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    December 15, 2024 in Laos ⋅ 🌙 16 °C

    Wieder gemütliches Aufstehen heute, Nescafé im Bett, Tagesbesprechung. Erstmal packen am besten, duschen und so, Checkout, die Rucksäcke stellen wir in den Storageroom. Wir sehen Vientiane zum ersten Mal bei Sonnenschein, ändert zwar nicht viel an der städtebaulichen Gesamtsituation, stimmt uns dennoch etwas geneigter.
    Eine Massage wäre heute mal wieder fein finden wir. Heike hat da gestern ein Spa gesehen, das nicht weit weg ist und vertrauenswürdig schick aussah. Die meisten der vielen Massagesalongs sehen eher schlampig aus, die wartenden Handygirls davor nicht sehr erfahren. Wir finden Heikes vielverheissendes Etablissement nach etwas umgersuchen, es befindet sich im zweiten Stock eines Hotels. Die Referenzbilder im Schaufenster sehen knorke aus, aber besser erst einmal googeln das Ganze. Jeder weitere Schritt ins zweite Stockwerk scheitert an der Preisliste, sind wir hier in Davos oder wos, die Preise jenseits von allem, aber nicht Landesüblich, auch nicht, wenns mal etwas teurer sein darf. Wir googeln nach Alternativen, gibt ja genug. Unweit finden wir den oder die von vielen sehr gut bewertete Salon Box und der erste Eindruck ist ein sehr guter. Die Preise etwas über Durchschnitt, dem Ambiente jedoch angemessen. Heike entscheidet sich für Fussmassage in Kombi mit Körpermassage, ich möchte das Fussmassage-Hairwash-Package. Davon haben die Berlinerinnen im Dschungel begeistert erzählt, „Ick musste danach meine Haare drei Taje lang nich mehr waschen, herrlich, hi, hi! Kommt aus Korea, dit Janze.“ Muss ich ausprobieren jetze.
    Wir bekommen weiße Schluppen an und werden zur Garderobe geführt, in der wir so kurze Baumwollpyjamas anziehen. In megaweichen Kunstledersesseln versenken wir dann unsere Körper, die Fußmassage beginnt. Super. Eine Stunde, doppelsuper. Leider müssen wir dann Ort wechseln, Heike ins Separé, ich auf die Hairwash-Liege. Mein Kopf schwebt auf einer Stütze über einem Waschbecken mit Multifunktionsdüsen, es geht los. Mit einem warmen Wasserstrahl werden sanft meine Haare nass gemacht. Die erste Ladung Shampoo wird in meinen Kopf massiert, mein Kopf wird massiert, jeder weiß wie toll sich das anfühlt, vor allem, wenn es nicht aufhört. Spülen, Massage, zweite Runde Shampoo, eine dritte danach, gefolgt von einer Spülung, die auch erst einmal einmassiert wird. Kopfmassagehimmel. Irgendwann ist dann nach 45 Minuten aber auch mal Schluss damit, leider, und die Trockenprozedur beginnt, auch nicht unangenehm. Vor einem Spiegel werden meine neuen Haare noch trocken geföhnt, so so beautiful. Fertig!
    Ich geselle mich zu Heike, die sehr entspannt schon zwei Kugeln Stracciatellaeis genießt und eine Tasse Tee. Ganz begeistert wir beide, keine 14€ hat das große Vergnügen pro Person gekostet.

    Aber unsere Barschaft neigt sich jetzt langsam bedrohlich dem Ende zu. Frisches Bargeld muss dringend her. Der nächste ATM jedoch lehnt meine Mastercard ab, der zweite nimmt nur Visa, der dritte verweigert meine Kreditkarte schon wieder, der vierte funktioniert nicht, der fünfte fährt gerade das System wieder hoch, ich vermute, das macht er schon seit Stunden, der sechste Geldautomat nimmt auch Maestro, die gute EC-Karte, und endlich, es klappt, wir sind wieder im Spiel, nach fast einer Stunde herumirren und ATM suchen. Weia. Vielleicht aber hat meine Bank meine Karte schon lange wegen einer gewissen Umtriebigkeit im Ausland gesperrt und ich bekomme die SMS mit der entsprechenden Meldung nicht, weil ich ja derzeit eine Laotische Telefonnummer habe und über Wifi gibt’s keine SMS? Ich sollte dem besser mal nachgehen.

