Ich gehe.

февраля - октября 2024
  • WildeHilde
Es gibt einen Plan.
Schließlich braucht’s
was zum Verwerfen…
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  • 22. Mai

    22 мая 2024 г., Швеция ⋅ 🌙 15 °C

    Gegen fünf steigt die Sonne, die gestern Abend im Nordwesten verschwunden ist, jetzt im Nordosten hinter dem Wald hervor. Über dem See steigt ganz feiner Nebel auf, der mit dem Wind die ganze Zeit weitergetragen wird. Ab 5:30 Uhr höre ich weiter entfernt in den Wäldern zwei Motorsensen. Sie sind komplett die ganze Zeit im Vollgasbetrieb und damit ist es mit wirklich schlafen nicht mehr weit her. Auch ungefähr ab dieser Zeit fährt auf der Schotterpiste, die einen halben Kilometer von mir entfernt am See entlang geht, von Zeit zur Zeit ein Auto oder LKW, das hört sich ähnlich an, als wenn ich in Hannover an der Startbahn stehe und die Flieger starten. So stehe ich um sieben genötigterweise auf und schwimme erst mal gleich eine Runde, um danach in Ruhe zu frühstücken und gegen halb zehn loszuziehen.
    Nach 20 Minuten komme ich nach Klockarberg und am beschriebenen Gehöft steht tatsächlich schon Elsa in Habachtstellung, sie scheint auf mich zu warten. Dementsprechend ist uns beiden sofort klar, wer wir sind, Pär hatte mich bereits angekündigt. Es ist eine herzliche Begrüßung, sie holt gleich Pentti aus dem Garten, wo er gerade Holz macht und die alten Apfelbäume so herrlich blühen. Und sie laden mich zu einer Fika ein. Es ist wunderschön in diesem 100 Jahre alten Haus, die alte Küche, die alten Möbel und all diese alten Sachen zu sehen und dazu auch in den nächsten anderthalb Stunden viel von ihnen und aus ihrem Leben zu hören. Elsa stammt hier aus dem Ort, Pentti ist ein Finne, der im Fortsetzungskrieg in 1942, als er gerade zwei Jahre alt war, mit den Eltern von seinem Wohnort an der russischen Grenze fliehen musste. Er zeigt mir eine Verletzung am Arm, die er sich damals zugezogen und Zeit seines Lebens behalten hat. Sie erzählen mir, halb in Englisch, halb in Schwedisch von den fünf Leuten, die in diesem Dorf das ganze Jahr über leben, neben denen, die ihre Häuser hier nur als Sommerhäuser nutzen. Pentti zeigt mir den alten oberirdischen Keller und in der Scheune sein altes ukrainisches Motorrad mit Kardanwelle und Seitenwagen. Es ist wohl ein BMW-Lizenzbau und noch ein Stück weiter ist ein alter Traktor, den Elsa früher gefahren hat. Es ist wieder ein fantastischer kurzer Ausritt in die alte Zeit, den ich so aus keinem Geschichtsbuch erlesen könnte. Ich trage mich noch in ihr kleines persönliches Gästebuch ein und natürlich kann ich noch eine Sache regeln, nämlich das Austauschen der Kontaktdaten mit Pär und Hanna, das ich am Samstag vergessen hatte.
    Als ich um zwölf wieder auf dem Weg bin, sehe ich schon vom weiten mal den Siljan, mein Ziel soll heute Abend der Ort Gesunda sein (spricht sich ungefähr wie bei uns gesünder). Der Siljan ist mit gut 35km Länge doch recht groß und ich möchte gern an ihm entlang bis nach Mora gehen. Deshalb werde ich den E1 für eine gewisse Zeit verlassen, später aber wieder darauf zurückkommen.
    Der Weg führt teils durch Wälder, aber auch immer wieder über Weideland und Bodarnas, wie es hier in Dalarna so häufig anzutreffen ist.
    Gegen fünf komme ich an den Svarttjärn, hier gibt es eine Wanderkapelle. Ich nehme erst mal ein Bad, schließlich ist das letzte vom Morgen ja schon nicht mehr wahr. Ich fülle meinen Wasservorrat noch mal auf und ziehe gegen halb sechs weiter. Der Weg heute ist noch recht lang, ich habe bis dahin erst circa die Hälfte des Tages geschafft, bin also kein Sprinter. Und wieder ist es heute der späte Nachmittag, an dem noch mal eine Steigung bevorsteht, ich sehe schon in der Karte die dunkle Schattierung. Nachdem ich die aber auch im Wald schön schattig gemeistert habe, komme ich auf einer Anhöhe heraus, wo wieder einmal eine große Bodarna ist, eine ganze Reihe von Häusern über eine große Fläche verteilt. Scheinbar werden die alle als Sommerhäuser genutzt, es ist rundherum alles piekfein gepflegt und hübsch anzusehen. Ab hier geht der Weg abwärts, ich habe zwar noch gute 8 km vor mir, aber bin nur noch 2 km vom See als solches entfernt. Der Weg geht einigermaßen parallel zum See und ich werde erst ziemlich am Ende in Gesunda zum See kommen. Die Hoffnung, dass es jetzt den Rest auf Seehöhe einfach so dahingeht, zerschlägt sich relativ schnell wieder. Noch einmal geht es im Wald recht steil bergauf, auf der Karte sehe ich, dass der Weg direkt über eine Bergspitze gezogen ist: Wer macht sowas? Was mich allerdings mehr stört als der Berg sind die Moskitos, es ist gegen acht, sie sind jetzt richtig aktiv und hier im Wald ist es so viel, wie ich es bisher nie hatte. Ich ziehe mir mein Hemd zusätzlich über und decke alles ab, was geht; einfach nur hurtig voranschreiten ist hier kein probates Mittel mehr.
    Gegen halb neun komme ich nach Gesunda und treffe, als ich durch den Ort laufe, auf Jan. Er wuselt draußen um seine Werkstatt rum, ist ein ehemaliger Berufsschullehrer in Sachen Holz und geht jetzt als Rentner diesem Hobby nach. Es ist wie immer mit den alten Leuten, ich komme ins Gespräch und ich bin mal nicht derjenige, der die ganze Zeit eine Story zu erzählen hat. Interessanterweise war er in seinen jungen Jahren Fallschirmspringer, hat die Ausbildung natürlich in Karlsborg gemacht, genau dort, wo ich vor einigen Wochen den halben Abend unter anderem an der Fallschirmspringer-Schule umeinander geschlichen bin. Später war er zur Winterzeit in Kiruna, dort weit oben nördlich des Polarkreises. Auch wenn ich schon recht spät dran bin, so viel Zeit hab ich auf jeden Fall, um genau diese Geschichten hier zu hören. Um neun ziehe ich für die letzten 2 km des Wegs weiter und finde an einer Slipanlage am See ein Plätzchen für die Nacht. Ein Schwede, der hier gerade sein Motorboot aus dem Wasser zieht, erzählt mir, das es auf der anderen Seite der Straße ein altes Kirchenboot gibt, das ich mir auf jeden Fall angucken soll. Früher, als Kirche für die ganze Familie noch regelmäßig gang und gäbe war, war es einfacher, mit einem solch großen Boot gemeinsam zur Kirche zu fahren, als durch unwegsames Gelände zu stapfen. Um die Mittsommer Zeit herum machen Sie dann mit diesem Boot hier Rennen, leider kann ich es nur abgestellt unter einem Dach betrachten, trotzdem habe ich eine grobe Vorstellung, wie viele Leute dort früher mitgefahren sind. Nach all diesen vielen interessanten Begegnungen und Eindrücken heute ist es dann auch alles in allem fast elf, bis ich mich ins Zelt verdrücke.
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  • S/S Laxen aus 1899, vollständig betriebsbereit.

