Ich gehe.

februari - oktober 2024
  • WildeHilde
Es gibt einen Plan.
Schließlich braucht’s
was zum Verwerfen…
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    21 juni 2024, Norge ⋅ ☁️ 8 °C

    Was für eine gute Entscheidung! In diesem Unterstand ist alles so schön trocken, ich habe wohlig geschlafen, während es draußen in der Nacht geregnet und den gesamten Morgen ohne Unterbrechung genieselt hat. Zu Hause hinter dem Fenster würde man sagen: Es ist ungemütlich. Umso aufregender ist dafür heute für mich die Thronbesteigung, es ist royal im wahrsten Sinne des Wortes und so lasse ich mich, noch bevor der Hahn dreimal gekräht hat, zur Kronprinsesse Hilde I. krönen. Dieses Örtchen muss ein echter Verehrer des blauen Blutes eingerichtet haben, es sind nicht nur die norwegischen, sondern auch die englischen Royals aus Zeiten, als noch alles schwarz-weiß und aus Holz war bis zu den heutigen, die auch ich schon mal in der „Bild der Frau“ gesehen habe. So eine Zeremonie zieht sich natürlich hin, so dass es heute zehn wird, bis ich loskomme. Vielleicht ist es aber auch immer nur der Blick nach draußen, der mich noch 10 Minuten und wieder 10 Minuten warten lässt.
    Ich habe noch gute 4km durch Niemandsland zu beschreiten, bevor ich den E1 wieder erreiche. D.h. Orientierung immer mal wieder mit dem Handy und da viel Wald dabei ist, ist es wirklich schwierig. Ich muss nach Nord-Ost laufen und nachdem ich seit der letzten Orientierung gut 500m hinter mir hab, merke ich, dass ich Richtung Süd unterwegs bin, also minimal daneben. Da ich mir das minütliche Gucken auf’s Handy zwecks Akku und fehlender Sonneneinstrahlung nicht leisten kann, nehme ich jetzt den richtigen Kompass dazu, um mir ständig die Richtung zu nehmen. Schön, dass ich dann also doch auf diesem Wege den Kurs von und für Anfänger „Kompass-Nutzung leicht gemacht“ besuchen kann. Das Laufen in dieser Art heißt auch, dass ich jeden Berg und jedes Tal vor mir eins zu eins so mitnehmen muss, während die Wanderwege üblicherweise ja eher um schwieriges Terrain herumgeführt sind. Das heißt wieder einmal Klettern an recht steilen Hängen und es ist inzwischen fast zwölf geworden. Ich habe ganze 2km in 2 Stunden geschafft und stehe an einem Fluss. Schon gestern hatte ich beim Blick auf die Karte geahnt, dass der doch etwas umfangreicher ist und so ist jede Minute wertvoll, die ich jetzt erst mal ein paar Meter auf- und abwärts gehe, um nach einer günstigen Stelle zu suchen. Und da fress ich doch‘n Besen, in meinem Fall ist mal wieder Kommissar Zufall ganz dicht in der Nähe und ich sehe gute 200m flussabwärts eine riesengroße massive Brücke, obwohl es dort weder einen Pfad noch sonstwas gibt. Diese Einladung nehme ich dankend an und halte an der Stelle auch gleich erst mal eine Pause ab. Nicht ohne mich die ganze Zeit zu fragen: Warum ausgerechnet ich, warum ausgerechnet hier? Bei der Art, wie ich gerade unterwegs bin, hätte ich ebenso ein oder auch zwei Kilometer weiter entfernt an den Fluss kommen können und schon 200m weiter etwas um die Kurve hätten gereicht, diese Brücke nicht zu sehen. Es ist schon merkwürdig schön, wie sich die Dinge hier zutragen.
    Von hier ab ist es jetzt noch bis kurz vor eins zum E1. Ich begegne einer ganzen Menge von Rentieren und nehme endlich wieder die roten Kennzeichnungen an den Bäumen wahr, ab jetzt geht alles wieder etwas weniger aufwändig. Seit um zwölf hat es angefangen zu regnen, das ist nicht dramatisch und hält sich im Rahmen. Um halb zwei betrete ich den Blåfjella-Skjækerfjella/Låarte-Skæhkere Nasjonalpark, eröffnet im Juni 2006 durch Mette Marit, wie eindrücklich an einer hohen Stele gekennzeichnet ist.
    Der Weg als solches ist hier anfangs wieder mit Planken ausgelegt, es läuft sich ganz gut, auf jeden Fall besser als das, was ich bis eben hatte. Der Regen setzt mehr ein und hält auch bis um drei an. Es zieht sich mehr aus den niedrigeren Lagen aus dem Wald heraus auf freiere Hochfläche, an der ich auch um die Zeit meine große Pause mache. Es gibt Bockshornklee-Käse mit Kümmel und Nelken. Davon hatte ich mir ein 400g-Stück mitgenommen, eine wirklich gute Wahl. Dazu ein Rest Margarine und Brot. Wenn einer wüsste, was das hier draußen für ein Festtagsmenü ist.
    Zum Thema nasser Untergrund sag ich heute besser nichts mehr, es ist erstaunlich, ich hätte das tatsächlich in diesem Ausmaß nicht erwartet, es mir nicht vorstellen können. So weite Flächen ewig nur nass in nass. Und umsomehr bin ich erstaunt, dass meine Schuhe nun an Tag vier in Folge ihren Tauchschein machen und weiterhin nicht verzagen.
    Gegen vier auf dem Weg abwärts zu einem See entlang eines kleinen Baches schmiere ich auf einer großen Steinplatte dann ab, kann mich glücklicherweise noch einigermaßen fangen und freue mich, dass weiter nichts passiert ist, einen blauen Fleck wird es aber wohl geben.
