Moldova
Codru

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Travelers at this place
    • Das unabhängigste Land der Welt

      August 24, 2019 in Moldova ⋅ ⛅ 30 °C

      ‚Moldova is the most independent country of the world. Nothing depends on Moldova‘ (kleiner Scherz unseres Stadtführers).

      Ich habe mein Rad bei Constantin im Dorf Rosu geparkt und bin mit dem Bus, so einer typischen Kleinbus-Marschrutka, nach Chisinau (sprich ‚Kischinau’) gereist. Das ärmste Land Europas… die Hauptstadt wirkt dennoch auf den ersten Blick wie eine riesige Shopping Mall. Die Geldautomaten spucken neben Lei oft auch Euro und Dollar aus, haufenweise Wechselstuben - wer Geld übrig hat, tauscht es lieber und legt es sich in Euro unters Kopfkissen, als es in Landeswährung auf dem Konto zu lassen. Laut der nächsten Statistik ist die Republik Moldau zudem das Land mit der drittniedrigsten Touristenquote weltweit, direkt nach Bangladesh und Guinea. Grosse Sehenswürdigkeiten gibt es tatsächlich nicht zu entdecken... Moldawien produziert Wein und Getreide, die Landschaft ist unspektakulär, die Farben sind irgendwie gedämpft, als würde man durch eine Sonnenbrille schauen, die alles ein bisschen beiger macht.

      Busfahren ist natürlich ein Abenteuer für sich. Man wartet an der Strasse an der Stelle, die halt jeder kennt, bis der Bus kommt - Fahrplan hängt gar nicht erst irgendwo aus - und dann Daumen raus. Wichtig ist, wenn der Bus hält, den Betrieb nicht aufzuhalten - also schnell die Tür aufstemmen, dem Fahrer das Ziel zurufen, die Schiebetür mit genügend Schwung wieder zuknallen und - so vorhanden - auf einem freien Sitzplatz niederlassen. Das Geld wird zum Fahrer durchgereicht, das Wechselgeld wandert den Weg von Hand zu Hand zurück, wenn’s sein muss quer durch den ganzen Bus.

      Auf der Fahrt gab‘s ne Rauch- und Pipipause, und ich war zum ersten mal auf einer öffentlichen Toilette bar jeder Privatsphäre... zwei Stehklos nebeneinander ohne Kabinen drumrum, und auch nach draussen gab es keine zu schliessende Tür. Männlein und Weiblein immerhin getrennt... also kollektiv pieseln mit den moldauischen Kopftuchomas. Nach zwei Stunden Rumpelstrasse dennoch erleichternd, etwas Frühstückskaffee wieder loszuwerden.

      Ein Abstecher nach Transnistrien, in die abtrünnige Republik im Osten des Landes, scheint das aufregendste zu sein, was man so unternehmen kann. Hier liege noch ein Hauch des real existierenden Sozialismus in der Luft, so steht‘s zu lesen - der real praktizierte Tourismus gestaltete sich jedoch eher unspektakulär. Nach freundlicher Grenzabfertigung in fließendem Englisch hatte ich meine Aufenthaltsgenehmigung für einen Tag, Zeit genug, um in der Hauptstadt Tiraspol einmal die Paradestrasse voller Banken, Shops und Kaffeeläden abzulaufen und ein bisschen Sowjetarchitektur und das Konterfei des Genossen Lenin zu fotografieren. Eine eigene Währung gibt‘s, die ausserhalb Transnistriens nicht mehr wert ist als Monopoly-Geld, und auf der Rückseite des Fünfers prangt - wohl aus Denkmalmangel - die bekannteste Schnapsfabrik des Landes.

      Ich habe es irgendwie nicht zu einer Meinung geschafft, was den Transnistrien-Konflikt betrifft. Es ist alles kompliziert, Menschen wurden Jahrhundertelang hin- und hergeschoben, um- und angesiedelt, vertrieben, getötet, es wurde eingenommen, abgetreten, Kriege wurden geführt, Grenzen gezogen, Strukturen zerfielen, neue wurden verhandelt, und dazwischen schlagen halt Herzen für irgendeine Heimat.

      Ein Fazit dann wenigstens zu Moldawien als Reiseziel: Es gibt definitiv sehr wenig andere Touristen. Dass es nichts zu sehen gibt muss man halt mögen. Nur für Connaisseure ;-)
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    You might also know this place by the following names:

    Codru, Кодру, Q642008

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