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- Day 3
- Monday, April 14, 2025 at 10:37 PM
- ☁️ 20 °C
- Altitude: 1,917 m
ChinaKunming25°3’2” N 102°42’24” E
Wal King Kunming
April 14 in China ⋅ ☁️ 20 °C
So langsam um neun wachen wir auf. Ich wecke Nele mit Kaffeeduft. Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern, wir haben super geschlafen.
Nach zwei Stunden Unterhalten und Kaffeetrinken gibt im Restaurant vom Upland eine große Nudelsuppe zum Frühstück. Nur wenige Traveller lungern auf der Innenhofterrasse herum. Gegen halbzwölf starten wir die Stadt zu erkunden.
Es gibt nur sehr wenige Sehenswürdigkeiten in der Stadt, eine davon ist ein Buddhatempel unweit von uns, der Yuantong Tempel. Hinter dem typischen chinesischen Tempelportal steht auf einem Hof ein großer Schrein mit einem sehr großen, goldenen Buddha. Hätte Nele nicht gesagt, dass es links oder rechts von dem Schrein noch weitergeht, ich wäre zufrieden gewesen und wieder gegangen, jedoch schon etwas verwundert darüber, dass dieser Tempel touristischen Stellenwert besitzt.
Aaaber, hinter dem ersten Schrein befindet sich ein Arkadenrundgang mit vielen Seitenschreinen, der um einen großes, wassergefülltes Bassin herum führt. In der Mitte des Bassins steht quasi wie eine Insel ein weiterer großer Schrein. Im Bassin rudern viele kleine Wasserschildkröten wie ausziehbare Badewannentierchen im grünen Wasser aufgeregt herum.
Und hinterm Arkadengang geht es dann nochmal weiter, zu einer Art Quelle die einem Felsen entspringt und die in ein großes Wasserbecken gefasst ist, dieses Mal tummeln sich hier Karpfen und Goldfische. Treppen, die zu einem weiteren Tempel oben im Felsen führen sind leider verschlossen. Die Anlage ist also wider Erwarten von stattlicher Größe. Zunehmend füllt sie sich mit immer mehr Gläubigen, die ungläubig Nele mit ihren graublonden Haaren und ihrer weiten Adidashose und sommerlichem Top mal mehr mal weniger verstohlen beäugen.
Wir genießen die Ruhe dieses unspektakulären aber schönen Ortes.
Das Wetter ist ja so schön! Sonne! Aber nicht zu heiß um die Stadt zu erkunden. Wohin jetzt? Einfach los!
Das erste, was uns auffällt, diese große Stadt mit ihren über fünfeinhalb Mio. Bewohnern ist absolut ruhig, unglaublich. Es wird mehr flaniert als gelaufen, kaum Hupen, der scheinbar zu 100% elektrifizierte Verkehr flüstert leise rauschend durch die Straßen - und es ist viel Verkehr.
Auffallend die unzähligen Rental Elektromopeds, die überall massenweise geparkt sind, nix mehr Fahrräder. Sehr chillig, diese Stadt des Frühlings, wie Kunming auch genannt wird. Zwischen den hässlichen Hochhäusern und Shoppingmalls ragen immer wieder Palmen in den Himmel.
Wir halten uns einfach Richtung ‚Altstadt‘. Mal hier entlang, mal da abgebogen, chinesischer Alltag, so gut wie keine Touristen. Bis zum Ende des Tages sind wir vielleicht vier/fünf begegnet?
Es ist gar nicht so einfach diese Stadt zu beschreiben. Schön ist sie nicht. Es gibt Momente, Strassenzüge, Plätze, da denken wir, wir sind in Berlin, Mehrindamm, Akexanderplatz, ja das trifft es wohl ganz gut. Eine Straße erinnert uns mit ihrer Platanen Allee an die Französische Konzession in Shanghai. Viele kleine Geschäfte, Kleidung, Klüngel, Lebensmittel, chinesischer Alltag, keine Touristen. Den meisten Chinesen sind wir egal, einige sehen uns neugierig an, Nele wird von jungen Mädels öfter mal angelächelt, erfreulicher Weise aber möchte niemand mit uns Fotos machen.
