Italy
Stadio Druso

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Travelers at this place
    • Day 5

      Bozen

      March 28, 2023 in Italy ⋅ ☀️ 12 °C

      Die heutige Fahrradtour führte uns entlang der Etsch bei strahlendem Sonnenschein nach Bozen.
      Am Ufer der Eisak trafen wir einen Herren der es sich zur Aufgabe gemacht hat die Stadt, speziell das Eisakufer sauber zu halten.
      Und wenn wir schon in Bozen sind darf für uns ein Besuch in der Osteria „ Dai Carrettai“ nicht fehlen.
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    • Day 4

      Ende gut, alles gut.

      August 28, 2021 in Italy ⋅ ⛅ 13 °C

      Um kurz vor vier schreckte ich hoch. Der Grund: irgendein blödsinniger Traum… An Schlaf war nun nicht mehr zu denken, ich war hellwach. Knappe fünf Stunden schienen meinem Körper zur Regeneration vollkommen zu reichen. Ich wollte meinen Tag zwar planmäßig früh beginnen aber so früh nun auch wieder nicht. Zum Glück war es kuschelig, warm und gemütlich in meinem Schlafsack-Kokon. Ich entschied mich deshalb fürs Liegenbleiben und füllte meine Zeit mit dem Schreiben an meinem Tagebuch, der Wecker würde eh bald klingeln.

      Offiziell begann mein Tag um fünf Uhr. Der Gipfel war lediglich einen Fußmarsch von 20 Minuten entfernt und die Dämmerung sollte um sechs Uhr einsetzen, weshalb ich um 5.40 Uhr aufbrach. Aber nicht ohne mich vorher dick eingepackt zu haben. Es hatte um die null Grad und ich kann nicht behaupten, dass ich kleidungstechnisch darauf vorbereitet war. Ich zog alles an was ich noch an sauberen Klamotten besaß: ein Top, ein Thermo-T-Shirt, ein Fleece, noch ein Fleece, eine lange Sporttight und darüber eine kurze Hose (in der Hoffnung, dass diese meinen Hintern vor dem Wind und damit vor dem Erfrieren bewahrt), dicke Socken, ein Stirnband darüber eine Mütze und über alles zog ich noch meine Wind- und Regenjacke – ich war die Königin des Zwiebellooks. Mein kugeliges Aussehen rundete ich mit einer Headlamp, meinen beiden Stecken sowie meinen Fingerlosen Handschuhen ab. Für Letztere schämte ich mich ehrlicherweise seit Anfang meiner Reise. Ohne sie war ein Benutzen meiner Stecken ohne Blasenbildung in den Handinnenflächen aber schlichtweg undenkbar – ein Hoch auf empfindlichen Bürohände – gerade war ich aber einfach nur dankbar überhaupt eine Art Handschuh dabei zu haben. „Ich bin hier nicht auf einer Modenschau!“ rief ich meine Eitelkeit zur Ordnung und stapfte im Lichtkegel meiner Headlamp gen Gipfel. Niemand war zu sehen, niemand war zu hören. Sollte ich tatsächlich die Einzige sein, die sich heute auf den Weg macht, um den Sonnenaufgang zu sehen?

      Nach meiner Ankunft am Gipfel aß ich als erstes, wie ich es seit meiner ersten Wanderung zu tun pflege, eine Tomate. Meine geliebte Gipfeltomate. Zugegeben es war nur eine getrocknete, aber ich wollte mit meiner kleinen Tradition nicht brechen, sodass ich um kurz nach sechs, im Dämmerlicht die leckerste getrocknete Tomate der Welt verzehrte. Das Hochgefühl des Genusses hielt leider nur kurz an, denn war es hier oben arschkalt. Im wahrsten Sinne des Wortes! Meine winddichte Jacke hielt was sie versprach, aber diese Tatsache war für meine restlichen Körperregionen, insbesondere abwärts der Hüfte, wenig zufriedenstellend. Ich suchte mir zwischen Gipfelkreuz und Geröll einen einigermaßen windgeschützten Platz und starrte Richtung Osten in den einsetzenden Sonnenaufgang. Gegen viertel nach sechs gesellten sich noch weitere Frühaufsteher zu mir. Die Ruhe endete und es entstand ein reges Treiben. Vor allem als die Frau eines älteren Pärchens kurzfristig mit ihrem Handschuh an einem Pfeiler festfror. Ich sag ja: ARSCHKALT!

