Norway
Holtålen

Discover travel destinations of travelers writing a travel journal on FindPenguins.
Travelers at this place
    • Day 15

      Malmvegen - UNESCO Kulurerbe

      August 13, 2022 in Norway ⋅ ☁️ 14 °C

      Anscheinend gaben es hier mehrere Minen und seit 1646 eine Firma die die Rechte zum Abbau hatte. Das Denkmal symbolisiert den Transport der Erze. Wenn man am Flussbett auf den Steinen geht, hört es sich an als wenn man über Metallreste spaziert.Read more

    • Day 45

      Røros - Klinkenveien

      July 14, 2023 in Norway ⋅ ☁️ 11 °C

      Während ich am Vorabend das letzte Fiege vorm Nordkap trinke, klingelt das Telefon. Flo ruft an. Das kann eigentlich nur einen Grund haben. Und so ist es auch. Seit gestern Abend hat die Höhenbergstraße 64 eine neue Mitbewohnerin. Die kleine Marta ist gestern zur Welt gekommen. Was für eine tolle Nachricht und wie gut, dass ich gerade ein besonderes Getränk zur Hand habe. Die letzten Schlucke trinke ich auf Flo, Julia und Marta.

      Es dauert nicht so lange bis ich einschlafe. Mein neues Zimmer ist ruhig gelegen. In der Nacht werde ich nur zweimal kurz wach, schaffe es aber sofort, wieder einzuschlafen. Das hab ich richtig gebraucht. Nach der Dusche geht es runter zum Frühstück. Heute gibt es frisch gemachte Pancakes mit Ahornsirup, dazu frische Blaubeeren und Himbeeren. Auch sonst ernähre ich mich heute Morgen hauptsächlich von kleinen Croissants und Marmelade und Marzipancroissants. Und plötzlich höre ich wieder das Lied von gestern. Silver Lining von First Aid Kit. Das Lied kenne ich bereits seit einigen Jahren aus einem wunderschönen Gleitschirmvideo (Weightless von Jean-Baptiste Chandilier). Ich glaube jeder Gleitschirmflieger kennt diesen Song und natürlich das Video. Ich mag einfach den Refrain so sehr. „Won’t take the easy road.“ Das Lied hat mich damals zum Beginn meiner Selbstständigkeit, wo ich sehr oft mit Zweifeln gekämpft habe, immer wieder bestärkt. Die vermeintliche „Easy Road“ war damals meine Festanstellung in wechselnden Unternehmen. Aber dass ich selbstbewusster wurde, mich glücklich und frei gefühlt habe, fing erst an, als ich meinen eigenen, sicherlich nicht immer einfachen Weg gegangen bin. Ich glaube das ist auch das, was Niklas vor einigen Tagen in seiner Sprachnachricht als unpopuläre Entscheidungen tituliert hat. Und auch diese Reise hier durch Norwegen ist sicher alles andere als eine „Easy Road“. Im Berufsleben hat mich der einfache Weg der Festanstellung unglücklich gemacht. Hier auf meiner Reise hat die Easy Road meinen linken Fuß kaputt gemacht.

      Während das Lied läuft, google ich den Songtext. Teile davon kenne ich, aber so ganz bewusst hab ich ihn noch nie für mich übersetzt. Auch die Bedeutung von Silver Lining war mir bis heute fremd. Es geht wohl darum, dass mit etwas Schlechtem auch immer etwas Gutes verbunden ist. „Something good comes with the bad, a song's never just sad, there′s hope, there's a silver lining.“ Ich kann wieder gar nicht genau sagen, was los ist. Aber der Songtext berührt mich sehr und ich bekomme feuchte Augen. Der Blick aus dem Fenster ist ziemlich trist. Alles ist grau und verregnet. Trotzdem freue ich mich total, dass ich heute endlich weitergehe. So schön der Luxus eines Hotels und die vielen Möglichkeiten zum Einkaufen sind, sie tragen nicht dazu bei, sich frei zu fühlen. Dieses Gefühl, mit allem, was man bei sich trägt, mitten in der Natur und unabhängig zu sein, zumindest für ein paar Tage, vermisse ich jetzt schon wieder.