    23. Mai

    23 мая 2024 г., Швеция ⋅ ☀️ 19 °C

    Am Morgen ist der erste Weg ins Wasser, um eine Runde um die Motorboote rumzuschwimmen. Während ich mein Frühstück zubereite, kommen zwei Männer mit einem Pickup und Trailer dahergefahren. Sie haben recht lange Kiefernstangen geladen und ziehen aus dem Wasser einige Bündel mit dünneren Kiefernästen heraus. Sie erzählen mir, dass sie heute einen der traditionellen Holzzäune bauen wollen und benötigen die jetzt gut biegbaren Äste zur Verbindung der Elemente untereinander.
    Ich gehe um neun los, nach einem guten Kilometer zum dortigen Campingplatz und hole mir dort frisches Wasser und ein Eis. Dann zieht sich der Weg über die Insel Sollerön, leider kann ich nicht allzu viel vom Wasser sehen, da es nicht am Ufer entlang geht. Irgendwann geht es auf eine Art Bundesstraße, der Randstreifen ist zwar ausreichend breit und ich komme auch sehr gut vorwärts, trotzdem ist das Laufen über mehrere Kilometer hier gerade bei der Wärme nicht das Schönste.
    Bei einer Pause in einem kleinen Abzweig von dieser Straße liegt neben mir ein Fahrrad im Graben. Es sieht bis auf einige kleinere Blessuren völlig intakt aus, ich überlege für ein paar Minuten, ob ich es nehme bis Mora, sehe dann aber, das ausgerechnet die Bremsen vorne und hinten völlig kaputt sind. Aber wer braucht schon Bremsen? Am Ende lasse ich doch die Vernunft entscheiden, wie sieht das denn aus, das Kamel mit dem riesigen Rucksack auf dem ollen Hobel…
    Als ich nach Mora komme, nehme ich erst mal gleich ein Bad, es ist die letzte Möglichkeit, noch mal im Siljan zu baden. Den Weg über Mora, bekannt unter anderem durch seine Messerschmiede, mache ich zum einen wegen des Supermarkts, zum anderen weil ich seit heute morgen in gut 100km ein spezielles Ziel ansteuere: Gessi-kojan. Ein altes Holzhaus im Wald am See Gessi, in dem ich in 2007 zum ersten Mal in Schweden war. Dementsprechend war ich damals auch hier in Mora und in Älvdalen, wo ich noch mal einkaufen möchte. Von Gessi aus werde ich dann Richtung Westen ziehen und kurz darauf das Gebirge (Fjäll) erreichen. Die Wege von hier nach Gessi und dann weiter ins Fjäll sind dementsprechend nur an einigen Stellen Wanderwege.
    In Mora laufen viele junge Leute umher mit Mützen, die sie wie Seemänner aussehen lassen. Sie haben gerade ihre 12. Klasse abgeschlossen und sind in diesen Tagen am Feiern. Ich schlendere ein wenig durch die Stadt, da ich recht früh dran bin und es mich irgendwie noch hier hält im Moment. Finde ein schönes Restaurant, in dem ich einen leckeren Burger esse. Am Nachmittag gehe ich zum ICA, den Lidl gibt es anscheinend hier in Mora nicht mehr. Nachdem ich meine Vorräte etwas erweitert habe, ziehe ich dann endlich aus der Stadt raus. Es gibt hier ein großes Ski Resort und den MoraPark. Hier gibt es Langlaufpisten und viele Sportmöglichkeiten, durch die sich die Wege aus der Stadt herausziehen. Dementsprechend treffe ich eine ganze Reihe junger Leute, die joggen oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, mit einigen von Ihnen komme ich ins Gespräch, während wir uns gleichzeitig alle um die Mücken kümmern, die uns umschwirren. Mein Wasservorrat ist ziemlich am Ende und ein Radler hatte mir gesagt, dass im nächsten Dorf Eldris möglicherweise wohl eher niemand anzutreffen ist und da sehe ich einen Sprinter in einem Waldweg stehen. Er hat ein deutsches Kennzeichen und da denke ich, es ist eine gute Idee mal zu fragen. Ich treffe dort Luise und Janneck, sehr liebenswertes preußisch-studentisches Volk. Sie sind schon seit Oktober mit ihrem selbst ausgebauten Camper von Südeuropa beginnend unterwegs und werden wohl noch bis September auf einer fantastischen Reise sein. Wir kommen ins Gespräch und irgendwie gar nicht so schnell zum Wasser, weil es einfach zu interessant und sehr angenehm ist, sich mit ihnen zu unterhalten. Am Ende sitze ich sogar noch bei ihnen und darf einen sehr leckeren und scharfen Reistopf vernaschen, vielen vielen Dank Euch beiden. Da die Zeit dabei recht weit fortgeschritten ist, nehme ich mir am Ende einen Wasservorrat und ziehe nur noch bis hinter den nächsten Berg weiter, um dort unter massivsten Beschuss mein Zelt aufzubauen und den Tag zu beenden.
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  • 24. Mai