In einer kleinen Seitenstraße liegt ein kleines Restaurant neben dem anderen, Hunger! Unsere Auswahl ist beliebig, eines ähnelt dem anderen ziemlich. Fotos von den ganzen Leckereien an den Wänden, cleanes Interieur und ein bisserl oller Schnickschnack. Der sehr nette Scheffe legt uns eine Ringbuch-Speisekarte vor die Nasen. Er macht uns vor, wie wir mit dem wegwischbaren Stift unsere gewünschten Speisen auf den eingeschweißten Seiten markieren. Soweit klar, wenn nicht alles in Chinesisch geschrieben wäre…
Der Google Übersetzer muss her. Im Test gegen den Trip Übersetzer hat er eindeutig gewonnen.
Wir staunen nicht schlecht, wie sehr sich die Ûbersetzungsqualität zu 2019 verbessert hat. Fast nahezu jedes Gericht wird nachvollziehbar übersetzt, wow. So wählen wir Schweinefleisch Gung Po, Schweinehack mit Tofuquark und Yamswurzeln mit Morcheln. Es ist soo lecker!
Sehr präsent der typische Geschmack des Sezchuanpfeffer, der wohl in fast jedem Gericht hier verwendet wird.
Um 14:00 sind wir die einzigen Gäste, die Familie räumt schon zusammen und gesammelt sich danach an einem Nachbartisch. Opa drängt stolz das zweijährige Enkelchen in unsere Richtung, Papa lächelt dazu den Rauch seiner Feierabendzigarette ins Sonnenlicht, Mama kichert, Schwester schaut nur. Babyboy ist recht gschamig und flüchtet zurück zu Opa, der ihn wieder gnadenlos zu uns bugsiert. Unwillige Schnute, alles lacht, wir brechen satt und happy auf.
Zahlen mit Alipay ist bisweilen eine Herausforderung. Weder Code Scannen funktioniert, noch gescannt werden. Kein Anschluss unter dieser Nummer, VPN blockiert den Vorgang, sagt Alipay, sagt Big Brother, gruselig. Mehrmalige Anläufe auch ohne VPN misslingen. Gut dass ich noch ein paar Yen im Geldsackerl habe und bar bezahlen kann. Auch beim Tempel vorhin hatten wir die gleichen Schwierigkeiten, Code Scannen funktionierte auch da nicht. Das kann ja noch lustig werden, ich dachte Ois easy mit Alipay in China.
Unverzagt biegen wir weiter von Seitengasse in Hauptstraße in Seitenstraße. Irgendwann stehen wir an einer sehr chinesischen Version des Brandenburger Tors, die Altstadt Kunmings beginnt dahinter. Eigentlich sind es zwei Tore, die hintereinander fotografiert ein schönes Motiv ergeben. Die Altstadt wurde neu wieder aufgebaut, da war man irgendwann mal wohl zu beflissen mit Abreissen und Neubauen. Gibt halt doch noch die Sehnsucht nach der Vergangenheit und der Seele einer Stadt.
Fischlampions hängen über den Gassen, Läden mit Jade, Silberschmuck, Tee und Touriramsch reihen sich aneinander, dazwischen Restaurants der einfachen Art. Entspanntes Schlendern zwischen entspannten Kunmingern, denen man eh eine sehr gelassene Art nachsagt.
Bei ‚Kunming‘ muss ich doch gleich auch an Laos denken, an die Horden von Touristen, die mit dem Highspeed Train von Kunming kommend heuschreckengleich über Luang Prabang herfallen, rücksichtslos, schlurfend, rotzend, maximal ignorant. Schlurfen und Rotzen tun sie hier auch zur Genüge, aber sonst, nicht wiederzuerkennen, diese Horden! Wir fühlen uns tatsächlich wohl hier in dieser Gesellschaft, gelächelt wird zwar selten, dennoch so viele nette Begegnungen, wenn man einmal miteinander zu tun bekommt. Sei es beim Bestellen, Einkaufen oder beim misslungenen Alipay Bezahlen.
