Ich gehe.

helmikuuta - lokakuuta 2024
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    1. Juli

    1. heinäkuuta 2024, Norja ⋅ ☁️ 11 °C

    Ich wache auf und bin im sechsten Monat. Schnell einen Test gemacht: Puh, nicht schwanger! Und so ist das Aufraffen schon um sieben nach einem Ruhetag doch im Bereich des Machbaren. Ich mache Frühstück, während es draußen regnet und lande auf dem Weg zur Toilette bei der Budweiser Angelbrigade. Das dauert etwas länger, bis der Nemjetzki das Wie, Wohin und eine ganze Reihe weiterer Fragen beantwortet hat. Und sie entlassen mich nicht ohne eine Büchse ihres Nationalgetränks und etwas Wegzehr. Besten Dank, Männer. Gegen zehn hab ich alles soweit fertig und der Regen hat aufgehört. Dann läuft es sich die anderthalb Kilometer sehr angenehm zum Supermarkt. Und obwohl ich für den heutigen Tag noch ausreichend Vorräte habe, muss ich in der Meierei doch noch ein bisschen was kaufen, was irgendwie Laktose enthält. Bin da ja sehr tolerant. Dabei komme ich mit der Verkäuferin ins Gespräch, sie ist Deutsche und hilft hier für eine Zeit lang aus. Einen halben Kilometer weiter bin ich dann am Haus von Sandra und Matthias. Er ist zur Zeit arbeiten, genau in der Firma neben meiner Wochenendhütte. Und hat mich in den letzten Tagen zweimal gesehen, als ich an der Straße entlang durch die Berge kam. Sandra kocht mir erst mal einen Kaffee und ganz flott sind fast 2 Stunden rum, in denen wir uns über ihr und mein Hier und Jetzt unterhalten. Dass sie seit 2020 hier leben, wie es sich hier lebt und was es doch für ein kleines Paradies ist. Nicht ohne zu duschen und auch ein paar Sachen mit für den Weg verabschiede ich mich gegen eins. Sandra, danke dir für die Einladung. Ich mache mich auf den Weg, um in gut 15 km an die Fähre zu kommen. Der Himmel ist von Azur bis zu tiefstgrau sehr gemischt eingefärbt. Dementsprechend bin ich heute gedanklich auf alles vorbereitet. Glücklicherweise bleibt es aber dabei, die einzige kurze Schauer, die es gibt, halte ich in einer privat gebauten Bushaltestelle aus, in der normalerweise die Schulkinder warten. Mit meinem Tornister zähl ich mich mal dazu. Kurz vor halb fünf, ich bin gut 500 m vor der Fähre, kommen mir 10-12 Autos entgegen und ich freue mich, dass ich wahrscheinlich gleich aufspringen kann, um die circa fünf Minuten überzusetzen. Denkste, natürlich kann ich das nicht, die Fähre ist schon lange wieder weg und in etwas mehr als einer Stunde kommt sie wieder. Für mich eine gute Zeit, das Wetter zu genießen und am Rucksack dem Quietschen nachzugehen, das ich seit wenigen Tagen immer mal wieder und häufiger habe. War mir bisher nicht sicher, ob es mit dem Wetter, also Nässe was zu tun hat, was ich aber heute dann schon wieder ausschließen kann.
    Dass ich tatsächlich immer dichter ans Meer komme, merke ich daran, dass die riesigen Wasserflächen doch größer sind als die Seen und es wirkt zusammenhängender, ich in einiger Entfernung ein recht großes Schiff sehen kann und auch dieser Geruch von Meerwasser in der Luft liegt. Die Landschaft ringsum ist wunderbar anzusehen, viel grünes Land um mich herum, zerklüftet mit kleinen Inseln und zumindest in der Ferne durchaus recht hoch aufragenden Bergen. In der Richtung, aus der ich komme, sehe ich in den ganz hohen Lagen noch Schnee und im Voraus laufe ich auf einen Berg zu, den man vollgepflanzt hat mit einem Windpark von sicher 30 Windrädern. Zumindest von der Ansicht her wäre das nicht nötig gewesen. Besser gemacht hat es dagegen der Gestalter eines Hauses am Straßenrand, er ist auch ein großer Freund von Windmühlen, verschiedensten hölzernen Gebilden sowie einer alternativen Farbgebung des Hauses samt Nebengebäuden. Ich bleibe kurz stehen und betrachtete mir das Ganze und als ich gute 50 Meter weiter bin, kommt er hinter mir her, drückt mir eine Dose Limo in die Hand, und wir unterhalten uns. Er ist Rumäne und hat ein Faible für diese andere Art von Gestaltung und träumt davon, es vielleicht mal irgendwann für Touristen als Café oder zur Übernachtung zurecht zu machen. Während wir am Straßenrand stehen und plaudern, kommt ein Radler mit vollen Packtaschen dahergefahren, ich sehe gleich, dass er länger unterwegs ist. Es ist ein junger Franzose, der gerade auf dem Weg zum Nordkap ist, leider aber kein Wort Englisch spricht, was mich angesichts seines Alters extrem verwundert. Also ist diese Unterhaltung auch relativ kurz und wir alle drei gehen wieder unserer Wege. Als es schon acht durch ist, sehe ich mich die ganze Zeit um, wo ich mein Zelt aufschlagen kann und während ich zwecks unpassenden Platzes noch weitergehe, sehe ich schon den Supermarkt, den ich morgen besuchen will. Auf einmal hält ein Auto am Straßenrand, es ist Sandra mit ihrem Mann und Sohn, sie sind auf dem Heimweg und es ist schön, dass ich sie doch am Abend noch alle kurz kennenlerne. Kurz darauf, ganz in der Nähe des Coop-Marktes, frage ich an einem Haus nach Wasser und auch nach einem eventuellen Stellplatz für mein Apartment. Mit Silja und ihren Mädels bin ich mir recht schnell einig, dass ich hinter der Scheune direkt an der Kuhwiese mit Blick runter zum Fjord aufbauen kann. Bis das losgeht, ist aber ganz schnell noch eine halbe Stunde vergangen, in der wir erzählen und die Mädels ihre Hasen und alle Haustiere herbeiholen und stolz präsentieren. Und sich sogar noch dafür stark machen, dass der Wanderer ein Eis schlecken kann. Da geht mir doch das Herz auf.
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  • 2. Juli