    Der Weg zieht sich über‘s Hochland auf 550m, das nicht absolut eben ist, also schon auch mit Berg und Tal, aber nicht so stark und gegen fünf sehe ich in gut 10km Entfernung hinter dem Nebel durch die Landschaft hell leuchten, es ist ein Zeichen. Es könnte das erste Mal heute sein, dass die Sonne auch für mich durchkommt.
    Hatte ich mich gestern noch gewundert, dass wohl scheinbar Veggie-Day ist, sind sie heute alle wieder auf ihren Positionen, die Rentiere als auch die vielen Schafe mit ihren Lämmern. Ihre Scheu lässt mich lange, bevor ich in ihre Nähe komme, Ansagen machen, damit sie sich nicht erschrecken, wenn ich so dicht bei Ihnen bin. Ich rufe ihnen schon von weitem zu, ich wäre im Namen des Herrn unterwegs, muss aber im Laufe des Tages einsehen: Sie verstehen mich nicht.
    An einem eben überquerten recht breiten Fluss zieht sich der Weg jetzt eine Zeit entlang. Ich kann ihn gut von oben sehen, viele kleinere Wasserfälle zwischendurch und gegen halb sieben ändert sich die Ansicht des Bergs, indem er förmlich nackt ist. Riesengroße Steinflächen, auf denen ich später stehe, dunkel und nur leicht gewellt. Ich fühle mich, als würde ich auf einem Riesen-Walfisch umherlaufen. Und eben genau von diesem hohen Punkt aus habe ich vor mir einen Blick in ein Tal mit so vielen Wasserstellen, Tümpeln, kleinen Seen und auch einem großen Fluss. Entlang dieses Tals werde ich jetzt gute 7km Richtung Norden laufen. Richtung Süden sehe ich in weiter Entfernung, geschätzt bis 40km, Bergkette an Bergkette hintereinander gereiht. Irgendwo von da bin ich hergekommen, kaum zu glauben, dass das alles zu Fuß einfach so geht, obwohl ich es ja mit meinen eigenen Hufen getan habe. Um sieben gelange ich an die Skjækerdalshytta, wie erwartet verschlossen. Ich mache eine kurze Pause und fülle mein Wasser auf, packe allerdings auch sofort wieder zusammen, da die Luft nur so schwirrt von Knots und ich keine Minute irgendwo stehen kann. Je länger ich laufe, desto mehr spüre ich, dass auch meine Kraft irgendwann am Ende des Tages durch ist und so nehme ich die letzten heutigen Vorräte zum Knabbern, um irgendwie Energie nachzuschieben. Ich hole sogar die halbe Schokolade raus, die für heute am Abend gedacht war, um noch ein Stück weiter zu kommen. Gegen halb neun, völlig unerwartet sind dort am Wegesrand fünf Zelte und ein paar Kerle dabei, wo ich natürlich sofort einraste. Es sind Holländer, die für vier Tage in andere Richtung unterwegs sind. Sie haben schon die ganze Zeit massiv mit den Knots zu kämpfen. Ich halte mich eine gute halbe Stunde auf, trinke mit ihnen zwei Becher Rum. Danke, Jungs! Das ist meine Mittsommer-Andacht und nachdem ich die Plagen irgendwann auch mit Netz nicht mehr aushalte, ziehe ich gegen neun weiter. Wie lange noch, habe ich keine Ahnung, allerdings läuft es sich mit Rum im Kopf ziemlich geschmeidig. Nichtsdestotrotz merke ich beim Laufen, dass ich hochrot-blinkende Ohren, ein rotes Gesicht und total zugeschwollene Augen habe von all der Wischerei und womöglich auch dem Mittel, was ich mir vorhin freundlicherweise hab geben lassen und auf die Haut geschmiert habe. Also ist mein Credo jetzt: Laufen an der frischen Luft, Laufen und noch mal Laufen. Punkt zehn komme ich an den See Skjækervatnet, an dem ich den daraus auslaufenden Fluss über eine Riesenbrücke überquere. Hier endet auch der Nationalpark, den ich heute im Laufe des Tages beschritten habe. Irgendwie habe ich auch schon wieder Hunger, aber es wird sich hoffentlich halten, bis ich angekommen bin, ja wo eigentlich? Kurz nach der Überquerung des Flusses ist eine Hütte mit ein paar Wegweisern. Da gibt es in 4km die nächste Hütte, die wäre das Tagesziel, aber was mich viel mehr anspringt, in 6km Entfernung, es ist scheinbar auch auf diesem Weg, ist der Mittelpunkt Norwegens. Und das triggert mich doch ziemlich an, vom Mittelpunkt Deutschlands zum Mittelpunkt Norwegens an Mittsommer um Mitternacht. Ich bin total beflügelt und steige wieder allmählich auf 550m hoch. Habe einen großartigen Blick über das Tal zur anderen Seite an den Berg, der jetzt gegen halb zwölf so schön orange angeleuchtet wird. Egal wohin ich sehe, es haben sich tolle Wolkenformationen gebildet, die von der „untergehenden“ Sonne angestrahlt werden, eine fantastische Stimmung.
    Eine Viertelstunde später bin ich dann an der Lågvassbua mit tollem Blick runter über den See Lågvatnet. Eine offene Hütte, in der ich gegen eine kleine Gebühr schlafen und auch den Gasherd nutzen kann. Ich lasse es hier gut sein und für mich zählt auch dieser Punkt als Mittelpunkt des Landes. Ich laufe noch mal 200m runter zum See, um Wasser zu holen und beginne kurz nach Mitternacht, das Nachtmahl anzurichten. So liege ich circa um eins dann im Nest. Mittsommer ist der längste Tag und war es auch für mich in jeder Hinsicht auf dem bisherigen Weg.
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  • Da ging es heute durch...Schön anzusehen, aber auch schamlos und nervig. 😬Alles Birke, da steigt doch keiner mehr durch.Wir bestehen auf unser Recht, hier oben wachsen zu dürfen.Springen vom Beckenrand ausdrücklich erwünscht.

