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- Jul 22, 2023, 12:00 PM
- ☁️ 26 °C
- Altitude: 24 m
- ItalyFriuli Venezia GiuliaTriesteRoiano45°39’54” N 13°46’8” E
Woche 2 (Part 1 von 2)
July 22, 2023 in Italy ⋅ ☁️ 26 °C
Es ist mal wieder was passiert:
Gerade ist Dienstag und ich sitze in Kroatien. Woche 2 ging Samstag zu Ende und ich hatte schon einen Bericht geschrieben, diesen aber nicht mehr gefunden. Jetzt habe ich nochmal einen geschrieben und kurz vor Ende den anderen wiedergefunden. Da ich aber lieber Fahrradfahren möchte, als diese beiden zusammenzubasteln und weil ihr sehnsüchtig darauf wartet, lade ich hier einfach beide einzeln hoch und ihr könnt dann entscheiden, welcher euch mehr anspricht, beide haben ihre Vorzüge und es sind gar nicht mal so viele inhaltliche Dopplungen. Bei dem einen Bericht ist das Ende dann nicht allzu ausschweifend, weil ich da eben den anderen wiedergefunden habe und somit das Weiterschreiben hinfällig ist.
Hier der erste Bericht:
Die 2. Woche ist geschafft. Die Route von Innsbruck bis nach Triest könnt ihr auf der Karte hier nachverfolgen. Damit sind auch ein Drittel der Tour und die ersten 1000km geschafft. Vier Wochen und 2000km erwarten mich noch. Vielleicht waren es die schönsten 1000km meines bisherigen und meines noch kommenden Lebens. Aber vielleicht waren es auch die langweiligsten 1000km diesen Abenteuers. Mein Körper steckt alles erstaunlich gut weg und ich bin immer noch guter Dinge den Olymp rechtzeitig zu erreichen.
In dieser Woche wurde ich jeden Tag auf verschiedenste Arten gefordert, aber die Infrastruktur hat mir dabei immer ein gutes Gefühl gegeben und die Umgebung bot jedes Mal ausgiebige Belohnungen. In schwierigen Momenten musste ich einfach nur meinen Blick weg von der Straße auf die Alpen richten und schon konnte ich den Moment wieder genießen. Es ging mit dem Rad viel bergauf und genauso viel bergab. Ebenso war es mit den Situationen, in denen ich mich wiederfand. Wenn alles gut lief, wusste ich es dauert nicht lange, bis wieder irgendwas dazwischen kommt. Andersrum war es aber in schwierigen Augenblicken auch eine beruhigende Gewissheit, zu wissen, dass es nicht lange dauert, bis wieder etwas Gutes passiert. All das war mir vorher bewusst und so kann ich für mich ganz gut mit den Situationen umgehen und kann insgesamt positiv bleiben. Ich blicke auf die Tage in den Alpen als Luxusherausforderungen zurück. Es hatte alles was ich brauchte, ich musste lediglich für mich klar darin sein, mich die Anstiege hochzukämpfen, vor allem weil ich bei meinem Gepäck nicht wirklich auf das Gewicht geachtet hatte. Ich liege noch gut in der Zeit, aber auch nur, weil bislang noch nichts Gravierendes schief gegangen ist. Aber es gibt jeden Tag viele kleine Probleme, die mich ausbremsen. Mal ist es einfach das Wetter, was wohl wirklich außergewöhnlich zur Zeit ist, was man an sehr vielen umgeknickten Bäumen auf den Wegen sieht. Mal ist es die Technik, weil mein Handy fünf Sachen gleichzeitig leisten muss und sich die Suche nach Strom manchmal zieht, was man ja aus dem Alltag 0 gewohnt ist. Manchmal ist es das Zelt, was morgens erstmal eine Stunde trocknen muss, bevor ich aufbrechen kann. Manchmal ist es die Tatsache, dass ich am Schlafplatz nur ca. 3 Liter Wasser habe und ich damit