    2. heinäkuuta 2024, Norja ⋅ ☁️ 12 °C

    In der Nacht hat es immer mal wieder bis zum Morgen leicht geregnet. Trotzdem ist mein Zelt bis nach dem Frühstück soweit trocken, dass ich es zufrieden einpacken kann. Schon lange vorher stehen Lotta und Erna nur zwei Meter weg vom Zelt und fordern mich heraus. Kurz nach neun bin ich im Supermarkt und stöbere in der Verfalls-Abteilung rum. In Schweden als auch in Norwegen ist der Verkauf von überfälligen Produkten bis zu einem bestimmten Punkt möglich. Und entsprechend sind die Preise dann um 40% oder 70% gesenkt. Ich kaufe ja nicht für den nächsten Winter ein, sondern für jetzt, deshalb krame ich da gern durch und finde dabei neben Sachen vom letzten Winter auch Fischfilet, das ich mir heute irgendwann anbraten will und noch dieses oder jenes. Dann ziehe ich bei grau in grau hängenden Wolken los. Es ist angenehm kühl zum Laufen und nachdem ich erst mal vom Supermarkt aus in eine falsche Richtung losgezogen bin, es aber glücklicherweise nach ein paar hundert Metern raffe, geht es jetzt dann tatsächlich Richtung Rørvik. Es gibt unzählige kleine Bauernhöfe und auch eine ganze Reihe von Dörfern, die soweit zumindest zusammenhängend sind, dass ich sie als solches bezeichnen würde. Die Berge, durch die ich heute laufe, sind zwar nur noch knapp über 100 m hoch, wirken aber durch die Flachheit des restlichen grünen Graslands auf mich deutlich höher. Am Vormittag sehe ich mal zwei Rehe, ansonsten freue ich mich einfach an dem Gewusel aus Häusern, Wasser, grünen Wiesen und bergig-steiniger Landschaft. Gegen zwei laufe ich an einem Haus entlang, der Besitzer quält gerade außenrum seinen Aufsitzmäher und grad, als ich vorbei bin, stoppt das Gefährt und er ruft mir nach. Wir kommen ins Gespräch, es ist Knut, der hier mit seiner Frau Ellen lebt. Er lädt mich direkt auf einen Kaffee ein, serviert mir dazu ein Stück Kuchen, das er selbst gebacken hat und wir sind beide mindestens mal sehr erstaunt, um es nicht „positiv entsetzt“ zu nennen, als er sieht, wo ich herkomme und wo er in vier Wochen hinfährt. Sie haben gute alte Freunde in Mühlhausen, also nur eine halbe Stunde von meinem Wohnort entfernt, wo ich auch so oft gearbeitet habe. Da wollen sie Anfang August auf einen Besuch hin. Da muss ich so weit hier hoch laufen, um wieder einmal festzustellen, dass die Erde doch nur eine Scheibe mit einem Dorf drauf ist. Da er Jäger und auch Fischer ist, gibt er mir noch ein Stück selbstgefangenen Lachs mit, auf den ich mich besonders freue. Irgendwann in der Zwischenzeit kommt auch Ellen nach Hause. Wir unterhalten uns noch eine Weile und dann ziehe ich nach über einer Stunde bei immer noch trockenem Wetter weiter. Danke für diese Gastfreundschaft einfach so along the road.
    Gegen vier erreiche ich die Marøybrua, eine Dreiviertelstunde später dann die Nærøysund bru, zwei Brücken, die ich auf dem Weg nach Rørvik und damit auch auf die Insel Vikna überqueren muss. Es sind wunderbare Ausblicke von den Brücken, von der ersten über so wunderbar türkisfarbenes Wasser rüber zur Insel Nærøya, die schon seit 1200 ein politisches und spirituelles, später auch ein Handelszentrum wurde. Von der mit 41 Metern deutlich höheren zweiten Brücke habe ich erstmals einen Blick raus auf die offene See, hierdurch passieren auch die großen Schiffe, die den Hurtigruten bis weit in den Norden folgen. So hoch über dem Wasser und so frei pfeift deutlich der Wind, so dass ich mir Mütze und Jacke antun muss. Nun habe ich endlich die Insel Vikna erreicht, auf der ich in den nächsten Tagen soweit Richtung Westen laufe, wie es Landschaft und Meer zulassen. Ich habe hier in Rørvik einen Supermarkt im Visier, in dem ich für die nächsten zwei Tage noch mal einkaufen möchte. Auf dem Weg dahin komme ich an einem Gebäude des örtlichen Bootsvereins vorbei, hier gibt es Toiletten und auch Duschen gegen eine geringe Gebühr, irgendwie zieht es mich in das Haus rein, obwohl ich gestern erst geduscht habe. Ich treffe auf Preber, einen 14-jährigen Schüler, der hier gerade in den Ferien für ein paar Tage jobbt und sich etwas Geld verdient. Er nimmt die Besatzungen von neu ankommenden Booten, seien es heimische oder fremde, in Empfang und managed diverse Sachen. Ich bin irgendwie mit meinem großen Schlachtplan für heute durch, seit ich von der großen Brücke runter bin und so sitze ich jetzt hier, erzähle mit ihm, trinke einen Kaffee und sehe auf der anderen Seite des Hafenbeckens den Supermarkt, auf den ich überhaupt keine Lust habe. Am Ende habe ich inklusive Dusche fast 2 Stunden hier rumgedruckst und dabei festgestellt, dass ich bis zum nächsten Supermarkt in Austafjord wohl auch noch so hinkommen werde. Und so ziehe ich mit einem kleinen Umweg über die nach einem Brand neu gebaute moderne Kirche im Ort raus in ein kleines Wandergebiet, ganz dicht am Rande der Stadt, das mir Preber empfohlen hat. Hier finde ich eine Art Shelter, der mir für die Nacht dienlich ist und unter dem ich, als es gerade leicht anfängt zu nieseln, meinen Fisch zurechtmache und mir eine gesegnete Mahlzeit gönne.
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  • 3. Juli