    22. Juni

    22 juni 2024, Norge ⋅ ☁️ 14 °C

    Der gestrige Tag hat doch ziemlich geschlaucht. Gegen fünf bringe ich die Solarzellen und die Powerbank raus, damit sie schon mal bei dem schönen Wetter laden können. Ich lege mich noch mal hin und wache um halb zehn erst wieder auf. Es ist Sonnenschein und alles, was sonst noch Sonne braucht, wandert erst mal raus. Nach ausgiebigem Frühstück und genussvollem Aufenthalt will ich um halb eins losziehen, der Tag wird sicher nicht so lang wie der gestrige. Ich korrigiere, es wird doch eins, weil ich noch mal runter an den See muss, um ein Bad zu nehmen. Ziemlich genau um halb zwei erreiche ich dann den geographischen Mittelpunkt Norwegens, es ist zwar nicht Mitternacht dabei, aber ich lebe sehr gut damit.
    Kurz danach treffe ich einen Norweger, er ist gerade auf einem Tagesausflug auf dem Weg dahin, wo ich herkomme. Wir sprechen kurz miteinander und dann setze ich meinen Weg fort auf merkwürdig gut beplankten Pfaden. Die Holzbohlen sind auf der Oberseite sogar mit einer dicken Teerpappe großflächig abgedeckt. Allerdings hält das nicht sehr lange an und dann stehe ich vor einem neuen, alten Thema: Ich bin auf dem E1, aber es gibt wieder mal nichts, keine Kennzeichnung und es ist auch kein Pfad erkennbar und so versuche ich, mich mithilfe meiner Karte zu orientieren, um nicht wieder völlig außer Rand und Band zu geraten. Solche Faxen wie die letzten Tage kann ich mir zeitmäßig nicht mehr leisten und muss spätestens übermorgen ins Snåsa ankommen, da ich dann mit meinem Futter am Ende bin. Auf dem Weg begleiten mich heute Unmengen von Fliegen und Bremsen, in ihrer trägen Art sind sie zwar nicht hochgefährlich für mich, aber nervig allemal und spätestens, wenn ich stehe, um zum Beispiel jetzt gerade einen breiteren Fluss zu überqueren, für den ich auch die Schuhe und alles umbauen muss, ist es eine Plage. Es läuft sich insgesamt ganz angenehm bei dem blauen Himmel, den es hier irgendwie nie ohne Wolken gibt und die Wolken bei dem Sonnenschein auch nicht lange weiß bleiben, sondern sich am Nachmittag immer mehr auftürmen. Zumal zwar der nasse Untergrund an sich bleibt, aber Grashalme, Gebüsch, Blätter und so weiter nicht auch noch nass sind. Und so ziehe ich über weite Wiesenflächen mit einigen Bäumen zwischendurch entlang des Sees Skjækervatnet, um ab dann in der Nähe seines Zuflusses wieder Richtung Norden aufwärts zu laufen. Das Ganze zieht sich ab um fünf wieder etwas höher auf unbewaldete Ebenen, die dann tatsächlich auch sowas wie trocken sind. Auf der anderen Seite des Tals ragt der Skjækerhatten mit 1139m ü.M. empor. Ein sehr beeindruckendes Panorama, an dem ich entlangziehe. Auch der Blick zurück ist wunderschön, die inzwischen dunkel zusammengestauchten Wolkenmassen machen ganz weit in der Ferne ein gelbliches Bild dazu, geradezu mystisch. Es zieht sich auch durch eine Reihe von Birkenwäldern, allerdings sind es Krüppelbirken in verschiedenster Ausführung, sehr klein, teilweise kaum mannshoch, am Boden kreuz und quer gewachsen, so dass das Durchsteigen schon mindestens mal Zeit beansprucht und auch den einen oder anderen Kratzer an Händen und Armen hinterlässt.
    Wenn ich hier so durch diese norwegische Landschaft streiche, fällt mir doch auch seit gestern schon auf, dass es sehr viele private Hütten, besser gesagt Sommerhäuser gibt. Weit draußen ohne Zuwegung, so dass die Anwohner schon erhebliche Fußmärsche bis zu ihren Hütten zurücklegen. Oder sie tun es auf eine Art, die ich bisher nicht kenne. Ab um sieben ungefähr zieht es sich auf immer besser zu laufendem Grund einen Pass hoch, auf dessen ziemlich höchsten Punkt ich übernachten möchte. Die Bremsen, die sich seit dem späten Nachmittag wieder auf den Heimweg gemacht haben, schließlich haben sie ja mich stundenlang gebremst, werden jetzt ab um acht von Mücken ersetzt, die aber, solange ich laufe, noch unter Kontrolle zu halten sind. Ich bin jetzt bei 2300km und verlasse den E1 für gute 600km vorerst in Richtung Westen. Ich spiele jetzt das kleine Wunschkonzert, dass ich schon seit der Planung von Anfang an einstudiert habe. Als ich den Weg im Fjäll Richtung Norden nachverfolgt habe, war mir sofort klar: Ich muss da mal raus ans Meer. Und so werde ich für gute drei Wochen abseits der eigentlichen Nord-Richtung auf die Vikna-Inseln bis an den Atlantik, das europäische Nordmeer gehen.
    Da es schon heute wieder mal keinen Pfad gab und ich die Landschaft eh selbst beackert habe, biege ich jetzt einfach schon Richtung Westen. Da der Pfad in der Karte nur noch einige Kilometer Richtung Norden zeigt und dann scharf nach Westen abbiegt, gehe ich mal mit dem Satz des Pythagoras ran und hoffe, es kürzt sich ein bisschen was weg. Natürlich heißt das auch, dass ich von dem Pass jetzt direkt hoch über den Berg steige, was mir aber zwecks stärkerem Wind und weniger Mücken sehr angenehm ist. Um kurz vor neun sitze ich noch beim Anstieg, mache die letzte Pause und habe schon jetzt Freiheit vom Blutsaugertum und einen wunderbaren Blick soweit in die Ferne, dass sich einfach jeder Meter bis hier hoch schon gelohnt hat. Gegen halb zehn habe ich die obersten Spitzen dieses namenlosen Berges auf circa 750m ü.M. erreicht und direkt an einem winzig kleinen, fast dreieckigen Pool, der sich hier oben gebildet hat und Regenwasser sammelt, schlage ich etwas windgeschützt mein Zelt auf. Es ist eine herrliche Weitsicht in alle Richtungen und ich freue mich tierisch, dass ich diese Abkürzung genommen habe.
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  • 23. Juni