      Es zeigte sich schnell, dass wir nicht viel vom Sonnenaufgang haben werden, denn dort wo sich die Sonne über den Horizont erheben würde, hatten bereits Wolkenmassen ihren Platz eingenommen. Das war nicht zwingend was ich erwartet hatte. Ich war darauf eingestellt, dass eventuell Wolken die Sicht versperren könnten, nichtsdestotrotz wurde der Anblick von Minute zu Minute frustrierender. Denn nicht nur das optische Schauspiel sollte mir verwehrt bleiben, sondern auch die Wärme, die ich so bitter nötig hatte. Ich lenkte mich damit ab die anderen zu beobachten. Zwei machten unaufhörlich Selfies, bei denen ich mich fragte, was man am Ende darauf erkennen sollte, denn außer ein bisschen Dämmerlicht war ja nichts zu sehen. Aber gut, ein Selfie mit einer Geschichte ist immerhin ein Gesprächsaufhänger. Die nächsten, die kamen brachten ebenfalls ihre Kamera mit und bei dem Montageversuch auf dem Felsen unterm Gipfelkreuz, dachte ich kurzfristig, dass die Besitzerin gleich nen Abgang macht – kein schöner Anblick! Sonst passierte nicht viel. Dann drehte der Wind. Halleluja! Jetzt wars mir eindeutig zu frisch. Ich wollte eigentlich noch aushalten, damit ich wenigstens behaupten konnte ich hätte den Sonnenaufgang auf dem Gipfel beobachtet aber am Ende hatte davon wieder nur mein Ego was. Also entschied ich mich umzudrehen und zu gehen. Das war die beste Entscheidung! Warum habe ich das nicht schon früher gemacht? Im Westen erstrahlten alle Wolken in den schönsten Lilatönen. Die Sonne sorgte zwar nicht für das erwartete Spektakel aber dennoch für ein beeindruckendes Lichtspiel im Zusammenhang mit den Wolkenmassen. Ich war begeistert. Das mir kalt war hatte ich prompt vergessen. Wie ein aufgeregtes Kind hüpfte ich hinter meiner Nische hervor und schaute mir das Farbenspiel genau an. Die in den Osten starrenden Wanderkollegen entschieden sich nach und nach für den Abstieg, sodass ich schlussendlich um viertel vor sieben wieder komplett allein am Gipfel war – schön! Nun lies auch ich es mir nicht nehmen ein paar Fotos zu machen. Saugte den Moment nochmal bestmöglich in mir auf und machte mich dann auch an den Abstieg.

      Um kurz nach sieben saß ich am Frühstückstisch. Ich war richtig stolz auf meinen heutigen Early-Bird-Lifestyle durfte aber feststellen, dass das hier oben am Berg nichts Besonderes ist. Meine Sitznachbarn von gestern Abend waren bereits beim zweiten Teller ihres Frühstücks angelangt. „Was stimmt nicht mit denen?“ Fragte mich mein Unterbewusstsein als ich registrierte, dass ich schon wieder spät dran zu sein schien. Ganz komisch. Aber gut, es war ja zum Glück kein Wettbewerb und so genoss ich den Luxus bereits warmen Kaffee am Tisch zu haben und ihn nicht erst noch bestellen zu müssen.

      In unserem Essenssaal war die Heizung defekt. Wir witzelten am Tisch darüber, dass damit der Einzige unterschied zu Draußen sei, dass es in unserem Saal windstill ist. Verrückt, vor ein paar Minuten dachte ich der Wind sei mein größtes Problem, hier drinnen sah das schon wieder ganz anders aus. Gut, ich war auch deutlich dünner bekleidet. Aber beim Frühstück frieren ist auch nicht wirklich das Gelbe vom Ei. Die Unterhaltung mit meinen Tischkollegen (von denen ich nie erfuhr, wie sie heißen) entschädigte dies jedoch recht schnell. Sehr interessiert wurde ich dazu befragt, ob ich meine Pläne von gestern Abend umgesetzt habe und den Sonnenaufgang am Gipfel beobachten konnte. Ich berichtete von meinen Erlebnissen. Im Gegenzug wurde ich über die Sage vom Zwerg Laurin und dem Rosengarten (in dem wir uns befanden) aufgeklärt:

      Es begab sich zu einer Zeit, da verliebte sich der Zwergenkönig Laurin in die wunderschöne Similde. Diese Schönheit war bereits einem anderen versprochen, weshalb der Zwergenkönig sich gezwungen sah sie zu entführen. Simildes Zukünftiger zog los, um sie zu retten. Laurin, der in einem Kampf unterlegen gewesen wäre schnallte sich seinen Zaubergürtel um, der ihm die Kraft von sieben Männern gab und setze zusätzlich seine Tarnkappe auf. Er bedachte jedoch nicht, dass man ihn zwar nicht sehen könne seine Bewegungen, durch die sich neigenden Rosen im Rosengarten aber durchaus sichtbar werden. Deshalb verlor er den Kampf. Erzürnt darüber belegte er den Rosengarten mit einem Fluch: Weder bei Tag noch bei Nacht sollte ihn jemals ein Menschenauge erblicken. Dabei vergaß er die Dämmerung und so kommt es, dass der verzauberte Garten auch heute noch seine blühenden Rosen für kurze Zeit erstrahlen lässt. Das Rotglühen der Felsen zur Dämmerung ist heute als Enrosadira (Alpenglühen) bekannt.

      Eine schöne Geschichte wie ich fand. Sie gab meinen Sonnenunter- und aufgangserlebnissen nochmal einen gewissen magischen Touch. Beseelt durch diese Erzählung und ein leckeres Frühstück verabschiedete ich mich von meinen Wegbegleitern und ging zurück, um meinen Rucksack zu packen. Einer der Männer kommentierte meinen Gang mit „Na ganz rund läufst du aber auch noch nicht.“ Womit er recht hatte. Aber es waren lediglich Anlaufschwierigkeiten, es sollte sich herausstellen, dass ein bisschen Voltaren für den Tag reichen sollte. Ob das nun an der heilenden Wirkung der Quelle lag, von dessen Wasser ich gestern noch 1,5 Liter in meiner Trinkblase hatte, an der Blackroll Behandlung oder an etwas anderem war mir am Ende egal. Es zählte, dass ich meine Reise noch entspannt und fast schmerzfrei zu Ende bringen konnte.

      Als ich wieder zurück in meinem Zimmer war überfiel mich die Müdigkeit. Mit Blick auf die Uhr und mit dem Wissen über die heute zeitliche, überschaubare Etappe gönnte ich mir noch einen kurzen Nap bevor es dann um 9 Uhr los ging. Es war die letzte Etappe meiner Tour. Wahnsinn, wie kann etwas auf das ich mich so lange gefreut habe so schnell vorbei gehen? Aber langsam. Noch ist es nicht vorbei. Ich habe schließlich noch ein paar Höhenmeter vor mir. Wer hoch hinaus wandert muss am Ende auch wieder runter – so ist das eben. Anscheinend war ich diesmal die Einzige mit diesem Plan. Alle anderen wollten hoch. Ich hatte wohl das Memo nicht bekommen. Gabs auf der Hütte, die ich soeben verlassen hatte, heute etwas umsonst? Mir kamen bestimmt 100 Wanderer entgegen und eine Frau meinte im Vorbeigehen sogar sehr überrascht an mich gewandt „Schon wieder auf dem Weg nach unten?“. Scheinbar wird ein paar Höhenmeter tiefer die Early-Bird-Mentalität wieder relativiert und ich war wieder ganz vorne dabei – hehe.

      Während ich immer wieder anhielt, um eine Personengruppe an mir vorbeizulassen stellte ich fest, dass ich Gerüche intensiver wahrnahm als von mir gewohnt. Ein junges Mädel kaute Hubba Bubba Kaugummi und bevor ich sie sah, wusste ich es. Ich konnte mich sogar genau daran erinnern, wie das Gleiche künstlich, pinke Zeug von der Rolle früher stundenlang kaute. Ich war schon immer sehr geruchsempfindlich aber was ich auf meinem Weg runter wahrnahm überraschte auch mich. Ich befand, dass ich diese künstlichen Düfte nicht vermisst hatte.

