• Angkor oder Wat

    December 23, 2024 in Cambodia ⋅ ☁️ 30 °C

    Beide haben wir wunde Stellen am Fuß und die Nacht war viel zu kurz, gna. Um sieben müssen wir heute schon aufstehen, The one and only Angkor Wat erwartet uns. Schuhe an, die Schmerzen sind vergessen, Frühstücken. Um 8:30 knattert unser Tuk Tuk heran, nicht mit Ek als Fahrer, sondern mit Bros. Ek sei verhindert erklärt uns der Concierge.
    Der instruiert auch gleich Bros kurz über unsere Tour - die ‚Kleine‘, aber ganz wichtig, Ta Phrom muss dabei sein, Hollywood Movie, ha, ha. Soweit kriegen wir das mit.

    Zum Angkor Wat ist es eine ordentliche Strecke. Zumächst heißt es im Visitorcenter Tickets kaufen. 37$ für einen Tag, 62$ für zwei. Wir werden voraussichtlich nur den einen Tag brauchen.
    Bevor wir richtig starten erklärt uns Bros mit seinem freundlichen, rundlichen Gesicht unsere Tour, die ‚Kleine‘. Mooment! Gerne würden wir auch Tempel sehen, die teilweise Bestandteil nur der großen Tour sind, den und den zum Beispiel ...Ok my friend, für 5$ mehr fährt er gerne auch die Sonderwünsche für uns ab, also 20 plus 5$ der neue Tarif, soll auch ok für uns sein.

    Wir starten und erreichen Angkor Wat von der Westseite aus, d.h. wir gehen durch den Hintereingang. Von hier arbeiten wir uns entgegen dem Hauptstrom der Besucher langsam durch das atemberaubende Bauwerk, in seiner Erscheinung und Besonderheit wirklich ein Weltwunder. Die Bauweise der Tempel von Angkor ist sehr grob und gedrungen, geschuldet dem Material und der mangelnden Kenntnis über effektivere Statik. Große Räume für viele Menschen zu bauen war seinerzeit auch nicht notwendig, da eh nur der Gottkönig und die Priester das Allerheiligste betreten durften.
    Angkor heißt übersetzt Stadt des Königs und erstreckt sich über 200 Quadratkilometer weit.
    Das Angkor Wat als mystisches Zentrum seiner Zeit, selbst widerspiegelt in seiner Anlage und Architektur das damalige Weltbild. Die Welt ist ein Rechteck, umgeben von Meer, rundum geschützt durch Berge, in der Mitte der Welt erhebt sich der Berg Meru, Sitz der Götter. Und so nähert man sich über Wasser, Ebenen, diverse Höfe dem Innersanctum der Anlage, gekrönt mit den fünf charakterstiftenden Türmen des großartigen Angkor Wat.

    Wir teilen uns diese weitläufige und mächtige Anlage mit einigen Touristengruppen, aber eigentlich gelingt mit etwas Geduld, die mir bei so manchen penetranten Instaposern allerdings gelegentlich abhanden kommt, doch meistens ein Foto ohne andere Personen drauf.
    Wunderschöne Reliefs, viele hundert Meter lang, erzählen von rühmlichen Schlachten des Königs, der Entstehung der Welt und dem
    Kampf von Gut und Böse - das Gute gewinnt dabei immer - Säulengänge, Pools, verschiedene Terrassenebenen, konzentrisch um das Allerheiligste herum. Die Besteigung ist wegen Konservierungsarbeiten für Publikum gesperrt. Dunkel, mystisch, beeindruckend, riesig. Wir benötigen fast zwei Stunden für die Besichtigung und bis wir zur langen Prozessionsstraße vor dem Wat gelangen, die eigentlich der offizielle Eingang wäre, wir sind tief beeindruckt und begeistert. Bros wartet schon winkend auf uns.
    Nächste Station Bayon Tempel, ein wilder Haufen Steine, pyramidenartig aufgebaut, berühmt durch die Gesichtertürme. Wenn man die Struktur des Tempels nicht wirklich kennt, ein Gewirr aus verschachtelten Gängen und Nischen, ab und an ein Shiva Lingam, eingefallene Passagen sind meist gesperrt, nur mühsam erkennt und erfasst man das System vom Grundriss, aus allen Perspektiven aber wachen die aufragenden Türme mit den großen, gnädig lächelnden Khmergesichtern.