    23 juni 2024, Norge ⋅ ⛅ 10 °C

    Schon kurz nach Mitternacht hat es angefangen, leicht zu regnen, seit morgens um fünf richtig kräftig mit einigermaßen Wind dazu. Für mich umso mehr ein Grund, etwas länger liegen zu bleiben und selig bis halb neun zu schlafen. Da es unentwegt regnet, bereite ich mich gedanklich auf das Packen unter Regenbedingungen vor, also alles unterhalb des Zeltcovers zu verstauen und am Ende nur noch die Außenhülle wegzunehmen. Circa um halb elf ist es dann auch so angerichtet und just ab diesem Moment ist auch der Regen vorbei. Das kann ich jetzt positiv sehen oder positiv: Ich muss ab jetzt nicht im Regen durchs Bergwerk ziehen, es ist schon ausreichend, dass alles nass und schmierig ist. Und so ziehe ich auf c² weiter in Richtung Snåsa bei tief hängenden Wolken und einer gewissen Feuchtigkeit in der Luft. Ich habe mir in gut 3km einen Punkt ausgeguckt, auf den ich zusteuere. Da es immer wieder durch irgendwelche Senken geht, ich immer wieder um kleine Seen, Wasserstellen, Morast oder auch steile Steinkanten herumlaufen muss, mal 50 m hier nach rechts, 100 m da nach links, habe ich immer einen Fixpunkt, den ich ansteuere. Mit der Zeit habe ich Gefallen gefunden an diesem völlig unabhängigen Laufen ganz nach meinem Gusto, ich bestimme und bekomme lediglich von der Landschaft und vom Wetter hier und da ein paar Ansagen dazu. Natürlich muss ich immer im Auge behalten, dass der Brotkorb jeden Tag ein Stück weiter nach oben gezogen wird, denn ich habe keine gute Vorstellung davon, völlig gesund hier draußen irgendwo zu hocken, am Ende die Rettung anzurufen und mitzuteilen, die Vitalwerte sind ok, aber ich bräuchte hier ein halbes Schwein auf Toast.
    Um zwölf lasse ich mich zur ersten Pause an eben diesem Fixpunkt nieder und nachdem ich geruht und die Landschaft betrachtet habe, beginnt es doch leicht zu nieseln. Es zieht deutlich Nebel auf, eine halbe Stunde später bin ich völlig eingehüllt und kann noch gute 100m im Umkreis die Landschaft sehen.
    Bis um halb zwei ungefähr geht es in ziemlichem Zickzack durch diese Berge mit wenig Sicht. Allerdings löst sich der Nebel günstigerweise ein wenig auf, so dass ich etwas weitersehen kann und um halb zwei erreiche ich tatsächlich, ohne dass ich es erwartet hätte, den Pfad, der Richtung Westen führt. Er ist gut erkennbar und auch mit Steinen und teils roten Punkten als solcher gekennzeichnet. Fein, ab jetzt geht es erst mal für einige Zeit bergabwärts entlang eines gut zu laufenden Weges. Während ich so laufe, sehe ich in dieser riesigen weißen Nebelwand vor mir ein helles Licht im Hintergrund. Und kaum habe ich ein Foto davon gemacht und betrachte es, gucke ich wieder in diese Richtung und es hat sich in anderthalb Minuten völlig das Bild verändert: Vor mir liegt ein offenes Tal mit Wäldern, großen Weideflächen, ich kann einige Häuser sehen. Spektakulär die Farbkonstellationen der Wolken von schneeweiß bis hin zu tief dunkelblauen. Vor diesem hellen Licht ist das ein fantastisches Spektakulum mit schnell wechselnden Szenen. Sofort werfe ich alles ab und lasse mich hier zur großen Pause nieder, um dieses Schauspiel zu betrachten. Ich habe zwar bis nach Snåsa noch 30km zu laufen, aber kann tatsächlich, so lange der Vorhang geöffnet ist, in 15km Luftlinie den See sehen, an dessen Ende der Ort liegt.
    Von hier aus geht es auf einem nassen Pfad abwärts im Wald, bis ich gegen halb vier auf eine Forststraße treffe, die jetzt weiter für die nächsten Kilometer mein Weg ist. Es ist trocken, ich komme gut vorwärts. Was für ein merkwürdiges Gefühl; nach Tagen des Freistils und lediglich animalischer Begleitung fernab ziviler Errungenschaften ist dieser einfache Weg und das Wissen, es gibt in der nächsten Stunde irgendwo ein paar Häuser ein komisches Gefühl. Der Weg endet nach nicht so sehr langer Zeit an einem großen Wendeplatz. Von hier aus ist es scheinbar eine alte Panzerstraße, es sind Baumstämme quer einer an den anderen gelegt und hier rüber fährt man mit scheinbar allem, was mit unebenem Untergrund klarkommt. Es läuft sich schlechter als auf Bahnschwellen, da sie ganz unterschiedlich hoch herausstehen. Auch dieser Weg endet kürzlich an einer großen Fläche, die scheinbar vor langer Zeit gerodet wurde. Sie ist zugewuchert mit Gras und Farn, das mir in der Höhe bis zur Brust geht und natürlich vom Regen noch wunderbar nass ist. Also ziehe ich alles zu und stapfe jetzt hier durch, ohne wirklich zu sehen, wo ich hintrete. Da sind alte Baumstämme kreuz und quer mittendrin, kleine schmale Gräben, es ist mit den Füßen eher ein Tasten denn Gehen. Kurz vor dem Ende dieser Fläche ist wieder ein Baumstamm, dessen abgebrochene Äste noch circa 20-30cm rausstehen und irgendwie bleibe ich mit dem zweiten Fuß hängen, greife noch mit der Hand nach einem dieser Stumpen und falle vornüber. Ich liege…mein Rucksack auf mir. Gut, den muss ich schon mal nicht suchen. Neben meiner Hand liegt ein abgebrochenes Stück Ast, ich werfe es weit in die Landschaft, nicht ohne einen Fluch dabei mitzuschicken. Dann sehe ich, dass an meiner Hand die Brühe läuft, hat doch dieses Stück Holz tatsächlich in den Ansatz meines Daumens eine Fleischwunde gerissen. Gute 100m weiter kommt ein Bach, an dem ich erst mal klar spüle, desinfiziere und mich verbinde. Man muss halt merken, dass Sonntag ist!
    Unweit dieser Stelle ist eine Brücke, sehr schmal, recht hoch und ohne jeglichen Handlauf, über die ich den Bach queren kann. Diese flache Landschaft hier auf nur noch 200m ü.M. ist Farn und Gras, Buschwerk und Bäume, so dass das Laufen die ganze Zeit weiter nur ein Stochern mit den Füßen ist. Teilweise steht auch Wasser, das deutlich über meine Schuhe reicht, es ist eher Glück, dass sie mir nicht volllaufen. Ich komme an einen Fluss und sehe, dass ich ihn nicht so ohne weiteres furten kann. Deshalb suche ich speziell die Stelle auf, an der der Pfad auch laut Karte kreuzt. Hier gab es mal eine Brücke, auf der anderen Seite sehe ich irgendeine Art von Seil hängen, wer weiß, was das zu bedeuten hat. Ich will erst mal ohne Rucksack rübergehen, da speziell an der gegenüberliegenden Seite von hier aus nicht die Wassertiefe erkennbar ist. Als ich gerade umbauen will, fängt es heftig an zu schütten und so warte ich noch gute 20 Minuten, bis der grobe Regen vorbei ist. Dann wate ich Richtung anderes Ufer, merke aber schnell, dass das viel zu tief wird. Kann aber in der Flussmitte noch ein Stück aufwärts gehen und finde dort eine Stelle, die ich für annehmbar halte. Also flott zurück, Sack und Pack umgehängt und dann mache ich rüber. An der Stelle mit dem Seil ist eine Art Floß mit einer ganzen Reihe leerer Kanister untendrunter gebaut, das wird dann wohl mit diesem Seil rübergezogen, vermutlich aber eher nicht durch den gemeinen Wandersmann. Von hier aus komme ich nach kurzer Zeit an das erste Gehöft und kann mich jetzt entscheiden, links oder rechts zu gehen. Rechts ist etwas länger auf wahrscheinlich irgendwelchen Wanderpfaden, links geht es entlang der Straße parallel zu einem Fluss. Da ich von Wanderpfad und Abenteuer für heute genug habe, schlage ich links ein und laufe bis um acht an einer kleinen Landstraße entlang, um dann nach Wasser zu fragen, da ich hier überall Felder und auch Kühe auf den Weiden sehe. Die freundlichen Damen des Hauses bieten mir hinter der Scheune um die Ecke auch noch einen Platz an, wo ich das Zelt aufschlagen kann. Ich trockne noch im Wind alles, was nass ist und verbinde die Wunde neu inklusive fixiertem Daumen, damit die Stelle nicht bei jeder Bewegung aufklafft.
    Schluss für heute.
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  • 24. Juni