    3. heinäkuuta 2024, Norja ⋅ ☀️ 12 °C

    Schon um sechs erwache ich und freue mich, gestern dieses Plätzchen ausgewählt zu haben. Es nebelt und nieselt so leicht vor sich hin und so mache ich mich auf dem Tisch mit meinem Frühstück breit, gucke aus der Hütte raus und freue mich an diesem Wetter. Das ist wie hinter der Scheibe sitzen, nur ohne Scheibe und besser.
    Gegen neun ziehe ich los, auf meinem Weg und auch nicht weit von hier ist eine kleine Bunkeranlage der Wehrmacht aus der Besatzerzeit. Das inspiziere ich natürlich erst mal ganz genau mit dem Schützengraben außenrum, einem in den Fels getriebenen Aufenthaltsraum sowie der runden Einhausung für das Maschinengewehr. Von hier aus ist der Ausblick freilich sehr gut, die Brüder waren ja auch gescheit damals. Das Thema Bunkeranlagen wird mir hier sicher noch einige Male begegnen, schließlich war die Gegend damals ja Teil des Atlantikwalls. Zum Beispiel war auf Vikna eine Funkmeßstellung (Ein Zug der 32./mFlugmeldeLeitKp IV./LnRgt 251) unter dem Tarnnamen WALNUSS stationiert.
    Kurz darauf treffe ich auf Vidar und seine Frau, sie sind neben einer Reihe von Joggern hier mit ihrem Hund unterwegs und wir unterhalten uns so lange, bis die Wege sich trennen.
    Von Rørvik aus gibt es Richtung Inselmitte eine Straße, die ganz im Norden entlang führt und eine ganz im Süden. Die nördliche wird zumindest auswärts die meine sein, sie ist die kürzere, vielleicht werde ich die andere auf dem Rückeg nutzen. Auch wenn das Wetter diesig ist und im Halbstundentakt immer mal wechselt, ist es fantastisch, hier an der Küste entlang zu gehen. Weit im Norden kann ich die Insel Leka im Nebel sehen, es ist eine ganz einzigartige Insel, auf der es ein besonderes Vulkangestein gibt. Vielleicht werde ich sie auf dem Weg entlang der Küste nach Norden später noch besuchen. Aber auch hier ist es wunderschön, obwohl ich nur einen Bruchteil der 6000 Inseln, Holmen und Schären sehe, die zu Vikna gehören. Dazu die kleinen Werften, Fischerboote und natürlich auch die Häuser, die so wunderschön gelegen sind.
    Stück für Stück setzt es doch immer mehr zum Regen an und so nehme ich mir gegen zwölf mal wieder eine dieser kleinen Haltestellen, um ein Päuschen einzulegen. Es hängen einige gestickte Wandbilder darin und ganz stolz hat der Errichter das Baujahr 1998 auf die Wand gemalt. Schon seit dem Morgen, nein, korrekter schon seit gestern Nachmittag ist dieses Stück Lachs auf meinem Plan und es bringt sich immer wieder in Erinnerung. Auch wenn es noch nicht Nachmittag ist und vielleicht noch nicht Zeit für die große Pause, läute ich sie doch jetzt ein und eröffne hier in diesem Festsaal das große Fressen. Fein geräucherter Lachs mit Brot aus der Gruschkiste von gestern sind so sehr lecker, dass ich es kaum beschreiben kann und auch nicht weiß, wann ich zum letzten Mal so sehr Essen genossen habe. Wie das Brot den Weg in diesen Ramschkorb gefunden hat, ist mir ob der Frische völlig unklar, aber beschweren werde ich mich nicht. Für mich ist es eine WIN-WIN-WIN-Situation, denn der Regen ist danach auch vorbei. Ich fühle mich wie der Kaiser nach einem Zwölf-Gänge-Menü und tatsächlich sehe ich, als ich wieder raustrete, die ersten blauen Stellen für heute am Himmel. Da bleibt mir nur Knut- und Petri-Dank zu sagen. Zum weiteren Schwung im Gebein auf den nächsten Kilometern muss ich sicher keine Ausführungen machen. Und weil der große Junge so brav aufgegessen hat, bleibt es nicht nur bei ein paar blauen Stellen, es gibt blauen Himmel mit feinsten weißen Federwolken. Als ich mich später mal auf einer Wiese am Straßenrand zur Pause niedergelasse, kommt eine Frau mit drei Hunden vorbei, an denen und ihrer Weste ich sie gleich mal als Jägerin deute. Wir unterhalten uns eine Weile und dann muss sie aber weiter, sie ist etwas in Eile, heute Abend ist Mädelsabend. Allerdings in der nordischen Art, sie werden mit ihren Repetierern und Büchsen umeinand’ sitzen und auf wehrlose Scheiben schießen. Je später der Nachmittag, desto mehr ziehen Wolken auf und es wirkt so, als würde ich heute Abend noch mal einen Regenschutz bemühen müssen. Ich will mich zum Abend an einem Fjord niederlassen, muss dann nur zusehen, dass es dort auch Wasser gibt, also ungesalzenes. Je länger ich diese Straßen hier entlang laufe und je näher nach Westen ans Meer ich komme, desto mehr muss ich mein Bild im Kopf korrigieren, das ich von dieser Insel hatte. Berge von 100 Metern Höhe wirkten in meinem Geiste wie nichts, über das ich fast hinwegsehen kann. Tatsächlich ragen sie zu beiden Seiten der Straße ganz ähnlich wie in den letzten Tagen auf und selbst ein Aufstieg wäre nicht mal eben gemacht. Und so ist auf den letzten 2km heute, wo es dann doch einmal über eine dieser Berge geht, noch mal deutlich zu spüren: 100 m sind 100 m. Ganz zuletzt geht es noch mal über eine Brücke, die über den Fjord führt. Es ist extrem klares Wasser, in dem ich an vielen Stellen bis auf den Grund sehen kann und große Quallen, Fische und dergleichen von hier oben beobachten kann. Kurz darauf biege ich an der Stelle von der Straße ab, wo ich übernachten möchte und komme statt an Wohnhäuser an eine kleine Werft. Lorenz ist der letzte Mitarbeiter, der heute noch arbeitet und ich frage ihn, ob ich denn hierum irgendwo niederkommen kann, was ohne Probleme möglich ist. Ich sehe mich ein bisschen auf dem Gelände um und er ist gerade nochmal auf dem neuen Fischerboot „Remskjær“, dass sie hier gebaut und vom Stapel gelassen haben. In gut zwei Wochen soll es fertig sein. Ich kann mit auf das Boot und mich ein bisschen umsehen. Das ist für mich ein bisschen wie Paradies, ganz ähnlich, als wenn man mich in einen Lokschuppen steckt. Die dunklen Wolken sind inzwischen Stück für Stück Richtung Osten abgezogen und ab um acht ist der Himmel wieder blau. Ich habe mein Zelt ganz dicht an beziehungsweise halb unter altehrwürdigen Booten neben dem Wasser aufgestellt und könnte es nicht besser haben.
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  • 4. Juli