    24 мая 2024 г., Швеция ⋅ ☀️ 16 °C

    Am Morgen um fünf ist der Himmel bedeckt, ich rechne irgendwann demnächst mit Regen beziehungsweise auch Gewitter, da seit nunmehr vier Wochen tolles Sommerwetter ist. Aber um sieben rum ist der Himmel auch wieder blau, lediglich ein paar Wolken ziehen vorbei und da werde ich mich nicht beschweren.
    Da ich heute mit meinen Arbeitskollegen eine Frühstückskonferenz geplant habe, lasse ich das Frühstück hier im Zelt mal ausfallen und werde das nachher abhalten. Es ist für einen Morgen doch recht mückig und es zieht sich weiter auf staubigen Wegen auf den Skiloipen entlang des Vasaloppsleden. Es läuft sich teilweise wie direkt am Sandstrand.
    Da mir die Mücken mehr und mehr auch beim Laufen zu schaffen machen und ich ständig mit dem Hut um mich schlagen muss, ziehe ich bei der ersten Pause heute Jonas‘ Joker, das altbewährte Mittel Nordic Summer und werde mal schauen, was die Plagen dazu sagen.
    Nach einer sehr angenehmen Frühstücksrunde mit Talk rund um das wichtigste Eichsfelder Gut, nämlich frisch geschlachtetes Gehacktes und sogar on top noch einer Abschluss-Präsentation unseres Auszubildenden Lorenz ziehe ich um zwölf weiter und kann jetzt schon sagen, dass ich im großen Ganzen vor den Mücken Ruhe habe. Der Weg zieht sich in Kürze auf den Hökberget, knapp 400m hoch, von dem aus ich eine tolle Sicht zurück auf den Siljan und im Voraus auf den Österdalälven habe, der zwar ein Fluss ist, aber der in der Ausdehnung wie ein See erscheint. Auf dem Weg hoch auf den Berg und später noch mal unten in einem Slogbod treffe ich zwei junge Mädels. Es ist, wie sollte es anders sein, deutsches studentisches Jungvolk. Monika und Michelle sind als Austausch-Studentinnen in Uppsala und machen gerade das beste, was man in der freien Zeit tun kann: einen Trip auf eigene Faust durch Schweden. Es ist eine sehr angenehme, lange Pause, in der wir uns über alles wichtige dieses Lebens unterhalten. Gegen vier ziehe ich weiter bei bestem Wetter und aktuell auch völlig ohne Mücken. Am Nachmittag steigen immer mehr dicke Quellwolken auf, dementsprechend bin ich schon wieder gedanklich auf Gewitter eingestellt, aber nix da, die lösen sich später wieder auf und es bleibt alles beim alten. Das Skiareal aus Mora heraus dünnt sich langsam aus, seit ich über den Berg gestiegen bin, sind die Wege gefühlt wieder echte Wanderwege.
    Ich bin seit dem letzten Gespräch kaum eine halbe Stunde gegangen, da kommt in Gopshus Sonja mit ihrer Tochter Ida daher, ich höre sie Deutsch sprechen und natürlich kann ich da nicht einfach weitergehen. Kurz darauf sitzen wir zusammen mit ihrem Mann Bram in der gemütlichen Gaststube ihres Bed&Breakfast-Hauses, dass sie seit Ende letzten Jahres betreiben. Bei einem Schnitzel, lokalem Bier und guten Gesprächen ist es auch hier einfach viel zu schön, einfach weiterzugehen.
    Gegen sieben raffe ich mich dann doch auf, ich habe noch gut 10 km zu laufen und während ich der untergehenden Sonne hinterhergehe, reizen mich die Moskitos förmlich bis aufs Blut, so dass ich doch heute schon genervterweise das Moskitonetz überziehe. Dass diese Entwicklung innerhalb von nur zwei Tagen so massiv voranschreitet, hätte ich nicht erwartet.
    Gegen halb zehn komme ich am Oxbergssjön an einem Slogbod vorbei und nachdem ich hier nochmal ein kurzes Bad genommen habe, beende ich den Tag voll und ganz zufrieden.
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  • Wenn bei der Fahrschulprüfung noch Unsicherheiten sind...