    24 juni 2024, Norge ⋅ ☁️ 14 °C

    Nach einer ruhigen Nacht ist es heute morgen, als ich raussehe, neblig und leicht diesig. Ich mache das Frühstück so wie auch gestern das Abendessen im Zelt, um mir das Drama mit den Knots zu ersparen. Nebenbei ist der Regen mal mehr, mal weniger und so tanze ich, nachdem es draußenrum trocken ist, noch eine halbe Stunde ums Zelt und warte auf seine Trocknung. Still stehen ist angesichts des Flugbetriebs nicht wirklich möglich. Heute morgen bekomme ich auch eine Lektion in Sachen „Leben unter eingeschränkten Verhältnissen“. Ich habe mir gestern Abend den Daumen so an den Zeigefinger fixiert, dass er quasi unbeweglich ist und so die Wunde nicht bei jeder Handbewegung klafft. Ausgerechnet an der rechten Hand fehlt dieses multifunktionale Greifwerkzeug ungemein. Gegen halb zehn starte ich die 15km nach Snåsa, ich habe gestern etwas vorgearbeitet, um heute nicht allzu spät dort im Supermarkt und im Snåsa-Hotell zwecks DNT-Schlüssel anzukommen. Ein guter Teil des Weges passiert auf den Pisten, die zwischen den Gehöften verlaufen, irgendwann endet er und es geht durch den Wald. Am Wegesrand finde ich wilde Erdbeeren und vernasche einige davon, ich hatte fast vergessen, wie lecker die sind. Inzwischen sehe ich wieder den See Snåsavatnet, er ist immerhin der sechstgrößte in Norwegen. Die hinter ihm liegende Bergkette ist die letzte hohe vor dem Meer, das Luftlinie nur 70km entfernt ist. Der Weg für mich bis zur Küste ist aber noch gut 200km, es wird sich lange durch diese zerklüftete Küstenlandschaft ziehen, da heißt es ständig um die Fjorde herumlaufen. Fjorde allerdings nicht in der typisch bekannten Art wie zum Beispiel der Geiranger, über tausend Meter Berg oben raus und dazu hunderte Meter tiefes Wasser, die Gegend der Vikna-Inseln hat lediglich Erhebungen bis 100m. Entsprechend wird es ab jetzt deutlich weniger Auf und Ab beim Laufen geben. Die Strecke da raus ist außerdem ganz gut mit Supermärkten gespickt, also für mich wieder eine „bequemere“ Umgebung gegenüber den letzten Wochen im Fjäll.
    Gegen eins komme ich in den Hauptteil des Ortes, überquere die Bahnschienen und steuere auf die steinerne Kirche zu, die ich schon aus einiger Entfernung gesehen habe. Sie ist aber wegen Dachschaden sowohl außenrum als auch innen gesperrt, so dass ich nur eine Pause am Friedhof mache und dabei sehe, dass gleich nebenan ein Altenheim und daran angrenzend Snåsa Legekontor (Arztpraxis) ist. Die Anordnung der Baulichkeiten hier ist doch sicher kein Zufall, oder? Diese Praxis ist wie ein kleines Ärztehaus mit Rettungswache, alles kombiniert. Ich trage an der Rezeption mein Begehren vor und Frau Doktor möchte mich direkt sprechen, noch bevor ich im Wartezimmer das Gestühl zersitze. Benedicte empfängt mit mir heute ihren ersten internationalen Patienten der Saison und bei einer so jungen hübschen Ärztin wäre es geradezu fahrlässig, die Hand nicht untersuchen zu lassen. Am Ende werde ich von drei Damen gleichzeitig bedient, da ich mir auf diesem Wege auch noch eine Tetanus-Spritze einfange. Danke euch allen für diese superschnelle und freundliche Behandlung. Ich bin gut in der Zeit und gehe von hier aus den Kilometer bis zum Supermarkt, um für wirklich teuer Geld für wenige Tage einzukaufen. Dann sind es nur noch 3km zum Hotel, etwas außerhalb des Ortes in der Nähe vom See. Da ich den letzten sonntäglichen Ruhetag zwecks Futtermangel ja schon vertagt hatte, will ich danach einen Campingplatz gute 5km abseits der eigentlichen Route am See aufsuchen.
    Die Damen im Hotel an der Rezeption sind erst mal ziemlich überrascht, da sie schon lange hier arbeiten, aber von dem DNT-Schlüssel noch nie gehört haben. Ein Kollege bekommt Wind davon und so sind sie zu dritt schwer am Rotieren, um mir irgendwie zu helfen. Audun und eine Kollegin telefonieren rum nach irgendwelchen Möglichkeiten, Hanna sucht nach allem im Haus, was irgendwie nach Schlüssel aussieht. Nebenbei erfahre ich, dass sie hier auch einen kleinen Campingplatz betreiben und ich für einen wirklich günstigen Preis hierbleiben und sogar meine Klamotten mitwaschen lassen kann. Da ich der einzige Camper bin, kann ich in einem großen überdachten Gebäude bleiben und muss mir keine Gedanken ums Wetter machen. Als ich eine halbe Stunde später nach Dusch-Coins frage, steht Hanna ganz glücklich da, sie hat irgendwo den Schlüssel zu meinem Glück gefunden. Zu Abend esse ich heute lecker norwegische Hausmannskost hier im Restaurant und beende dankbar für all die lieben Leute den Tag.
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  • 25. Juni - Ruhetag

    25 juni 2024, Norge ⋅ ☀️ 20 °C

    Heute ist der ersehnte Ruhetag nach acht schwammigen Tagen in den Bergen. Es ist schon am Morgen herrliches Wetter, blauer Himmel und Sonnenschein, das sich über den ganzen Tag hält. So kann ich die typischen Sachen erledigen, den Schuhen einen neuen Anstrich geben, mich ein wenig um die Hand kümmern und vor allem die frischen Sachen vernaschen, die ich nicht weiter tragen will. Ansonsten einfach nur ausruhen und genießen. Dabei widme ich mich wie so oft ein wenig der Musik. Am Nachmittag gehe ich noch für eine halbe Stunde die paar hundert Meter an den See und nicht allzu spät verkrieche ich mich ins Festivalcamp. Es startet übrigens tatsächlich jetzt am Wochenende ein recht großes Festival, es scheint hier eine Art Volksfest zu sein und ab dann ist auch dieser Campingplatz voll belegt.Läs mer

  • Die alte Bahnbrücke.Diese Werte sind irgendwie.... naja 🫤Meine guten Nudeln... 😳