    4. heinäkuuta 2024 ⋅ ☁️ 17 °C

    Trotz des hier so wechselhaften Wetters hat die ganze Nacht prima gehalten bis um halb fünf. Da brauchte es meine Hilfe, einmal das Cover übers Zelt zu ziehen, um dann auch direkt wieder aufzuhören. Trotzdem ist am Morgen speziell das Innenzelt ziemlich nass, da ich so dicht am Wasser war und eben diese Seite dann speziell betroffen ist. Seit um sechs sind die Bootsbauer am Werkeln und so treibt es mich auch angesichts des trockenen Wetters um sieben raus, um nicht noch unerwartet eine Husche abzukriegen. Ich kann hier die Toilette nutzen und sitze wieder draußen direkt neben dem neuen Dampfer zum Frühstück. Danach verabschiede ich mich um halb neun von Lorenz und seinen Kollegen und bin schon um kurz nach neun in Austafjord, wo der Supermarkt aber erst um zehn aufmacht, wie ich lese. Es ist zwar einer, den ich per Kreditkarte rund um die Uhr öffnen und nutzen kann, aber ich hab auf diese Spielchen keinen Bock und warte einfach die Zeit ab. Im Anlieferungsbereich finde ich eine Steckdose, kann mein Telefon mal eben flott voll machen und weiß mir die Zeit mit einer neuen Strophe von Kenny Rogers und dem Geschrei der Möwen zu vertreiben.
    Ein paar Teilchen einzukaufen und im bequemen Vorraum des Supermarktes ein zweites Frühstück zu halten braucht ungefähr bis kurz nach elf und als ich eigentlich schon wieder losmachen will, komme ich mit Peter und Christa ins Gespräch, zwei Hamburger Rentner, die mit über achtzig immer noch recht flott unterwegs sind und mit ihrem VW-Bus ja nicht nur mal rund um den Fischmarkt kreisen. Gut Ding will Weile haben, es wird dabei halb eins, bis ich tatsächlich den Joker-Markt Richtung Valøya verlasse. Es sind bis zu diesem letzten Ort noch 11 km und von dort aus wahrscheinlich nur noch einer mehr bis an die Küste oder hoch auf den Berg, wo ich mich bis morgen niederlassen will. Mein Schwätzchen hat lange genug gedauert, um den Regen durchzulassen und so ist der Weg bis dahin bei bestem Wetter. Gegen drei komme ich nach Valøya, eine Ansammlung von Häusern, sogar mit einer Kirche dabei und direkt hinter dem hohen Berg, der das Dorf im Westen begrenzt, liegt das offene Meer. Ich ziehe auf der Straße noch vor dem Berg entlang und da treffe ich wie erwartet noch einmal auf die zwei Hanseaten von vorhin. Wir erzählen uns noch ein wenig, dann gehe ich die paar Meter bis vor zum kleinen Fischerhafen, mache meine Wasserflaschen voll und steige den Berg hinauf bis zur Spitze auf 135m ü.M. Da stehe ich nun und habe neben einer Unzahl von kleinen Inselchen und Inseln das weite, offene Nordmeer vor mir, das ich mir doch so gewünscht hatte. Der weite Blick von hier oben und das Wissen um diese noch viel größere Weite dort auf dem Atlantik ist ein sehr erhebendes Gefühl. Ich fühle mich hier auf 135 Metern wie auf dem Dach der Welt. Dazu dieses grandiose Wetter mit Wolken in so unzähligen Blautönen, ohne das der Weg hier raus nur halb so viel wert gewesen wäre. Was wäre das bei Nebel und wolkenverhangener Sicht? Ich darf mal wieder das Kreuz bei „Glückspilz“ machen für diese Reise.
    Eine Hütte, die es auf dem Weg nach oben in einer Senke gab und die ich als eventuellen Schlafplatz ausgeguckt hatte, kommt aufgrund ihrer sprichwörtlich aussichtslosen Lage und ihres ziemlich zerstörten Dachs nicht infrage. Der Wind pfeift, selbst wenn kein Sturm ist, schon ordentlich und so gehe ich auf der Meerseite, die etwas flacher mit einigen Wiesenflächen abfällt, wieder etwas tiefer und suche länger als eine halbe Stunde einen Platz, der windmäßig nicht zu sehr ausgesetzt, vom Untergrund her zumindest im Ansatz brauchbar ist und dabei noch eine Sicht aufs Meer bietet. Genau darum bin ich schließlich hergekommen. Irgendwann habe ich mich auf einen Platz festgelegt und da auf dieser Art von Wiese die Heringe nur sehr bedingt ihren Dienst tun können, trage ich noch für die Sturmleinen jeweils einen kräftigen Stein heran, um das Ganze abzusichern. Womit ich hier überhaupt nicht gerechnet hatte und was meine 500%-Laune noch ein wenig steigert, ist ein kleines, einzelnes Feld von Moltebeeren. Seit ich unterwegs bin, habe ich mich mehr und mehr in sie verliebt und seit dem Frühling so oft am Wegesrand wachsen sehen, erst mit ihren schönen weißen Blüten, die später kräftig rot wurden und jetzt die inzwischen gelb-orangen Früchte tragen. Nicht umsonst gilt Hjortron als das Gold des Nordens. Ein guter Teil von ihnen ist reif und ist heute einfach das Sahnehäubchen auf diesem ohnehin faszinierenden Tag an diesem für mich so außergewöhnlichen Platz. Ich weiß gar nicht, wem ich heute das große Danke aussprechen soll.
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  • 5. Juli