    Nàchster Stopp das große Gelände mit dem Palast, diversen verstreuten Gebäuderuinen. Wir interessieren uns hier lediglich für die Terrasse der Elefanten und die Terrasse des Leprakönigs, klingt spannend, was?
    Die Terrasse der Elefanten heißt so, weil im Relief an ihrem Fuße fast lebensgroß eine Parade von Elefanten abgebildet ist. Die Terrasse des Leprakönigs, weil ihr Erbauer den Überlieferungen nach an Lepra verstorben ist. Beide Terrassen messen zusammen ca 350 Meter, die wir gemächlich abschreiten. Vor allem die Reliefs des Leprakönigs sind sehr gut erhalten und sehr schön anzusehen. Am Ende der Strecke wartet wieder Bros auf uns.

    Lunchtime und Bros hat Hunger. Es folgt eine längere Fahrt zu seinem Vertragsrestaurant ein paar Kilometer weiter. Man ist kambodschanisch freundlich zu uns, aber der Preis ist hoch. Für einfache Khmergerichte, die in der Stadt zwei bis drei Dollar kosten, werden hier sieben fällig. Aber auch hier schmeckt Muttis Kocherei sehr gut.
    Nach dem Essen legt sich Bros in eine der Hängematten im Resto, extra für die Fahrer und wir stapfen in den Tempel, der auf dem Gelände gegenüber des Restaurants liegt, Ta Som wird er genannt.
    Auf den ersten Blick ein kleiner Tempel, kurz nach Betreten stellt sich aber heraus, dass viele Höfe bis zum Innersanctum durchschritten werden müssen. Der Tempel liegt in schattigem Wald und die nachmittagsmilde Sonne wirft ein schönes Licht auf das Gemäuer und die umliegenden Bäume. Hier sind schon merklich weniger Besucher unterwegs, so können wir die ruhige Ausstrahlung dieses Ortes ganz und gar auf uns wirken lassen.
    Es ist bemerkenswert, wie viel Restaurations- und Konservierungsarbeit hinter jedem Tempel steckt, und es sind viele! Vor manchen Tempeln steht ein Dokumentationscenter mit vorher/nachher Bildern, was ein Puzzle! Und immernoch liegen unzählige Steine in und um die Tempel herum, die vielleicht irgendwann von einem wahnsinnig geduldigen Archäologen an ihren ursprünglichen Platz gesetzt werden.

    Als Symbol für das große Meer befinden sich vor den Tempeln große, rechteckige Wasserbecken oder sie sind ganz von Wasser umgeben, die von Brücken überwunden werden. Die Brüstungen dieser Brücken erzählen mit ihren Statuen eine Geschichte, wie sie mir besonders gefällt. Links und rechts halten einerseits Götter, anderseits Dämonen eine große Schlange und bilden architektonisch in dieser Weise die Brüstung der Brücke. Gut erhalten oder restauriert sind die verschiedenen Gesichter dieser Wesen in ihrer Mimik sehr amüsant und individuell gestaltet.
    Dargestellt wird so, wie mit der Weltenschlange Vasuki von Göttern und Dämonen gleicher Weise das Milchmeer in der Art gequirlt wird, dass daraus das Ambrosia gewonnen wird, ein sehr wertvoller Zaubertrank.
    Dem aufgeschlagenen Milchmeer entsteigen schließlich der Paradiesbaum und Himmelsnymphen, gefolgt von der Gattin Vishnus Lakshmi, göttlich verehrt, dekoriert und erhoben von diversen Himmelsgestalten. Das passte den anwesenden Dämonen jedoch nicht, es kam zur Schlacht, die natürlich die Götter gewannen, vor allem weil sie den Zaubertrank Ambrosia getrunken hatten. Die Dämonen wurden in ihre Höllen vertrieben und die Götter herrschten über den Dritten Himmel, in Kurzform. Der ewige Kampf von Gut und Böse, hosianna! Das ausführliche Relief ist über 50 Meter im Angkor Wat zu bewundern und natürlich gibt es von dieser Geschichte zahllose Versionen, sogar Comics.