      Bei meinem nächsten Stopp kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Schleppte doch tatsächlich ein Verrückter sein Bike hier hoch. Der Schweiß lief ihm in Strömen von seinem Körper und was er da oben mit dem Ding wollte ist mir bis jetzt schleierhaft. Aber Respekt, wenn er den Drahtesel bis ganz nach oben gebracht hat, mir wäre das ohne den Ballast schon anstrengen genug. Ich war froh, dass ich bergab und nicht bergauf ging. Auch wenn meine Knie sich nach über einer Stunde des stetigen Absteigens dieser Meinung nicht ganz anschließen wollten, war ich mir einer Sache sehr sicher: Hier hoch? Das wäre ein sehr nerviger Weg geworden. Also schaute ich in angestrengte Gesichter gab von Zeit zu Zeit Auskunft wie weit es noch nach oben ist und freute mich den entspanntesten Part von uns allen zu haben.

      Im Tal angekommen war es Mittag und ich hatte großen Hunger. Ich erlaubte mir demzufolge eine Pause und machte es mir mit Blick auf die Berge auf einer grünen Wiese zwischen ein paar Kühen gemütlich. Ich aß die Reste meines Proviants und einen (frischen!!!) Apfel, den ich seit Tag eins mit mir rumtrug. Mhh lecker!

      Frisch gestärkt machte ich mich an das letzte Stück Richtung Ski-Gebiet. Noch weniger Lust als auf den Kulturschock, der mich erwarten würde, hatte ich auf die langen und sehr zähen fünf Kilometer, die noch vor mir lagen. Es war ein asphaltierter Weg, der sich einfach nicht schön ging. Aber die Aussicht war ein Traum – die Beschaffenheit des Weges wurde schnell zur Nebensache. Bis zu dem Punkt als ich wieder Bergauf laufen sollte und dann auch noch so ein bescheuertes Stück. Ich guckte den Weg an und wartete darauf, dass meine Euphorie für Höhenmeter zu mir aufschloss, während ich einen Schluck trank. Schräg hinter mir beendete gerade eine vierköpfige Familie ihre Pause und machte sich bereit zum Weiterwandern. Der kleine Sohn schien wenig begeistert von diesen Plänen. Er hatte schließlich auch schon den Weg erspäht. Auf einmal hörte ich ihn sagen „Maaaaaaamaaaaa darf ich bitte ein Motivations-Gummibärchen? Nur eins! Biiiiitteee?“ Ich begann unweigerlich zu Grinsen. Jetzt wollte ich auch ein Motivations-Gummibärchen. Aber Mama war hart und verwehrte ihrem Sohn diesen Wunsch. Er versuchte es noch ein paar Mal mit „Wirklich nur eins... Bitte.“ Aber der Erfolg blieb aus. Dann musste es jetzt wohl ohne gehen. Ich nahm mir vor mit gutem Beispiel voranzugehen und zeigte dem Kleinen, dass es kein Motivation-Gummibärchen braucht, um dieses blöde Stück Weg zu absolvieren. Ich sollte recht behalten. Aber mit dem Bärchen wäre es halt schon schöner gewesen. Beim nächsten Mal. Gedanklich bereits auf die Packliste gesetzt.

      Kaum hatte ich mich am Ende des steilen Hügels wieder gesammelt sah ich auch schon mein heutiges Ziel: Die Panorama Seilbahn. Ganz winzig klein konnte ich sie in der Ferne erspähen. Die kleinen Gondeln waren aus meiner perspektive gerade mal so groß wie Kirschen und bewegten sich unaufhaltsam im Kreis. Eine Seite fuhr hoch, die andere runter. Es dauerte nicht mehr lang und ich fand mich mitten im Ski gebiet wieder. Es war sehr touristisch und voller Menschen – nach drei Tagen Ruhe ein Kulturschock, wie angenommen. Bei meiner Ankunft an der Seilbahnstation fiel ich wortlos auf eine Bank. Ich fühlte nichts. Keine besondere Euphorie es geschafft zu haben oder Trauer, dass es nun vorbei ist. Einfach nichts. Ich saß da starrte auf die Berge und musste erstmal klarkommen. Nachdem ich mich ein wenig gesammelt hatte, genoss ich noch einmal die Aussicht von hier oben und begab mich dann zum Ticketschalter. Mein Wanderrucksack und ich hatten eine Gondel komplett für uns allein und so konnte ich auf der 15-minütigen Fahrt nach unten bestaunen wie viele Höhenmeter wir die letzten Tage absolviert hatten. Es war ein großartiger Abschluss meiner Tour.