    Egal, wir sind wieder rich und voll neuem Tatendrang. Ein Tuk Tuk muss her, ja, sabaidee der Herr, genau, endlich hat sich das Warten auf Touristen gelohnt! Was kostet bitte die Fahrt zum Pha Tat Luang? 150? Nee, nee, wir sind zwar Touristen, aber keine Weihnachtsgans …100 ….ok, klingt doch fair. Wir entern das Tuk Tuk und lassen uns durch ein sonntagsleeres Vientiane fahren, vorbei am Triumphbogen, haben wir den auch gesehen.
    Dann ragt der goldene Tat Luang vor uns auf, das buddhistische Nationalheiligtum der Laoten. Eigentlich dachten wir, dass das nur so ein solitärer Aufbau ist, weit gefehlt! Wir haben es mit einem riesigen umfangreichen Wat zu tun, das erkundet werden will. Wo zuerst hinschauen, so großartig! Wir sind hocherfreut über diese Überraschung.
    Das bunte verzierte Hauptgebäude mit wilden Bildgeschichten aus Buddhas Leben in der großen Halle, der Allerheiligste im Zentrum, weiter viele kleine Nebenschreine in der Nachbarschaft, für uns das schönste, der Declining Buddha. Eine riesige, liegende Statue in Gold mit einem sehr entrückten Lächeln. In einem Augenblick scheint ein Sonnenstrahl aus dem mittlerweile wieder bewölkten Himmel auf sein Haupt, ein erleuchteter Augenblick, schön!
    Ein Trommelschlag schallt über das Gelände, gefolgt von einem Gong, in schwerfälligem Rhythmus wiederholen sich die Schläge. Wir folgen dem Ruf und landen beim hohen Trommelturm. Den hatten wir schon oft in den Wats bewundert, bisher nur immer stumm. Ein Mönch schlägt theatralisch andächtig die Instrumente, ein wenig erinnert mich das an Kirchenglocken.

    Die Attraktion des Heiligtums ist jedoch die riesige, goldene Stupa, das Wahrzeichen von Vientiane. 30.000 Kip Eintritt für Ausländer um ins Innersanctum zu gelangen. Eine Mauer mit Arkadengang umrundet die vielleicht 40 mal 40 Meter im Grundriss messende Stupa in der Mitte eines begrünten Hofs, von unten bis oben vergoldet, was für ein erhabener Anblick. Der Hauptaltar am Fuß der Stupa, den man über ein paar Stufen erklimmt wird rege von Gläubigen genutzt um Opfer darzubringen und zu beten. Gestört wird die Ruhe von durchstürmenden und lärmenden Chinesenhorden, die gerade für ein Gruppenfoto vor dem Bauwerk Zeit haben. Dann sind sie wenigstens weiter. Bis die nächsten kommen.

    Kurz vor fünf ist es jetzt, der Tempel wird bald geschlossen, wir haben auf unsere Weise alles gesehen und juckeln zufrieden ab. Für den Weg zurück probieren wir die Laotische Taxiapp ‚Loca‘ aus, funktioniert exakt wie Uber. In einer Minute ist der Fahrer da, sagt die App. Das kleine rote Auto auf der Karte aber bewegt sich nicht weiter, steht immer am selben Fleck. ‚Coming‘ schreibt uns der Fahrer, Einen ‚Daumen hoch‘ gibt’s von uns zurück. Auto bewegt sich nicht. Drei Minuten, sechs Minuten. Wir schreiben ihm ‚We are waiting‘ …nix.
    Gerade als ich den Auftrag stornieren will, setzt sich das rote Auto in Bewegung. Zwei Minuten später ist er da, schmatzend, die leere Tüte Essen schnell noch unter den Sitz geschoben, es riecht (lecker) nach Imbissbude, einen kräftigen Schluck aus dem Pappbecher und wir starten. Meiomei, so was nervt mich einfach. Wir haben Hunger merken wir. Vom Hotel aus machen wir uns auf die Suche nach einem offenen Restaurant, was am Sonntag frühabends zumindest in unserem Viertel nicht so einfach zu sein scheint. Selbst die Restaurants von den Hostels haben geschlossen. Ein paar Ecken weiter finden wir schließlich, was wir suchen und mit dem leckeren Essen auf dem Tisch sind wir bald wieder versöhnlicher mit der Welt.