    Die Zeit, die wir uns lassen, vergeht wie im Flug und wir merken, dass langsam die Konzentration und die Bereitschaft neue Impressionen aufzunehmen, nachlässt. Also lassen wir besser weitere kleinere Rempel aus und konzentrieren uns auf Ta Phrom, der wilde, heimliche Star neben Angkor Wat.
    Wild, weil die Archäologen die Bäume haben stehen lassen, die seit ewigen Zeiten über die ganzen Anlagen gewuchert sind, schließlich liegt Angkor mitten im Dschungel. So betritt man einen Tempel, dessen Mauern teilweise von den Wurzeln mächtigen Bäume zusammengehalten werden, oder zermalmt. Ein atemberaubender und abenteuerlicher Anblick, den man sich mit vielen Besuchern teilen muss, auch Chinesen. Sie stehen in Zweierreihe brav vor einer gigantisch umwurzelten Tür in einer Mauer und warten bis der Guide auch von ihnen ein Foto macht, dann endlich darf das Instagirl in weißem Kleid posieren, kokett, süß, laracroftig, dann Mama und Tochter, Tochter und Mama, vielleicht doch noch in einer anderen Pose probieren? Wir werden dieser Konstellation noch hier leider öfter begegnen, Geduld, Ge-du-huuuld, grmbbbllft, mit mir werden diverse andere Fotografen hart geprüft.
    Manchmal ergibt sich zwischen der Reihenabfertigung eine Möglichkeit für einen kurzen Shot, manchmal muss man darum bitten. Am Ende verschwinden irgendwann diese Gruppen und der wirklich großartige Tempel gehört nur noch wenigen.
    Die Nachmittagssonne zaubert das Bühnenlicht für diesen verwunschenen Ort, der exotische Gesang der Vögel liefern den Soundtrack. Diese geheimnisvollen, überwachsenen Ruinen, die Energie der Natur, unglaublich schön! Irgendwann sind wir satt und flanieren den Weg zurück in die reale Welt. Ganze 13,5 Kilometer sind wir heute tapfer durch Ruinen gestapft. Unvorstellbar diese Tour mit einem Rad zu machen, liegen die Tempel in der Summe doch in stolzen Entfernungen voneinander, dazu noch der Weg durch die Tempel und von und nach Siem Riep, das könnte doch sehr sportlich werden bei 30 Grad im Schatten.

    Bros ist erleichtert als er hört, dass wir bis oben hin voll mit Eindrücken sind und keine Kapazitäten für weitere Tempel haben. Wir haben eine sehr schöne Sightseeing Tour zurück nach Siem Riep, mit dem Abend erwacht die Stadt und entwickelt eine gewisse Geschäftigkeit, das ist sehr nett zu beobachten, da mittendrin lassen wir uns absetzen.

    Wir spazieren in Flussnähe, wo auch der Nachtmarkt sich gerade warm läuft. Ein Suppe wäre jetzt grad recht, ein Bierchen dazu. Khmer Sour Soup und eine normale Nudelsuppe suchen wir uns aus, beide sehr lecker, die Sour Soup besonders. Die kleinen Plastikstühlchen um uns herum füllen sich langsam. Kinderplastikstühlchen an Kinderplastiktischen, Rot, Blau, Pink, Knatschgrün, das sind die Trendfarben. Solange ich mich nicht anlehne, hält mich der meine, aber sein leises Stöhnen kann man nicht leugnen.
    Schöne Stimmung am frühen Abend, Angkor sippen und Leute gucken, so passt das. Es gibt so Momente, da ist man einfach zufrieden und so ein Moment ist jetzt.
    In diese Oase des Glücks, maunzen unsere Füße hinein, mi mi mi, oben rum mag ja Glück und Zufriedenheit herrschen, aber da unten, da ist man noch äußerst unzufrieden, klare Ansage zum
    Aufbruch.
    Getrieben von einer unsichtbaren Macht tragen die Füße uns direkt vor das Siem Riep Massage Spa. Zeit für eine Fussmassage? Zeit für Maniküre? Zeit für Pediküre? Nicht zu spät jetzt, nein? …juhu, ja!
    Ich bin als erster mit Fussmassage dran, Heike möchte nur Maniküre, das ganze Programm mit Nagellack, ihre Füße sind noch zu zerstört von gestern.
    Die Fussmassage ist ein Traum, die Reflexzonen werden mit Stöckchen bearbeitet, a bisserl autschn erst, dann ohhh, tut das gut! Maniküre, Pediküre, so sauber und gewissenhaft, super, meine Füße fühlen sich so hübsch und gut an, wie meine Haare nach der Koreanischen Haarwäsche. Gestern ist vergessen, begeistert machen wir einen großen Termin für morgen Nachmittag aus.

    So viel Entspannung macht hungrig. Unsere Begeisterung über die Suppen vorhin bringt uns wieder zum Riverside Nightmarket, noch ne Suppe und Lok Lak, stir fried Beef in dunkler Soße mit Ei und Reis.
    Jetzt ist aber richtig gut. Da können und wollen wir keinen mehr draufsetzen und stellen unsere Koordinaten auf unseren Heimatplanet Angkor Palace ein, befüllen vor dem Abflug aber noch unsere Restkapazitäten mit Pin Pins Banana Pancakes, lassen tapfer mit vollen Bäuchen die bunten Pubstreet Nebel links liegen und sausen per Tuk Tuk Anhalter durch die dunkle Siem Riep Galaxis. Was für ein schöner Tag!
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