    26. Juni

    26 juni 2024, Norge ⋅ ☀️ 16 °C

    Die Entscheidung, unter diesem Dach zu bleiben, war genau richtig, denn heute morgen seit um fünf regnet es immer mal wieder, so dass ich mit lachendem Gesicht einpacke. Und nachdem ich die letzten Coins für die Dusche durchgebracht habe, ziehe ich recht spät gegen halb elf bei leichtem Niesel los, der sich aber recht schnell gibt und so bin ich trockenen Fußes unterwegs. Ich weiß, dass ich heute bis auf die ersten und die letzten 5km den gesamten Tag an der E6 entlang laufen werde. Das ist der Highway, der sich in Norwegen bis wenige Kilometer vors Nordkap hochzieht. Und obwohl hier recht viel Verkehr ist, es reihen sich Wohnmobile an Motorräder und LKWs, kann ich hier recht gut laufen, zumal auch der Sommerweg nicht sehr schräg und ausreichend breit ist. Passieren tut hier natürlich nicht so wahnsinnig viel, alle sechs bis sieben Kilometer ist ein Rastplatz, den ich dann auch für meine Pausen nutze, ansonsten gibt es eine ganze Reihe sehr freundlicher Auto- und LKW-Fahrer, die grüßen und vor allem, sofern es keinen Gegenverkehr gibt, komplett auf die andere Fahrbahnseite wechseln. Das tut üblicherweise nicht weh, kostet kein Geld und schließt alle Eventualitäten aus.
    Das Wetter hat sich zu strahlend blauem Himmel entwickelt und so rieseln die Kilometer nur so unter meinen Füßen durch. Bis zum Abend werde ich mich auf eine Höhe von 40m ü.M. runtergeleiert haben. Ich singe mir nebenbei lautstark eins, verstehe aber bei der Lautstärke oft selbst nicht, was ich da eigentlich rausbringe.
    Gegen fünf verlasse ich die Straße und folge einem Forstweg, der in einiger Entfernung dazu verläuft und gleichzeitig ganz in der Nähe des Flusses Sandøla. Da ich recht schnell unterwegs war, würde ich den Ort Grong heute noch erreichen, was gar nicht geplant ist. In der Karte ist gute 2 km vor dem Ort ein Wasserfall als Sehenswürdigkeit eingezeichnet, in dessen Nähe ich mich am Abend breit machen will. Und so frage ich am vermutlich letzten Haus auf dem Weg dahin nach Trinkwasser und gehe über eine große Hängebrücke in Richtung Wasserfall und der alten oben darüber führenden Bahnbrücke. Das ist doch was für Vaters Sohn! Ich habe mitten auf der stillgelegten Bahnbrücke schon den Rucksack abgesetzt und will das Zelt auspacken, bin aber unsicher, ob es wirklich eine so gute Idee ist. Platzmäßig gibt es das gerade so her, aber was immer mir bis morgen früh aus der Hand fällt, wird unwiederbringlich im Fluss unter mir versenkt sein. Und so entscheide ich mich stattdessen im Vagabunden-Stil unter die Brücke auf die großen Felsen zu ziehen.
    Es ist tierisch laut, der lauteste Schlafplatz, an dem ich bisher übernachtet habe, aber einer muss es ja machen. Als ich mich ans Essen mache, passiert genau das, was ich oben noch befürchtet hatte: die Hälfte dieser klitzekleinen Nudeln fällt aus der Tüte statt in den Topf direkt daneben auf den großen Stein, ich sammle sie artig in Aschenbrösel-Manier wieder ein. Oben von der Brücke aus hätte ich ihnen nur mit einem weinenden Auge hinterher winken können und den Rest der Nacht berechnet, wie lange sie wohl noch brauchen, bis sie al dente sind.
    Nach 2 Stunden nehme ich das laute Getöse schon gar nicht mehr so heftig wahr und ich glaube, ich werde trotz dieses Geräuschpegels eine gute und helle Nacht haben, weil das Wetter so gut ist, dass ich die Außenhülle des Zeltes mal gleich weggelassen habe.
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  • 27. Juni

    27 juni 2024, Norge ⋅ ⛅ 26 °C

    Was für eine rauschende Nacht, in der ich zumindest die ersten Stunden ganz gut schlafen konnte. Ab um zwei bin ich immer mal wieder wach und um fünf beginnt es schlagartig zu regnen. So muss ich halbdösig und doch hastig zusehen, dass das Zelt-Cover drüber kommt, bevor alles richtig nass ist. Es ist aber wieder mal nur eine Art Beschäftigungstherapie, denn nach einer halben Stunde ist alles wieder gut und das Zelt hat bis zum Frühstück Zeit zu trocknen. Um zehn bin ich abmarschbereit und obwohl ich dachte, es ist schon alles tierisch laut hier, mehr geht nicht, krachen auf einmal sehr tief zwei Jagdflieger über mich hinweg, so dass ich mich ziemlich erschrecke und das als Ansage nehme: „Junge, nu‘ geh endlich los!“
    Erst mal geht es nach Grong, recht idyllisch gelegen, auf einer Seite von hohen Bergen begrenzt, auf der anderen Seite ein weiter Blick. Es ist tatsächlich eine kleine Stadt, wie ich sie schon länger nicht hatte. Im Baumarkt am Weg frage ich nach Gas, sie verweisen mich auf einen Intersport-Laden kurze Zeit später, den ich in einem richtigen Einkaufszentrum finde. Zufällig ist das Gas gerade im Angebot, so dass ich nicht diese Koma-Preise abledern muss. Und die Supermärkte sind die Tage so dicht beieinander, dass ich schon heute abend den nächsten hab und im Moment also nichts kaufe.
    Aus dem Ort raus geht es erst mal wieder auf die E6, heute allerdings nur gute 10km. Es ist aber etwas anders von der ganzen Ansicht her, sie verläuft hier entlang recht steiler Berge, die teils bis 600m steil aufragen, während ich fast auf Meereshöhe bin. Entsprechend ist es kurvig und manchmal geht der Fels bis zu einem Meter dicht an den weißen Randstreifen heran, so dass ich mich spute, diese schmalen Stellen zu passieren. Gegen zwölf komme ich an ein Viadukt, das die Bahnstrecke über das Tal und den Fluss Namsen führt. Ich mache hier eine Pause in der Hoffnung, mal einen Frachtzug passieren zu sehen, da ich gestern einige mit Containern beladene auf der Strecke habe fahren sehen. Außer einer kleinen Baulok passiert allerdings nichts und so ziehe ich gegen eins bei ziemlich heißem Wetter weiter.
    So warm wie heute ist es lange nicht gewesen und ich schwitze wie das böse Tier. Deshalb muss ich auch entlang der Straße an einem ganz einzelnen Haus mal kurz vorsprechen, um meine Thermoskanne noch mal mit Wasser aufzufüllen. Um drei verlasse ich endlich die Fernstraße, es geht jetzt Richtung Nordwesten durch ein paar Berge entlang einer kleineren und ruhigeren Straße. Gegen sechs komme ich an einem See entlang, an dem mein Pensum für heute erreicht wäre und ich Wasser holen will. Kann mich aber weder mit dem See und einem Platz, noch mit der Brühe daraus anfreunden. In drei bis vier Kilometern komme ich schon nach Høylandet, dem nächsten Ort mit Supermarkt. Vielleicht laufe ich noch bis dahin. Vorher kommt aber noch ein kleiner Rastplatz an der Straße, ich sehe hier Fahrzeuge stehen und frage den ersten Wohnmobillisten nach Wasser. Leider ist es kaum ein Becher voll, den er abgeben kann und so setze ich mich auf eine Bank, trinke den Schluck und frage danach eine Bank weiter bei einem deutschen Paar mit Naumburger Kennzeichen. Es sind Petra und Frank, sie sind seit Mai unterwegs, waren schon am Nordkap und haben als Rentner einfach Zeit und Muße. So entwickelt sich daraus ein kompletter Heimatabend, an dem sie mir neben ihrer eisernen 5Liter-Wasserreserve noch diverse andere Schmankerl überlassen. Es ist doch so schön, wenn ich Wörter wie DDR und Harzer Käse hier in Norwegen weder übersetzen noch erklären muss. Dabei wird es am Ende Mitternacht und ich parke mein Innenzelt auf dem frisch gemähten Rasen dieser Anlage. Vielen Dank Euch beiden für den schönen Abend.
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  • 28. Juni