      Unten angekommen hatte ich – natürlich – mal wieder meine Differenzen mit einem Busfahrer. Von der Station fuhren Busse in jedwede Richtungen und somit auch zum Ort meiner Pension. Ich suchte mir die Station mit dem richtigen Bus aus und stieg vorne beim Busfahrer ein. Ich lächelte freundlich, nannte ihm meine Destination und wartete auf eine Reaktion seinerseits. Er starrte mich nur an. Okay, ich dachte er versteht mich nicht und begann mich erneut mit Händen und Füßen zu verständigen. Grummelig dreinschauend kommentierte er mein Gehampel (das gar nicht notwendig gewesen wäre) auf Deutsch mit „Ja und?“ Wow! Wie kann man so unfreundlich sein?! Ich setzte also erneut an und erklärte ihm, dass ich gerne ein Ticket bei ihm erwerben möchte. Er hatte alles was er dazu benötigte direkt vor meiner Nase. Die Antwort war jedoch „Nein, hier kann man kein Ticket im Bus kaufen. Das ist ein Shuttlebus.“ Natürlich! Liegt ja auf der Hand. Okay. Höflich bleiben Viktoria, du willst was von ihm nicht umgekehrt. Ich atmete tief durch und fragte ihn, wo ich stattdessen eins erwerben kann. Er erzählte mir, dass es dafür draußen einen Automaten gäbe. Mit Blick auf die Uhr fügte er hinzu: „Du hast noch 5 Minuten, viel Glück.“ Hatte ich das vermisst… nicht! Den Automaten fand ich zum Glück recht schnell und so saß ich innerhalb meiner Frist in dem Bus und war kurze Zeit später wieder in meiner Pension.

      Es war 14.30 Uhr und ich konnte sogar verfrüht einchecken, der halbe Tag lag noch vor mir und die Sonne strahlte. Alles schien perfekt. Doch dann Platze meine Seifenblase. Mein Aufprall in der Realität war hart und äußerst unsanft. Bereits heute früh in den Berg bekam ich eine Mail von FlixBus, die mich darauf hinwies die Einreisebedingungen meines Landes zu beachten. Die drei G-regel galt wieder und meine Impfung lag noch nicht lange genug zurück. Ergo: Ich brauchte einen Test. Ich schob den Gedanken am Berg erstmal zur Seite, denn ändern konnte ich es gerade eh nicht, hier oben gab es keine Teststationen. Erst im Skigebiet begann ich mich wieder mit der Thematik auseinanderzusetzen. Erschreckenderweise konnte mir hier auch keiner so wirklich sagen, wo ich sich testen lassen konnte. Ich ärgerte mich kurz über mich selbst, denn darum hätte ich mich früher kümmern müssen – hatte es schlicht und ergreifend nicht auf dem Schirm. Mein Fehler. Kopfschüttelnd belächelte ich mich selbst: Die ganze Zeit mache mir Gedanken wie ich nach Italien reinkomme, aber wie ich am Ende wieder rauskomme, bleibt in meiner Planung unbeachtet. Es ist wie es ist, es musste eine Lösung her.

