkeit aus uns, Indochine Handicraft, in einem alten, hübschen Haus im Kolonialstil. Von dieser Art Häuser hatten wir in unserer Vorstellung erheblich mehr erwartet, so wie in Luang Prabang oder Georgetown auf Penang, Malaysia, nur etwas großstädtischer, mit mehr Stockwerken vielleicht. Fünfzig Jahre Sozialismus haben aber auch diesen Teil der Architekturhistorie effektiv ausgelöscht.
    Der Laden selbst ist ein Antiquariat, wie eine Zeitreise in das Indochina vor dem Sozialismus, ein sehr lebendiges Museum, in dem viele Alltagsgegenstände der Zeit ausgestellt sind. Viel alter Schmuck, Postkarten mit alten Straßenszenen, Utensilien der Zeit, wie originale Opiumpfeifen Sets, Kleidung, Gefäße, sogar alte Kellogs Cornflakes Blechdosen, antike Buddhas, kleine Erotika in Elfenbeintäfelchen geritzt, Stoffe, toll und toll und toll. Alles recht teuer zwar und vermutlich ist die Ausfuhr so mancher Besonderheiten verboten, in seiner Gesamtheit aber ein großartiger Schatz, wir können uns kaum satt sehen und dürfen das, Dank sehr geduldiger Ladenbesitzerin.

    Wir erreichen die Hauptstraße im Zentrum, an der sich mehrere Wats wie auf einer Perlenkette aneinanderreihen, eine sehr bunte Perlenkette. Wir waren schon in Luang Prabang überrascht, wie bunt die Wats ausgeschmückt sind, fast schon wie indische Tempel. An den Wänden comicartig naiv die Geschichten von Buddha und seinen Gefährten, tugendhafte, heilige Männer und böse Gestalten und sündige Weiber. Und dazu immer wieder sehr plakativ, die Mönche in ihren knallorangenen Roben, trés chicque!

    Unser erstes Wat heißt Wat Inpeng, drei weitere folgen, deren Name ich mir hier jetzt erspare. Ihr gemeinsames Schicksal, fast alle wurden spätestens im 19 Jhdt. zerstört, nicht selten von plündernden Thais, wer hätte das gedacht. Die Laoten waren eh diejenigen, die von ihren Werten Nachbarn immer wieder einen auf die Mütze bekommen haben. Anfang des 20. Jhdts hat man die heiligen Bauwerke dann wieder rekonstruiert und restauriert. Nur zwei von vielen haben die wilden Zeiten überstanden. Die Wats in Vientiane sind erheblich größer dimensioniert als die in der Provinz. Wir lassen uns von ihrer Erscheinung beeindrucken und von einigen Malereien bestens unterhalten. Insgesamt geht es um das Hauptgebäude herum sehr weltlich zu, wenn nicht meditiert wird. Mönche mit Handys, Kindern auf dem Arm, kleine Novizen mit Süßigkeiten, Mönche beim Geldzählen, mit dicken Bündeln verschwinden sie in den Kulissen, gewaschene, orangefarbene Tuniken hängen zum Trocknen, Autos parken direkt vor dem Tempel, mitten im Hof wird ein neues Betongebäude hochgezogen.

    Sehr gut gefallen uns die sehr landestypischen, goldenen Drachenköpfe, die in jeder Form der Stilisierung nahezu überall zu finden sind, besonders flankieren sie mit ihren schuppigen, schlangenförmigen Körpern die Treppenaufgänge zum Tempel. Jeder Tempel hat so seine Eigenheiten, je nach Epoche und Gold die allgegenwärtige Farbe. Welche Eigenheit des Bauwerks sich an der Khmerkultur orientiert und was jetzt genau eher aus Ayutthaya Zeit herrührt, damit beschäftigen wir uns jetzt tendenziell weniger, wir freuen uns ganz konsumorientiert an dein kleinen und großen hübschen Dingen dort.

    Nach vier Tempeln sind wir irgendwie sehr erschöpft und haben das große Bedürfnis uns einfach nur auszuruhen. War ja auch ein ordentlicher Ritt, die letzten Tage. All die Eindrücke müssen irgendwann einmal sacken dürfen und der eine oder andere auch aufgeschrieben werden. Erstmal eine warme, große Nudelsuppe beim Vietnamesen gleich bei uns nebenan, feini, feini, feini.
    Mit einem Kaffee neben dem Bett machen wir das jetzt. Um 16:30 wachen wir dann wieder auf und machen uns schnieke für den Nachtmarkt.

    Zwei Kilometer grelle Marktmeile, Klamotten, Schuhe, Elektro, Schnickschnack. Nicht wirklich was dabei für uns, außer es gäbe 4XL. Das Angebot wiederholt sich irgendwann, Adodas, Abedas, Addedis. Heike entdeckt eine rosa Labubu Handyhülle, leider nicht für ihr Modell, aber: haben will. Mit einem solchen Fokus läuft es sich ganz anders durch diesen Markt, von Handyshop zu Handyshop. Wir sind einmal komplett durch, Kehrtwende, das Ganze zurück in Reihe zwei. Nichts. Wirklich am letzten Stand des Marktes werden wir fündig. Juhuu! Das Strahlen von Heike ist heller als jeder Scheinwerfer hier am Markt.

    Es ist Zeit, dass wir uns zum Treffpunkt mit Sabine und Markus begeben. Wir haben alle Lust auf Koreanisch, Koki heißt das Restaurant dafür.
    Wir bestellen querbeet und teilen, das Highlight ist die Kimchi Dumpling Soup, ein Pott für vier Personen, dazu lauter kleinere Schweinereien, so lecker, bis keiner mehr kann. Geschichten von einer Woche Elefantencamp, von drei Tagen Dschungeltour, über Hamburg, über München, Jobs, Austausch von Reiseplänen und Erfahrungen. Wer hätte das gedacht, schon wieder zwei wirklich nette Menschen kennengelernt, ein wirklich schöner Abend. Schnell sind wir eine halbe Stunde über der Sperrstunde, um 22:00 überall in der Gastronomie, der putzigen Bedienung mit Zahnspange ist das peinlicher als uns, ihr entzückendes Lächeln schmelzt uns einen großzügigen Tip aus unseren Geldbörsen.
    Mal sehen, wo wir uns wiedersehen, vielleicht schon auf den 4.000 Islands, in Siem Riep, in Bangkok spätestens, wäre ungelogen sehr schön, eine gute Zeit für euch, Sabine und Markus!
    Packen, schlafen.
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