      Auch eine andere Zeile des Liedes beschäftigt mich: „These shackles I′ve made in an attempt to be free“ (Die Fesseln, die ich mir angelegt habe, bei dem Versuch, frei zu sein). Das erinnert mich wieder an den Anfang der Reise, wie ich mit großen Erwartungen an meinen Film gestartet bin. Ich bin nicht sicher, was das Lied genau aussagen möchte. Vielleicht mag ich es einfach deswegen, weil ich einige Zeilen daraus für mich uminterpretieren kann. Auf jeden Fall glaube ich, dass wir alle mit mehr Fesseln durch die Gegend laufen als uns bewusst ist. Die Fesseln, die uns ständig sagen, dass etwas nicht geht, weil…, oder dass wir etwas nicht machen können, weil…. Am Ende ist die Fessel oft nur in unserem eigenen Kopf. Dass mich das Lied so berührt, liegt in diesem Moment ziemlich sicher daran, dass mir wieder einmal bewusst wird, dass ich einige dieser Fesseln los geworden bin. Mit dem Start in meine Selbstständigkeit, aber auch mit dem Entschluss, diese Reise zu machen. Auch wenn ich dazu sagen muss, dass ich die Fesseln oft nicht allein gelöst habe, sondern ein einfaches „mach das doch, das bekommen wir schon irgendwie hin“ von Nicole oft vieles in Bewegung gesetzt hat. Es ist doch eigentlich verrückt, dass wir die Dinge, die wir tun wollen, so oft vor uns her schieben und dafür dauerhaft etwas tun, was wir eigentlich nicht wollen. Meist motiviert durch unser Bedürfnis nach Sicherheit. Sicherheit, getarnt als „Easy Road“.

      Dann belege ich mir noch zwei Semmeln großzügig mit Schinken und Käse. Also richtig großzügig! Gemeinsam mit einem hart gekochten Ei wandern diese, eingerollt in eine Serviette, in meine Hosentasche. Das wird mein heutiges Mittagessen. Zurück im Zimmer brauche ich nicht lange bis alles gepackt ist. Mit dem neuen Rucksack muss ich allerdings etwas überlegter packen, da der Platz nun doch begrenzt ist. Dafür ist dann aber alles kompakter und fest verstaut. Mein aktuelles Gepäck hätte ich in meinen alten Rucksack einfach hinein werfen können und er wäre nur zu zwei Drittel voll gewesen.

      Um kurz vor neun verlasse ich das Hotel. Es regnet immer noch leicht, warum ich im Hotel gleich die komplette Regenmontur angezogen habe. Am Anfang muss ich durch die vielen kleinen Straßen und kleinen Pfade zwischen den Häusern navigieren, bis ich auf meinem Hauptweg bin. Hier geht es weiterhin bei leichtem Regen eine Schotterstraße entlang, die ich nach einigen Kilometern über einen Pfad verlasse. Dieser ist dicht bewachsen und scheinbar nicht so oft begangen. Nach einiger Zeit stelle ich fest, dass ich meine eigentliche Route versehentlich verlassen habe. Aber die Dichte an Pfaden ist so hoch, dass ich mir spontan einen anderen Weg suche und an einer privaten Hütte wieder herauskomme. Von hier aus geht es erneut über die Schotterstraße, um dann wieder in einen Pfad abzubiegen. Diesmal ist dieser teilweise gar nicht mehr sichtbar aber dank App finde ich den Weg immer wieder.