    5. heinäkuuta 2024, Norja ⋅ ☀️ 14 °C

    Fantastisch. Das ist die Kurzbeschreibung für die Nacht hier oben. Der Wind hat sich ungefähr in der Stärke gehalten und ist auch heute am Morgen noch ablandig von Nord-Ost. Das zeichnet auf dem Meer wunderschön anmutende Formen auf der Oberfläche und so bin ich mit den Augen immer nur halb hier bei der Sache. Und darum stehe ich auch schon um kurz vor sieben auf, einfach um draußen das schöne Wetter und diese Aussicht zu genießen. Das Licht ist jetzt ein ganz anderes als gestern Abend, das Türkis im Wasser schimmert noch viel mehr und so halte ich alles, was irgendwie geht, draußen ab und nachdem das Zelt eingepackt ist, sitze ich noch eine halbe Stunde auf dem Felsen und genieße dieses Stück Paradies. Gegen zehn marschiere ich los, erst mal wieder runter vom Berg und ab jetzt geht es fast zwei Tage lang den selben Weg zurück nach Rørvik.
    Gegen zwei komme ich nach Austafjord und da es seit einer Viertelstunde regnet, kehre ich im Joker-Supermarkt ein und mache dort eine Stunde lang Pause bei Kaffee und ein paar süßen Teilchen. Einer der Werftarbeiter von gestern kommt gerade noch zum Einkaufen rein und wir unterhalten uns ein wenig. Das Wetter ist inzwischen wieder klar und während ich weiter unterwegs bin, beobachte ich die tollen Wolkenformationen. Es türmen sich Quellwolken von schneeweiß bis hin zu blauen in den dunkelsten Ausführungen. Bei der nächsten Pause an einem See stoße ich mal wieder auf wilde Erdbeeren, die für wild recht groß sind, ich bediene mich mal großflächig. Gegen halb sieben komme ich an einem Fjord entlang, hier habe ich auf dem Weg hinwärts schon eine recht groß überdachte Holzhütte am Strand gesehen und zufällig passt das heute mit meinem Tagesende. Da extra ein Schild aufgestellt ist, dass es privat ist und nicht für Camping und dergleichen zur Verfügung steht, gehe ich zu einem der paar Häuser in der Umgebung, zufällig genau das richtige, und frage dort die Besitzer, ob es okay ist für diese eine Nacht dort zu schlafen. Das ist es wohl und sie geben mir gleich noch frisches Wasser mit. Schon auf dem Weg vom Haus zurück regnet es heftig und so bin ich nach gut 200 Metern komplett nass. Es hat sich in der letzten Stunde mehr und mehr dunkel zugezogen und so ist dieser Regenguss nur der Beginn eines heftigsten Gewitters, das sich über mir abspielt. Die Blitze zucken grell in der Umgebung als auch über mir und entsprechend laut ist dazu das Krachen. Da es hier eine Steckdose gibt, ziehe ich mal pro forma mein Ladegerät raus, um nicht morgen ein neues kaufen zu müssen. Und so sitze ich unter diesem weit ausladenden Dach, wo mir der starke Regen nichts ausmacht, koche Wiener mit ein bisschen was dazu und betrachte dieses heftige Wetter. Schön, dass ich jetzt nicht 100 m weiter im Zelt sitze.
    Gegen neun hat sich das Ganze beruhigt, der Himmel wird wieder mehr und mehr blau und ganz nebenbei kommt das Wasser mit der Flut zurück.
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  • 6. Juli

    6. heinäkuuta 2024, Norja ⋅ ☀️ 14 °C

    Es ist Samstag und da schläft es sich doch so gut am Morgen. Also drücke ich die Knöppe um sieben noch mal zu und krieche erst um acht aus der Koje. Das Frühstück hält sich hier, wo es Tische und Stühle gibt, sehr einfach ab, dauert aber wegen der Gemütlichkeit etwas länger. So um zehn rum hab ich alles beisammen und mache mich auf den Weg nach Rørvik, wo ich im Supermarkt ein paar Sachen mitnehmen will und von da aus noch ein Stück weiter über die beiden Brücken runter von der Insel. Die Straße als solches kenne ich, natürlich nicht in dieser Richtung und entsprechend sieht alles anders aus, aber auch nicht unendlich aufregend. Freundlich grüßende Kapitäne in ihren Strassenkreuzern, selten mal ein Radler, immer mal wieder ein Fjord oder gar selten sogar ein Binnensee. Interessant sind den ganzen Tag über wieder die Wolken, immer wieder drehe ich mich um und halte Ausschau, ob irgendwo ein ernstzunehmendes dunkles Regengebiet hergezogen kommt, was den Poncho auf den Plan ruft. Aber für heute hält es sich den gesamten Tag über trocken, die Wolken wechseln sich in verschiedenster Form mit dem blauen Himmel ab und sind wunderbar zu betrachten. Und da es sich auf der Straße einfach schneller läuft und ich merke, dass ich Zeit habe, bleibe ich häufiger mal an irgendwelchen Blümchen und Blüten stehen und finde den einen oder anderen lustigen Gesellen, den ich bisher noch nicht vor der Linse hatte. Gegen halb zwölf komme ich wieder an mein Lieblingsrestaurant, natürlich kehre ich dort ein und hinterlasse im Geiste eine gute Bewertung. Es ist scheinbar ein griechisches Restaurant, wohl die „Eulen Athens“, wenn ich den Wandbehang richtig deute. Ich bestelle mir heute einen mexikanischen Salat, während außen herum überall Kühe stehen und mich dabei beobachten. Der Weg zieht sich danach wieder ganz im Norden der Insel ein Stück weit an der Küste entlang, so dass ich nördlich die Insel Leka heute gut sehen kann und da es ja auf dieser Straße nicht viel steiles Auf oder Ab gibt, habe ich am Ende des Tages alle Lieder mindestens zweimal durch, die ich in meinem Repertoire führe. Gegen vier bin ich in Rørvik und versuche, heute noch einmal die Kirche von innen zu betrachten, aber wieder ist sie verschlossen und so mache ich ein Päuschen draußen auf der Bank und genieße den Blick über die Marina. Von hier aus steuere ich in den Supermarkt, nehme ein paar Sachen unter anderem für den morgigen Ruhetag mit und habe ab jetzt noch die zwei Brücken vor mir, die von der Insel runterführen. Insgesamt gute 7 km, dann bin ich an einem Fjord, an dem ich ein Stück weit an der Küste entlang im Wald rumkrauche, um einen Platz zu finden, erfolglos. Irgendwann komme ich an ein Grundstück, das etwas zurückversetzt ist und hier wäre auch an der Küste ein geeigneter Platz. So kombiniere ich die Frage, ob es dort okay ist, das Zelt aufzuschlagen mit der Frage nach Trinkwasser. Kim, der Hausherr ist so freundlich, mich direkt zum Essen einzuladen und so sitze ich ganz ungeplant in der Familienrunde und erzähle nebenbei die Geschichte des Streuners. Vielen Dank euch allen, dass ihr mich so lieb aufgenommen habt. Das Zelt ist am Abend dann ein paar Meter über der Küste schnell hingezwirbelt. Während ich aufbaue, nasche ich die paar rar verteilten Hjortron-Früchte und kann draußen die Schiffe beobachten, die hier die Hurtigruten entlangkommen und auch in Rørvik Station machen. Und dann sitze ich noch bis lange nach zehn im Sonnenschein, gucke über das Wasser und genieße am Samstagabend ein Bier ganz ohne Fußball. Dafür bin ich sehr dankbar.Lue lisää