    25. Mai

    25 мая 2024 г., Швеция ⋅ ☀️ 21 °C

    Um halb fünf am Morgen nehme ich die Sonne wahr, wie sie hinter dem Oxbergssjön über die Bäume geklettert kommt. Ich vermute, sie hat da hinten im Wald übernachtet, weil lang ist es ja noch nicht her, dass sie verschwunden ist. Da es um diese Zeit praktisch noch keine Realität gibt, drehe ich mich noch mal um und schlafe bis um sieben. Danach beginnt die inzwischen geläufige schöne Morgenroutine: Einmal den See in Auszügen durchschwimmen, Katzenwäsche, Zweizylinder, einen türkischen Kaffee kochen, ein bisschen Müsli dazu und nebenbei alles, was in der Nacht feucht geworden ist, trocknen und einpacken. Und wenn ich das ganze in Ruhe mache, marschiere ich so wie heute gegen halb zehn los.
    Ich laufe auf einer Straße, die allerdings aufgrund von Bauarbeiten komplett gesperrt ist. Es sind gute 6 km, die sich aber prächtig laufen, da es einfach ruhig ist. Scheinbar haben diese Ruhe auch die örtlichen Flattermänner erkannt: Alles, was ein Paar Flügel am Leib hat, ist rausgeflogen und präsentiert sich. Zuerst ein Marienkäfer, der keiner sein will und sich deshalb zum Pappelblattkäfer hat umbauen lassen. Dann sehe ich, übrigens zum ersten Mal auf dieser Reise, einen Schwalbenschwanz, er ist recht groß, durchaus mit einem Zaunkönig zu vergleichen. Neben seiner Schönheit gefällt mir auch sehr, dass er nicht so zappelig und scheu ist wie die ganzen kleinen Motten, die ich die letzten Tage versucht habe, einzufangen. Als nächstes entdecke ich auf dem Boden einen Veilchen-Perlmuttfalter, der allerdings merkwürdige Anstalten macht. Näher dran sehe ich, dass eine Ameise ihn gerade behandelt, eine zweite zu Hilfe eilt. Seine große Freude über die schnelle erste Hilfe wird sich sicher ändern, wenn er erfährt, dass es heute in ein anderes Lazarett geht. Aber so ist das Leben: Fressen und gefressen werden. Anders sieht es da bei den Karussellbremsern aus. Es vergeht keine Stunde, wenn ich am Wandern bin, dass einer von Ihnen seine Runden um mich dreht, um zu erkennen, dass es mit mir keinen Sinn macht. Heute habe ich einen, der fliegt schon in der Kreisklasse, kann erste Manöver, muss aber auch erkennen, dass er noch etwas Übung braucht. Und denkt sich so dabei: Ach, aber eine Runde flieg ich noch… und dann wird’s doch wieder ne halbe Stunde.
    Als es später von der Straße ab wieder auf den Vasaloppsleden geht, kommt mir ein Quad mit Anhänger entgegen. Es sind zwei Männer und drei Jugendliche darauf. Die Teenies kenne ich von gestern Abend, sie haben dort, wo ich übernachtet habe, gerade ihre Angeln eingepackt und sind heimgezogen. Sie lesen auf dem Weg Müll auf. Mir ist schon seit Mora aufgefallen, dass Unmengen von ausgelutschten Energy-Quetsch-Tüten da rumlagen. Einer erzählt mir, dass im März ein Ski-Rennen mit mehreren tausend Leuten gewesen ist von Älvdalen nach Mora und sie jetzt diese Reste beseitigen. So ergibt es also auch für mich Sinn. Ich laufe also auf diesem hier beliebten Ski- und Runningtrail weiter, während sich dicke, weiße Quellwolken auftürmen, von denen ich mir aber nicht ernsthaft etwas erwarte. Um die Mittagszeit komme ich an eine Bodarna mit Slogbod und einer alten Schwengelpumpe, hier kann ich mir frisches Grundwasser in meine Thermoskanne füllen, da ich sonst total verdorre. Bis hierher hat sich der Weg seit heute Morgen konsequent aufwärts gezogen, nicht sehr steil, aber durchgehend. Ab jetzt geht es eher gerade oder auch manchmal ein wenig abwärts. Als ich mich Älvdalen nähere, überholen mich mehrere Runner, kurz darauf komme ich an eine Kreuzung, an der ein paar Leute stehen, die sie anfeuern. Ich erfrage erst mal, was es denn genau auf sich hat: Es ist ein Rennen je nach Leistungsfähigkeit über verschiedene Distanzen, das weiteste sind 170 km, d.h. einige Läufer sind mehr als 24 Stunden unterwegs.
    Gegen vier bin ich in Älvdalen, bewusst recht früh, da ich nach dem Einkauf noch gute 6 km aus der Stadt rausgehen will, das ganze aber heute möglichst nicht als Mückenschlacht am späten Abend. In der Stadt ist etwas Betrieb, da eben gerade das Rennen stattfindet und dementsprechend der Zieleinlauf in der Stadt ist, den ich auch durchlaufe und vom Moderator entsprechend gewürdigt werde. Was auch immer der Mann da gesagt hat…
    Im Supermarkt hucke ich mir ein paar Sachen auf, die ich für die nächsten 4-5 Tage benötige. Mache direkt vor dem Supermarkt gleich eine dicke Mahlzeit und ziehe dann entlang der Straße zum Ufer des Österdalälven, hier ist ein kleiner Platz mit Slogbods und dergleichen. Ich steige in den Fluss gleich mal rein, der ist deutlich kälter als die Seen der letzten Tage und nachdem ich frisch bin und das Zelt aufgestellt habe, ist dieser Tag auch beendet. Ich möchte an dieser Stelle dazu sagen: Es ist alles toll, wie es ist, ich habe keinerlei Beschwerden und ich bin glücklich.
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  • 26. Mai - Gessi kojan

    26 мая 2024 г., Швеция ⋅ ☀️ 20 °C

    Hui, was für ein Morgen. Es ist bedeckt und geradezu kalt außenrum, so dass ich mir doch mein Hemd zusätzlich überziehen muss, während ich meine Sachen zusammenpacke, um 100 Meter weiter an einem Slogbod zu frühstücken. Dann wird es wohl heute doch den so lange erwarteten Wetterumschwung geben. Nachdem ich mit Frühstücken und Einpacken durch bin, ist der Himmel allerdings wieder so blau wie an jedem anderen Tag und ich freue mich so sehr: Heute geht es nach Gessi. Ich habe mich gestern dazu entschieden, nicht hier auf den Campingplatz zu gehen, sondern stattdessen lieber zwei Tage in Gessi zuzubringen. Ach, da fällt mir gerade noch eine ganze Packung Weintrauben in die Hände, die ich gestern gekauft habe. Diesen Süßwasservorrat werde ich nicht durch die Landschaft tragen, sondern beginne just auf den ersten Metern beim Losgehen, sie zu verinnerlichen. Noch auf dem Rastplatz treffe ich ein paar Deutsche, sie sind mit einem Pick-up mit aufgesetztem Wohnmobil unterwegs und erkunden Schweden.
    Ich werde heute erst mal gut 10km auf der Bundesstraße laufen, danach verläuft sich der Weg eher durch den Wald und auf Schotterpisten. Insgesamt werden es knapp 30km werden und da kann ich gut Strecke machen, zumal der Highway nicht stark befahren und mit einem breiten Seitenstreifen ausgestattet ist. Ich habe mein Spektrum an Sangeskünsten in der letzten Zeit Stück für Stück erweitert und so kann ich mir die Zeit auf dem rotbraunen Asphalt lauthals jenseits aller Definitionen von „Gut singen“ vertreiben. Gegen zwei verlasse ich die Piste und es geht ab jetzt durch Wälder, um halb drei komme ich an einen See, den ich bei dieser Hitze auf jeden Fall für ein ausgiebiges Bad nutze. Im Laufe des Nachmittags haben sich wieder Quellwolken gebildet und als ich mit dem Bad fertig bin, kommt ganz ordentlich Wind auf. Auf dem weiteren Weg beobachte ich, wie sie immer stärker aufquellen und gegen vier ist weit entfernt erstes Donnergrollen zu vernehmen. Ich beobachte diese Entwicklungen zu gern und die Formationen, die sich so herausbilden, lassen mich immer wieder stehen bleiben, beobachten und auch Fotos machen. Gegen fünf kracht es ganz in meiner Nähe ziemlich heftig, leider kann ich durch den Wald das Schauspiel nicht genau sehen. Ich stapfe querab vom Weg gut 200m bis zu einer offenen Moorlandschaft, gerade soweit, dass die Schuhe nicht von oben her volllaufen. Jetzt habe ich einen idealen Blick auf eine Gewitterzelle direkt vor mir und ich kann die Blitze beobachten, wie sie laut krachend zur Erde zucken. Trotz dieser faszinierenden Einlagen hoffe ich, dass ich nach diesem wochenlangen fantastischen Sommerwetter heute für die letzten 2 Stunden neben den Reisekosten nicht auch noch Schlechtwettergeld anmelden muss. Es ist eine merkwürdige Stimmung, einerseits scheint die Sonne und zieht ihr Programm voll durch, gleichzeitig ist es zeitweise rechts und links pottschwarz am Himmel und grummelt.
    Die letzten Kilometer ziehen sich länger und länger und meine Pausen zwischendurch werden auch entsprechend häufiger. Aber heute kann mich nichts mehr aufhalten, nach etwas mehr als 1800km lockt dieser besondere Ort Gessi als eine der ganz wichtigen Stationen auf meinem Weg. Um zwanzig nach sieben sehe ich den See Gessi erstmals durch die Bäume schimmern und ab da läuft es sich doch wieder auf sehr flinken Füßen die letzten anderthalb Kilometer. Um kurz nach halb acht ist es dann geschafft, ich habe trocken die Hütte erreicht und die Moskitos sind erst in der letzten halben Stunde aktiver geworden. Ich sehe mich erst mal außenrum und in der Hütte um, bis auf die ausgehängte Tür ist alles beim alten geblieben. Es sind scheinbar die Haken, die die Türangeln tragen, aus dem Holz herausgerissen. Für mich eine Reparatur mit ein wenig Schnitzarbeit, die in 10 Minuten erledigt ist. Jetzt geht die Tür wieder ordentlich auf und lässt sich vor allem verschließen. Ich setze mich genau auf den Platz, den ich immer hatte und lasse das Ganze erst mal auf mich wirken. Später koche ich mir einen ordentlichen Topf voll zum Essen und nachdem ich wahrgenommen habe, dass doch eine ganze Reihe Moskitos unentwegt in der Hütte schwirren, baue ich mein Zelt draußen vor der Hütte auf, zumal es dort auch noch deutlich heller ist. Ich bin ganz glücklich, diesen Meilenstein geschafft zu haben: zu Fuß nach Gessi kojan.
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  • 27. Mai - Erster Ruhetag in Gessi