      Heute bin ich mit meinen Laufschuhen unterwegs. Am Anfang hat der linke Fuß noch gemeckert. Mittlerweile läuft es sich aber ganz gut. Nur auf dem Asphalt und auf harten Schotterstraßen merke ich doch, dass nicht alles rund ist. Nach einigen Kilometern auf dem zugewachsenen und nassen Pfad fühlen sich meine Füße doch etwas nass an. Ich glaube, meine Erwartungen an Gore-Tex sind einfach zu hoch. Erst vor ein paar Jahren bin ich auf der katholischen Kirche ausgetreten und jetzt verliere ich den Glauben an Gore-Tex. Wo soll das noch hinführen?! Das Schöne an meinen Laufschuhen ist aber, dass sie nach einigen Kilometern auf der Straße auch innen wieder getrocknet sind. Scheinbar sind sie doch atmungsaktiv und haben nur mal versehentlich etwas Wasser geschluckt.

      Dann erreiche ich Glåmos. Ich sehe, dass es hier einen Supermarkt gibt. Hier könnte ich Mittagspause machen und mir noch irgendwas leckeres kaufen. Aber ich habe in den letzten Tagen genug leckeres Zeug gekauft und entschließe mich, den kleinen Umweg zum Supermarkt nicht zu machen. Es geht noch einmal von der Straße weg über einen Feldweg, dann bin ich wieder zurück auf der Straße. Um 13:00 Uhr mache ich eine Pause am Straßenrand. Kein schöner Ort aber ich habe Hunger. Ich esse die belegten Semmeln und das gekochte Ei und mache mich nach 20 Minuten wieder auf den Weg. Noch sechs Kilometer und ich habe mein Tagesziel erreicht. Ich bin mir aber jetzt schon sicher, dass ich noch weitergehen werde. Die Straße führt entlang an einem See und immer wieder an Häusern vorbei. Hier wird es schwer werden, ein Platz zum Zelten zu finden. Außerdem ist es noch früh und für die jetzt schon geleisteten Kilometer fühle ich mich noch ziemlich fit. Der deutlich leichtere und kompaktere Rucksack und die Laufschuhe sind echt ein Traum. Der Regen hat mittlerweile aufgehört. Wenn überhaupt waren es meist eh nur ein paar Tropfen. Jetzt wird es zunehmend heller und sogar die Sonne kommt heraus. Ich mache kurz halt, um Regenjacke und Regenhose auszuziehen, in denen es jetzt schnell warm geworden ist. Wenn ich heute wirklich weiter gehen möchte als mein Tagesziel, stehen jetzt zehn Kilometer Straße auf dem Programm. Auf der einen Seite hab ich keine Lust darauf, auf der anderen Seite bin ich froh, wenn ich die weg habe. Die ersten fünf Kilometer sind kurzweilig, weil ich mit meiner Schwester telefoniere. Auch sie macht sich morgen mit ihrem Camper auf den Weg nach Skandinavien. Nach 5 km schmerzen meine Füße und ich muss eine Pause machen. Ich setze mich auf einen abgelegten Baumstamm. Es dauert nicht lange, dann fängt es plötzlich deutlich an zu regnen. Ein paar Meter weiter ist ein kleines Wellblechdach, unter dem altes Holz gelagert ist. Hier mache ich es mir soweit es geht bequem und möchte hier warten bis der Regen vorbei ist. Stanley schreibt mir. Ich hatte ihm wenige Minuten zuvor eine Schätzung für ein Angebot für einen Film genannt. Das wäre ein spannendes Projekt, bei dem ich den Film produzieren und Stanley die Musik produzieren würde. Anstatt zurück zu schreiben, rufe ich einfach zurück. Eigentlich möchte ich mich hier nicht mit Arbeit auseinandersetzen. Aber das hier wäre ein spannendes Projekt und eine coole Zusammenarbeit. Und mit Stanley zu telefonieren fühlt sich eh nie wie Arbeit an. Wir bereden etwas das Angebot, was Stanley abgeben möchte und dann erzähle ich noch etwas von Norwegen. Dann kommt die Sonne wieder raus und ich mache mich auf den Weg. Das ist echt Aprilwetter heute.