  • 7. Juli - Ruhetag

    7. heinäkuuta 2024, Norja ⋅ ☁️ 16 °C

    Die Nacht war ziemlich in Schräglage und mit massig Feuchtigkeit vom Meer her. Aber ich habe es ja so gewollt, es musste unbedingt dieser kleine Hügel direkt am Bach sein. Am Morgen ist es sonnig und die dicken Tropfen sind schnell getrocknet. Ich trinke mit Kim zusammen Kaffee, wir unterhalten uns gut und ich kann später noch duschen und meine Sachen durchwaschen. Im Laufe des Tages frischt der Wind immer mehr auf, ich muss meine kleine Trutzburg ganz ordentlich absichern, damit sie standhält. Der Untergrund ist ja nur Kraut und Rüben. Also ohne Rüben, versteht sich. Bei dem kräftigen Wind ist dafür aber auch die Wäsche schnell trocken und am Nachmittag mache ich einen kleinen Gang entlang der Küste, finde hier und da ein paar Muscheln, eine ganze Menge Hjortron und auch die ersten Heidelbeeren. Mit den Muscheln habe ich mir allerdings keinen Gefallen getan. Zumindest einige haben einen sehr penetranten Fischgeruch und alles, was auch nur in ihrer Nähe war, ist jetzt verzaubert.
    Insgesamt ist es ein sehr angenehmer und ruhiger Sonntag hier auf der Lørdagsvika. So heißt dieses Stück Land, auf dem ich ruhe. Vika ist sowas wie eine Landzunge und die Bauern haben sich früher gegenseitig ausgeholfen, hier wurde also immer am Lørdag, am Samstag, gemeinsam gearbeitet. Schön, wie das Kind zu seinem Namen kam, es gibt tatsächlich auch eine Mandagsvika.
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  • Kolvereid auf dem Hügel.

    8. Juli

    8. heinäkuuta 2024, Norja ⋅ ☁️ 13 °C

    Am Morgen fängt es irgendwann nach um fünf an zu regnen, so dass für mich um halb acht ein komplett nasses Zelt bereitsteht, das es abzubauen gilt. Nachdem ich zur Toilette war und beginne, die Sachen in den Rucksack zu räumen, fängt es allerdings schon wieder an, so dass ich alles wegpacke außer dem Zelt selbst und erst noch mal zu Kim reingehe. Er macht mir ein sehr delikates Frühstück, geräucherter Lachs mit Ei. Kim, an dich noch mal vielen Dank für deine Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Als er gegen halb zehn los muss, hört auch der Regen auf und das ist meine Chance, jetzt das Zelt abzubauen und nass einzupacken. So starte ich gegen zehn und habe bis auf eine kleine weitere Schauer den Rest des Tages frei, also vom Regen. Mein nächstes Ziel ist Foldereid, das ist circa 50 km entfernt, und auf dem Weg dorthin werde ich heute noch Kolvereid passieren. Das zieht sich alles an einer Bundesstraße entlang, dementsprechend ist der Erlebnisfaktor im einstelligen Bereich. Als ich am Straßenrand ein Schild sehe zu einem Hofladen, Litlvea Gård, marschiere ich dort gleich erst mal rein und treffe auf Meike, eine Holländerin, die hier seit über zehn Jahren mit ihrem Mann einen kleinen Hof betreibt und selbst Käse und andere Leckereien produziert. Nachdem ich ein paar Sorten gekostet habe, nehme ich gleich erst mal einen von meiner Lieblingssorte mit und sie zeigt mir noch, wo sie den Käse herstellt und natürlich auch das kleine bunte Käselager. Alles recht klein, sie mag kein großes Business, ist mit dem zufrieden, was sie hat. Wer hier bei litlveagaard.no mal vorbeikommt, sollte unbedingt mal reinschauen. Gegen zwei führt die Straße an einem See entlang, es ist nicht mehr weit bis Kolvereid und hier ist am Ufer ein Shelter. Zwar ein privater, aber für meine große Pause langt der alle Mal, und das schöne Wetter bietet sich an, das Zelt komplett zum Trocknen hinzudrapieren. Es dauert nicht allzu lange, bis der Besitzer vorbeikommt und mich freundlich darauf hinweist, dass ich hier aber nicht campieren kann, er hat mich direkt über die installierte Kamera wahrgenommen. No Problem, Meister. In Kolvereid besuche ich den Supermarkt, brauche nur ein paar Kleinigkeiten, die mich aber trotzdem ratzfatz um 30€ erleichtern. Dafür ist aber auch ein Leckeis gleich im Anschluss drinne.
    Aus der Stadt raus treffe ich heute auf den ersten Heimkehrer vom Nordkap, es ist Noé aus Paris, mit seinem Drahtesel gerade auf dem Weg Richtung Trondheim. Natürlich tauschen wir erst mal alle wichtigen Sachen aus, die es so zu wissen gibt oder auch nicht. Mal schauen, vielleicht sehe ich ihn ja in Trondheim die nächsten Tage wieder. Er ist übrigens heute nicht der erste Radler, den ich mit Packtaschen auf einer Ferntour sehe. Es waren schon einige und werden im Laufe des Tages auch noch einige mehr sein, Hintergrund ist, dass ich auf dem EV1 unterwegs bin. Die EuroVelo-Route EV1 (Atlantic Coast Route) ist ein europäischer Radfernweg, sie führt über 10.650 Kilometer vom Nordkap nach Caminha in Portugal.
    Gegen Abend, als ich so ziemlich meine Strecke voll habe, bin ich etwas ratlos wegen Trinkwasser. Entlang der Straße werden wohl keine Häuser mehr kommen und noch weitere 8km bis zum nächsten verzeichneten Ort sind mir einfach zu viel. Die letzten zwei Häuser waren unbewohnt oder zumindest hat niemand geöffnet, das Wasser aus dem Fjord ist mir zu salzig und so laufe ich einfach weiter und hoffe... In 500 m soll eine Trafostation kommen, ich träume von einem Außen-Anschluss, an dem ich Wasser zapfen kann. Natürlich gibt es den nicht, dafür hat man aber 50 m vorher ein Wohnhaus aufgestellt, zwei Leute reingesetzt und die warten nur darauf, dass ich klingle. Geht doch!
    Einen guten Kilometer weiter geht von der Straße ein Weg ab runter zum Fjord und als ich näher komme, ist dort sogar ein Shelter. Ich bin ganz verzückt, sehe aber kurz darauf, dass eine junge Familie den schon in Beschlag hat und hier auch übernachten will. Ein Stück am Fjord entlang finde ich nur nassen, sumpfigen Untergrund und so ziehe ich meinen Ranzen wieder auf und weiter an der Straße entlang, bis nach einem weiteren Kilometer wieder ein Weg von der Straße ab in den Wald führt. Der endet nach einiger Zeit mit einem Wendehammer, also platziere ich mich hier und muss keine Angst haben, dass mich irgendwer mit dem Auto oder Harvester direkt abräumt.
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  • 9. Juli