    27 мая 2024 г., Швеция ⋅ ☁️ 14 °C

    Die Nacht draußen war wieder eine sehr milde und ich sehe im Norden noch um Mitternacht den hellen Schein der versunkenen Sonne. Heute schlafe ich erst mal länger aus, stehe erst um halb zehn auf und beginne langsam mit dem Frühstück. Das alles draußen, weil es trotz einigermaßen Wind angenehm warm ist und hier weniger Mücken als in der Hütte sind. Nach dem Frühstück beginne ich zu waschen und so Dies und Das zu tun. Dabei kann ich mit dem kleinen Feldstecher wunderbar Schwäne und Kraniche am anderen Seeufer beobachten. Je weiter der Mittag heranrückt, desto dunkler ziehen sich die Wolken zu, ich rechne zum wievielten Mal mit Regen. Um zwölf höre ich es in einiger Entfernung donnern und tatsächlich ist es heute um eins so, dass es langsam zu regnen beginnt. Das Ganze wird im Laufe der nächsten halben Stunde zu einem ausgewachsenen Gewitter mit heftig Regen und Sturm. Allerdings ist das alles auch in einer guten Dreiviertelstunde durchgezogen und ab um zwei ist draußen alles wieder friedlich, ganz wie vorher.
    Die Wäsche, die ich pro forma unter das Vordach der Hütte verfrachtet hatte, hänge ich wieder zwischen die Bäume, weil die Sonne dorthin scheint und die geblümten Kameraden schneller trocknen. Und so sitze ich wieder draußen und genieße die Ruhe, die Sonne, den Wind, die Wellen, die Wolken, das Zwitschern und Rufen der Vögel. Um fünf breche ich auf, um zur 3 km entfernten Gessibodarna am nördlichen Ende des Sees zu gehen. Diese Bodarna war seit den siebziger Jahren verlassen und seit vier oder fünf Jahren ist sie jeweils über die Sommermonate von ein paar Einsiedlern wieder in Betrieb genommen worden. Sie halten dort Kätzchen, Kühe, Kälber, Ardennenpferde, Hühner und Schweine, gehen zur Jagd und machen Milch, Butter und Käse natürlich selbst. Ich möchte mir dort ein paar der köstlichen Naturprodukte mitnehmen, da ich hier ja gut die Möglichkeit habe, mir was zuzubereiten, sei es ein paar Spiegeleier mit Schinken oder was immer sie entbehren können. Leider bin ich zu früh, auch hier beginnt die Saison erst im Juni und so sehe ich mich immerhin auf dieser wunderschönen, uralten Sennerei um, während es heftig zu regnen beginnt. Als ich sicher bin, tatsächlich niemanden anzutreffen, kehre ich um und laufe eine halbe Stunde in einem zünftigen Gewitter mit heftigem Regen heim. Dort angekommen ist alles wieder wie vorher, die Sonne scheint und die Vögel singen. Ich setze mich wieder raus und werde aus meinem Fundus etwas zum Essen zusammenrühren.
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  • 28. Mai - Zweiter Ruhetag in Gessi

    28 мая 2024 г., Швеция ⋅ ☁️ 19 °C

    Was braucht es mehr zum Paradies? Mir fällt da kaum was ein. Es ist ein herrliches, angenehm warmes Wetter, leichte Brise zieht über den See, so dass ich hier frei am Baum angelehnt sitzen kann, trinke meinen türkischen Kaffee und blicke verzaubert in die große Runde. Aufmerksam stolziert dort hinten am Ende des Sees der selbe Kranich wie gestern auf der Suche nach Futter, während der Schwan weiter auf seinen Eiern brütet. Libellen und Falter tanzen umeinander, während die Ameisen und Käfer geschäftig marschieren. Die Wellen spielen ein Lied, während sie über die Ufersteine schwappen, der Wind ist ihr Dirigent. Die Zeit scheint stillzustehen. Herz, was willst du mehr?
    Selbst das routinierte Aufbrechen zu einem neuen Ziel ist heute nicht notwendig.
    Gerade jetzt fühle ich mich wie Oskar, der Landstreicher. Es gibt nichts, dem ich nachhasten oder vorauseilen muss. So wie ich auch schon seit geraumer Zeit nicht mehr dem ursprünglichen Plan hinterhereile, im Herbst zwingend an diesem Nordkap zu sein. Sämtliche bisher durchstöberte Literatur ist sich einig, das ist kein Wanderzirkus, sondern wohl ein sehr fixer Punkt, der auch nächstes Jahr noch dort ist. Ich bin inzwischen gute fünf Wochen hinter der Zeit, die ich letztes Jahr mit Excel und spitzem Stift so straff vorauskalkuliert habe. Und da kommt erst noch das Gebirge, in dem mit Sicherheit noch die eine oder andere Verspätung lauert. Aber es stört mich gar nicht mehr. Es brauchte seine Zeit, loszulassen von „Ich muss…“. Ich hatte das ja schon anklingen lassen, eh über den Winter weit oben im Norden bleiben zu wollen und so fiel es mir gar nicht mehr schwer, eine neue Variante zu erdenken: Ich laufe, so lange es vom Wetter her realistisch bleibt und hänge den Rest nach dem Winter dran.
    Aber jetzt erst mal zurück in die Zukunft, also die etwas nähere. Ungefähr ab dem Ende dieser Woche komme ich ins Fjäll, dass ich die Kurve Richtung Westen eingeschlagen habe und gar nicht mehr weit von der norwegischen Grenze entfernt bin, kann man auch schon gut auf der Karte erkennen. Schon jetzt bin ich auf einer Höhe von circa 500m ü.M., während noch vor zwei Wochen nur die Bergspitzen mit Aussichtstürmen zwischen 400 und 500m ü.M. waren. Sobald ich dann ins Fjäll aufsteige, bewege ich mich anfangs zwischen 800 und 900m ü.M., Tendenz steigend. Es gibt also bei mir eine ganz große, innerliche Vorfreude auf diese andere Art von Landschaft.
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  • Marco's MeisterwerkFjäll voraus!