      Kurz nach dem ich losgegangen bin, klingelt mein Handy schon wieder. Eine deutsche Handynummer, die ich nicht kenne. Es ist ein Forstwirt, dem ich von einem meiner ersten Kunden empfohlen wurde. Er benötigt kleinere Videos und Fotos, leider aber schon bis September. Ich schicke ihm dafür einen Kontakt, der ihm vielleicht weiterhelfen kann. Jetzt ist aber genug mit Arbeit. Die Pause hat meinem linken Fuß gut getan und die weiteren Kilometer laufen sich den Umständen entsprechend gut. Die Sonne scheint wieder und ich bin so unfassbar froh über meine Rucksack-Schuh-Kombination. Das ist jetzt ein ganz anderes Vorankommen. Dann ich erreiche die Stelle, wo mein Pfad von der Straße abbiegt. Ich erkenne die Stelle sofort. Bei meiner Routenplanung habe ich hier bei Google Street View geschaut, ob wirklich ein Pfad abgeht. Mittlerweile bin ich 31 km gelaufen und fühle mich nicht annähernd so müde und platt wie sonst.

      Von hier aus geht es ins Gelände. Allmählich geht es bergauf, immer entlang an einem breiten Bach. Was mich hier etwas stört, ist, dass an vielen Stellen Schaumbildung im Bach ist. Etwas Schaum würde mich nicht so sehr stören, aber diese Menge ist mir für einen Trinkwasserbach zu viel. Ich gehe weiter bergauf. Steil ist es wirklich nicht, dennoch habe ich bald die Baumgrenze erreicht. Auch das hier ist eine Art Hochebene. Aber es sieht irgendwie anders aus als in der Hardangervidda. Es ist schön, endlich wieder diese Weite vor mir zu haben. Noch gibt es viele sumpfige Abschnitte. In der Ferne sehe ich, dass die sumpfigen Abschnitte mit zunehmender Höhe weniger werden. Laut Karte soll ich auch noch einige Bäche queren. Der dritte Bach ist deutlich weniger schaumig. Hier finde ich auch eine halbwegs ebene Stelle, wo ich mein Zelt aufbaue. Über 35 km bin ich bisher gelaufen und fühle mich überraschend fit. Natürlich spielen die Erholungstage hier eine Rolle. Aber vor allem verdanke ich meine heutige Leichtigkeit den neuen Schuhen und dem leichteren Rucksack.

      Als ich das neue Zelt aufbaue, nähert sich eine dunkle Wolkenfront. Es sind noch nicht alle Heringe im Boden, als es stark anfängt zu regnen. So schnell es geht packe ich alles in den Zeltvorraum. Und dann klettere ich selbst ins Zelt. Der Einstieg ist deutlich niedriger als bei meinem letzten Zelt. Auch das Raumangebot ist deutlich weniger. Der Regen ist direkt ein guter Test. Mir fallen gleich ein paar Dinge auf, die mir in diesem Zelt nicht so gut gefallen. Zum Beispiel braucht es wirklich nicht viel Wind, dass Außen- und Innenwand sich berühren. Ob das ein Nachteil wird, wird sich zeigen. Auch das Vorzelt ist deutlich voller. Vorher hatte ich zwei Vorzelte und einen deutlich größeren Innenraum. Hier konnte ich meinen Rucksack immer gut verstauen. Jetzt liegt er im Vorraum ein wenig im Weg. Aber das alles sind Kompromisse, auf die ich mich eingestellt habe. Das hier ist mit Sicherheit nicht das Zelt, was mich dauerhaft in den nächsten Jahren auf weiteren Reisen begleiten wird. Aber für diesen Trip ist es ein guter Kompromiss. Ich weiß nicht, wie ich in einigen Tagen oder Wochen darüber reden werde, aber im Moment gehe ich lieber abends den Kompromiss mit dem Zelt ein und komme dafür tagsüber deutlich leichter voran.