    9. heinäkuuta 2024, Norja ⋅ ⛅ 14 °C

    Gut geschlafen habe ich wohl, aber raus will ich nicht. Nicht, weil es geregnet hat, das macht mir nichts aus. Aber die Knots waren gestern Abend schon unerträglich und wenn ich auch nur kurz rausgehe und wieder reinkomme oder die Hand rausstrecke, um irgendetwas reinzunehmen, dann ist immer gleich ein oder zwei Dutzend mit dabei, die ich dann erst mal wieder aufwändig eliminieren muss. Und so halte ich das Frühstück ganz innen ab, danach heißt es Augen zu und raus. Schön, dass es jetzt schon so lange trocken ist, damit ist auch das Zelt nach dem Frühstück packfertig und ich kann um zehn bei noch ziemlich bedecktem Himmel losgehen. An der Straße entlang ist es ähnlich wie gestern auch, es braucht die ganze Zeit Aufmerksamkeit, weil ich bei jedem Auto, Wohnmobil und vor allem LKW im Blick haben muss, wer wirklich auf die andere Seite rüberfährt oder nur halb, ganz selten sind natürlich auch welche dabei, die gar nichts merken. Da es entlang der Straße an richtigen Sitzmöglichkeiten in der Regel fehlt, sind diese kleinen Bushäuschen immer wieder gern genommen. Ab der Mittagszeit lichtet sich der Himmel und gegen zwei ist er blau mit feinen Wolken. Die Straße führt weiter in unterschiedlichen Abständen an einem Ford entlang. Wenn das Wasser zu sehen ist und natürlich auch die Berge auf der gegenüberliegenden Seite ist das schon eine tolle Aussicht. Die Berge sind hier, obwohl ich erst 50 km von Rørvik entfernt bin, schon wieder deutlich höher, sie ragen über 500 m über den Fjord hinaus.
    Um zwei mache ich an einem kleinen Platz direkt an der Straße eine Ruhepause. Hier könnten gut und gerne auch mehrere Wohnmobile draufstehen, aber die Abfahrt ist schlecht einzusehen und so parkt hier niemand. Die Müdigkeit nach dem Mittagessen und das schöne Wetter lassen mich direkt auf dem Platz die Isomatte hinwerfen und ich lege mich ab zum Ruhen. Schlafe dabei auch ordentlich ein und nach einer guten Dreiviertelstunde weckt mich eine ganze Herde von Kühen lautstark, die direkt am Platz angrenzend am Zaun stehen. Hui, schön, dass zumindest die den Wecker gestellt hatten. Nur eine Viertelstunde später, als ich wieder auf dem Weg bin, komme ich wieder direkt an den Fjord, wo er richtig schön breit ist, einige Häuschen und Scheunen rundherum stehen und auf der anderen Seite besonders imposant die Berge aufragen. Ich treffe mal wieder auf einen Radler, ein Norweger, der von Bodø aus Richtung Süden die komplette norwegische Küste entlang fährt. Für mich ist das immer wieder ein Spektakel, diese Leute zu treffen und mit ihnen zu reden.
    Der Großteil der Strecke für heute ist schon geschafft und gegen halb fünf sehe ich in einiger Entfernung ein Rentier auf der Straße stehen. Es ist seit langer Zeit überhaupt mal wieder eins und hier natürlich besonders interessant so mitten auf dem Highway. Kurz darauf kommt ein Auto und das Hirschtier macht überhaupt keine Anstalten, sich dort weg zu bewegen. Kurz darauf hastet es von der Straße runter, das Auto kann passieren und das Ren ist direkt wieder auf der Straße zurück und kommt in meine Richtung gelaufen. Verglichen mit denen, die ich bisher erlebt habe, hat dieses hier irgendwelche Merkwürdigkeiten vorzuweisen. Es läuft noch eine ganze Zeit auf mich zu, verlässt dann seelenruhig die Straße, frisst ein paar Meter entfernt von mir, um dann in vollem Galopp davonzurennen, als ob es mich gerade jetzt erkannt und sich total erschrocken hätte. Fünfzig Meter weiter steht ein Mann an der Straße und beobachtet das Treiben, er hat wahrscheinlich die stark bremsenden Autos von seinem Grundstück aus wahrgenommen. Ich unterhalte mich mit ihm, es ist ein Lehrer, der gut 100 km entfernt wohnt und im Sommer (Sommer ist hier Juli und August) hier draußen in seinem Sommerhaus lebt, einen Garten bewirtschaftet und Ziegen hat, die er selber melkt und Käse macht.
    Um halb sechs dann bin ich in Foldereid, ein Örtchen, wo alles zentral zusammen ist: Kirche, Supermarkt, Tankstelle. Im Supermarkt nehme ich mir ein paar Kleinigkeiten mit und befrage die Verkäuferin nach einer günstigen Möglichkeit, hier irgendwo rum das Zelt aufzuschlagen und womöglich nach einer öffentlichen Toilette. Sie empfiehlt mir nur 200 m entfernt am Sportplatz ein Gebäude, dort gibt es eine Toilette, es ist nie verschlossen. Noch mal gut 100 m davon entfernt sehe ich neben dem Sportplatz eine geschlossene Grillhütte, die ich mir für die kommende Nacht auserwähle. In dem Gebäude mit der Toilette steht auch eine Pistenraupe und eine ganze Menge von Zubehör, dass man alles im Winter benötigt. Hier sind sie halt sehr entspannt, was sowas betrifft. Kaum jemand schließt etwas ab, zumindest dann, wenn es von den großen Straßen etwas entfernt ist, wo Touristen und Fremde eh nicht rumlungern. Der Raum mit der Toilette ist recht groß mit einem Heißwasserboiler, im Raum sind es gefühlt 45°, da die Heizung sicher seit dem Winter einfach voll durchgelaufen ist. Das nutze ich gleich mal aus, um meine Regenjacke hier durchzuwaschen, da sie seit dem Wochenende den Muschel- und Fischgeruch nicht mehr los wird und ich kaum noch weiß, wo ich sie hinpacken soll. Damit ist für mich alles zur vollsten Zufriedenheit für heute geregelt. Ich habe es morgen nicht weit bis zur Hauptstraße an die Bushaltestelle, wo um kurz nach neun mein Bus Richtung Trondheim geht…
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  • 10. bis 14. Juli - Sommerferien