      In meiner Pension erklärte mir der Inhaber, dass er leider seit einem Monat nicht mehr dazu befugt sei Tests auszustellen. Ich fragte ihn also nach einer Alternative woraufhin er sehr still wurde. Ohje. Die Argumentation, dass schließlich Wochenende sei, half mir da auch wenig weiter. Es MUSSTE einfach eine Möglichkeit geben. Ich begann zu googlen, zu telefonieren und nach eine Stunde des Hin- und Hers fand ich eine Apotheke in Bozen, die des Rätsels Lösung sein konnte. Eine Einzige – es musste funktionieren! Ich zog mich fix um, tauschte die lang ersehnte Dusche gegen eine Deo-Wolke ein und machte mich auf den Weg zur Bushaltestelle. Unterwegs rief ich meine Mutter an. Wie schnell man wieder zum Kind wird, wenn nichts läuft, wie es soll. Ich war so unwahrscheinlich sauer, weil dieser ganze Mist mir mein entspanntes Ankommen zerstört hatte. Ich wollte, dass mich jemand in den Arm nimmt und dass das bitte gerade alles nicht wahr ist. Aber so ist das Leben nicht. Meine arme Mama. Die bekam meinen Unmut einmal volle Breitseite ab. Danke, dass du mir zugehört und nicht wieder aufgelegt hat, ich hätte mich selbst ungern am Telefon gehabt. Ich wusste, dass mir keiner helfen konnte und ich bereits auf einem guten Weg war mir selbst zu helfen, aber jetzt war der Moment gekommen, an dem ich nicht mehr allein sein wollte. Meine Mutter redete mir also gut zu aber so wirklich runter kam ich nicht. Ich weinte vor Wut. Wie kann man solche Regeln aufstellen und es dann fast unmöglich machen sich testen zu lassen? Ich hatte mir meinen Nachmittag ganz anders vorgestellt. Ich wollte meine Wanderung in Ruhe bei einem Drink in der Sonne Revue passieren lassen meine Erinnerungen aufschrieben und meinen letzten Tag genießen. Was tat ich stattdessen? Wie eine bekloppte, weinend zur Bushaltestelle hetzen, damit mir Morgen die Einreise in mein Geburtsland nicht untersagt wird. Wow.

      Zu allem Überfluss stellte ich, kurz bevor der Bus kam, fest, dass die Pensionsinhaberin beim Check-in meinen Perso einbehalten hatte, damit mich ihr Mann später in Ruhe anmelden konnte. Ohne ein Ausweisdokument zum Test? Das kann ich wohl knicken. Also schaute ich, ob ich es mit dem nächsten Bus auch noch pünktlich zur Apotheke schaffen würde und nahm meine Beine in die Hand.

      Unterwegs telefonierte ich noch mit meiner Schwester und meinem besten Freund und schaffte es nach und nach mich zu beruhigen. Insbesondere die trockene und pragmatische Art meiner Schwester erdete mich. Um kurz nach fünf war ich an besagter Apotheke angekommen und von meiner Ruhe war nicht mehr viel übrig. Die Tür zierte ein großes Schild mit roten Buchstaben: „Wir testen nur vorher angemeldete Personen.“ Lass das bitte nicht wahr sein! In Ermangelung an Alternativen ging ich in die Apotheke und wollte, wie ein erwachsener Mensch ganz sachlich meine Situation schildern und fragen, ob die Möglichkeit besteht hinsichtlich eines Tests ohne Anmeldung eine Ausnahme zu machen.

      Das war mein Plan. Die Realität sah so aus, dass ich in die Apotheke ging, den Apotheker noch fragte, ob er deutsch sprach und daraufhin komplett in Tränen ausbrach. Das war einfach zu viel. Während ich mich 1000-mal für meinen Gefühlsausbruch entschuldigte versuchte ich ihm unter Tränen zu erklären, dass ich einen Test für die Ausreise brauche, da ich andernfalls nicht wisse, wie ich morgen nach Hause kommen solle. Er blickte mich etwas verdattert an. Verständlich. Heulende deutsche Kundinnen hat er wohl nicht oft im Laden (Besser ist’s.) Über seine Antwort musste ich dann aber schon wieder etwas Schmunzeln „So gut spreche ich nun auch wieder kein Deutsch. Aber ich habe verstanden, dass Sie einen Test brauchen. Den können wir gerne machen. Kein Problem.“ Oh mein Gott, ich konnte es kaum fassen! Ich war überglücklich, bedankte mich, füllte das Formular aus und ging direkt weiter zum Testen.

      Das Verfahren der Ergebnisübermittlung war im Sinne des Datenschutzes sehr sicher. Aber dadurch auch sehr fehleranfällig: Das Ergebnis sollte ich in einem verschlüsselten PDF per Mail erhalten, das dazugehörige Passwort per SMS. Da kann einiges schief gehen. Ich bin kein Schwarzmaler, aber ich habe oft genug in meinem beruflichen Alltag Akkreditierungen durchgeführt und irgendwann ist man für solche Prozesse sensibilisiert. Eine weitere Berufskrankheit.