    29. Mai

    29 мая 2024 г., Швеция ⋅ ☀️ 12 °C

    Die Nacht habe ich mit dem Innenzelt in der Hütte verbracht, da mir das Wetter zu wechselhaft aussah und ich keine Lust hatte, mitten in der Nacht umzuziehen. Am Morgen hängen schwere tiefe Regenwolken über dem See, eine Sache ist sehr auffällig: In der Hütte ist nicht eine einzige Mücke. Was ist hier los? Ich kann ganz normal Frühstück machen. Lediglich einzelne versprengte Widerständler zeigen sich kurz. Nachdem ich die Stube noch ordentlich ausgegefegt habe, verlasse ich gegen halb zehn diesen besonderen Ort. Kaum eine halbe Stunde hin erschreckt mich ein Kranich, der ziemlich nah am Weg steht. Als ich näher rankomme, sehe ich, dass er wohl am Bein verletzt ist, weil er stark humpelt und so wohl auch kaum einen Flugstart hinbekommt. Ich bleibe nicht allzu lange stehen, weil ich sehe, wie viel Angst er hat, und lasse ihn in Ruhe. Nach einer guten Stunde sehe ich an einer etwas freien Stelle im Wald im Westen das Fjäll, es ist das erste Mal, dass ich es so konkret sehe und auch als solches benennen kann. Von hier aus sind es nur 25 km Luftlinie bis dorthin, es sind Schneefelder zu sehen und macht mir ein ganz besonderes Gefühl.
    Ich bin übrigens auf dem Weg nach Sälbod. Auch ein nicht unbedeutender Ort, denn hier hat Marco, ein ehemaliger Kollege von der Telekom, schon in 1998 bei einem Sommerhaus einen kleinen Brunnen eingerichtet, an dem man trockenen Fußes Wasser holen kann. Seinerzeit wurde eine kleine Einweihung gefeiert und ein Holzschild mit entsprechender Inschrift aufgestellt. Das ist nun gut 25 Jahre her und Marco hat mich darum gebeten, doch mal nachzusehen, wie es dort so ist. Das tue ich natürlich mit großer Freude, ich war selbst einmal an diesem Ort und der Weg dahin ist zwar ein Umweg, aber es sind nur 2-3 Stunden, das werde ich durchaus schaffen. Er war übrigens neben Michael einer der zweien, die mich damals nach Gessi mitgenommen haben.
    Noch auf dem Weg nach Sälbod hält ein Auto an und ich komme mit Christina und Kurt ins Gespräch. Sie sind hier aus der Gegend, er ist Jäger, und sie bieten mir an, mich bis zum Brunnen mitzunehmen. Da es ohnehin ein Zusatzweg ist und es sich auf diesem Schotterweg hässlich laufen lässt, stimme ich zu. Vor Ort ist alles noch ziemlich genauso wie vor über 20 Jahren, lediglich das Holzschild steht nicht mehr am Pfahl, sondern liegt jetzt unten im Gebüsch, da die Schrauben weggegammelt sind. Während wir uns zusammen umschauen, erzählt mir Kurt, dass er mit der Wünschelrute besondere Fähigkeiten hat, nicht nur Wasser zu finden, sondern er kann das Alter von Bäumen bestimmen. Aber auch Spuren nachgehen, alte ehemalige Gebäude mit ihren Mauern aufspüren und er kann bestimmte Dinge erfragen. Ich sitze hinten im Auto, höre sehr gespannt zu und bekomme das Maul nicht mehr zu, merke ich doch, dass er nicht mit irgendwas rumprahlt, sondern ganz sachlich auch Geschichten dazu hat. Wirklich beeindruckend. Zwischendurch machen wir noch einen Abstecher tiefer in den Wald und kommen auf eine Anhöhe, zum einen gibt es dort besonders viele sehenswerte Findlinge oder auch Steine, die quadratmetergroße absolut plane Flächen haben, aber wir haben auch von hier einen tollen Blick zum Fjäll, auch bis weiter in den Norden Richtung Idre. Wir fahren sehr langsam und mit diversen Stops noch bis zur nächsten Straßenkreuzung, auf dem Weg erzählt er mir sehr viel über das Leben hier früher und heute. Von den alten Postrouten oder wie man vom Siljan bis Røros in Norwegen (gut 250km Luftlinie) früher per Pferd Waren transportiert hat, als es all die Wege durch die Wälder wie heute noch nicht gab. Das ging natürlich nur im Winter und mit „Schneeschuhen“ auch für die Vierbeiner. Und hat mal eben 3 Monate gebraucht. Es ist eine faszinierende und wundersame Begegnung. Kurt verabschiedet mich mit den Worten: „You made our day.“ Da geht mir doch das Herz auf, ich habe mal wieder nichts dazu beigetragen, als am Wegesrand Platz zu machen, sodass sie durchfahren können.
    Nachdem es sich den ganzen Vormittag und auch bis zu diesem Treffen trocken hielt, hat es in der Zwischenzeit angefangen zu regnen, so dass ich jetzt für die nächsten Stunden auf einer recht einsamen Landstraße entlang Richtung Westen marschiere. Zwischendurch ist es zwar auch mal wieder trocken und sogar sonnig, aber das hält heute nicht so lange an und so ist es später wieder am Regnen, als ich gerade in Nornäs bin. Dort sehe ich auf einer Anhöhe ein Slogbot und suche dort erst mal Schutz vor dem Regen, esse etwas und zwischendurch fallen mir auch immer mal wieder die Augen zu. Nach einer Dreiviertelstunde, es ist inzwischen halb sieben, ziehe ich weiter, schließlich bin ich von den letzten Tagen ausgeruht, dunkel wird es auch nicht und dort im Westen steht ein großer, teils verschneiter Magnet, der unheimlich anzieht.
    Und so komme ich gegen neun am Abend in Sörsjön an, ein Dorf, in dem es einen Supermarkt gibt, den ich morgen aufsuchen will. Recht unkompliziert finde ich nur 200 m davon entfernt ein Slogbot direkt an einer tollen Fluss-Auenlandschaft. In Summe habe ich heute gute 45km hinter mir, davon bin ich zwölf mit dem Auto gefahren. Und es fühlt sich für mich gar nicht an wie so lange gelaufen. In den letzten 2 Stunden waren die Mücken wieder deutlich aktiver, inzwischen gewöhne ich mich aber mehr und mehr an diese Umstände und als ich hier ankomme, ist es sogar ziemlich mückenfrei. Da alle Wiesen nass sind, entscheide ich mich, im Slogbot im Schlafsack zu schlafen, das einzige was am Ende rausguckt, ist der Kopf und das werde ich heute Nacht mal in probieren. Zum Einschlafen ist es allerdings mit der Ruhe nicht soweit her, einerseits natürlich durch das Konzert aller möglicher Wasservögel hier in der Nähe, dann höre ich in einiger Entfernung Schaflämmer und scheinbar gibt es ein Tierheim oder jemand hat eine ganze Reihe von Hunden. Wenn einer von ihnen anfängt, machen die anderen mit und es ist ein Gebell und Gejaule, was bis weit Richtung Mitternacht immer wieder zu hören ist.
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  • 30. Mai