    Es ist Zeit, dass wir unsere Rucksäcke einsammeln und Richtung der Vientiane Southern Busstation aufbrechen. Die Busstation liegt ähnlich außerhalb wie der Bahnhof und nicht weit weg von dem. Von dort fahren ausschließlich die Busse in den Süden oder nach Vietnam. Zu weit für ein Tuk Tuk, also wieder Loca. Das geht diesmal erfreulich zügiger.
    Am Busbahnhof ist ein riesiger Nightmarket, für den wir leider schon zu spät dran sind, macht aber nix, wir sind ja satt.
    In der Wartehalle vom Busbahnhof müssen wir am entsprechenden Schalter unseren 12Go Voucher in Tickets eintauschen, Handys aufladen nebenbei.
    Als wir aus der Halle auf den eigentlichen Bahnhof treten staunen wir nicht schlecht. Zig Busse stehen zur Abfahrt bereit, einer bunter blinkend als der andere, Discotime! Die Busse ausnahmslos zweistöckig, geschäftiges Suchen und Boarden von hunderten von Leuten. Das muss eine wahre Lightshowparade der bunten Busse auf der Straße nach Pakse werden, der Stadt im Süden, die die meisten der Sleeperbusse ansteuern. Man kann es ahnen, auch wir wollen da hin, wir haben die VIP-Klasse dafür gebucht.

    43-44, unser Doppelbett, erster Stock Mitte. Als erstes lachen uns Schmuddelplastikdecken und Schmuddelkopfkissen an, ich glaube ich habe Pokémon und Heike Frozen. Und ‚Frozen‘ ist das Stichwort, eine Luftströmung hämmert mit gefühlt minus 10 Grad von der Decke auf unsere Körper herunter. Pokémon hilf! Alle Luftdüsen sind geschrottet, unregulierbar, verstopfen ist sinnlos, aus allen alternativen Ritzen kommt die kalte Luft, subtil umgeleitet und ungebremst, wir spüren bald unsere Füße nicht mehr und die Ohren werden blau. Wir klemmen eine Plastiktüte auf der einen Seite in den Rahmen der Luftdüsen ein, auf der anderen Seite hält sie ein Pflaster an der Decke, zumindest die Ohren werden wieder durchblutet und rosa. Untenrum müssen bitte Pokémon und Frozen doppelt gefaltet helfen. Geht jetzt so.
    Vorhänge zu, äähm Vorhänge? Gibt’s keine mehr, die Häkchen baumeln nackig in ihren Führungsschienen. Okayyy, das ist wirklich VIP, das wird lustig. Immerhin, die Matratzen haben eine gewisse Stärke, die auf Effektivität hoffen lässt. Jetzt ist das halt so und mit Heike kuschelig wenigstens.

    Boarding completed, wir starten zehn Minuten vor Fahrplan und rumpeln durch das abendliche Vientiane, die letzten kichernden Aussiegirlies verstummen, schweres Atmen aus den Nachbarbetten. Es wird ländlicher. Ich staune wie viele lichterkettenbunt blinkende Restaurants es am ländlichen Straßenrand gibt, mit riesigen Kapazitäten, vielleicht ist mal ein Tisch besetzt, meist wartet eine Person einsam in ihrem rosa-lila-blauen Geblinke auf irgendwen, eine vergessene Küchenfee. Ein Restaurant nach dem anderen so.
    Im Dschungel gibt es Spinnen, die am Wegesrand aus Löchern heraus ihre kunstvollen Netze gesponnen haben, eines neben dem anderen, und man kann sie darin warten sehen, nur dass ihre Netze ohne bunte Lichterketten auskommen müssen, aber die Spinnen sitzen darin auch wie vergessene Feen und hoffen ebenfalls auf Essensgäste, wie die Autobahnrestauranrs am Wegesrand., eines neben dem anderen.
    Und so essen wir Kekse und Bananen, hoppeln über die Autobahn durch die dunkle Nacht und schlafen irgendwanneinmal ein. Oder auch nicht.
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