      Um 20 nach fünf stand dich wieder vor der Apotheke aber die erhoffte Erleichterung blieb aus. Um 18 Uhr machte sie zu und am Montag erst wieder auf. Das bedeutete, wenn ich mein Ergebnis bis Feierabend nicht habe, war der ganze Stress umsonst. Ich dachte an meinen ehemaligen Mitbewohner Janis, der mir meine (zugegebenermaßen manchmal wirklich, auch für mich selbst, sehr anstrengende) Oberkorrektheit versuchte abzugewöhnen. „Mach dich mal locker, Vicky!“ War immer sein Spruch. Doch so sehr ich es auch versuchte, ich konnte mich nicht locker machen. Es gab einfach zu viele Wenns und Abers die mich davon abhielten mich „locker“ zu machen.

      Es nervte mich, dass ich nicht aus meiner Haut konnte. Eigentlich wollte ich schon fahren, entschied mich aber dagegen. Es war mir zwar unangenehm 40 Minuten vor einer Apotheke herumzulungern aber besser das als Morgen nicht nach Hause zu kommen. Meine Entscheidung bekräftigte sich beim Blick über die Straße. Ich sah direkt auf eine Pizzeria und wie der Zufall es wollte öffnete diese punkt 18 Uhr. Meine geplante Belohnung nach dem Stress sollte ohnehin eine Pizza sein. Es schien sich nun doch noch alles zu fügen.

      Um fünf vor sechs hatte ich immer noch keine Nachricht erhalten – weder per Mail noch per SMS. Also bin ich nochmal rein - man gut! Der Mitarbeiter, dem ich vor einer knappen Stunde unter Tränen meine Leidensgeschichte erzählte, empfing mich mit einem freundlichen Lächeln. Ich erklärte ihm (diesmal sachlich und erwachsen), dass ich immer noch nichts erhalten hatte. Er nahm sich dem Fall sehr verständnisvoll an und stellte dabei fest, dass sich in meine Mailadresse ein Schreibfehler eingeschlichen hatte. Warum ich keine SMS bekam, konnte er sich auch nicht erklären, die Nummer war korrekt. Während ich ihn noch fragte, was ich tun könne, wenn nun doch nichts ankommt, streckte er mir bereits drei Ausgedruckte entgegen: „Das ist dein negatives Ergebnis auf Deutsch, Englisch und Italienisch. Damit solltest du ausreisen können.“ Mit diesen Dokumenten in meiner Hand setzte endlich das Gefühl der Erleichterung ein. Ich hatte es geschafft. Endlich. Meine Eintrittskarte nach Hause. Spoiler: Am Ende wollte niemand mein Ergebnis sehen, weder der Busfahrer noch wurden wir auf dem Rückweg von der Polizei kontrolliert. Aber ich wette, wenn ich nichts gehabt hätte, wäre es so gewesen. Murphys Law.

      Nach der ganzen Aufregung genehmigte ich mir wie geplant meine Pizza und ein sehr leckeres italienisches Craft Beer in der Pizzeria nebenan. Endlich verspürte ich die Ruhe über deren Ausbleiben ich vorhin noch so wütend war. Ich hatte es geschafft. Hier war ich im Ziel. Ein Gefühl von Zufriedenheit machte sich in meiner Brust breit - vielleicht war es auch nur die Wärme der Pizza. Im Anschluss an mein Dinner war mir nach Bewegung, schließlich hatte ich mich heute noch nicht ausreichend bewegt 😉 Es war ein Spaziergang von ca. 40 Minuten zurück zur Innenstadt, wo mein Bus zur Pension abfuhr. Klar hätte ich auch einen Bus dorthin nehmen können, aber ich hatte genug Zeit und die Strecke und das Wetter luden ein, noch ein paar Schritte auf den Tacho zu bringen. Ich hatte eine wunderschöne Sicht auf die Berge, welche sich genau mittig über der Straße, auf der ich spazierte, ausrichteten. Die langsam untergehende Sonne tat ihr Übriges für ein atemberaubendes Ambiente. Ich schlenderte musikhörend die Straße herunter und war endlich angekommen. Angekommen bei mir selbst.

      Erkenntnis des Tages: Pizza ist immer eine gute Idee!
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    You might also know this place by the following names:

    Stadio Druso

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