    10.–14. heinäk. 2024, Norja ⋅ ☁️ 18 °C

    Ist mir doch gestern am Abend noch meine 1,5 Liter Weithals-Trinkflasche zu Bruch gegangen! Schon aus schlagfestem Material und ein bewährtes Schätzchen hat sie doch das Rausrutschen aus dem Rucksack 30 cm tief auf einen Holztisch mit einem langen Riss quittiert. Aber ich bin ja nicht in der Sahara unterwegs, von daher werden es die anderen zwei Kollegen vorerst alleine weiter tun müssen.
    Die Nacht in der Hütte war sehr angenehm und ich stehe heute um halb sieben extra mit Wecker auf, damit ich pünktlich um neun unten an der Hauptstraße am Bus bin. Es geht Richtung Süden nach Trondheim. Ich treffe mich dort mit meiner alten Freundin Jessika. Ok, so alt ist sie nun auch nicht, aber das sagt man so. Eigentlich wollte sie mit mir ein Stück des Weges gehen, hat aber letztendlich nur knapp eine Woche zur Verfügung. Da sie bis raus in die Provinz gut zwei Tage braucht, das selbe natürlich auch wieder zurück, würden uns zwei oder höchstens drei Tage zur Verfügung stehen. Stattdessen haben wir uns jetzt in Trondheim vereinbart, ich fahre ihr also ein Stück entgegen und wir werden dort bis Sonntag bleiben.
    Die Öffis fahren hier ganz ordentlich, der Bus nach Grong zum Bahnhof je einmal vor- und nachmittags. Gut zwei Drittel der Strecke kenne ich schon, da ich sie in entgegengesetzter Richtung zu Fuß gelaufen bin. Es ist sehr interessant, die Orte und teils Schlafplätze entlang des Weges wiederzusehen.
    Der Zug ist recht voll; gut, dass hier im Fernverkehr beim Buchen des Tickets auch immer eine Platzreservierung obligatorisch ist. So stehen nicht die Gänge voll mit Passagieren, sondern wenn der Zug ausgebucht ist, dann war’s das. Einer der deutlichen Unterschiede der skandinavischen Länder im Vergleich zur Bahn in Deutschland.
    Meine Sitznachbarin ist Luise Fontain, wie man am Namen vielleicht nicht sofort vermutet, eine Grönländerin. Sie lebt weiter nördlich in Norwegen auf einer Farm, ist mit Ende 60 immer noch ständig mit dem Zelt draußen unterwegs und kommt gerade von einer Fembøring-Tour entlang der Küste zurück, von der sie mir erzählt und einige Bilder zeigt. Das sind traditionelle Segelboote, die teilweise als Weltkulturerbe zählen und neben den Segeln von 4 Ruderern plus Steuermann bewegt werden können. Da haben sich die zwei richtigen gefunden, es ist für mich äußerst spannend, ihr zuzuhören. Leider ist die Zugfahrt dann schon gegen halb drei in Trondheim zu Ende und wir verabschieden uns.
    Aus dem Bahnhof raus steuere ich gleich erst mal auf den Naturkompaniet-Shop zu. Es geht mal wieder um meine Schuhe und ich nutze die Gelegenheit, wenn diese Stadt schon einen solchen Laden hat. So sehr ich dieses neue Paar Wanderschuhe auch liebe und geradezu verehre, haben sie doch ziemlich das selbe Thema wie die anderen: an einem der beiden löst sich die Geröllkante an der Stelle, an der der Schuh beim Laufen geknickt wird. Und nein, dafür sind es Wanderschuhe geworden und ich sehe es nicht ein. In dieser offenen Stelle sammelt sich ständig Dreck und Wasser, ich kann dort nicht wachsen, so dass es zu erwarten ist, dass der Schuh hier am ehesten undicht wird oder kaputtgeht. Die freundliche Mitarbeiterin nimmt alle Daten auf und erklärt mir, dass die Kette in Norwegen anderen Regularien als in Schweden unterliegt, sie diese Schuhe zum Beispiel von einem anderen Händler beziehen und sie klären muss, was jetzt möglich ist oder nicht. Bis morgen verspricht sie mir aber eine Antwort. Na das ist doch ein guter Anfang.
    Ich fahre mit den Stadtbussen noch aus dem Zentrum raus bis zur Unterkunft und werde angesichts des Regenwetters, das sich über den Nachmittag eingestellt hat, heute hier auch enden.
    Sobald ich am Montag wieder auf Tour bin, gibt es für die Pinguine wieder Fisch und Chips, oder was die so fressen…
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