      Der Regen hört schon bald wieder auf und ich hole Wasser am Bach, um zu kochen. Das Chicken Tikka Masala schmeckt mir heute überraschend gut. Dazu gibt es noch einen Kaffee. Ich habe das Gefühl, einen ganz leichten Schnupfen zu haben. Was warmes kann da nicht schaden. Jetzt bin ich gespannt, wie ich die erste Nacht im Zelt schlafe.
      Read more

    • Day 46

      Klinkenveien - Kjølihytta

      July 15, 2023 in Norway ⋅ ☁️ 12 °C

      An das neue Zelt muss ich mich erstmal gewöhnen. Ich habe hier drinnen deutlich weniger Platz. Vor allem am Kopf stört es mich, wo ich die Zeltinnenwand direkt im Gesicht habe. Trotzdem gelingt es mir ziemlich gut einzuschlafen. Um 2:00 Uhr werde ich wach und brauche sicher etwas mehr als eine Stunde bis ich wieder einschlafe. Das nächste Mal werde ich um 6:45 Uhr wach. Gar nicht mal so schlecht. Ich mache mir einen Kaffee und zum Frühstück mische ich Haferbrei und Müsli. Die Mischung hatte sich beim letzten Mal als gar nicht so verkehrt erwiesen. Draußen scheint die Sonne. Es sind viele Wolken am Himmel, aber es sieht nicht nach schlechtem Wetter aus. Gut, dass ich heute nicht im Zelt packen muss. Das wäre eine weitere Herausforderung auf diesem engen Raum. Also bringe ich alles nach draußen, baue dann das Zelt ab und packe meinen Rucksack. Heute ziehe ich wieder die Laufschuhe an. Ich möchte meine Druckstelle am rechten Fuß noch etwas schonen. Um kurz vor 8:30 Uhr mache ich mich schon auf den Weg. Ich fühle mich lange nicht so fit wie gestern Morgen. Trotzdem genieße ich den kompakten, leichteren Rucksack. Obwohl sich immer wieder Wolken vor die Sonne schieben, habe ich heute seit langem mal wieder mein Solarpanel am Rucksack angebracht. Mit dem Telefonieren gestern hatte ich mein Handy bereits einmal komplett entleert.

      Der Weg führt weiterhin allmählich bergauf. Es dauert nicht lange und ich erreiche die Klinkenberg Gruve. Hier wurde seit 1668 immer wieder Kupfererz abgebaut. So steht es bei Wikipedia. Hier oben gibt es gar keine Infos. Ein paar alte Zäune, teilweise schon selbst in die Abgründe gestürzt, vor denen sie eigentlich schützen sollen, sind das einzige hier, was Hinweis auf irgendeine Besonderheit gibt. Und natürlich die auffällig braunen Gesteinshalden, die man schon aus der Ferne erkennt. Ich bin neugierig und schaue mir das Gebiet etwas genauer an. Schnell finde ich den ersten Eingang zu einer Mine. Er ist mit Wasser vollgelaufen. Das Gestein des Eingangs wirkt extrem brüchig. Ein wirklich interessanter Ort. Ich schaue mir noch weitere Höhlen an, die alle ziemlich einsturzgefährdet aussehen. In Deutschland wäre das ganze Gebiet sicher abgesperrt. Hier setzt man auf Eigenverantwortung. Mein Glück. Ich kann die einsturzgefährdeten Höhlen also betreten. ;-) Ich gehe aber nur die ersten Meter rein. So ganz wohl ist mir hier nicht.