    30 мая 2024 г., Швеция ⋅ ☁️ 17 °C

    Ich wache heute erst um halb neun auf, das ist aber ganz passend, denn der Kaufmannsladen hier öffnet erst um zehn und zu dem will ich ja noch. Die ganze Nacht war dichter Nebel und so sind alle meine Sachen am Morgen ziemlich klamm. Auf dem Poncho, den ich zum Trocknen aufgehängt hatte, hat sich sogar in einer Senke eine richtig große Wasserpfütze gebildet. Nach dem Frühstück gehe ich die paar Meter zum Laden, lasse meinen Rucksack gleich draußen stehen, da innen alles viel zu eng ist. Es ist ein Handlarn, eine Laden-Kette, die hier im Norden im ländlichen Bereich verbreitet ist, sowas wie die Weiterführung der alten Tante-Emma-Läden. Die Kette kümmert sich um die frischen Lebensmittel, den Rest managed der Laden-Betreiber selbst. Entsprechend ist es alles teurer als in den großen Supermärkten, die ich bisher hatte und das Sortiment muss nicht unbedingt überall gleich sein. Weiter im Norden werde ich aber in der Hauptsache auf diese Art von Versorgung angewiesen sein. Ich werde für die nächsten gut 100km einkaufen und schiele nebenbei auch immer mal nach Gas, tatsächlich gibt es hier genau das, was ich benötigte, wäre ich denn schon bedürftig. Beim Bezahlen rolle ich wie erwartet mit den Augen angesichts des Gesamtpreises für nicht mal eine Woche, aber was soll’s, es soll auch keine afrikanische Woche werden, geht ja in die Berge. Vor dem Laden mache ich gleich einen Imbiss von frischen und schweren Sachen, inzwischen ist es schon zwölf. Dabei komme ich mit Anita ins Gespräch, sie hat eben auch hier eingekauft und nachdem wir das Woher und Wohin erörtert haben, ist sie sich nicht mehr sicher, ob der nächste Laden, den ich im Auge habe, überhaupt existiert. Sie hat selbst einmal in dem hiesigen gearbeitet und kümmert sich gleich, um am Ende herauszufinden, dass es den erhofften wohl nicht mehr gibt. Ich könnte jetzt stattdessen über Norwegen laufen, wo ich aber weder auf den Umweg noch auf die noch höheren Preise Lust habe. Dementsprechend gucke ich in der Karte und sehe, dass zwei Tage später auf meinem Weg wieder ein Supermarkt geplant ist. Werden ja nicht alle dichtgemacht haben…
    So komme ich doch schon um halb eins heute los. Es sind zwischen 15 und 20km bis zum Fuß des Fjälls und so werde ich das, was ich gestern schon herausgearbeitet habe, heute doch wieder abbummeln. Es geht erst mal wieder an einer schmalen Landstraße entlang, alle 2 Stunden kommt mal ein Fahrzeug. Die Straße wird später zu einer Schotterpiste und so passiert auch nicht wirklich viel. Nebenbei knabbere ich immer mal wieder von den Tannen die frischen grünen Nadeln und betrachte mir dabei das Trollhaar. Es wächst nur dort, wo die Luft absolut sauber ist, also ein gutes Zeichen für diese Gegend. Ich komme gut voran und in der letzten Stunde geht es kontinuierlich bergan, am Ende des Tages werde ich auf gut 650m ü.M. sein. In Morbäckssätern ist einer der offiziellen Eingänge in den Fulufjället-Nationalpark, bekannt unter anderem für seine Bärenvorkommen. Hier gibt es eine ausgesprochen große und komfortable Rasthütte, in der ich schon um sechs ankomme. Da es hier keinen Bach gibt, gehe ich noch mal ein Stück zurück, es ist hier wie eine Art Feriendorf. Dabei treffe ich zwei Norwegerinnen und sie erzählen mir, dass sie schon zweimal Bären hier gesehen haben, die Wahrscheinlichkeit, einen zu Gesicht zu kriegen also gar nicht so gering ist.
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  • 31. Mai