Das Highlight in diesem Zusammenhang war Trockenshampoo für Nele kaufen. Mit gegenseitigem Google Übersetzer, Händen und Füßen, gab es am Ende von der kommunikationsmutigen Verkäuferin sogar eine empathische Dosengröße, die von strengen Fernbahnhofszerberussen mit Röntgenblick akzeptiert werden würde. Hahaa! High Five, tapfere Verkäuferin, was waren wir völkerverständigend, glücklich und stolz!
Und jetzte? Kaffeezeit! Aus den vielen Cafés am Platz suchen wir uns das vietnamesische Kaffeestüberl aus. Endlich mal wieder vietnamesischer Drip Coffee. Drip, Drip, Drip, Milchmädchenmilch verrührt und ab ins Eiswürfelglas, mmhhhh.
Leider passen unsere Stecker vom Ladegerät nicht in die Steckdosen vor Ort. Und wieder ein Wow-Moment: das Mädel von der Kaffeetheke bringt uns eine dieser Leihpowerbanks, die es überall in der Stadt in Automaten gibt. Unsere leeren Handyakkus jubeln. Ist das superaufmerksam oder superaufmerksam - Leihpowerbanks, allüberall zu leihen - das ist mal ganz nach vorne gedacht und gemacht, was?
Gerne würden wir uns in der Dunkelheit von den bunten Lichtern der wiederstandenen Altstadt ein Glitzern in unsere Augen zaubern lassen, gerade aber ist es noch zu wenig abendlich. Tempeltürme ein paar hundert Meter entfernt sind dann unser Ziel. Fast hätten wir sie übersehen, so unscheinbar sind sie in ihrer schlichten Modernität, nicht einmal ein Foto wert. Ein seltsames Gebäudemonster zwischen den beiden Türmen beschattet unerwartet unseren Weg. Eine hohe Mauer wie vom Sommerpalast in Peking, durch deren Tor wir in einen Hof kommen, dessen flankierende Bauten nicht weniger historisierend anmuten. Über Treppen geht es hinauf, den chinesisch verschnörkelten Dächern entgegen. Was erwartet uns hier? - nichts! Geschlossene Türen von irgendwelchen vielleicht exklusiven Geschäften. Niente, nix los. Mit großen Fragezeichen über diesen Bombast verziehen wir uns wieder.
Die fette (Dengsi)Dongsi Straße hinunter. Der Plan: Powerbanks kaufen, wir haben unsere vergessen.
Tiefer drin in der Berlin like City waren doch Shoppingmalls?… Auf dem Kilometer zurück in die City, bremsen wir bei einem großen Obstladen ein
und erwerben neugierig ein paar Früchte der exotischeren Art zum spannenden Probieren für später.
Es dämmert schon und die City blinkt bereits in bester asiatischer Art und allen Farben. Hinter der vielversprechendsten Fassade verbirgt sich ein mehrstöckiges Kaufvergnügen. Der gesamte dritte Stock ist ein Uniclo, jippie, ein Must für mich. Der vierte Stock beherbergt Funny Household Items, Cosplay und Young Fashion, die Neugier siegt, kucken müssen. Das eigentliche Ziel aber liegt im Erdgeschoss, die Mobile Abteilung.