      Dann gehe ich weiter. Als ich einem Felsrücken folge, weil ich hier am besten gehen kann, muss ich wohl übersehen haben, dass mein Pfad viel weiter rechts verlaufen wäre. So gehe ich aber noch eine Weile geradeaus und glaube, dass die Steine die ich weiter oben sehe, Wegweiser wären. Erst als ich keinen Pfad mehr finde, schaue ich auf meine App. Tatsächlich bin ich ein ganzes Stück neben meinem Weg. Das macht aber nichts, da in dieser vegetationslosen Gegend das Querfeldeingehen nicht besonders anspruchsvoll ist. Als ich um einen Felsen herum gehe, hinter dem es gut zwei Meter runtergeht, erschrecke ich mich ziemlich. Aber ich bin nicht der einzige, der sich erschreckt. Auch das Rentierpärchen, dass dort gemütlich gegrast hat, galoppiert erschrocken davon. Nach einigen Metern bleibt es aber stehen und schaut mich an. Beide pinkeln gleichzeitig. Vermutlich etwas Angstpippi. Ich selbst kann aber an mich halten. Was für schöne Tiere. Und diesmal mit richtig großen Geweihen. Ich mache ein paar Fotos und filme kurz. Als das Rentiermännchen dann aber mit dem Kopf schüttelt, gehe ich meinen Weg weiter. Bergbauhöhlen und Rentiere - ganz schön viel Action für so einen Vormittag.

      Nach 20 Minuten bin ich wieder auf meinem Weg. Ich bin nicht wirklich einen Umweg gelaufen, sondern parallel zu meinem Weg in die richtige Richtung gelaufen. Die Gegend hier ist wunderschön. Ich frage mich, warum fast jeder die Hardangervidda kennt, ich von diesem Gebiet aber noch nie gehört habe. Auch zum Wandern ist es angenehm, dass die Berge sanft an- und absteigen. So hat man das Gefühl, in den Bergen zu sein, hat aber so gut wie gar nicht mit steilen Anstiegen zu tun.

      Von nun an geht es stetig bergab. Allerdings wird der Weg immer uneindeutiger. Als Wegmarkierung dienen kleine Steinhaufen, teilweise mit einem roten „T“ markiert. Allerdings finde ich diese nicht immer auf Anhieb. Aber selbst wenn ich sie finde, gibt es keinen eindeutigen Weg. Es geht einfach querfeldein von Wegmarkierung zu Wegmarkierung. Noch bevor ich den See unten erreiche, werden die Wolken erst dunkler und dann beginnt es zu regnen.

      Aus dem nordwestlichen Ufer des Sees fließt ein Fluss. Laut Karte soll hier eine Brücke oder eine Möglichkeit sein, diesen queren zu können. Die beste Möglichkeit hinüber zu kommen ist an der Stelle, wo der See in den Fluss übergeht. Hier sind große Steine, die meisten davon gar nicht tief unter Wasser. Genau in der Mitte aber fließt das Wasser kräftig und schnell. Ich ziehe meine Wasserschuhe an und mache mich fertig zum furten. An der Stelle, wo das Wasser so schnell fließt, bin ich hoch konzentriert. Ich platziere meine Trekking Stöcke, um mich abstützen zu können und tauche den ersten Fuß in die tiefe Stelle. Das Wasser geht mir fast bis zu den Knien und zieht mir beinahe das Bein weg. Es gilt ja nur einen Meter zu überwinden, aber der hat es in sich. Als das erste Bein gut steht, stütze ich mich auf die Trekking Stöcke und mache das gleiche mit dem zweiten Bein. Das ist wieder so eine Stelle, an der ich keinen Fehler machen möchte. Das ist sicher nicht lebensgefährlich, aber ich könnte mich verletzen und mit Sack und Pack ins Wasser fallen möchte ich auch nicht. Mit dem vierten Schritt bin ich wieder auf einem festen Stein mit knöcheltiefem Wasser. Geschafft.