    31 мая 2024 г., Швеция ⋅ ☀️ 17 °C

    Der Berg ruft! Nach einer ruhigen und völlig mückenfreien Nacht in dieser tollen Hütte stehe ich heute schon um halb sieben auf, der Himmel ist blau und die Sonne hat schon seit halb fünf durchs Fenster gelacht. Nach getaner Morgenroutine starte ich heute um acht ins Fulufjället, es sind jetzt gute 3km bis oben aufs Plateau, wo es eine Hütte gibt. Der Weg verschwindet nach kurzer Zeit im Wald und wie erwartet geht es jetzt wieder wild über Stock und Stein bergauf. Meine Stelzen müssen sich nach den ganzen Tagen auf der Straße erst mal wieder an das echte Wandern und Kraxeln gewöhnen. Am ersten Bach, der daherkommt, fülle ich mein Frischwasser auf und es dauert nicht lange, habe ich nach einer Dreiviertelstunde die Baumgrenze erreicht. Immer wieder erstaunlich, wie abrupt die doch verläuft. Von hier aus habe ich schon mal den ersten freien Blick zurück weit übers Land und voraus auf die Schneefelder. Das erste erreiche ich auch kurz darauf, nach einer knappen Stunde habe ich das Plateau erreicht, ich bin wieder in meinem Element. Fühle mich sofort zurückversetzt in die Zeit, als ich weit im Norden im Fjäll unterwegs war, die karge Landschaft, die weite Sicht, die Schneefelder. Es gibt hier oben nichts zu hören außer das Singen der Vögel, das Rauschen des Windes, hier und da Flüsse und Bachläufe.
    An der Tangådalsstugan mache ich die erste Pause und betrachte mir die Hütte von innen. Man kann hier oben gegen Gebühr in einem Raum mit Betten übernachten oder auch in der einfacheren Variante im großen Vorraum. Es gibt sowohl ein Notfalltelefon als auch eine -Ausrüstung, falls Wanderer insbesondere im Winter unter widrigen Bedingungen hier Schutz suchen. So zum Beispiel ein Vorrat an Feuerholz, eine Gas-Kartusche, Atomfutter, Verbandsmaterial, eben das notwendigste für alle Fälle.
    Übrigens bin ich ab dieser Hütte wieder auf dem E1 und der folgt hier seit Sälen dem südlichen Kungsleden (Königsweg). Das ist der womöglich bekannteste Trekkingpfad hier in Schweden, er besteht aus einem südlichen und nördlichen Teil, die nicht miteinander verbunden sind, es liegen mehrere 100 Kilometer dazwischen. In 2022 bin ich vom nördlichen Ende des nördlichen Kungsleden in Lappland ungefähr dessen Hälfte gelaufen. Jetzt drösel ich den südlichen komplett auf und werde später auch noch den mir fehlenden Teil des nördlichen absolvieren.
    Ich mache mich auf den Pfad, der ab jetzt wieder Richtung Norden zeigt und für längere Zeit der Grenze zu Norwegen in unterschiedlichen Abständen folgt. Die typischen Kennzeichnungen, nämlich orange Markierungen an Bäumen oder Steinen vermisse ich hier komplett, dafür ist der Pfad aber in der Regel so zu erkennen. Er zieht sich hier mehr oder weniger dicht an einem kleinen Fluss entlang, der hier oben auf der Höhe das Schmelz- und Regenwasser sammelt. Gegen halb elf: Zssssss. Ich stoppe, mein 38-teiliges mechanisches Gehirn läuft am Limit. „Nanu, denkst doch sonst nicht nanu…“ Lispeln tut hier niemand, also muss es wohl eine Schlange sein. Ich gehe ein, zwei Meter zurück und brauche einen Moment, bis ich sie ausgemacht habe: Da steht sie bewaffnet bis an die Zähne, weil ich wohl ihr Sonnenbad gestört habe. Ich verspreche ihr, dass sie heute in die Zeitung kommt und entferne mich wieder, da ich nicht sicher bin, wie weit die Schlangen vorschnellen, wenn sie denn mal anbeißen wollen.
    Richtung Mittag zieht es sich mehr und mehr zu, die Quellwolken türmen sich unendlich hoch und ich muss mich hier oben mehr um das Wetter bekümmern, als ich es bisher musste, wo es immer einen Wald oder Unterstand zumindest fürs gute Gefühl gab. Das ist der Unterschied, der gerade den Reiz, aber ebenso gern auch mal eine gewisse Beklemmung ausmacht, dass es hier eben gar nichts gibt, was Schutz bietet.
    Es ist Freitag und wir baden früh, also steige ich um zwölf in den kleinen, durchaus sehr kalten Bach und genehmige mir eine Frischekur. Wenig später startet mit entsprechendem Terz ein Moorschneehuhn und fliegt in eine sichere Entfernung, aus der ich es nur noch mit dem Fernglas beobachten kann.
    Trotz der aufgetürmten Wolken, die rundherum an vielen Stellen ziemlich dunkel aussehen, hält es sich einigermaßen trocken und es gibt nur einen Schauer, kurz bevor ich an die Tangsjöstugan komme. Ab diesem Moment sind merkwürdigerweise Unmengen von kleinen Fliegen aktiv. Sie stieben vor mir aus dem Kraut am Boden, so dass es teilweise kaum möglich ist, vernünftig zu gucken oder zu atmen. Allerdings tun sie, wie heute alle diese kleinen Geister hier oben nichts, außer zu nerven. Als ich in die Hütte gehe, sehe ich in einiger Entfernung jemanden in diese Richtung gewandert kommen, es dauert kaum 10 Minuten, da kommt Valentin, ein Abiturient aus Freiburg reingeschneit. Er ist mit den Öffis bis hier hoch nach Särna gefahren, um jetzt vier Tage lang auf eigene Faust durchs Fjäll zu ziehen. Das begeistert mich absolut, wenn jemand schon in dem Alter so unterwegs ist. Im Handumdrehen ist beim Schwätzchen eine Stunde verflogen, dann zieht jeder seines Weges. Ich vernehme beim Laufen hinter mir einige Male Donnergrollen und erreiche um kurz vor sechs die Nothütte Särnmanskojan.
    Ich betrachte mir die Wetterlage, speziell auf Gewitter bezogen und entscheide mich, noch die nächsten 5km bis zur Rörsjöstugorna zu gehen, die war auch mein erklärtes Ziel für heute, insbesondere weil unweit von ihr der Njupeskär, Schwedens höchster Wasserfall ist.
    An den Hütten spreche ich mit dem Stugvärd (Hüttenwirt), wir unterhalten uns eine ganze Weile und auch über die Preise für die Übernachtungen in den hier oben betriebenen Hütten. Es gibt unweit von hier einen Shelter, den aber just in diesem Moment zwei Angler übernehmen und da die Saison erst morgen beginnt, bietet er mir die Übernachtung in der Hütte im Bett for free an. Na da bedanke ich mich doch in allerschärfster Form.
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