    28 juni 2024, Norge ⋅ ⛅ 18 °C

    Was war das für eine warme Nacht! Erst weit nach Mitternacht hat es sich etwas abgekühlt. Am Morgen frühstücke ich mit Petra und Frank zusammen und packe danach meine Sachen ein. Nachdem wir uns verabschiedet haben, nehme ich noch ein Bad im Bach gleich hinter dem Rastplatz und ziehe dann recht spät gegen halb elf los. Es ist blauer Himmel mit einigen Schleierwolken und nicht mehr so heiß wie gestern, allerdings ziemlich drückend. Erst mal steuere ich im drei Kilometer entfernten Høylandet den Supermarkt an, um ein paar frische Sachen dazuzulegen. Von hier aus geht es dann den ganzen Tag auf einer kleinen, wenig befahrenen Straße, die es nicht mal zu irgendwelchen Streifen geschafft hat. Aus dem Ort raus höre ich mal wieder seit einiger Zeit Kraniche und wenig später steht tatsächlich eine recht große Gruppe auf dem Feld, natürlich nur so lange, bis ich in ihre Nähe komme. Aber mal wieder schön zu betrachten und mich wundert es ein bisschen, dass ich soweit im Norden noch welche sehe. Es zieht sich durch die Täler und kleine Pässe einiger Bergketten Richtung Nordwesten. Um eins beginnt es langsam zu regnen, anfangs noch mit ein paar Pausen, ab um drei regnet es durchgehend und auch heftig und wird bis um sechs nicht aufhören. Obwohl der Morgen so angenehm und schön war, sitzt mir heute am Nachmittag irgendwas quer, ich steh mir selbst im Weg. Ich komme mit nichts klar, bin völlig unzufrieden, sei es der Regen oder die Bremsen, die mich nerven oder der Rucksack, der heute Nachmittag quietscht. Ich kann es selbst nicht genau sagen und gake hier und da laut durch die Landschaft, weil ich von wirklich allem total genervt bin. Ich kann mich nirgends hinsetzen, bin total durchgeschwitzt….. Mann, Mann, Mann…hab ich meine Tage oder abgebrochene Fingernägel? Sag’s mir einer.
    Dann laufen irgendwann diese scheuen Schafe darum, als sie mich sehen, geben sie Fersengeld und laufen wie ein paar gestörte ewig vor mir auf der Straße her, ich trotte wie ein griechischer Schafhirte hinter ihnen her. Mal nach rechts oder links in die Landschaft abzubiegen wäre doch… naja, sind halt Schafe. Irgendwann fange ich an, länger mit ihnen zu sprechen und siehe da, bleiben sie tatsächlich auf der Straße stehen und gucken mich an. Ich vermute, sie hören auch zu und so kann ich auf der anderen Straßenseite unter schärfster Beobachtung an ihnen vorbeigehen. Wie ich immer wieder feststelle: Kaum macht man’s richtig, schon funktioniert’s.
    Die Straße führt seit einiger Zeit schon an einem Fluss entlang, rechts und links ragen die Berge hoch auf. Gegen halb sechs habe ich mein Tagespensum voll und schiele umher, wo ich denn das Zelt hinsetzen könnte, aber da ist nur hohes nasses Gras oder unpässliches Gelände. So laufe ich noch anderthalb Stunden weiter, bis ich an einen Aussichtspunkt komme, an dem der Wasserfall Skrøyvstadfossen zu betrachten ist. Ich habe mir geschworen, als ich das Hinweisschild auf 1km vorher gesehen habe, dort das Zelt hinzustellen, egal wie es dort aussieht, hatte nämlich heute schon 32km unter den Sohlen. Und naja, es ist ein kleiner Parkplatz an der Straße, auf dem ich mich auch platziere. Die paar wenigen Autos, die hier vorbeifahren, tun mir nicht weh. An die Rückseite einer großen Hinweistafel schnalle ich meine Wäscheleine und hänge alle nassen Sachen in die inzwischen wieder scheinende Sonne. Dann gehe ich los, um den Wasserfall zu beäugen, hole Wasser und verkrieche mich erst mal schleunigst im Zelt, da die Knots hier scheinbar die Landgrafen sind. Zum heiligen Freitag gibt es heute Abend Fischsuppe, natürlich mit Nudeln. Vielleicht aber auch, weil ich einfach Bock drauf habe.
    Und wie hieß es früher im Märchen? Rugge di guh, Blut ist im Schuh. Ich habe nachgesehen, die Ferse ist noch dran, aber irgendwas hat meinen rechten kleinen Zehnagel in Mitleidenschaft gezogen, ohne dass ich irgendwas davon mitbekommen hab. Ich werde das jetzt mal genauer untersuchen, wird ja draußen nicht dunkel, so kann ich die ganze Nacht operieren…
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  • Frühstückspause von zwölf bis eins.Am Abend am Oppløyfjorden.Home Sweet Home