      Auf der anderen Seite ziehe ich die Wasserschuhe wieder aus. Bei der Gelegenheit ziehe ich nun auch die Regenhose wieder an. Fester Sprühregen von der Seite. Da habe ich gerade gar keinen Bock drauf. Ich folge dem Pfad und passiere zunehmend mehr sumpfige Stellen. Der Regen lässt etwas nach, dafür schwirren zahlreiche Mücken um mich herum und versuchen, im Gesicht, an den Ohren und auf den Händen zu landen. Das gerade hier ist richtig anstrengend. Außerdem merke ich meinen linken Fuß wieder zunehmend mehr. Als der Regen ganz aufhört, kommt die Sonne wieder heraus. Gesicht und Hände sprühe ich mit meinem Mückenspray ein und dann mache ich wenigstens eine kurze Pause. Drei Stunden bin ich unterwegs und ich habe gerade mal 10 km geschafft. Gut, ich hab auch etwas Sightseeing in der Kupfererzgrube gemacht. Aber im Moment fühle ich mich energielos und müde. Ich muss mich richtig aufraffen, um weiter zu gehen. Nach zahlreichen Matsch- und Sumpfabschnitten erreiche ich eine kleine Siedlung von Wochenendhütten. Von hier aus führt ein Schotterweg weiter runter ins Tal zur Straße.

      Hier setze ich mich an den Straßenrand und mache noch eine Pause. Seit heute Morgen geht mir das Zeltthema nicht so ganz aus dem Kopf. Der Tausch zu etwas leichteren war wichtig. Aber ich glaube, dass ich vorschnell etwas gekauft habe, dass doch einige Nachteile hat. Und ich ärgere mich, dass es das Zelt, was ich eigentlich haben wollte, nicht gab. Tatsächlich überlege ich, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit gibt, an dieses Zelt zu kommen. Allerdings ist heute Samstag, dass ich die Zeltfirma nicht einfach anrufen kann. Ich nehme mir fest vor, diesen Gedanken noch nicht ganz loszulassen. Immerhin bin ich noch sehr lange unterwegs. Außerdem ist Nicole Meisterin im Wiederverkaufen bei eBay Kleinanzeigen. Sollte ich in Storlien etwas bekommen, oder von Storlien mit dem Zug wohin fahren, wo ich mein Wunschzelt bekomme, habe ich den großen Vorteil, dass ich auf schwedischer Seite bin. Von hier könnte ich mein aktuelles Zelt ohne Zoll nach Hause schicken.

      Ich gehe weiter und versuche, an etwas anderes zu denken. Ich weiß nicht, wie viele Stunden, wie viele Nächte ich damit verbracht habe, nach Zelten zu recherchieren. Jetzt geht dieses Thema schon wieder auf. Vielleicht aber auch zurecht. Nach wenigen hundert Metern verlasse ich die Straße links auf den Wanderweg zur Kjølihytta. Ich überlege, ob ich hier heute die Nacht verbringe. Allerdings würde ich diese schon nach 21 Kilometern erreichen. Dafür bin ich gestern aber deutlich mehr als notwendig gelaufen. Mit jedem Schritt, den ich den Berg weiter rauf gehe, wird die Aussicht schöner und mein linker Fuß beleidigter. Ich mache noch eine Pause, ziehe den linken Schuh aus und massiere etwas den Fuß. Das tut für den Moment gut, wird ihn aber auch nicht fit für weitere 10 Kilometer machen.

      Dann gehe ich weiter und entdecke die Hütte an einem See. Die Lage ist traumhaft. Ich hoffe, dass noch niemand da ist. Als ich an der Hütte ankomme, hängt das Schloss abgeschlossen vor der Tür. Zum ersten Mal hole ich meinen DNT-Schlüssel aus dem Rucksack und schließe auf. Ich habe bisher nur auf einem Video vom Wanderverband gesehen, welche Regeln es für die Nutzung einer Selbstbedienungshütte gibt. Die Hütte hat einen kleinen Vorraum, gleich links vom Eingang eine kleine Speisekammer und geradeaus geht es in den Hauptraum. Rechts geht es in den großen Raum mit Küchenzeile, großen Tischen, Bänken und Stühlen und auch zwei Betten. Dann gibt es noch zwei kleine Zimmer. Eins mit einem Doppelbett und eines mit zwei Doppelbetten. Ich sichere mir das Zweierzimmer. So ist die Chance groß, dass selbst wenn noch andere Leute kommen, ich heute Nacht meine Ruhe habe.