kochen, spülen, mich waschen, Zähne putzen und natürlich auch trinken muss. Meine Katzendusche nimmt dabei schon ca. 1,5 Liter ein. Das Spülen kann mit vielleicht 200ml kaltem Wasser sehr mühsam sein. So gibt es jeden Tag viele Kleinigkeiten die in Summe dafür sorgen, dass ich auch wenn ich den ganzen Tag frei habe, nicht allzu viel auf dem Fahrrad sitze. Aber umso mehr weiß man andere Kleinigkeiten zu schätzen und erfährt in was für einem "Luxus" wir leben, auch wenn es einfache Dinge sind. Da könnte ich unzählige Beispiele nennen, die mir den ganzen Tag über begegnen. In der letzten Nacht in Slowenien hatte ich bei einem Weingut gezeltet und konnte mir dort einen Tisch und einen Stuhl mit ans Zelt stellen - es hat sich wirklich wie Luxus angefühlt. In der Situation tat das gut, aber um ehrlich zu sein, war mir das fast schon zu viel. Denn es geht ja bei der Reise um das Ursprüngliche. Aber für den Moment konnte ich mich mit den Vorzügen anfreunden. Vor allem dass ich nach den Unwettern die Tage davor meine nassen Sachen mal vernünftig irgendwo drüber hängen konnte (wofür das Fahrrad aber natürlich auch schon nicht komplett verkehrt ist).
Und jetzt kommt wieder das große Aber. Ich will die Reise ja nutzen, um darauf aufmerksam zu machen, dass viele Menschen noch viel extremer mit all diesen vermeintlichen Kleinigkeiten zu kämpfen haben und sie noch weniger Chancen haben an Strom zu kommen, um mit ihren weit entfernten Vertrauten in Kontakt zu bleiben. Ihnen wird auch kein Stuhl oder Tisch angeboten. Obwohl sie keine schlechteren Menschen sind, als ich es bin.
Deshalb können wir alle mit ebenso Kleinigkeiten dafür sorgen, dass die Welt etwas gerechter wird, denn wir sind ein Teil von dieser Ungerechtigkeit. Besonders eingeprägt hat sich bei mir in dieser Woche ein Abend an der Drau. Dort zog abends noch ein Unwetter auf, dass ich vor einem geschlossenen Supermarkt abwartete, bevor ich dann erst gegen 21 Uhr auf Schlafplatzsuche ging und es schon dunkel wurde. Bei zwei, drei potentiellen Stelle hatte ich kein gutes Gefühl und so hatte ich für die Nacht keine guten Aussichten. Schließlich fuhr ich zurück zu einem Vereinsheim an einem Fußballplatz, wo kurz nach meiner Ankunft das nächste Gewitter eintraf. Doch ich war dort sicher unter einem Dach mit genügend Platz. Aber dieses Gefühl, um 22 Uhr noch nicht zu wissen wo und wie man die Nacht verbringt, wünsche ich niemanden. Für mich war es relativ glimpflich, weil ich das gerne als Herausforderung außerhalb meiner Komfortzone sehe, aber so geht es nicht allen, die mit einer solchen Schlafplatzsuche zu tun haben.
Ich bin jetzt in Triest angekommen und hier werde ich das erste Mal auf der Reise mit der Fluchtthematik in Kontakt kommen, was dann auf der weiteren Reise noch häufiger vorkommen wird. Deshalb werden neben all den tollen Erlebnissen unterwegs auch ein paar ernstere Töne eingestreut werden und von mir immer wieder der moralische Zeigefinger gehoben. Das wird sicher auf keine perfekte Art passieren, wer weiß, ob es die überhaupt gibt. Ich bin in der Hinsicht auch nicht perfekt, wer weiß, ob man das überhaupt sein kann. Aber ich versuche zumindest mit der richtigen Intention darauf aufmerksam zu machen. Was man dann daraus macht, ist jeder Person selbst überlassen.Read more