Can I help you? freundlichstes Englisch von einem jungen Verkäufer mit Pilzfrisur und Pickeln. Ja gerne, wir suchen Powerbanks. Und er zeigt uns Powerbanks. Wir sollen uns doch bitte setzen, hier ein Becher mit warmen Wasser bittesehr, und wir sind begeistert von den kabellosen, schicken Dingern und kaufen. Beflissen werden unsere beiden Akkus vor unseren Augen gestestet, läuft. „Zahlen mit Alipay bitte.“
„Can you scan me?“ fragt der sehr zuvorkommende Verkäufer mit der akkuraten Pilzfrisur. Geht nicht, Alipay will einen Zahlungscode von mir, den von meiner Kreditkarte? Ne? Einen anderen? So einen anderen Code hab ich nicht, hatte ich nie…
„You scan me please.“ Das geht auch nur bis zu dem Punkt ‚Zahlungscode‘ bitte… Ich probiere mögliche Codes aus meinem gängigen Repertoire aus - meeep, Alipay gesperrt, morgen wieder…
„Nehmt ihr Kreditkarte?“ „Ja, Visacard“ - Ich habe nur die Mastercard, hm. ….Applepay? …Paypal? Auch nicht? …so ein Mist. Na dann, tschüss Powerbanks, wird wohl nix mit uns heute. Sorry Sorry, und wir gehen.
Das gibt’s doch nicht! Auf einer Bank direkt vor der Mall gehen wir der Sache auf den Grund, tief in den Alipay Einstellungen. Nach etwas Herumprobieren verschwindet mein Scancode, jetzt geht gar nichts mehr ohne diesen Zahlungscode einzutippen. Grande Katastrophe. Und dann ploppt auf Chinesisch plötzlich ein Text auf, auf Deutsch übersetzt: Meine Identitätsprüfung sei noch nicht vollständig abgeschlossen, ich sei nicht für das Bezahlberfahren zugelassen und möge bitte Verständnis dafür haben.
Grrmblll….
To make a long story short: Nach längerem Suchen und Finden, gefolgt von mehrmaligem Reisepass scannen, Gesicht scannen und wieder Reisepass scannen und wieder Gesicht und… wurde ich tatsächlich aufgefordert, mir einen Zahlungscode einfallen zu lassen, genau diesen gewissen Zahlungscode! Halleluja! Und ab dann flutscht alles, sogar das Zahlen mit Gesichtserkennung. Und alles ohne VPN, na servas, jetzt hat der Big Brother mich an meinen getrackten Konsum-Eiern. Die Schmerzen lindere ich flugs mit zwei schicken Powerbanks. Viel Spaß soll er haben, der Große Bruder, wenn er mitverfolgt, was wir noch so alles Tolles shoppen.
Essen zum Beispel. Wir begeben uns zurück in die illuminierte Altstadt und mit Glitzern in unseren Augen und Google Übersetzer durchpflügen wir die unendliche Speisekarte des neonhellen Restaurants unserer Wahl. Eine rundliche Dame nimmt kichernd unsere Bestellung auf und kredenzt uns ein paar kurzweilige Minuten später Schweinerippchen süßsauer und Rindfleisch klassische Art, mit Chili, Chili und Chili, ach ja, und Sezchuanpfeffer. Tee dazu für lau.
Die grünen Chilis sind gar nicht soo scharf, die roten sind aua, die lassen wir einfach weg. Und so lecker schmeckt es und viel zu viel ist es. Alles was im Fettsee noch am Tellerboden schwimmt lassen wir dann stehen, sind wunderbar satt.
Statt die Metro zu testen ziehen wir den dreissigminütigen Nachhauseweg per Pedes vor. Durchs nächtliche, ruhige Kunming, die Auto- und Rollerlawine surrt nahezu geräuschlos an uns vorbei. Zwischenfrage: Wie ist eigentlich die aktuelle Luftqualität in Kunming?
Fast schlafwandlerisch finden wir unser Upland.
Nach dem Duschen: Obst Testing, drei exotische Früchte, von denen nur die Drachenfrucht für uns einen Namen hat. Das Obstmesser dafür leihen wir uns aus der Hostelküche.
Alle drei Obsten ist gemeinsam, sie schmecken nicht wirklich intensiv, einmal maracuja-traubig, einmal grasig, einmal nach nichts, die Drachenfrucht natürlich, einmal mehr ein hübsches Nichts. Wieder eine Erfahrung. Und wenn ich das hier nicht danach noch schreiben würde, hätte ich um halbzwölf die Augen schließen können, so mache ich das erst jetzt, hellwach um halbdrei.Read more




