      Es ist irgendwie ein seltsames Gefühl. Es ist, als ob ich bei jemandem Fremden in der Wohnung bin und ich brauche meine Zeit, um hier anzukommen. Als erstes inspiziere ich die Speisekammer, um zu schauen, ob es hier etwas besseres gibt als das, was ich im Rucksack mit mir herum trage. Man kann sich hier nehmen was man will und bezahlt es wie die Übernachtung über eine App. Alles auf Vertrauensbasis. Auch sonst muss man die Hütte so verlassen, wie man sie vorgefunden hat. Durchputzen, Feuerholz nachfüllen, das in einem Extraschuppen gelagert ist und frisches Wasser vom See holen. Fließendes Wasser gibt es hier nicht. Dafür kann man einen Gasherd nutzen und sein Handy aufladen. Es gibt Strom, der über eine Zeitschaltuhr eingeschaltet wird, die man auf eine, zwei oder mehr Stunden aufziehen kann.

      Aus der Speisekammer nehme ich mir einen heißen Kakao, der mit heißem Wasser aufgegossen werden muss. Parallel dazu mache ich den Ofen an. Es ist schon ziemlich kühl in der Hütte. Als das Feuer brennt und mit ausreichend Holz für nächsten ein bis zwei Stunden versorgt ist, lege ich mich ins Bett. Hier gibt es Bettdecke und Kopfkissen. Normalerweise hat man einen dünnen Hüttenschlafsack, in dem man schläft und so die Berührung mit der Bettwäsche vermeidet. Ich lege beides auf das obere Bett und nutze meinen Schlafsack und mein aufblasbares Kopfkissen. So schlafe ich entspannt ein. Draußen ist es richtig windig und kühl. Für meine erste Hüttenübernachtung habe ich mir gute Bedingungen ausgesucht.

      Nach dem Mittagsschlaf ist immer noch niemand anderes da. Da wäre ich aber auch sicherlich von wach geworden. Mit Waschlappen und Handtuch gehe ich runter zum See. Der kalte Wind bläst und es kostet mich viel Überwindung. Dann wasche ich mich gründlich von oben bis unten ab. Zurück zur Hütte renne ich, da es wirklich kalt ist. Dann hole ich noch weiteres Feuerholz und bereite mir eines meiner Trekkinggerichte zu. Während der Wind um die Hütte pfeift und das Feuer im Ofen knistert, schreibe ich den heutigen Tagebucheintrag. Mittlerweile ist es 19:30 Uhr. Ich habe große Hoffnung, dass ich die Hütte heute für mich habe. Das einzige, was fehlt, um das hier noch perfekt zu machen, wären ein oder zwei Döschen kaltes Bier. Einen Grund zum Feiern hätte ich. Wenige Kilometer nach dem Start heute Morgen habe ich die tausender Marke geknackt. 1.015 Kilometer bin ich bis hierhin gelaufen.
      Read more

    • Day 8

      Steinbrücke über das Moor

      September 4, 2023 in Norway ⋅ ☁️ 17 °C

      Diese Brücke wurde 1840 erbaut und für über einen Fluss, der aus dem Sumpf kommt. Nichts Welt bewegendes aber doch eine Schönheit am Straßenrand 😉

    • Day 142

      Røros I

      September 12, 2023 in Norway ⋅ 🌙 6 °C

      Vor dem bösen norwegischen Fichtenwald in den lieblichen Birkenwald geflüchtet..... und dann gab's noch eine kleine Aurora Premiere

    You might also know this place by the following names:

    Holtålen, Holtalen

    Join us:

    FindPenguins for iOSFindPenguins for Android