    29. Juni

    29 juni 2024, Norge ⋅ ☁️ 10 °C

    Auf dem kleinen Parkplatz gab es gestern spät am Abend nur noch ein Auto, das kurz gehalten hat, ansonsten war die Nacht absolut ruhig. Als ich am Morgen raussehe, ist alles neblig und es fängt kurz darauf an zu regnen und zu winden. Und so wird es mir, noch bevor ich zum Frühstücken ansetze, ganz schnell zum Verhängnis, dass ich die Heringe gestern abend in diesen Untergrund nur maximal zur Hälfte reinbekommen habe. Ist halt ein Parkplatz und ich wollte hier ja schließlich nicht überwintern, hatte diese Umstände gedanklich ausdrücklich in den Bach gekippt. In Kürze sind von der Windseite her beide Heringe raus und das Zeltcover flattert mir nass über den Rucksack und innen rein. Da ist erst mal Alarm vom Allerfeinsten, irgendwie muss ich das Wasser fernhalten und auch verhindern, dass das Zelt sich weiter aufbäumt. Das alles blöderweise immer nur mit einer Hand, die andere bändigt das wilde Außenzelt. Trotzdem bekomme ich an die zwei Stellen am Zelt, wo die Heringe waren, einen Wanderstock fixiert und mit dem zweiten kann ich diesen dann quasi aus der Ferne untenhalten. Ohne Frage ist das alles mehr schlecht als recht und es braucht um‘s Verrecken immer eine Hand. Wie dem auch sei, schaffe ich es in dieser Manier, alles einzupacken, das Innenzelt abzubauen und bereite soweit vor, dass nur noch die Außenhülle steht. Hierfür gibt es keinen Plan, es dauert auch recht lange und alle möglichen Sachen sind am Ende nass oder auch dreckig, der Flattermann hat ja schön um sich geworfen. Um elf habe ich fertig und ziehe los, will erst mal weg von diesem Platz und das Frühstück später an einer geeigneten Stelle nachholen. Nach 200m fällt mir ein, ich habe die Wäscheleine von gestern Abend vergessen, also einmal Retoure und die noch holen. Die Straße zieht sich jetzt runter ins Tal, dabei geht es durch einen Tunnel, der durch den Fels getrieben ist. Ich muss noch mal absetzen und die Stirnlampe rausholen, da er doch einige 100m lang ist und völlig unbeleuchtet. Insgesamt zieht es sich jetzt ähnlich wie gestern an dieser Straße entlang unten im Tal an einen See und gegen zwölf, als ich endlich Frühstück machen will, finde ich doch tatsächlich direkt am Straßenrand einen großen Felsüberhang, unter dem ich mich eine Stunde lang geschützt aufhalten und die Sachen noch mal ein bisschen sortieren kann. Mein Ziel heute ist Salsbruket, ein kleiner Ort mit Supermarkt, an dem ich, wenn möglich, auch den morgigen Ruhetag zubringen will. Er liegt übrigens als erster Ort an einem Fjordende, ab dort ist das Wasser also salzig. Ganz nebenbei schüttet es seit dem Morgen von oben herunter, alles was weg muss. Sitzgelegenheiten gibt es nicht wirklich, ich glaube das war gestern auch mit der Grund, warum ich so genervt war. Heute ist das mit Nichtsitzenkönnen zwar das selbe, aber meine Laune ist wieder auf Vorkriegsniveau und ich singe wieder im Regen. Das ist mir selbst das Zeichen, dass alles in guter Butter ist.
    Gegen drei komme ich an einem Ort vorbei, etwas abseits der Straße, es sind vielleicht drei Häuser und an einem davon frage ich, ob ich mich draußen in der Garage, wo das Boot untergestellt ist, mal für eine halbe Stunde trocken hinsetzen kann. Freundlich ohne Wenn und Aber habe ich diesen Platz sicher. Nach knapp 2 Stunden Laufen bin ich dann wieder soweit, würde mich gern etwas ruhen und finde ein Stück abseits der Straße eine alte, teils verfallene, aber von oben her dichte Anglerhütte, perfekt. Norwegen und sein Regen… es ist wohl tatsächlich so, je dichter ich ans Meer komme, desto mehr Regen ist auch.
    Als ich wieder unterwegs bin, hält eins der wenigen Autos mal an und ein Norweger fragt mich, ob er mich denn mitnehmen könnte. Dankenderweise lehne ich wie immer ab, aber frage nach einer möglichen trockenen Unterkunft, also alles außer einem Zimmer. Er würde mich einladen, bekommt aber seine Tochter heute zu Besuch und empfiehlt mir im Ort an dem großen gelben Haus zu fragen, das würde ich schon finden. Gegen halb sieben komme ich nach Salsbruket und da steh‘ ich nun am Oppløyfjorden an der Stelle, wo das süße Wasser des Oppløyelva die längste Zeit lieblich war. Es ist hier natürlich noch kein offenes Meer, aber salziges Wasser hat es allemal. Und weil ich Hütten und Shelter so sehr mag, gibt es hier direkt eine schöne Grillhütte, die ich erst mal inspiziere, auch wegen Ruhetag. Gehe aber trotzdem noch mal die 100 Meter rum zum gelben Haus und treffe hier im Kafe Elgen auf die Tschechin Zuzana, die hier mit ihrem Mann eine Pension, hauptsächlich für Angler betreibt. Leider ist alles ausgebucht zur Zeit, aber sie lädt mich auf einen Kaffee ein und gibt mir noch ein paar Sachen mit, so dass ich den Ruhetag morgen recht komfortabel zubringen kann. Vielen Dank für deine Unterstützung. Ich breite mich in meiner neuen Unterkunft komplett aus, hänge all die nassen und klammen Sachen auf, damit ich alles mal wieder auf einen guten Stand bringen kann.
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  • Der Fluss im Rohr zur Turbine. Dahinter meine Unterkunft.
    EbbeFlut an der selben Stelle.

    30. Juni - Ruhetag

    30 juni 2024, Norge ⋅ ☁️ 12 °C

    Ruhig und friedlich habe ich mal am Meer und mal am Fluss geschlafen. Je nach Stand der Tide ist das, was hier vor der Anglerhütte vorbeiläuft, mal Flusswasser, das über die Steine springt, ein paar Stunden später ist der Fjord anderthalb Meter höher, so dass ich gut darin baden könnte. Speziell zur Flutzeit springen ständig auch recht große Fische, das ist schon interessant, auch wenn ich kein Angler bin. Sie springen teilweise einen halben Meter weit aus dem Wasser, ständig ist es irgendwo laut am Klatschen. Am Vormittag besucht mich Zuzana noch mal kurz, sie hat mit deutschen Bekannten hier im Ort gesprochen, bei denen soll ich morgen, wenn ich dort entlangkomme, unbedingt mal vorsprechen. Na gerne doch. Da für den Nachmittag Regen angemeldet ist, mache ich einen kleinen Rundgang, betrachte mir die Fluss-Staumauer und die kleine Kraftwerksanlage und gehe auch noch mal um die Fisch-Aufzuchtanlage herum, die hier direkt am Fjord ist. Sie nutzen die Kombination aus Süß- und Salzwasser und ziehen hier Lachse bis zu einer bestimmten Größe auf. Gegen zwölf bekomme ich Besuch vom Inspektor der örtlichen Fischaufsicht, er macht seinen Rundgang, kontrolliert die Fiskekort und wir erzählen uns den einen oder anderen Schwank. Die Karte kann ich natürlich nicht vorzeigen, aber er erkennt auch ohne Verrenkungen, dass ich im besten Falle des Fishermen’s Friend bin und erzählt mir, dass die hier für 24 Stunden 500 NOK (ca. 50€) kostet. Wow, dann muss Petri aber Heil und Sieg und fette Beute bringen. Allerdings muss man dazu wissen, kostenpflichtig ist es nur an Binnengewässern. Am Meer, ergo auch an den Fjorden benötigt man keine Karten, Scheine oder sonst irgendwas. Ich wohne hier genau an der Grenze, kenne mich ja aus mit Zonenrandgebiet.
    Zum Mittag koch‘ ich mir am Fjord, na da kommt man doch von selbst drauf: Tschechische Hühnersuppe, immer schön regional essen. Der Regen lässt freundlicherweise noch bis um sieben am Abend auf sich warten. Gegen acht kommt der Inspektor noch mal vorbei, er will selbst etwas angeln und wir unterhalten uns noch ein wenig. Ich habe alles parat, um morgen von hier weiterzuziehen.
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